Die Gesetzesbeschwerde[1]
als systematische Fortentwicklung der Verfassungsgerichtsbarkeit
I.
In Art. 139
wird folgender Abs. 1a eingefügt:
„(1a) Der Verfassungsgerichtshof erkennt ferner über [die]
Gesetzwidrigkeit von Verordnungen nach Fällung einer rechtskräftigen
Entscheidung durch ein in Art. 89 Abs. 2 genanntes Gericht; dies aufgrund eines
Antrags einer Person, die Partei dieses Verfahrens war und die Anwendung einer
gesetzwidrigen Verordnung behauptet. Art. 89 Abs. 3 gilt sinngemäß. Mit
der Aufhebung der Verordnung oder dem Ausspruch ihrer Gesetzwidrigkeit gilt das
gerichtliche Verfahren als wieder aufgenommen. In Strafrechtssachen
können dem Generalprokurator
Antragsrechte eingeräumt werden.“
Art.
139a letzter Satz lautet wie
folgt:
„Art. 89 Abs. 2, 3 und 5 sowie Art. 139 Abs. 1a bis 6 sind
sinngemäß anzuwenden.“
In Art. 140 wird folgender Abs. 1a eingefügt:
„(1a)
Der Verfassungsgerichtshof erkennt ferner über [die] Verfassungswidrigkeit von
Gesetzen nach Fällung einer rechtskräftigen Entscheidung durch ein in Art. 89
Abs. 2 genanntes Gericht; dies aufgrund eines Antrags einer Person, die Partei
dieses Verfahrens war und die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes
behauptet. Art. 89 Abs. 3 gilt
sinngemäß. Mit der Aufhebung des Gesetzes oder dem Ausspruch seiner
Verfassungswidrigkeit gilt das gerichtliche Verfahren als wieder aufgenommen. In
Strafrechtssachen können dem Generalprokurator Antragsrechte eingeräumt
werden.“
II.
Erläuterungen
I.
Allgemeiner Teil
I. 1.
Derzeitiger Rechtszustand
In der ordentlichen
Gerichtsbarkeit endet der Rechtszug beim OGH, allenfalls auch bereits
davor. Die letztinstanzlichen Gerichte sind auch zur Entscheidung in der Sache
selbst berufen. Hat der OGH oder das zur Entscheidung in zweiter Instanz
zuständige Gericht Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes, hat es
einen Prüfungsantrag an den VfGH zu stellen (Art. 89 Abs. 2 und 140
Abs. 1 B-VG). Erzwingen kann dies die Partei des gerichtlichen Verfahrens
allerdings nicht.
Anders ist
die Situation bezüglich des Rechtsschutzes gegen Verwaltungsakte bzw. in
Hinkunft Entscheidungen der Verwaltungsgerichte: Bescheide einer
obersten Verwaltungsinstanz bzw. Entscheidungen der Verwaltungsgerichte können
im Regelfall sowohl beim VwGH als auch beim VfGH angefochten werden
(Art. 131 Abs. 1 und 144 Abs. 1 B-VG). Wird die Verletzung eines
Grundrechts behauptet, führt der Rechtszug zum VfGH, bei sonstigen subjektiv
öffentlichen Rechten zum VwGH. Der Beschwerdeführer kann beide Beschwerden
miteinander kombinieren und im Weg einer „Sukzessivbeschwerde“ zuerst den VfGH,
dann den VwGH in Anspruch nehmen (Art. 144 Abs. 3 B-VG).
Rechtstechnisch ist dies möglich, weil beide Gerichtshöfe grundsätzlich nicht
in der Sache selbst entscheiden und – etwas vereinfacht ausgedrückt – der VfGH
die Entscheidung am relativ „gröberen“ Maßstab der Bundesverfassung, der VwGH
aber am „feineren“ Maßstab des einfachen Gesetzes prüft. Gröbere –
grundrechtsrelevante – Rechtsverletzungen können vorweg und schneller vom VfGH
behoben werden. Im Rahmen der Beschwerde kann der Beschwerdeführer eine
behauptete Verfassungswidrigkeit des Gesetzes selbst an den VfGH herantragen
(Art. 144 Abs. 1 B-VG).
I. 2.
Erzwingbarkeit der Gesetzesprüfung
Ein Reformbedarf
– namentlich im Verhältnis zwischen ordentlicher Gerichtsbarkeit und VfGH –
könnte darin gesehen werden, dass mangels Erzwingbarkeit der gerichtlichen
Antragstellung Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen lange Zeit
in Schwebe bleiben können.[2]
Die
„Gesetzesbeschwerde“ soll eine Brücke zwischen dem Verfassungsgerichtshof und
den anderen Gerichten schlagen. Sie gibt der Partei eines
(verwaltungs)gerichtlichen Verfahrens den Rechtsbehelf in die Hand, eine
Prüfung der angewendeten Vorschriften auf ihre Verfassungsmäßigkeit durch den
VfGH auch verfahrensrechtlich durchzusetzen. Die Gesetzesbeschwerde ist dabei
für zwei Verfahrenskonstellationen gedacht: Es kann sein, dass die Partei des
gerichtlichen Verfahrens – in verwaltungsgerichtlichen Verfahren allerdings
nicht die belangte Behörde – bereits vor dem Abschluss des gerichtlichen
Verfahrens Normbedenken hat, diese aber vom Gericht nicht aufgegriffen werden.
Die zweite Möglichkeit besteht darin, dass die Partei des gerichtlichen
Verfahrens erst nach dessen rechtskräftigen Abschluss zur Auffassung gelangt,
die der Entscheidung zugrunde liegenden generellen Normen seien rechtswidrig.
Es ist zu
unterstreichen, dass diese Form der Erweiterung der Gesetzesprüfung eine
systematische Weiterentwicklung der Verfassungsgerichtsbarkeit darstellt. Zur
Zeit der Erlassung des B-VG stand nämlich die Normenkontrolle, insbesondere die
Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen, noch deutlich im Zeichen der
„abstrakten“ Auseinandersetzung zwischen Bund und Ländern über Kompetenzfragen.
Die „konkrete“ Normenkontrolle – und hier wieder als engerer Bereich: die
verfahrensmäßige Position des Einzelnen, die Normenkontrolle durch den VfGH
auch erwirken zu können – erfolgte erst schrittweise. Nach der Stammfassung des
B-VG blieb nämlich der Beschwerdeführer des verfassungsgerichtlichen
Bescheidprüfungsverfahrens (Art. 144 Abs. 1) darauf angewiesen, dass
der VfGH selbst allfällige Normbedenken aufgriff. Eine Anfechtungsbefugnis des
OGH und des VwGH wurde mit der B-VG-Novelle 1929 eingeführt und
hinsichtlich der in zweiter Instanz entscheidenden ordentlichen Gerichte mit
der B-VG-Novelle 1975 erweitert. Damit wurden zwar immerhin die Verfahrenswege
zur Gesetzesprüfung verbreitet, die Stellung des Einzelnen wurde allerdings
erst mit der B-VG-Novelle 1975
aufgewertet. Seitdem kann der Adressat eines letztinstanzlichen
Bescheids behaupten, durch die Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in
seinen Rechten verletzt zu sein. Ergänzt wurde diese Anfechtungsmöglichkeit
durch den „Individualantrag“ (Art. 140 Abs. 1) für den Fall durch
Urteil oder Bescheid nicht näher konkretisierter, aber verfassungswidrig in die
Rechtsstellung des Einzelnen eingreifender Gesetze.
Die
Einführung der „Gesetzesbeschwerde“ – in Verbindung mit der neu geschaffenen
Antragslegitimation sämtlicher Gerichte, Bedenken gegen die
Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen an den VfGH heranzutragen – schlüge eine
Brücke hin zur ordentlichen Gerichtsbarkeit. Für die Verwaltungsgerichtsbarkeit
wäre sie insoweit relevant, als – vgl. oben – der Beschwerdeführer eben erst
nach Rechtskraft der Entscheidung des VwGH Normbedenken hat oder wenn – wie
dies im Bericht des Rechtsschutzausschusses angeschnitten wird – zu einem
späteren Zeitpunkt allenfalls die Sonderverwaltungsgerichtsbarkeit des VfGH zur
Gänze aufgelassen würde.
Im Ausschuss
9 herrschte Einigkeit darüber, dass die Einführung der Gesetzesbeschwerde (dort
noch: „des Subsidiarantrags“) jedenfalls einen Fortschritt darstelle. Die
Gesetzesbeschwerde hält die Aufgabenteilung[3]
bei der Einzelfallbeurteilung aufrecht, schafft aber einen umfassenden Zugang
zum VfGH auch gegen Entscheidungen der beiden anderen Höchstgerichte, soweit
diese die Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes nicht beachtet haben sollten.
Sie fügt sich im Bereich des Verwaltungsrechts in das bewährte Zusammenspiel
zwischen den beiden Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts ein. Die Verfasser
dieses Entwurfs betonen den Aspekt der systematischen Fortentwicklung auch
deshalb, weil das parallel diskutierte Modell der „Urteilsbeschwerde“ einen
wesentlich gravierenderen Schritt darstellen würde, der in das
Rechtsschutzsystem für lange Zeit ein Element der Unsicherheit hineintrüge und
etwa im Zivil- und Strafrecht vom VfGH viele bisher geklärte Auslegungsfragen
neu „durchjudiziert“ werden müssten.[4]
Die neue
Gesetzesbeschwerde verlässt auch sowohl hinsichtlich der
Verwaltungsgerichtsbarkeit als auch der ordentlichen Gerichtsbarkeit nicht den
nach allgemeiner Einschätzung oberen Rahmen von höchstens drei[5]
im Einzelfall entscheidenden
innerstaatlichen – hinzu kommen noch etwaige Verfahrensverzögerungen
aus Vorabentscheidungsverfahren etc. – Gerichtsinstanzen, weil es eben klar
um ein anderes Thema – die generelle Norm – geht. Wegen dieser trennbaren
Aufgabenstellung kann der Gesetzesbeschwerde – anders als einer allgemeinen
„Urteilsbeschwerde“ – nicht entgegengehalten werden, dass sich in
Zivilrechtssachen diejenige Partei, die bei den ordentlichen Gerichten in drei
Instanzen gewonnen hat, erneut damit konfrontiert sähe, dass die Auslegung der
ordentlichen Gerichte beim VfGH gleichsam als 4. Instanz unter bereits von den
anderen Gerichten zu berücksichtigenden und klärenden Aspekten in Frage
gestellt werden kann und damit vermeidbare weitere Verfahrenskosten und
Verzögerungen entstehen. Durch die unterschiedliche Aufgabenstellung der
Gesetzesbeschwerde wird auch der Eindruck vermieden, dass hier bloß Instanz an
Instanz gereiht werde, was tendenziell immer zu einer Verdünnung der für jede
Instanz zur Verfügung stehenden Mittel und zu Verzögerungen führen muss.
Im Bereich
der Verwaltungsgerichtsbarkeit sollte der Verwaltungsgerichtsbarkeit
erster Instanz Gelegenheit zur Entwicklung und Entfaltung gegeben werden, bevor
tiefer greifende Systemänderungen ins Auge zu fassen sind. Die Ersteller dieses
Entwurfs halten auch in diesem Sinn an ihrer Grundposition einer behutsamen
systemkonformen Weiterentwicklung des Rechtsschutzsystems fest. Sollte zu einem
späteren Zeitpunkt die Sonderverwaltungsgerichtsbarkeit des VfGH aufgelassen
werden, stellt sich die Frage nach der Anfechtbarkeit verwaltungsgerichtlicher
Entscheidungen erster Instanz wiederum neu.
Abschließend
sei betont, dass nach einer weit verbreiteten Einschätzung mit der Einführung
der „Gesetzesbeschwerde“ der derzeit behauptete Mangel hinsichtlich der Durchsetzung
einer verfassungskonformen Rechtsordnung weitestgehend beseitigt wird. Auch ist
zu sehen, dass die Einführung der Gesetzesbeschwerde dem VfGH – zumal
anfänglich – einen nicht zu vernachlässigenden Aufgabenzuwachs im Bereich der
Normenkontrollverfahren erbrächte und in systemkonformer Weise seine Stellung
stärkte.
II. Besonderer Teil
1. Der
Textvorschlag setzt die Umwandlung der derzeit bestehenden Unabhängigen
Verwaltungssenate in Landesverwaltungsgerichte voraus. Auch geht er von einer
umfassenden Anfechtungsbefugnis aller Gerichte aus. Im Hinblick darauf kann
allgemein von den „Gerichten“
im Sinne des Art. 89 Abs. 2 B-VG gesprochen werden.[6]
Ansonsten wird vom status quo ausgegangen.
2. Für die
legistische Einordnung in die Art. 139 und 140 B-VG wurde der Weg gewählt, neue
Absätze „1a“ einzurichten. Dies deshalb, weil die jeweiligen Absätze 1 der Art.
139 f B-VG schon lang sind und man eine Neutextierung dieser Bestimmungen
überhaupt überlegen sollte. In Art. 139a B-VG soll durch einen entsprechenden
Verweis das Auslangen gefunden werden. Die Konsequenzen für das Verfahren zur Prüfung von Staatsverträgen ergeben
sich schon aus dem in Art. 140a Abs. 1 B-VG enthaltenen Verweis auf die
geänderten Bestimmungen.
3. Die
Gesetzesbeschwerde soll unabhängig davon zulässig sein, ob der Beschwerdeführer
zuvor im Verfahren vor den antragsberechtigten Gerichten die Normbedenken
geltend gemacht und eine Antragstellung an den VfGH angeregt hat. Denn dem
Beschwerdeführer kann ja erst nach der Entscheidung des Gerichts die mögliche
Verfassungswidrigkeit der Norm deutlich werden.
4. Nach dem
Entwurf soll eine Gesetzesbeschwerde dann zulässig sein, wenn ein
antragsberechtigtes „Gericht“ befasst war. Es ist also – schon aus
prozessökonomischen Gründen – nicht vorgesehen, dass vor Erhebung der Gesetzesbeschwerde
ein Instanzenzug an den VwGH oder OGH ausgeschöpft oder gesetzlich eingerichtet
werden muss.
5.
Im Verfassungstext sollte auch zum Ausdruck kommen, dass die „Person“,
die als Beschwerdeführer vor dem VfGH auftritt, Verfahrenspartei des zugrunde
liegenden gerichtlichen Verfahrens gewesen ist. Dies erscheint auch zweckmäßig
im Hinblick auf eine Abgrenzung zum „benachbarten“ Individualantrag. Die
Wendung „in ihren Rechten“, die beim Individualantrag nach Art. 140 Abs.
1 B-VG verwendet wird, wird nicht übernommen. Für die Nichtverwendung dieser
Formel ist maßgebend, dass die Gesetzesbeschwerde der gerichtlichen
Antragstellung an den VfGH nachgebildet ist und dort ja auch nicht darauf
abgestellt wird, ob eine Verfahrenspartei „in ihren Rechten“ verletzt ist. Es
soll schon reichen, dass die verfassungswidrige Norm anzuwenden ist. Der Umfang
der Auswirkungen auf den konkreten
Einzelfall muss nicht vom VfGH geprüft werden.
Durch
die notwendige Voraussetzung eines vorgehenden gerichtlichen Verfahrens und der
Anwendung der bekämpften Norm kann die „Gesetzesbeschwerde“ auch nicht als
„Popularbeschwerde“ jeder Person gegen jedes irgendwie verfassungswidrige
Gesetz aufgefasst werden. Die Rechtsverletzungsmöglichkeit, also die notwendige
„Betroffenheit“ des Beschwerdeführers von der bedenklichen generellen Norm
ergibt sich aus der Geltendmachung subjektiver Rechte im
(verwaltungs)gerichtlichen Verfahren.
6. Die
Formulierung sollte es ausschließen, dass auch Amtsparteien im Sinn des
Art. 131 Abs. 1 Z 2 und 3 und Abs. 2 B-VG von der Gesetzesbeschwerde
Gebrauch machen können (arg: „Person“). Dies ist deshalb wichtig, weil
die Grenze zwischen konkreter und abstrakter Normprüfung nicht verwischt werden
soll. Sonst könnte etwa ein Bundesminister über die Anfechtung eines Bescheids
der Landesregierung die Verfassungsmäßigkeit des Bundesgesetzes bekämpfen, eine
Möglichkeit, die nach
Art. 140 Abs. 1 B-VG ansonsten nicht gegeben wäre (vgl. VfGH 16. 6.
2004, G 4-6/04). In diesem Zusammenhang soll aber auch die
verfassungsrechtliche Grundlage für eine mögliche Erweiterung der Kompetenzen
der Generalprokuratur geschaffen werden, die in Zukunft eine ähnliche
„Filterfunktion“ wie bei der Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes
nach § 33 Abs. 2 StPO haben könnte. Weitere „grundrechtsspezifische“ Maßnahmen
im Strafrechtsbereich, wie etwa die Einholung von Stellungnahmen
(Menschenrechtsbeirat etc.) oder formelle Erleichterungen bei der Erhebung der
Grundrechtsbeschwerde an den OGH bzw. deren Ausdehnung auf weitere Grundrechte,
müssen hier nicht erörtert werden, weil sie keiner weiteren
verfassungsrechtlichen Grundlage bedürfen.
7. Durch die
Anordnung, dass die Gesetzesbeschwerde erst nach einer rechtskräftigen
gerichtlichen Entscheidung zulässig ist, soll ausgeschlossen werden, dass der
Beschwerdeführer (die Verfahrenspartei des gerichtlichen Verfahrens) parallel
zur gerichtlichen Anfechtung einer generellen Norm eine Gesetzesbeschwerde
einbringt. Es bleibt der nicht ausdrücklich geregelte Fall, dass das Gericht
einen entsprechenden Antrag gestellt hat, der VfGH sein Verfahren durchgeführt
hat und das Gericht dann zu seiner Entscheidung findet. Für diesen Fall
schließt es der Entwurf nicht aus, dass der Beschwerdeführer (die
Verfahrenspartei) nunmehr verfassungsrechtliche Bedenken äußert, die noch nicht
Gegenstand des verfassungsgerichtlichen Verfahrens waren.
8. Aus
Gründen der Rechtssicherheit und in Anlehnung an die Bestimmung des § 82 VerfGG
wird der Gesetzgeber für die Einbringung der Gesetzesbeschwerde eine Frist
vorzusehen haben.
9. Zur
Straffung des – ohnedies bereits bedenklich langen – Verfahrens erscheint es
zweckmäßig, schon im Verfassungstext festzulegen, dass mit der Aufhebung des
Gesetzes (dem Ausspruch seiner Verfassungswidrigkeit) das gerichtliche
Verfahren wieder aufgenommen ist. Die jeweiligen Verfahrensgesetze können noch
detaillierter festlegen, in welchem Stadium das Verfahren als wiederaufgenommen
gilt.
Präs.
Univ.-Prof. Dr. Jabloner Univ.-Prof. DDr.
Grabenwarter Präs. Dr. Rzeszut
[1] Vormals – und im Sinn des Auftrags des Konventspräsidiums – „Subsidiarantrag“.
[2] Zur Vereinfachung wird die folgende Darlegung auf Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen konzentriert. Für die anderen Fälle von Normbedenken – Verordnungen, Staatsverträge – gilt das Entsprechende.
[3] Die Gewaltenteilung in der neueren Staatslehre wird schlicht als Verteilung der Verantwortung auf verschiedene Organkomplexe diskutiert (vgl. Koja, Allgemeine Staatslehre, 1998, 142).
[4] Das ginge von der Beurteilung von Zuständigkeitsentscheidungen unter dem Aspekt des gesetzlichen Richters nach Art. 83 Abs. 2 B-VG bis etwa zu Abwägungen zwischen Grundrechten, wie beispielsweise dem Eigentumsrecht oder sozialen Grundrechten im Zusammenhang mit Kündigungsanfechtungen.
[5] Den grundsätzlich drei Instanzen in der ordentlichen (Zivil)Gerichtsbarkeit stehen im Bereich des Verwaltungsrechts die Verwaltungsgerichte und die beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts gegenüber. Die andere Stellung des VfGH für den Verwaltungsbereich erklärt sich unter anderen aus der gewachsenen Aufgabenteilung zwischen der ordentlichen Gerichtsbarkeit und den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts, aber auch aus der Bindung der Verwaltungsgerichte an die Verwaltung im Ermessensbereich. Weiters wäre es sinnvoll abzuwarten, wie sich das System der gestuften Verwaltungsgerichtsbarkeit mittelfristig bewährt.
[6] Vgl. dazu Art. 140 Abs. 1 B-VG idF des gemeinsamen Textentwurfs Grabenwarter/Jabloner für die verfassungsrechtliche Verankerung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, abgedruckt im Ausschussbericht, S. 49 ff [57].