Anwesende:
Ausschussmitglieder (Vertreter):
Univ.-Prof. Dr. Herbert Haller (Vorsitzender, bis 11.30 Uhr)
Univ.-Prof. Dr. Clemens Jabloner (stellvertretender
Vorsitzender; Vorsitzender ab 13.30 Uhr)
Mag. Heribert Donnerbauer (für
BM Elisabeth Gehrer)
Univ.-Prof. DDr. Christoph Grabenwarter
Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Karl Korinek
DDr. Karl Lengheimer
Gerhard Neustifter (für
Maga. Sonja Wehsely)
Dr. Johann Rzeszut
Dr. Johannes Schnizer (ab
ca. 10.00 Uhr)
Weitere Teilnehmer:
Mag. Jürgen Fischer (für Dr. Claudia Kahr)
Dr.
Gerhard Kuras (als
Begleitperson von Dr. Johann
Rzeszut)
Maga.
Andrea Martin (als
Begleitperson von
Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Karl
Korinek)
Mag. Thomas Sperlich (für
Maga. Terezija Stoisits)
Dr. Georg Stawa
Büro des
Österreich-Konvents:
Dr. Gert Schernthanner (fachliche
Ausschussunterstützung)
Birgit Mayerhofer (Ausschusssekretariat)
Entschuldigt:
Univ.-Prof. Dr. Bernd-Christian Funk
BM Elisabeth Gehrer
Univ.-Prof. Dr. Gerhart Holzinger
Maga. Terezija Stoisits
Maga. Sonja Wehsely
Beginn: 09.00 Uhr
Ende: 16.00 Uhr
Tagesordnungspunkte:
1. Begrüßung, Feststellung der Anwesenheit,
Genehmigung des Protokolls über die zwölfte Sitzung am 15. September 2004
2. Abschließende Diskussion über die Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz auf der Grundlage des zwischenzeitlich (aufgrund der Beratungen am 15.9.2004) überarbeiteten gemeinsamen Textvorschlags Grabenwarter/Jabloner (dieser überarbeitete Textvorschlag wurde bereits an alle Ausschussmitglieder versendet)
3. Diskussion über die Einführung der Gesetzesbeschwerde auf der Grundlage des gemeinsamen Textvorschlags Jabloner/Grabenwarter/Rzeszut samt Erläuterungen (dieser Textvorschlag wurde bereits vor der letzten Sitzung als Anlage an alle Ausschussmitglieder versendet)
4. Diskussion über die Einführung der Urteils- bzw. Verfassungsbeschwerde (diesbezüglich vorliegende Textvorschläge, u. a. von Abg. z. NR Maga. Stoisits und Dr. Schnizer, wurden ebenfalls bereits vor der letzten Sitzung an alle Ausschussmitglieder versendet)
5. Allfälliges
Der Ausschussvorsitzende begrüßt die Teilnehmer des Ausschusses 9 und
stellt die Anwesenheit (Umlauf der Anwesenheitsliste) fest.
Das Protokoll über die zwölfte Sitzung des Ausschusses 9 vom 15. September
2004 wird ohne Änderungen genehmigt.
Der Ausschussvorsitzende hält fest, dass
folgende offene Punkte laut ergänzendem Mandat des Ausschusses 9 noch zu diskutieren
sein werden:
-
„Rat der
Gerichtsbarkeit“ (wobei der Vorsitzende auf die gestrige Enquete der
Österreichischen Richtervereinigung zum Thema „Gewaltenteilung im
demokratischen Rechtsstaat“ und insbesondere auf die Ausführungen von Präsident
des VfGH i. R. Univ.-Prof. Dr. Adamovich zu diesem Thema hinweist),
-
Weisungsrecht
des Bundesministers für Justiz – Einrichtung eines parlamentarischen
Kontrollausschusses (etwa in Form eines ständigen Unterausschusses),
-
Behandlung
der Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag (Art. 133 Z. 4 B-VG-Behörden)
und der sonstigen weisungsfreien Verwaltungsbehörden – Durchsicht der in der
Zwischenzeit eingelangten Stellungnahmen und der adaptierten Liste und
-
Überlegungen
zum Übergangsrecht, wobei diese Fragen erst nach den Entscheidungen gestellt
werden sollten, welche der vom Ausschuss 9 vorgeschlagenen oder angebotenen
Maßnahmen zur Umsetzung gelangen sollten.
Der Ausschussvorsitzende fordert alle
Ausschussmitglieder auf, weitere ihrer Ansicht nach noch zu diskutierende
Fragen bzw. Themen vorzubringen. Es werden jedoch seitens der
Ausschussmitglieder keine weiteren Themen genannt.
Der Ausschussvorsitzende teilt weiters
mit, dass er seine Bedenken bezüglich der vom Präsidium eingesetzten
Expertengruppe dem Vorsitzenden des Österreich-Konvents anlässlich der
gestrigen Enquete der Österreichischen Richtervereinigung mündlich mitgeteilt
habe; er werde daher davon Abstand nehmen, darüber hinaus noch einen Brief an
das Präsidium zu diesem Thema zu schreiben. Der Ausschuss erwarte sich
jedenfalls, über das in dieser Expertengruppe erzielte Ergebnis noch einmal
Gelegenheit zur Beratung zu haben.
Im Ausschuss wird – über die bereits
vereinbarten Termine hinaus – folgender Termin-„Fahrplan“ vereinbart:
-
11. Oktober
2004, 10.00 Uhr bis 16.00 Uhr
danach: Ausarbeitung
des ergänzenden Ausschussberichts
Versendung
dieses Berichts bis etwa 20. Oktober 2004
-
27. Oktober
2004, 09.00 Uhr bis 12.30 Uhr
-
28. Oktober
2004, 09.00 Uhr bis 12.30 Uhr (Endredaktion des Ausschussberichts)
-
voraussichtlich
29. Oktober 2004: Versendung des ergänzenden Ausschussberichts
Tagesordnungspunkt 2.: Abschließende Diskussion über die Einführung der
Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz auf der Grundlage des
zwischenzeitlich (aufgrund der Beratungen am 15.9.2004) überarbeiteten
gemeinsamen Textvorschlags Grabenwarter/Jabloner
Der
Ausschussvorsitzende stellt den von Univ.-Prof. DDr. Grabenwarter und
Präsident Univ.-Prof. Dr. Jabloner aufgrund der Beratungsergebnisse in
der letzten Sitzung überarbeiteten und am 20. September 2004 an alle
Ausschussmitglieder versendeten gemeinsamen Textvorschlag für die Einführung
der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz noch einmal – Artikel für Artikel
und Absatz für Absatz – abschließend zur Diskussion:
Zu
Art. 131:
Im Ausschuss kann Konsens über folgende Neuformulierung des Art. 131 des Entwurfs (Vorziehen des Regelungsinhalts des bisherigen Abs. 3 in den Abs. 1 Z. 1) erzielt werden:
„Artikel 131. (1)
Die Verwaltungsgerichte des Bundes erkennen:
1. über
Beschwerden in Angelegenheiten, die von Bundesbehörden vollzogen werden und
nicht durch Bundesgesetz mit Zustimmung der Länder diesen zugewiesen werden; in
Verfahren wegen Verwaltungsübertretungen jedoch nur, soweit es sich um
Finanzstrafsachen des Bundes handelt;
2. über
Beschwerden gegen einvernehmliche Bescheide der zuständigen Landesbehörden und
Bescheide eines Bundesministers nach Art. 15 Abs. 7;
3. über
Beschwerden in Angelegenheiten des Art. 130 Abs. 1 Z. 4, sofern die Länder der
Zuweisung der Angelegenheit durch Bundesgesetz nicht zustimmen.
(2) In allen übrigen
Angelegenheiten erkennen die Verwaltungsgerichte der Länder.“
Zu Art. 133:
Festgehalten wird zunächst, dass sich am Begriff „Revision“ nichts ändern solle, dieser insbesondere nicht durch den Begriff „Berufung“ ersetzt werden solle.
Zu Abs. 3:
Wie schon im Protokoll über die letzte Sitzung des Ausschusses 9 am 15. September 2004 angedeutet (vgl. Protokoll, S. 10), kann im Ausschuss letztlich Konsens darüber erzielt werden, von der verfassungsrechtlichen Verankerung des Zulassungsmodells abzusehen, sodass der im überarbeiteten Textvorschlag Grabenwarter/Jabloner in eckiger Klammer stehende erste Satz des Abs. 3 gestrichen werden kann. Gleichzeitig ist jedoch – durch entsprechend breite und ausführliche Erläuterungen – sicherzustellen, dass im einfachen Verfahrensgesetz (VwGG) eine Gleichzeitigkeitsregelung (bezüglich der Erhebung der Beschwerde gegen den Zulässigkeitsausspruch einerseits und der Revision gegen die Sachentscheidung andererseits) normiert wird. Diese Gleichzeitigkeitsregelung bedeute nämlich einerseits einen geringeren Aufwand (und damit auch eine geringere Kostenbelastung) sowohl für den Beschwerdeführer als auch für die Behörde, zumal man sich dadurch einen Zwischenschritt erspare, der ansonsten – bei selbständiger und alleiniger Beschwerdeerhebung gegen den Zulässigkeitsausspruch – entstünde. Dazu kommt andererseits, dass die Gleichzeitigkeitsregelung von der überwiegenden Mehrheit im Ausschuss auch als die rechtsschutzfreundlichere Variante angesehen wird: In Wahrheit ließen sich die Ausführungen der Beschwerde über den Zulässigkeitsausspruch und der Revision gegen die Sachentscheidung nicht trennen, sondern bildeten vielmehr eine Einheit; es sei sowohl für den VwGH als letztinstanzliches Gericht zweckmäßig als auch für den Rechtsschutzwerber günstig, wenn dem erkennenden Gericht bei der Entscheidung über die Zulässigkeit der Revision die Gründe und inhaltlichen Ausführungen bekannt seien; dadurch könne man – in der Praxis fast immer zu Gunsten des Rechtsschutzwerbers – die Erfolgsaussichten der Revision besser beurteilen. Festgehalten wird auch, dass sich dieses System in der ordentlichen Gerichtsbarkeit bestens bewährt habe.
Zu Abs. 4:
Im Ausschuss kann auch Konsens darüber erzielt werden, den jetzigen „geschrumpften“ Abs. 3 mit dem jetzigen Abs. 4 zu tauschen, zumal sich in der jetzigen Fassung der Abs. 3 auf den Abs. 4 beziehe („Unter den Bedingungen des Abs. 4 ...“), was legistisch nicht sauber sei.
Im Ausschuss besteht somit Einigkeit über folgende Neuformulierung der Abs. 3 und 4 des Art. 133:
„(3) Die Revision ist
zuzulassen, wenn
1. die
angefochtene Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche
Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung
des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die
zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des
Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird, oder [weiters ?][1]
wenn
2. im
Fall einer Verwaltungsstrafsache die Begehung der Verwaltungsübertretung nicht
nur mit einer geringen Geldstrafe bedroht ist.
(4) Unter den Voraussetzungen
des Abs. 3 Z. 1 oder 2 kann die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde auch
dann Revision einlegen, wenn sie nicht Partei ist.“
Zu Abs. 5:
Wie schon in der letzten Sitzung (vgl. Protokoll, S. 10 f), wird abermals über die Frage der Vereinbarkeit von Zulassungs- unter Ablehnungsmodell diskutiert. Letztlich kann im Ausschuss Konsens erzielt werden, dass – wie schon im Ausschussbericht vom 26. März 2004 festgehalten (S. 24) – die nachprüfende Kontrolle des Zulässigkeitsausspruchs durch den VwGH gewährleistet sein müsse, dass also der VwGH nicht an den Zulässigkeitsausspruch der Verwaltungsgerichte erster Instanz gebunden sein solle, zumal diese – aus haftungsrechtlichen, aber auch aus rechtssoziologischen Gründen – die Neigung entwickeln könnten, Revisionen im Zweifel eher zuzulassen, auch wenn es dazu bereits eine gesicherte höchstgerichtliche Judikatur gebe. In diesem Zusammenhang wird noch einmal auf die auch in den Erläuterungen zum gemeinsamen Textvorschlag Grabenwarter/Jabloner enthaltene korrespondierende Bestimmung des § 508a ZPO hingewiesen, wonach auch in der ordentlichen Gerichtsbarkeit das Revisionsgericht (OGH) bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs. 2 Z. 3 ZPO nicht gebunden sei (vgl. Ausschussbericht, S. 64).
In diesem Sinn kann im Ausschuss Konsens über folgende Neuformulierung des Abs. 5 erzielt werden:
„(5) Sofern der
Verwaltungsgerichtshof die Revision nicht zurückzuweisen hat, hebt er die
angefochtene Entscheidung auf oder weist er die Revision oder die Beschwerde
gegen die Revision ab. Der Verwaltungsgerichtshof kann die Behandlung von
Beschwerden und von Revisionen gemäß Abs. 1 Z. 1 ablehnen, wenn keine der
Voraussetzungen des Abs. 3 Z. 1 oder 2 gegeben ist.“
Zu Art. 134:
Zu Abs. 3 und 4:
Die Frage, ob man den Begriff „Dreiervorschläge“ oder den Begriff „Besetzungsvorschläge“ verwenden solle, wird zunächst kontroversiell diskutiert. Letztlich einigt man sich im Ausschuss auf den Begriff „Dreiervorschläge“, zumal dieser präziser sei und man bei Verwendung des in Art. 86 Abs. 1 B-VG enthaltenen Begriffs „Besetzungsvorschläge“ gezwungen wäre, auch den Regelungsinhalt des jetzigen Art. 86 Abs. 2 B-VG in die Abs. 3 und 4 des zukünftigen Art. 134 B-VG zu integrieren.
Auch die Diskussion, ob ein bestimmter Teil der Mitglieder der zukünftigen Verwaltungsgerichte der Länder „aus der ordentlichen Gerichtsbarkeit entnommen werden“ oder aber „die Befähigung zum Richteramt haben“ solle, verläuft zunächst kontroversiell; der Unterschied besteht auch darin, dass etwa Beamte des Bundesministeriums für Justiz allesamt geprüfte Richter sind, d.h. die Befähigung zum Richteramt haben, jedoch nicht aus der ordentlichen Gerichtsbarkeit stammen. Letztlich einigt man sich im Ausschuss auf die offenere Formulierung „Befähigung zum Richteramt“. Im Gegenzug – quasi als Ausgleich – einigt man sich darauf, dass nicht nur der fünfte, sondern der vierte Teil der Mitglieder diese Befähigung zum Richteramt haben sollte. Anderes sollte nur bei der Erstbestellung der zukünftigen Verwaltungsrichter erster Instanz gelten: Hier sollte die Regelung – durch entsprechende Ausführungen in der Erläuterungen – im Sinne der jetzt bei den Unabhängigen Verwaltungssenaten tätigen Richtern durchbrochen werden, um zu verhindern, dass diese großräumig von Richtern aus der ordentlichen Gerichtsbarkeit ersetzt werden. In diesem Zusammenhang wird – wie schon im Ausschussbericht (vgl. S. 26 ff) – noch einmal darauf hingewiesen, dass im Falle einer allfälligen Nicht-Übernahme eines UVS-Richters zu einem zukünftigen Verwaltungsrichter erster Instanz dieser Anspruch auf einen Bescheid habe, den er beim VwGH bekämpfen könne. Für den Fall der entgültigen Nicht-Übernahme solle der bisherige UVS-Richter ein Rückkehrrecht in den Landes- bzw. Bundesdienst haben. Der Vorsitzende gibt freilich zu bedenken, dass diese Position u. U. eine mit Unabhängigkeit ausgestattete sein müsste (Problem für das Übergangsrecht).
Zu Abs. 5:
Im Ausschuss kann Konsens darüber erzielt werden, den dritten Halbsatz („... für Mitglieder der allgemeinen Vertretungskörper, ...“) wie folgt zu formulieren:
„... für Mitglieder solcher allgemeiner Vertretungskörper, die auf eine bestimmte Gesetzgebungs- oder Funktionsperiode gewählt wurden, dauert die Unvereinbarkeit auch bei vorzeitigem Verzicht auf das Mandat bis zum Ablauf der Gesetzgebungs- oder Funktionsperiode fort.“
Zu Abs. 1:
Wie schon in der letzten Sitzung am 15.9.2004 (vgl. Protokoll, S. 12) wird die Forderung erhoben, die Entscheidung darüber, ob die Verwaltungsgerichte erster Instanz in Senaten oder durch Einzelmitglieder erkennen, nicht dem Organisationsgesetzgeber, sonder vielmehr dem Materiengesetzgeber einzuräumen, der in Kenntnis der Materien diese Entscheidungen besser treffen könne. Dem wird jedoch entgegen gehalten, dass dies zu österreichweit sehr unterschiedlichen Regelungen führen würde, was aus Gründen der Übersichtlichkeit und der einheitlichen Rechtschutzes problematisch wäre. Es wird daher auch die Forderung erhoben, es grundsätzlich dem Verfahrensgesetzgeber (Bundesgesetzgeber) zu überlassen, ob er eine Einzelrichter- oder Senatszuständigkeit vorsieht. Dem wird jedoch wiederum entgegen gehalten, dass unterschiedliche Länderregelungen schon deshalb notwendig seien, weil auch die Voraussetzungen in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich seien. Darüber hinaus gebe es zahlreiche Sonderverwaltungsgerichte (vgl. für die Bundeshauptstadt Wien die Art. 108 ff B-VG) und unzählige Art. 133 Z. 4 B-VG-Behörden, für die eine Senatszuständigkeit vorzusehen wäre.
Im Zuge der Diskussion werden mehrere Varianten entwickelt:
- Eine Variante geht – in Anlehnung an die jetzige Textierung des Art. 135 Abs. 1 des Entwurfs – davon aus, dass grundsätzlich der jeweilige Organisationsgesetzgeber gemäß Art. 136 Abs. 1 oder 2 des Entwurfs zur Regelung zuständig sein solle, dass aber in den jetzigen Art. 135 Abs. 1 ein Inkorporierungsgebot eingefügt werden solle.
- Ein zweite Variante geht dahin, den Verfahrensgesetzgeber (Bundesgesetzgeber) gemäß Art. 136 Abs. 3 des Entwurfs für zuständig zu erklären.
- Eine dritte – sozusagen vermittelnde – Variante zielt darauf ab, zwar grundsätzlich dem Verfahrensgesetzgeber für zuständig zu erklären, jedoch eine Ausnahme zugunsten des Materiengesetzgebers zuzulassen, der im Zusammenhang mit der Einrichtung von Sonderverwaltungsgerichten erforderlichenfalls anderes normieren könne. Diese zuletzt genannte Variante findet im Ausschuss zum Teil Zustimmung, zum Teil wird ihr jedoch entgegen gehalten, dass ein Abstellen auf die „Erforderlichkeit“ zu unbestimmt sei und dass eine Ausnahme ausdrücklich im Zusammenhang mit der Einrichtung von Sonderverwaltungsgerichten diese sozusagen privilegieren würde und die Errichtung solcher Sondersenate geradezu forcieren würde – eine Entwicklung, die man durch die Schaffung von Verwaltungsgerichten erster Instanz ja gerade verhindern wolle, indem man sich im Grundsatz bereits darauf geeinigt habe, möglichst viele der derzeit bestehenden Sondersenate und Art. 133 Z. 4 B-VG-Behörden in die zukünftigen Verwaltungsgerichte erster Instanz zu integrieren.
Letztlich kann – nach äusserst ausführlicher und kontroversieller Diskussion – im Ausschuss Konsens darüber erzielt werden, die Regelungsbefugnis über Einzelrichter- oder Senatszuständigkeit dem Verfahrensgesetzgeber zu überlassen, jedoch eine Subsidiaritätsklausel zu Gunsten des jeweils zuständigen Organisationsgesetzgebers – ohne das Kriterium der „Erforderlichkeit“ – vorzusehen. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen sollte Abs. 1 wie folgt lauten:
„(1) Der
Verwaltungsgerichtshof erkennt in Senaten. Die Verwaltungsgerichte erkennen
grundsätzlich durch Einzelmitglieder; das auf Grundlage des Art. 136 Abs. 3
ergangene Bundesgesetz kann die Entscheidung in Senaten normieren, soweit nicht
das auf Grundlage des Art. 136 Abs. 1 oder Abs. 2 ergangene Gesetz abweichendes
vorsieht. Die Senate sind von der Vollversammlung aus den Mitgliedern des
Gerichtes zu bilden.“
Damit ist der überarbeitete gemeinsame Textvorschlag Grabenwarter/Jabloner für die verfassungsrechtliche Verankerung der Verfaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz konsentiert.
Univ.-Prof. Dr. Haller gibt wegen eines wichtigen Termins den Vorsitz an Präsident Univ.-Prof. Dr. Jabloner ab.
Tagesordnungspunkt 3.: Diskussion über die Einführung der Gesetzesbeschwerde auf der Grundlage des gemeinsamen Textvorschlags Jabloner/Grabenwarter/Rzeszut samt Erläuterungen
Der Vorsitzende präsentiert den gemeinsamen Textvorschlag Jabloner/Grabenwarter/Rzeszut samt Erläuterungen vom 8.9.2004 und schlägt vor, sowohl diesen Entwurf als auch jenen über die Urteilsbeschwerde intrasystematisch – also jeweils für sich getrennt – zu diskutieren. Er weist darauf hin, dass aufgrund der bisherigen Beratungen Konsens über die Gesetzesbeschwerde (ehemals „Subsidiärantrag“), nicht jedoch über die Verfassungsbeschwerde (ehemals „Urteilsbeschwerde“) erzielt habe werden können.
In der Diskussion wird an der vorgeschlagenen Textierung der neu einzufügenden Abs. 1a in den Art. 139 und 140 B-VG zunächst dreierlei kritisiert.:
- Erstens enthalte der Vorschlag
keine Ablehnungsmöglichkeit für den VfGH für den Fall der Aussichtslosigkeit
der Gesetzesbeschwerde; es sollte also – in Anlehnung an den jetzigen Art. 144
Abs. 2 B-VG – folgender Satz eingefügt werden: „Der Verfassungsgerichtshof
kann die Behandlung eines Antrags bis zur Verhandlung durch Beschluss ablehnen,
wenn er keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung
die Klärung einer Verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist.“
- Zweitens sei die Wortfolge „durch ein in Art. 89 Abs. 2 genanntes Gericht“ insofern überschießend, als der Verweis auf Art. 89 Abs. 2 B-VG überflüssig sei, zumal damit ohnedies jedes „Gericht“ (also sowohl jedes ordentliche Gericht als auch alle Verwaltungsgerichte erster Instanz als auch der VwGH) gemeint sei.
- Und drittens stelle sich im Zusammenhang mit der Regelung, dass mit der Aufhebung der Verordnung (des Gesetzes) oder dem Ausspruch ihrer Gesetzeswidrigkeit (Verfassungswidrigkeit) das gerichtliche Verfahren als wieder aufgenommen gelte, die Frage, ab wann genau die Fristen zu laufen beginnen: ab dem Tag der Entscheidung oder ab dem Tag der Zustellung der Entscheidung an das Gericht oder ab dem Tag der Kundmachung im Bundesgesetzblatt? In diesem Punkt müsse der Vorschlag präzisiert werden.
Zu dem zuletzt genannten Argument kann im Ausschuss Konsens darüber erzielt werden, dass im Textentwurf nicht von der „Aufhebung der Verordnung (des Gesetztes)“, sonder vielmehr von der „Entscheidung über die Aufhebung der Verordnung (des Gesetztes)“ gesprochen werden solle und dass darüber hinaus in den Erläuterungen deutlich gemacht werden solle, dass auf dem Zeitpunkt der Zustellung der Entscheidung des VfGH an das Gericht abzustellen ist. Ein Abstellen auf die Kundmachung im Bundesgesetzblatt, die unter Umständen erst Monate später erfolge, sei unter dem Aspekt der Verfahrensdauerproblematik nicht hinnehmbar.
Insoweit der Beschwerdeführer aufgrund des vorliegenden Textvorschlags die Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung (eines verfassungswidrigen Gesetzes) „behaupten“ muss, wird damit das Problem der Präjudizialität aufgeworfen. Nach längerer Diskussion hält es der Ausschuss für ausreichend, dieses Präjudizialitätsproblem nicht im Textvorschlag selbst anzusprechen, sondern viel mehr die Präjudizialitätsjudikatur des VfGH in die Erläuterungen einzubauen.
Hingewiesen wird, darauf, dass – wie in Z. 6 der Erläuterungen dargetan – durch die Formulierung „Person“ klargestellt werden solle, dass nur (natürliche oder juristische) Personen anfechtungsberechtigt seien, die Parteien des zugrunde liegenden gerichtlichen Verfahrens gewesen sind. Die Formulierung solle es ausschliessen, dass auch Amtsparteien im Sinne des Art. 131 Abs. 1 Z. 2 und 3 und Abs. 2 B-VG von der Gesetzesbeschwerde Gebrauch machen können, zumal die Grenze zwischen konkreter und abstrakter Normprüfung nicht verwischt werden solle. Die Wendung „in ihren Rechten“, die beim jetzigen Individualantrag nach Art. 140 Abs. 1 B-VG verwendet werde, werde nicht übernommen, um zu verdeutlichen, dass die vorgeschlagene Gesetzesbeschwerde nicht dem Individualantrag nach Art. 140 Abs. 1 B-VG, sondern viel mehr der gerichtlichen Antragsstellung nach Art. 89 B-VG nachgebildet sei.
Abschließend wird noch die Frage aufgeworfen, warum aufgrund des jeweils letzten Satzes der beiden Textvorschläge dem Generalprokurator in Strafrechtssachen Antragsrechte lediglich eingeräumt werden „können“, und nicht eingeräumt werden müssen. Da diese Frage letztlich unbeantwortet bleibt, wird der Textvorschlag auch in diesem Punkt geändert.
Im Sinne der vorstehenden Überlegungen kann im Ausschuss Einigung über folgende Neutextierung der Abs. 1a in Art. 139 und 140 B-VG erzielt werden:
„Artikel 139.
(1a) Der Verfassungsgerichtshof erkennt über die Gesetzwidrigkeit von
Verordnungen nach Fällung einer rechtskräftigen Entscheidung durch ein Gericht;
dies aufgrund eines Antrags einer Person, die Partei dieses Verfahrens war und
die Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung behauptet. Art. 89 Abs. 3 gilt
sinngemäß. Mit der Entscheidung über die Aufhebung der Verordnung oder dem
Ausspruch ihrer Gesetzwidrigkeit gilt das gerichtliche Verfahren als wieder
aufgenommen. In gerichtlichen Strafverfahren hat auch der Generalprokurator ein
Antragsrecht. Der Verfassungsgerichtshof kann die
Behandlung eines Antrags bis zur Verhandlung durch Beschluss ablehnen, wenn er
[jener?] keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.“[2]
„Artikel 140.
(1a) Der Verfassungsgerichtshof erkennt über die Verfassungswidrigkeit von
Gesetzen nach Fällung einer rechtskräftigen Entscheidung durch ein Gericht;
dies aufgrund eines Antrags einer Person, die Partei dieses Verfahrens war und
die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet. Art. 89 Abs. 3 gilt
sinngemäß. Mit der Entscheidung über die Aufhebung des Gesetzes oder dem
Ausspruch seiner Verfassungswidrigkeit gilt das gerichtliche Verfahren als
wieder aufgenommen. In gerichtlichen Strafverfahren hat auch der
Generalprokurator ein Antragsrecht. Art. 139 Abs. 1a
letzter Satz gilt sinngemäß.“
Tagesordnungspunkt
4.: Diskussion über die Einführung der Urteils- bzw. Verfassungsbeschwerde auf
der Grundlage der vorliegende Textvorschläge, u. a. von Abg. z. NR Maga.
Stoisits und Dr. Schnizer
Die Verfasser des Entwurfs stellen ihren Textvorschlag inhaltlich vor und weisen grundsätzlich darauf hin, dass im Sinne des neu konzipierten Art. 144 Abs. 1 B-VG gegen jede letztinstanzliche Entscheidung von Gerichten (einschließlich des OGH und VwGH) eine Beschwerde an den VfGH wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und wegen Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm ermöglicht werden solle. Dem VfGH solle also die Zuständigkeit eingeräumt werden, über behauptete Grundrechtsverletzungen durch gerichtliche Entscheidungen zu urteilen. Dadurch solle die Effektivität des Grundrechtschutzes gestärkt werden und eine klare funktionelle Trennung der drei Höchstgerichte vorgenommen werden. Dadurch wären die Gerichte und die Verwaltungsbehörden in Zukunft stärker gezwungen, die Grundrechtsjudikatur des VfGH zu beachten. Die Ausweitung der Beschwerdebefugnis gemäß dem neu konzipierten Art. 144 Abs. 2 B-VG auf Amtsorgane und Organisationen solle sicher stellen, dass etwa auch Rechtsschutzbeauftragte, Umweltanwaltschaften, Gleichbehandlungskommissionen oder auch Interessenvertretungen und Verbände (etwa im Wege von Verbandsklagen) in Zukunft antragsberechtigt sein sollen.
In der anschließenden Diskussion über den unterbreitenden Textvorschlag wird hinsichtlich des Art. 144 Abs. 1 des Entwurfs angeregt, den missverständlichen Begriff des „ausserordentlichen Rechtsbehelfs“ durch den Begriff des „ausserordentlichen Rechtsmittels“ zu ersetzen. Kritisiert wird insbesondere der letzte Satz des Abs. 1, wonach der VfGH bei seiner Entscheidung jenen Inhalt der Rechtsvorschriften zugrunde zu legen habe, den das Gericht angenommen habe. Die dadurch zum Ausdruck kommende strenge Bindung des VfGH an den von den Gerichten angenommenen Inhalt der zugrunde liegenden Rechtsvorschriften stehe mit dem Anliegen einer Urteilsbeschwerde in diametralem Gegensatz, zumal kein Platz mehr für eine verfassungskonforme Interpretation wäre, sondern der VfGH viel mehr vor der Alternative stünde, entweder die zugrunde liegende Norm aufzuheben oder die Beschwerde abzuweisen. In diesem Sinne wird zunächst vorgeschlagen, den letzten Satz des Abs. 1 wie folgt abzuschwächen: „Der Verfassungsgerichtshof hat bei seiner Entscheidung vom Inhalt der Rechtsvorschriften auszugehen, den das Gericht angenommen hat.“ Da auch an dieser Alternativformulierung Kritik geübt wird, kann letztlich Konsens darüber erzielt werden, diesen letzten Satz überhaupt ersatzlos zu streichen. Weiters wird darauf hingewiesen, dass der VfGH in diesem neuen System wohl an die geltend gemachten Bedenken gebunden wäre. Das stellt einen wesentlichen Unterschied zum derzeitigen Art. 144 Abs. 1 B-VG dar, der für den VfGH einen beengenden Effekt hat.
Zu Abs. 2 des Entwurfs wird kritisiert, dass die dort vorgenommene schrankenlose Ausweitung der Antragsbefugnis auf alle Amtsorgane und Organisationen überschießend und vom VfGH letztlich nicht bewältigbar sei.
Zu Abs. 3 des Entwurfs wird kritisiert, dass die dort im zweiten Satz normierte Unzulässigkeit der Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde viel zu weit reichend sei und den VfGH über kurz oder lang lahm legen würde. Schließlich kommt man über ein, auch diesen Satz ersatzlos entfallen zu lassen.
In diesem Sinne sollte der aufgrund der Beratungen adaptierte, jedoch im Ausschuss nicht konsentierte Textvorschlag für einen neuen Art. 144 B-VG wie folgt lauten:
„Artikel 144.
(1) Der Verfassungsgerichtshof erkennt über Beschwerden gegen Entscheidungen
von Gerichten, soweit der Beschwerdeführer durch die Entscheidung in einem
verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer
gesetzwidrigen Verordnung, einer gesetzwidrigen Kundmachung über die
Wiederverlautbarung eines Gesetzes (Staatsvertrags), eines verfassungswidrigen
Gesetzes oder eines rechtswidrigen Staatsvertrags in seinen Rechten verletzt zu
sein behauptet. Die Beschwerde kann erst nach Erschöpfung des Instanzenzugs
erhoben werden, wobei die Ergreifung ausserordentlicher Rechtsmittel nicht
erforderlich ist.
(2) Zur Beschwerdeführung vor
dem Verfassungsgerichtshof nach Abs. 1 sind auch Amtsorgane und Organisationen
berechtigt, sofern ihnen im Verwaltungs- bzw. Gerichtsverfahren Parteistellung
zugekommen ist.
(3) Der Verfassungsgerichtshof
kann die Behandlung einer Beschwerde bis zur Verhandlung durch Beschluss
ablehnen, wenn sie im Lichte der bisherigen Rechtssprechung keine hinreichende
Aussicht auf Erfolg hat.“
Von diesen textlich vorgenommenen Änderungen abgesehen bleibt, aber die Kritik einer Mehrheit der Mitglieder des Ausschusses an der Einführung einer Verfassungsbeschwerde an sich unverändert aufrecht:
Vor allem bedeutet die Einführung einer Verfassungsbeschwerde, dass die Rechtswege beträchtlich ausgeweitet und die Verfahrensdauer erheblich verlängert werden, was gerade in Zeiten, in denen man allerorts nach Möglichkeiten zur Verkürzung der Verfahrensdauer suche, besonders auffällt. Dazu komme auch die mit einer Verlängerung der Rechtswege und der Verfahrensdauer verbundene Kostenbelastung, die letztlich von den Parteien zu tragen sei.
Darüber hinaus würde durch die Einrichtung einer Verfassungsbeschwerde im Ergebnis eine vierte Instanz (rechne man dem EuGH hinzu: eine fünfte Instanz) geschaffen werden, die über den beiden anderen Höchstgerichten stünde und einen beträchtlichen Mehranfall zu bewältigen hätte; weiters würde dadurch das – ohnedies schwierige – Problem der Staatshaftung im Fall der Verletzung von Gemeinschaftsrecht durch die Entscheidung eines Höchstgerichts noch zusätzlich verschärft werden: Der VfGH wäre nämlich in den (derzeit von ihm beanspruchten) „Staatshaftungsklagen“ aus höchstgerichtlichen Entscheidungen im Anschluss an ein Verfahren, in dem eine Urteilsbeschwerde erhoben wurde, gezwungen zu beurteilen, ob er nicht bereits im Vorverfahren zu Unrecht das Erfordernis der Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens verneint habe. Damit wäre der VfGH eigentlich systemwidrig regelmäßig „Richter in eigener Sache“.
Außerdem wird auf gravierende Verfahrensprobleme im Verhältnis VfGH – OGH aufmerksam gemacht.[3]
In der Diskussion werden als jene Probleme, die überhaupt erst den Anlass zu Überlegungen zu Einführung einer „Verfassungsbeschwerde“ gegeben haben, einerseits die überlange Verfahrensdauer und andererseits die unverhältnismäßig lange Dauer der Untersuchungshaft genannt. Beide Probleme könnten – so entsprechende Vorschläge in den Beratungen – durch intrasystematische Rechtsbehelfe besser gelöst werden als durch die Urteilsbeschwerde: Dem Problem der überlangen Verfahrensdauer könnte man durch die Einräumung des Rechts auch des Gerichtsvorstehers zur Erhebung eines Fristsetzungsantrags adäquater Herr werden als durch die Einschaltung einer weiteren Instanz; dem Problem der überlangen Untersuchungshaftdauer wäre durch eine Ausweitung bzw. Verschärfung der Grundrechtsbeschwerde an den OGH zu begegnen.
Letztlich kann im Ausschuss Konsens erstens über die Einrichtung von Verwaltungsgerichten erster Instanz und zweitens über die Einführung einer Gesetzesbeschwerde erzielt werden, wobei aber kein Konsens darüber besteht, dass allein diese beiden Massnahmen umgesetzt werden sollten. Was die Einführung einer Verfassungsbeschwerde betrifft, spricht sich eine klare Mehrheit im Ausschuss dagegen aus. Vereinzelt wird vorgebracht, dass dann, wenn die Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz (so wie im Ausschuss konsentiert) eingeführt, jedoch gleichzeitig Art. 144 B-VG in seiner jetzigen Form beibehalten werden sollte, die Zustimmung zur Einführung der Gesetzesbeschwerde zurückgezogen werden müsste, was im Ergebnis einen Rückschritt gegenüber dem im Ausschussbericht vom 26.3.2004 (S. 20) erzielten Konsens bedeuten würde.
Tagesordnungspunkt 5.: Allfälliges
Der Ausschussvorsitzende bedankt sich
bei allen erschienenen Ausschussmitgliedern und Vertretern für deren rege und
konstruktive Mitarbeit.
Vorsitzender des Ausschusses 9:
Univ.-Prof. Dr. Herbert Haller e. h.
Stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses 9: Fachliche Ausschussunterstützung:
Präsident Univ.-Prof. Dr. Clemens Jabloner e.h. Dr. Gert Schernthanner e.h.
[1] Den Verfassern des Protokolls stellt sich die Frage, ob man der derzeit in Art. 131 Abs. 3 B-VG enthaltenen Wortfolge „... in Verwaltungsstrafsachen außerdem nur dann, wenn nur eine geringe Geldstrafe verhängt wurde.“ nicht durch die Einfügung des Worts „weiters“ in den Entwurf Rechnung tragen sollte (in diesem Sinne auch Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht9, Rz 1003/1).
[2] Aufgrund des Umstands, dass der Konditionalsatz am Ende („..., wenn er keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.“) – im Gegensatz zum derzeit geltenden Art. 144 Abs. 2 erster Satz B-VG – nicht zwei Tatbestände, sondern nur einen Tatbestand umfasst, könnte man diesen letzten Satz nach Ansicht der Protokollverfasser wie folgt umstellen: „Hat der Antrag keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, kann der Verfassungsgerichtshof seine Behandlung bis zur Verhandlung durch Beschluss ablehnen.“
[3] Diese in der Sitzung nur grob skizzierten
Verfahrensprobleme seien im Folgenden zum Zweck der Präzisierung des Protokolls
näher dargelegt:
Es stellt sich das Problem, dass bei
Berufungsurteilen, von denen mehrere Parteien betroffen sind, die eine Partei
Verfassungsbeschwerde, die andere Partei
eine außerordentliche Revision erheben kann, sodass es zu einer
„Blockade“ einer inhaltlichen Entscheidung kommen könnte, weil der VfGH und der
OGH einander jeweils die Entscheidungsgrundlage entziehen könnten. Noch dazu
wäre nach der Entscheidung des OGH dann noch einmal eine Verfassungsbeschwerde
möglich. Selbst wenn man aber diese Einschränkung („keine außerordentliche
Rechtmittel“) des Erfordernisses der Ausschöpfung des Instanzenzugs wegließe,
könnten ähnliche Probleme auftreten. Kann doch etwa eine vom Berufungsgericht
verneinte Nichtigkeit („Verletzung des rechtlichen Gehörs“ etc.) oder
Mangelhaftigkeit des Verfahrens beim OGH nicht mehr geltend gemacht werden,
sodass insoweit der Instanzenzug an den VfGH gehen müsste, während etwa die
unrichtige rechtliche Beurteilung mit Revision beim OGH bekämpft werden kann.
Auch hier kann es zu einer möglicherweise „blockierenden“ Parallelität der
Verfahren (VfGH/OGH) und dann möglicherweise noch zu einem weiteren
anschließenden Verfahren vor dem VfGH kommen. Ähnlich schwierig und
verfahrensverzögernd stellt sich die Abgrenzung zur Grundrechtsbeschwerde an
den OGH (aber auch zu den vom EuGH zu beurteilenden gemeinschaftsrechtlichen
Grundrechten) dar.
Vergleichbare
Probleme entstünden auch im Verhältnis zwischen VwGH und VfGH.