Unterlage
zum Vortrag von Oliver Pokorny - Vorstandsvorsitzender des VÖP (Vertretung Mag.
René Tritscher LL.M.) vor dem Österreich Konvent im Parlament am 26.Jänner 2004
Der Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) begrüßt die
Initiative zur Überarbeitung der österreichischen Verfassung im Rahmen des
Österreich-Konvents. Wir erachten es als dringende Notwendigkeit, die derzeit
nur maginal im Verfassungsrecht verankerten Bestimmungen über den Rundfunk zu
ergänzen. Aus diesem Grund sollten insbesondere die nachfolgenden Punkte in
eine Rundfunkverfassungsordnung aufgenommen werden:
1.
Verankerung
des Prinzip des dualen Rundfunks: Das Bundesverfassungsgesetz vom 10. Juli 1974, BGBl. Nr. 396
über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunk enthält lediglich eine
Definition von Rundfunk und sehr allgemeine Bestimmungen für die
bundesgesetzliche Ausgestaltung der Rundfunkbestimmungen. Darüber hinaus wird
Rundfunk als eine öffentliche Aufgabe definiert.
Da sich jedoch mit der Öffnung des TV- und
Hörfunkmarktes in Österreich auch eine Vielzahl von privaten
Rundfunkveranstaltern etabliert haben, ist Rundfunk nicht mehr nur als eine
öffentliche Aufgabe des ORF zu sehen, sondern tragen auch die privaten
Rundfunkveranstalter zur Meinungsvielfalt und der Ausgewogenheit der Programme
bei.
Die Etablierung eines echten dualen Rundfunksystems in
Österreich muss jedoch ein Grundprinzip und Ziel der Medienpolitik sein. Von
der Etablierung eines ausgewogenen „dualen Rundfunkmarktes“ im Hörfunkbereich
kann derzeit noch nicht gesprochen werden.[1]
Die Herstellung der
Chancengleichheit zwischen dem öffentlich rechtlichen Rundfunk und den Privaten
Betreibern muss oberstes Gebot der Medienpolitik sein. Damit sollen die immer
noch zahlreich vorhandenen Wettbewerbsvorteile auf der Seite des
öffentlich-rechtlichen Rundfunks beseitigt werden.
Das oberste Ziel muss es sein, die
Rahmenbedingungen für die österreichische Privatsender zu verbessern und die
wirtschaftliche Basis der Betreiber nachhaltig zu stärken. Daher wäre es
notwendig, auch das Prinzip des dualen Rundfunks in der Verfassung explizit zu
verankern. Die bisherige verfassungsrechtliche Situation spiegelt lediglich die
Situation im Jahr 1974 dar, die noch von einer monopolistischen Struktur im
Rundfunkmarkt geprägt war.
2.
Einheitliche
Aufsicht über die Teilnehmer am Rundfunkmarkt:
In den Verfassungsrang sollte auch eine
Regelung über die einheitliche
Aufsicht von öffentlich-rechtlichen und
privaten Rundfunkver-
anstaltern aufgenommen werden. Zurzeit ist
die Regulierungsbehörde
für den Rundfunkmarkt (KommAustria)
lediglich für die Aufsicht der privaten Rundfunkveranstalter zuständig und im
ORF-Gesetz eine eigene Aufsicht für den ORF festgeschrieben.
Da sich jedoch in verschiedenen Bereichen,
wie dem Werberecht oder auch der Einhaltung des öffentlich-rechtlichen Auftrags
nach dem ORF-Gesetz eine Vielzahl von Überprüfungsnotwendigkeiten ergeben,
sollte eine einheitliche Behörde für den gesamten privaten und
öffentlich-rechtlichen Rundfunkmarkt eingerichtet werden. Derzeit ist aufgrund
der Rechtslage keine effiziente Rechtsaufsicht über den öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanbieter in Österreich gegeben.
Die Nichtbeachtung der rundfunkrechtlichen
Bestimmungen durch den ORF stellen einen schwerwiegender Wettbewerbsnachteil
für die Privatsender dar. Eine effiziente Kontrolle der Einhaltung dieser
Bestimmungen (insbesondere des ORF-G) ist daher unbedingt erforderlich. Die
„rechtliche Marktüberwachung“ für private Betreiber ist jedoch aufwendig und
kostenintensiv und kann in Zukunft daher nicht mehr Aufgabe der privaten
Rundfunkveranstalter sein.
Diese Aufsicht sollte sich sowohl auf
Werberegelungen aber auch auf Fragen beziehen, welche Programme den öffentlichen
Auftrag im Sinne des ORF-Gesetzes erfüllen. Eine Überprüfung, ob und in welcher
Form der ORF den öffentlichen Auftrag erfüllt, ist zur Zeit nicht möglich. Die
geltenden Rahmenbedingungen (§ 3, 4 und 5 ORF-G) bieten dem ORF einen unendlich
weiten Spielraum für die Auslegung. Es ist derzeit beispielsweise völlig
unklar, wie der öffentlich rechtliche Programmauftrag im Hörfunk ausgestaltet
ist.
Konkret müßte eine Zuständigkeit der
KommAustria zur Aufsicht über den ORF implementiert werden oder ein Antragsrecht
an den BKS auch für die KommAustria eingeführt werden.
3.
Sicherstellung
von angemessenen Verfahren in Spezialmaterien: Aus der bisherigen Erfahrung, insbesondere
in der Telekommunikationswirtschaft, wird die Forderung erhoben, dass ein
ausreichender Rechtsschutz für die von der Regulierung betroffenen Unternehmen
sichergestellt wird.
wirtschaftlicher Sicht sollte in die
Verfassung auch ein Verbot von In Bereichen, wo die Gerichte (vor allem
Höchstgerichte wie insbesondere der VwGH mit einer Vielzahl von Verfahren
ausgelastet sind, muss durch die Einrichtung von Sondersenaten zu bestimmten
Themen (beispielsweise Telekommunikation, Urheberrecht) der Rechtsschutz der
betroffenen Unternehmen sichergestellt werden.
4.
Verbot
der Sondersteuern:
Aus wirtschaftlicher Sicht sollte in die Verfas-
sung auch ein Verbot von Sondersteuern
aufgenommen werden. Hier
ist insbesondere die derzeit in Geltung
stehende Werbeabgabe zu nennen,
die gerade für den Bereich des
Privatrundfunks, der zu 100 %
von Werbeeinnahmen abhängig ist, eine
wirtschaftliche Belastung in
einer konjunkturell schwierigen Zeit
bedeutet. Durch eine verfassungs-
rechtliche Verankerung eines Verbotes von
Sondersteuern wäre
solchen Belastungen in Zukunft ein Riegel
vorgeschoben.
[1] Das stellt auch die RTR-GmbH im
Kommunikationsbericht 2002 I 1, 30, 39 und 42. Laut RTR-GmbH
verfügten die 64 privaten Hörfunkveranstalter im
Dezember 2003 bei den 14- bis 49-jährigen Hörern
lediglich über einen Marktanteil von 21 %, der ORF
mit seinen vier Radioprogrammen jedoch über einen
Wert von 77 %.
Nach dem jüngste Radiotest für das 2.Halbjahr hatten die ORF-Radios gar
einen Marktanteil
von 82 %, die Privatradios insgesamt lediglich 16
%.