Internationaler Rechtsvergleich über

die Organisation der Spitzen der Justizverwaltung

aller 25 EU-Mitgliedstaaten unter besonderer

Berücksichtung der Staaten mit vergleichbarer Rechtstradition

 

 

I. Einleitung

Der „Österreich-Konvent“ hat dem für Rechtsschutz und Gerichtsbarkeit zuständigen Ausschuss 9 die folgenden Themenbereiche zur Vorberatung zugewiesen:

„Einrichtung eines effizienten und effektiven Rechtsschutzes unter dem Gesichtspunkt bürgerinnen- und bürgernaher Entscheidungen: Ordentliche Gerichtsbarkeit, Gerichtshöfe öffentlichen Rechts, Verwaltungsgerichtsbarkeit in den Ländern, Sondersenate.“[1]

Diesen Vorgaben entsprechend hat sich der Ausschuss 9 am 31.10.2003 konstituiert, die Themen, die sich aus dem vom Präsidium erteilten Mandat ergeben, in insgesamt elf Sitzungen – sieben Sitzungen des Ausschusses und vier Sitzungen der zum Generalthema „Einführung der (Landes-) Verwaltungsgerichtsbarkeit“ gebildeten, so genannten „kleinen Arbeitsgruppe“ – eingehend beraten und die Ergebnisse dieser Beratungen in seinem Bericht vom 26.3.2004 zusammengefasst.[2]

Im Zuge der Beratungen des Ausschusses 9 wurde u. a. auch über das von der richterlichen Standesvertretung (der Vereinigung der österreichischen Richter einerseits und der Bundessektion der Richter und Staatsanwälte in der GÖD andererseits) vorgeschlagene Modell eines „Rats der Gerichtsbarkeit“ diskutiert.[3] Dabei wurde – um die in diesem Zusammenhang angestellten Überlegungen noch zu vertiefen – „auch angeregt, das Büro des Österreich-Konvents möge einen internationalen Vergleich über die Organisation der Spitzen der Justizverwaltung einholen.“[4] Dem entsprechend wurde dem Ausschuss 9 in dem vom Präsidium in dessen Sitzungen am 28.5. und 9.6.2004 beschlossenen ergänzenden Mandat unter Punkt A) („Ordentliche Gerichtsbarkeit“) u. a. folgender Arbeitsauftrag erteilt:

Ausarbeitung eines Rechtsvergleichs über die Organisation der Spitzen der Justizverwaltung (Justizminister, Rat der Gerichtsbarkeit, Einrichtung eines „Justizrats“ oder eines richterlichen Kollegialorgans zur Führung von Agenden der Justizverwaltung, Bindungswirkung von Besetzungsvorschlägen, Begründungspflicht des Justizministers/der Personalsenate für Richterernennungen, Leistungsanreize für und Leistungskontrolle von Richtern) aller 25 EU-Mitgliedstaaten unter besonderer Berücksichtung der Staaten mit vergleichbarer Rechtstradition nach Maßgabe des diesbezüglich vorhandenen Datenmaterials“[5]

Auch wenn der im Folgenden dargestellte, vom Büro des Österreich-Konvents ausgearbeitete Rechtsvergleich – nicht zuletzt aufgrund des stark erweiterten Arbeitsauftrags, des teilweise unvollständigen Datenmaterials[6] und der konventsbedingten Knappheit der zur Verfügung stehenden Zeit[7] – weder Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Wissenschaftlichkeit erhebt, sollte er doch einen Beitrag zur Versachlichung der weiteren Ausschussberatungen über das von der richterlichen Standesvertretung vorgeschlagene Modell eines „Rats der Gerichtsbarkeit“ leisten können.[8]

 

Der nachstehende Rechtsvergleich beruht u. a.

-         auf einem vom Europarat herausgegebenen rechtsvergleichenden Buch (Stand: Mai 2000),[9]

-         auf einem vom Deutschen Richterbund, Bund der Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, erstellten rechtsvergleichenden Überblick über die Selbstverwaltung der Justiz,[10]

-         auf einem rechtsvergleichenden Aufsatz von Dr. Herbert Küpper, Die Forderung der deutschen Justiz nach Selbstverwaltung – Modell Osteuropa?,[11]

-         auf einem von Dr. Klaus Schröder[12] erstellten Bericht über die Tagung der deutschen Richterakademie vom 13.1. bis 18.1.2003 zum Thema „Von innen und außen betrachtet: Richterbilder in Deutschland und in europäischen Nachbarstaaten“,

-         auf einem von SChef Dr. Otto Oberhammer vor der Österreichischen Juristenkommission am 21.5.2004 gehaltenen Vortrag,[13]

-         auf der Auswertung eines vom „Consultative Council of European Judges“ (CCJE) im Rahmen des Europarats im Jahr 2002 an alle Mitgliedsorganisationen ausgesendeten Fragebogens u. a. zum Thema der straf-, zivil- und disziplinarrechtlichen Verantwortung von Richtern[14]

-         sowie auf der Auswertung eines von der Internationalen Richtervereinigung in Vorbereitung der Jahrestagung 2003 an die damals 63 Mitgliedsorganisationen (aus ebenso vielen Staaten) ausgesendeten Fragebogens (der immerhin von 36 Mitgliedsorganisationen beantwortet wurde).[15]

 

Der im Folgenden unter Punkt II. angestellte Rechtsvergleich bietet – in alphabetischer Reihenfolge und nach Maßgabe des verfügbaren Datenmaterials – einen Überblick über alle Mitgliedstaaten der EU, mit Ausnahme Finnlands, Lettlands, Luxemburgs und Maltas.[16] Da es inhaltlich – grob gesprochen – im Wesentlichen um die Darstellung der Kompetenzen des jeweiligen Justizministers und/oder des jeweiligen Richterrats auf den beiden großen Gebieten des Personal- und Budgetwesens geht, wurden der erhöhten Übersichtlichkeit und der leichteren Lesbarkeit halber – auch unter Inkaufnahme einer gewissen vergröbernden Betrachtungsweise – am Beginn jedes in den Rechtsvergleich einbezogenen Landes die Zeichen „+“ und/oder „-“ jeweils als Klammerausdruck eingefügt. Ein „+“ bedeutet, dass der jeweilige Richterrat in dem betreffenden Land Kompetenzen auf dem einen oder anderen Gebiet hat, ein „-“ bedeutet, dass es entweder einen solchen Richterrat gar nicht gibt oder einem bestehenden Richterrat solche Kompetenzen fehlen; das jeweils erste „+“/„-“ bezieht sich auf den Personalbereich, das jeweils zweite auf den Budgetbereich.

 

Der Vollständigkeit halber wird unter Punkt III. ein – kurzer – Exkurs in andere europäische Staaten, nämlich Bulgarien, Norwegen, Rumänien und die Schweiz unternommen, die zwar (noch) nicht Mitglieder der EU sind, über deren jeweilige Rechtslage aber dem Verfasser entsprechendes Datenmaterial zur Verfügung stand, das nicht verloren gehen soll.

 

Unter Punkt IV. wird schließlich – unter besonderer Berücksichtung der Staaten mit einer mit Österreich vergleichbaren Rechtstradition – der Versuch unternommen, die Ergebnisse dieser Untersuchung zusammenzufassen.

 

 

II. Übersicht über alle EU-Mitgliedstaaten (in alphabetischer Reihenfolge)

 

1. Belgien (+ / -)

Gemäß Art. 151 § 2 der koordinierten Verfassung Belgiens[17] wurde für ganz Belgien – offenbar auch als Folge des „Falls Dutroux“[18] – ein so genannter „Hoher Justizrat“[19] eingerichtet, der sich aus einem wallonischen und einem flämischen Kollegium zusammensetzt. Jedes Kollegium umfasst eine gleiche Anzahl von Mitgliedern und ist paritätisch zusammengefügt: einerseits aus Richtern und Mitgliedern der Staatsanwaltschaft, die unter den einfachgesetzlich festgelegten Bedingungen unmittelbar von ihres gleichen gewählt werden (22 gewählte Richter), und andererseits aus anderen Mitgliedern, die vom Senat mit Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen unter den einfachgesetzlich festgelegten Bedingungen ernannt werden (22 externe Mitglieder, vorwiegend Rechtsanwälte, Universitätsprofessoren und weitere angesehene Personen aus der Gesellschaft mit Hochschuldiplom); insgesamt besteht der „Hohe Justizrat“ also aus 44 Mitgliedern. Die Mitglieder werden für jeweils 4 Jahre gewählt bzw. bestellt, eine einmalige Wiederwahl/-bestellung ist zulässig. Die Wahlen zum „Hohen Justizrat“ wurden (soweit es die erste Wahl betraf) vom Justizminister organisiert, von nun an ist der Justizrat selbst für die Organisation der Wahlen zuständig. Es gibt in jedem Kollegium eine Ernennungs- und Bestimmungskommission und eine Begutachtungs- und Untersuchungskommission, die jeweils paritätisch zusammengesetzt sind. Das Gesetz legt fest, wie der „Hohe Justizrat“, seine Kollegien und deren Kommissionen zusammengesetzt sind und unter welchen Bedingungen und wie sie ihre Befugnisse ausüben.

Der „Hohe Justizrat“ ist für die Ernennung der Richter zuständig, hat jedoch keine Budgetbefugnis; er ist weder Teil der Exekutive noch Teil der Judikative. Der „Hohe Justizrat“ ist keine Standesvertretung; als solche wäre vielmehr der „Hohe Rat der Magistrate“ vorgesehen gewesen, der aber letztlich nicht zustande kam, weil es nicht genügend Kandidaten gab, um diesen Rat vollständig zu beschicken. Der „Hohe Justizrat“ unterhält ein eigenes Büro, in dem 4 seiner Mitglieder (2 Richter und 2 Externe) in Vollzeitbeschäftigung die Tätigkeiten des Justizrats organisieren und koordinieren.

            Im Einzelnen übt der „Hohe Justizrat“ gemäß Art. 151 § 3 der belgischen Verfassung seine Befugnisse in folgenden Angelegenheiten aus:

            1. Vorschlag von Kandidaten für eine Ernennung zum Richter oder zum Mitglied der Staatsanwaltschaft;

2. Vorschlag von Kandidaten für die Funktionen der ersten Präsidenten des Kassationshofs und der Gerichtshöfe und der Präsidenten der Gerichte sowie des so genannten „Korpschefs“ bei der Staatsanwaltschaft;

3. Zugang zum Amt eines Richters oder eines Mitglieds der Staatsanwaltschaft;

4. Ausbildung der Richter und der Mitglieder der Staatsanwaltschaft (Richtlinien und Programme für Fortbildung und Referendarzeit);

5. Erstellung von Standardprofilen;

6. Abgabe von Gutachten und Vorschlägen im Bereich der allgemeinen Arbeitsweise und Organisation des gerichtlichen Stands (Arbeitsweise der Judikative);

7. Allgemeine Überwachung und Förderung der Benutzung von internen Kontrollmitteln und -mechanismen;

8. unter Ausschluss jeglicher disziplinarischer und strafrechtlicher Befugnisse:

- Annahme und Bearbeitung von Klagen in Bezug auf die Arbeitsweise des gerichtlichen Stands;

- Einleitung einer Untersuchung über die Arbeitsweise des gerichtlichen Stands.

Unter den vom einfachen Gesetz festgelegten Bedingungen werden die ersten vier erwähnten Befugnisse (1. bis 4.) der zuständigen Ernennungs- und Bestimmungskommission und die letzten vier erwähnten Befugnisse (5. bis 8.) der zuständigen Begutachtungs- und Untersuchungskommission zugeteilt. Hinsichtlich der Ernennung von Richtern und Staatsanwälten erstattet der „Hohe Justizrat“ Vorschläge, die tatsächliche Ernennung erfolgt dann durch die Königin auf Vorschlag des Justizministers. Bei einem Dissens zwischen Justizrat und Justizminister kann letzterer den Vorschlag an den Justizrat zurückverweisen (was eine Pattstellung nach sich ziehen kann), sich aber nicht darüber hinwegsetzen. Nach zwei Rückverweisungen müsste das Verfahren von vorne durchgeführt werden.

Die Disziplinargewalt wird – je nach Schwere des dem betroffenen Richter zur Last gelegten Verhaltens – vom Präsidenten des jeweiligen Gerichts, vom Ersten Präsidenten des Berufungsgerichts oder von der Disziplinarversammlung des Berufungs- oder Kassationsgerichts wahrgenommen. Die Sanktionen reichen von einer bloßen Verwarnung über einen Verweis bis zur Suspendierung (in der Dauer von 15 Tagen bis zu maximal einem Jahr) und zur endgültigen Entlassung.

 

2. Dänemark (+ / +)

In Dänemark ist zwischen zwei Organen, nämlich einerseits einem so genannten „Richter-Ernennungsrat“[20], der aus 6 Mitgliedern (3 gewählten Richtern und 3 anderen) besteht und für die Ernennung und Beförderung der Richter zuständig ist, und andererseits einem so genannten „Gerichtsverwaltungsrat“[21] zu unterscheiden, der seit 1.7.1999 besteht und aus insgesamt 11 Mitgliedern, nämlich 8 Vertretern der Gerichte (davon 5 von Richtern gewählte Richter), einem Rechtsanwalt und zwei Personen mit speziellen sozialen und Führungskompetenzen zusammengesetzt ist. Dieser zuletzt genannte „Gerichtsverwaltungsrat“ hat Kompetenzen in den Bereichen der Gerichtsorganisation, der Richterausbildung und des Haushaltsrechts: So fasst er etwa Beschlüsse zu bedeutenden Fragen des Haushalts, unterhält er die Budgetanforderung und -verwaltung und führt er die Budgetverhandlungen mit dem Finanzministerium.

 

3. Deutschland (- / -)

Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland[22] zeichnet kein geschlossenes Richterbild, dieses erschließt sich vielmehr aus den Artikeln 20, 92, 97 und 103 des Grundgesetzes. Das Rechtsstaatsprinzip gemäß Art. 20 und 28 des Grundgesetzes inkludiert die Bindung an Gesetz und Recht, die Unabhängigkeit der Richter, die Gewaltenteilung und die Gewährleistung eines fairen Verfahrens. Nach dem Demokratieprinzip geht alle Staatsgewalt vom Volk aus. Sohin müssen auch die Richter durch parlamentarische Wahl gewählt oder durch parlamentarisch verantwortliche Minister ernannt werden. Eine Kooptation wäre verfassungswidrig.[23]

In Deutschland gibt es derzeit keinen „Rat der Gerichtsbarkeit“ oder eine vergleichbare Einrichtung. Die Verwaltung der Gerichte und Staatsanwaltschaften wird vielmehr durch die Justizminister der 16 Bundesländer für die Gerichte (Staatsanwaltschaften) der Länder bzw. durch den Bundes-Justizminister für die Bundesgerichte (Generalbundesanwalt) vorgenommen. Das Bundesverfassungsgericht besitzt eine eigene Personal- und Budgethoheit, es verwaltet sich selbst. Die Ernennung der Richter erfolgt in unterschiedlicher Weise. In den meisten Bundesländern werden die Richter durch den Justizminister ausgewählt, ernannt und befördert. In anderen Bundesländern und im Bund werden die Richter durch einen Richterwahlausschuss gewählt, zum Teil mit Richterbeteiligung, im Bundesrichterwahlausschuss jedoch ohne jede Beteiligung von Richtern.[24] Die Haushaltsverantwortung liegt in allen Ländern und im Bund ausschließlich bei den jeweiligen Justizministern.

            Vor diesem Hintergrund wird eine Reform der Justizverwaltung in Deutschland schon seit Jahren, ja eigentlich Jahrzehnten diskutiert.[25] In seinem „Beschluss zur Selbstverwaltung“ vom 15.11.2002 in Kiel[26] forderte die Bundesvertreterversammlung des Deutschen Richterbunds mittel- und langfristig eine möglichst umfassende Selbstverwaltung der Justiz in finanzieller, personeller und organisatorischer Hinsicht in Gestalt eines so genannten „Justizverwaltungsrats“. Das von der zuständigen Arbeitsgruppe des Deutschen Richterbunds vorgeschlagenen Modell geht von einem „Justizverwaltungsrat“ als Selbstverwaltungsorgan auf Landesebene aus, der entweder als selbständiges Verfassungsorgan ausgestaltet oder unmittelbar dem Landtagspräsidenten zugeordnet sein soll. Dieser „Justizverwaltungsrat“ soll die Landesjustiz abschließend und vollständig verwalten. Er soll – je nach landesspezifischen Notwendigkeiten – unterschiedlich zusammengesetzt sein; jedenfalls aber sollen ihm die Präsidenten der Oberen Landesgerichte und der Generalstaatsanwalt angehören. Zu seiner Unterstützung und als Mitglied ohne Stimmrecht ist ein Generalsekretär vorgesehen, dem die Führung der Behörde obliegt. Der „Justizverwaltungsrat“ soll nahezu alle derzeitigen exekutiven Funktionen der Justizministerien in Selbstverwaltung übernehmen, er soll also grob gesprochen sowohl für Personal- als auch für Haushaltsentscheidungen zuständig sein.

            Im Wesentlichen soll der „Justizverwaltungsrat“ die bisher den Justizministerien und Justizsenatoren zukommenden Zuständigkeiten wahrnehmen, also die Mitwirkung an Personalentscheidungen, die Personalauswahl, die Erstellung von Besetzungsvorschlägen, die Entlassung und Versetzung von Richtern (auch: in den Ruhestand), die Beurteilungen von Richtern (Aufstellung justizförmiger Kriterien für Beurteilungsrichtlinien), die Dienstaufsicht über alle Mitarbeiter der Justiz, Controlling, Qualitätssicherung und -management, die Aus- und Weiterbildung der Richter und auch der Referendare, die Leitung der Justizprüfungsämter sowie schließlich die Mittelanwerbung und Mittelverteilung. Hinsichtlich dieses letzten Punkts soll – so die Vorstellungen des Deutschen Richterbunds – der „Justizverwaltungsrat“ den Finanzbedarf der Justiz beim Finanzminister anmelden, der dann in den Finanzverhandlungen im Kabinett für die Aufnahme der Mittel in den Haushaltsentwurf verantwortlich ist. Wenn die Regierung den Vorschlägen des „Justizverwaltungsrats“ nicht folgt, d. h. weniger Mittel für die Justiz veranschlagen will, soll der Entwurf des „Justizverwaltungsrats“ dem Parlament unmittelbar zugeleitet werden; dort soll ein Vertreter des Rats in der Haushaltsdebatte im Parlament (sowohl im Plenum als auch im Haushaltsausschuss) Rederecht bekommen und den Mittelbedarf der Justiz verteidigen können.

            Der „Justizverwaltungsrat“ soll sich eine eigene Geschäftsordnung entsprechend den amerikanischen „Court Rules“ geben und grundsätzlich mit Stimmenmehrheit und mit Zustimmung der Mitbestimmungsgremien bzw. des Präsidiums entscheiden. Lediglich bei der Mittelverteilung könnte es einen Minderheitenschutz zu Gunsten der Staatsanwaltschaften und/oder gewisser Fachgerichtsbarkeiten geben.[27]

            Im Bereich des Disziplinarrechts ist in letzter Instanz das Bundesarbeitsgericht zuständig. Als disziplinäre Maßnahmen sind der Verweis, die Geldstrafe, die Gehaltsreduktion, die Versetzung auf ein anderes Gericht und schließlich die Entlassung möglich.

 

4. Estland (+ / +)

In Estland ist durch das Gerichtsgesetz vom 19.6.2002 mit Wirkung ab 29.7.2002 eine „Gerichtsverwaltungskammer“[28] eingerichtet worden, der insgesamt 11 Mitglieder, und zwar der Justizminister, der Generalstaatsanwalt, der Präsident des Obersten Gerichts, 5 weitere (von Richtern gewählte) Richter, 2 ebenfalls gewählte Parlamentsmitglieder und ein Rechtsanwalt, angehören; die richterlichen Vertreter stellen sohin 7 von 11 Mitgliedern. Die Amtszeit beträgt 3 Jahre, eine Wiederwahl ist zulässig. Den Vorsitz führt der Präsident des Obersten Gerichts. Diesem Rat obliegen Zustimmungsrechte bei den Richterernennungen, die Genehmigung der Ernennung der Gerichtspräsidenten sowie Mitbestimmungsrechte bei der Ernennung des Obersten Gerichts und bei der Erstellung des Budgetentwurfs: So weist dieser Rat die vom Haushaltsgesetzgeber beschlossenen Richterstellen an die einzelnen Gerichte zu. In Verfahren über Entlassungen individueller Richter hat der Rat ein Recht zur Stellungnahme; für den Bereich des Disziplinarrechts ist beim „Supreme Court“ ein eigener Disziplinarsenat eingerichtet, der auf Antrag des Präsidenten des Höchstgerichts oder des Justizministers tätig wird. Die Sanktionen reichen von Verwarnungen und Verweisen über Geldstrafen bis hin zur Entlassung, die aber nur von der Vollversammlung des „Supreme Courts“ verfügt werden darf.

            Für die richterliche Aus- und Fortbildung wurde ein separates Selbstverwaltungsgremium in Form eines „Schulungsrats“ geschaffen, von dessen 9 Mitgliedern 7 Mitglieder der Justiz angehören.

 

5. Finnland

Zu Finnland stand dem Verfasser kein Datenmaterial (auch nicht aus dem Internet) zur Verfügung.

 

6. Frankreich (+ / -)

Gemäß Art. 64 Satz 2 der Verfassung der Republik Frankreich[29] wird der Präsident der Republik vom so genannten „Obersten Rat des Richterstands“[30] unterstützt. Gemäß Art. 65 führt der Präsident der Republik den Vorsitz im „Obersten Rat des Richterstands“. Der Justizminister ist von Rechts wegen der Vizepräsident; er kann den Präsidenten der Republik vertreten. Beide – Präsident und Justizminister – haben jedoch kein Stimmrecht im Rat. Der „Oberste Rat des Richterstands“ besteht aus zwei Abteilungen, von denen eine für die Richter und die andere für die Staatsanwälte zuständig ist; beide haben jeweils 12 Mitglieder: Die für die Richter zuständige Abteilung besteht – außer dem Präsidenten der Republik und dem Justizminister – aus 5 Richtern, einem Staatsanwalt, einem Mitglied des Staatsrats (von diesem ernannt) und 3 weiteren außen stehenden, unabhängigen Persönlichkeiten, die weder dem Parlament noch den ordentlichen Gerichten angehören dürfen und jeweils vom Präsidenten der Republik, dem Präsidenten der Nationalversammlung und dem Präsidenten des Senats benannt werden. Die für die Staatsanwälte zuständige Abteilung besteht – außer dem Präsidenten der Republik und dem Justizminister – aus 5 Staatsanwälten, einem Richter, dem oben genannten Mitglied des Staatsrats und den 3 weiteren außen stehenden und unabhängigen Persönlichkeiten. Die Mitglieder werden für jeweils 4 Jahre bestellt.

            Die für die Richter zuständige Abteilung des „Obersten Rats des Richterstands“ erstattet einerseits (seit dem Jahr 1993) verbindliche Stellungnahmen für die Ernennung einfacher Richter und andererseits unverbindliche Stellungnahmen für die Ernennung der Richter beim Kassationsgericht, der ersten Präsidenten der „Cour d`appel“ und der Präsidenten eines „Tribunal de grande instance“. Sie ist weiters das für die Richter zuständige Disziplinargericht, wobei hier der erste Präsident des Kassationsgerichts den Vorsitz führt; die Sanktionen reichen von einer bloßen Verwarnung bis hin zur Entlassung.

            Die für die Staatsanwälte zuständige Abteilung des „Obersten Rats des Richterstands“ nimmt Stellung zu den Ernennungen der Staatsanwälte, mit Ausnahme der im Ministerrat zu besetzenden Ämter, sowie zu den die Staatsanwälte betreffenden Disziplinarmaßnahmen, wobei hier der Generalstaatsanwalt beim Kassationsgericht den Vorsitz führt.

            Der oberste Richterrat hat keine Budgethoheit. Der in die politische Diskussion eingebrachte Vorschlag einer Öffnung des „Obersten Rats des Richterstands“ auch für außen stehende, nicht einer der drei Staatsgewalten angehörende Personen und – dem folgend – einer Erhöhung der Mitgliederzahl von 12 auf 23 wurde vorerst aufgeschoben.

            Abschließend ist unter dem Titel der (so genannten) „Leistungsanreize für Richter“ auf eine Ende 2003 erlassene Verordnung der französischen Regierung (in Kraft seit 1.1.2004) hinzuweisen, wonach besonders effizient bzw. produktiv arbeitende Richter für ihren Einsatz dadurch belohnt werden sollen, dass ihr reguläres Monatsgehalt um bis zu 8% aufgefettet wird; im Einzelnen bleiben die maßgeblichen Kriterien vage. Die Auszahlung der Belohnung ist nicht Aufgabe des Ministers bzw. der Regierung, sondern des Vorsitzenden der Berufungsgerichte, der dafür Vorschläge der Vorsitzenden und Präsidenten der Gerichte einzuholen hat. Der Bonus wird monatlich ausbezahlt und unterliegt einer halbjährlichen Überprüfung im Rahmen eines Gesprächs zwischen dem betroffenen (unter Umständen anspruchsberechtigten) Richter und dem Präsidenten des Gerichts. Diese – nur in Frankreich und ansatzweise in Spanien praktizierte – Form von „Leistungsanreizen“ hat die Europäische Richtervereinigung im Mai 2004 mit einer eigenen Resolution[31] nachdrücklich abgelehnt, da eine Junktimierung von richterlicher Entlohnung und den Ergebnissen richterlicher Tätigkeit mit den Grundsätzen der Rechtstaatlichkeit und der richterlichen Unabhängigkeit unvereinbar sei, zumal dadurch die Möglichkeit geschaffen würde, Druck auszuüben und Einfluss auf richterliche Entscheidungen und richterliches Verhalten zu nehmen. Jede Form der Verknüpfung von richterlicher Entlohnung und der „Produktivität“ richterlicher Tätigkeit sei inakzeptabel.[32]

 

7. Griechenland (+ / -)

Gemäß Art. 90 Abs. 1 der Verfassung der Griechischen Republik[33] werden die Richter durch Präsidialverordnung nach vorherigen Beschluss eines „Obersten Richterrats“ befördert, angestellt, versetzt, abgeordnet und in einen anderen Bereich der Gerichtsbarkeit versetzt. Dieser Rat besteht aus dem Präsidenten des entsprechenden obersten Gerichtshofs sowie Mitgliedern desselben, die aus der Reihe derer, die beim Gerichtshof mindestens seit 2 Jahren tätig sind, durch Los für die Dauer eines Jahres bestimmt werden. Zum „Obersten Richterrat“ der Zivil- und Strafgerichtsbarkeit gehört auch der Staatsanwalt beim so genannten „Areopag“ (Höchstgericht) sowie zwei stellvertretende Staatsanwälte beim „Areopag“, die aus der Reihe derer, die bei der Staatsanwaltschaft des „Areopag“ mindestens seit 2 Jahren tätig sind, durch Los bestimmt werden. Zum „Obersten Richterrat“ des Staatsrats und der Verwaltungsgerichtsbarkeit gehört auch der Generalstaatsvertreter bei der Verwaltungsgerichtsbarkeit, wenn es um Themen geht, die die richterlichen Amtsträger der ordentlichen Verwaltungsgerichte und die Generalstaatsvertretung betreffen. Zum „Obersten Richterrat“ beim Rechnungshof gehört auch der Generalstaatsvertreter bei diesem. Zum „Obersten Richterrat“ gehören ohne Stimmrecht auch 2 richterliche Amtsträger jenes Gerichtszweigs, den die Dienständerungen betreffen. Sie sollen zumindest den Dienstgrad des Berufsrichters oder einen diesem entsprechenden Dienstgrad führen. Sie werden durch Los nach Maßgabe der einfachen Gesetze bestimmt.

            Gemäß Art. 90 Abs. 2 der griechischen Verfassung hat der „Oberste Richterrat“ dann eine erhöhte Mitgliederzahl, wenn er über die Beförderung zum Mitglied des Staatsrats, zum Richter oder zum stellvertretenden Staatsanwalt beim „Areopag“, zum Mitglied des Rechnungshofs, zum Berufungsgerichtspräsidenten, zum Staatsanwaltschaft beim Berufungsgericht und zum Mitglied der Generalstaatsvertretung bei der Verwaltungsgerichtsbarkeit und beim Rechnungshof entscheidet.

            Gemäß Art. 90 Abs. 3 der griechischen Verfassung kann der Justizminister dann, wenn er mit dem Urteil des „Obersten Richterrats“ nicht übereinstimmt, die Sache an das Plenum des entsprechenden Höchsten Gerichtshofs verweisen, wie dies das einfache Gesetz vorsieht. Andererseits hat auch der richterliche Amtsträger, den das Urteil betrifft, unter den einfachgesetzlich festgelegten Voraussetzungen ein Beschwerderecht.

 

8. Großbritannien (- / -)

In der wissenschaftlichen Literatur zum britischen Regierungssystem wird vielfach festgestellt, dass es eine geschriebene britische Verfassung nicht gebe. Das ist richtig und falsch zugleich: Wenn man unter einer geschriebenen Verfassung ein zusammenhängendes und kompaktes Dokument im Sinne kontinentaleuropäischer Verfassungstheorie und -praxis versteht (wie etwa das österreichische Bundes-Verfassungsgesetz oder das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland), dann ist diese Feststellung sicherlich zutreffend. Geht man hingegen davon aus, dass eine Verfassung ein System fundamentaler Prinzipien und Regeln darstellt, aufgrund dessen politisch-autoritative Entscheidungen und Werturteile getroffen werden, so kann man sehr wohl von einer britischen Verfassung sprechen, die darüber hinaus in Gesetzen und anderen verfassungsrechtlichen Dokumenten festgeschrieben wurde. Insoweit existiert – zumindest partiell – auch eine geschriebene britische Verfassung, selbst wenn ein zusammenhängendes und alles erfassendes Dokument nicht vorhanden ist. Eine durchaus bemerkenswerte Folge des Fehlens einer einheitlichen Verfassungsurkunde ist wohl auch der Umstand, dass etwa England und Schottland noch heute ziemlich unterschiedliche Rechtssysteme aufweisen.

Vor diesem verfassungsrechtlichen Hintergrund gibt es in Großbritannien derzeit keinen „Rat der Gerichtsbarkeit“ oder eine vergleichbare Einrichtung. Die Ernennung der Richter erfolgt nicht durch den Justizminister, sondern durch den „Lord Chancellor“, der teilweise die Funktion des Justizministers wahrnimmt. Der „Lord Chancellor“ muss Jurist sein, als Mitglied des Kabinetts ist er Politiker, gleichzeitig ist er auch Vorsitzender des „House of Lords“[34] und vorsitzender (höchster) Richter. De facto wird die Funktion des höchsten Richters aber vom „Lord Chief Justice“ wahrgenommen. Die Politik hat dennoch keinen Einfluss auf die Ernennung von Richtern, da der „Lord Chancellor“ dabei an objektive, schriftlich festgelegte Kriterien gebunden ist. Für die Ausbildung der Richter besteht darüber hinaus ein „Judicial Studies Board“. Derzeit wird in der politischen Debatte die Errichtung einer „Judicial Appointment Commission“ diskutiert, die für die Ernennung von Richtern unterhalb des „High Courts“ zuständig sein soll. Die – de facto kaum ausgeübte – Disziplinargewalt liegt hinsichtlich der gehobenen bzw. leitenden Richter („senior judiciary“) in den Händen der Königin, hinsichtlich aller anderen Richter in den Händen des „Lord Chancellor“. Zu Amtsenthebungen kommt es nur in extremen Ausnahmefällen.

 

9. Irland (+ / +)

Zunächst besteht gemäß Art. 31 der Verfassung der Republik Irland[35] ein so genannter „Staatsrat“, dem folgende Mitglieder angehören:

a) als Mitglieder von Amts wegen: der „Taoiseach“,[36] der „Tánaiste“,[37] der Oberste Richter, der Präsident der Hohen Gerichtshofs, der Präsident des „Dáil Éireann“,[38] der Präsident des „Seanad Éireann“[39] und der Generalstaatsanwalt;

b) jeder, der in der Lage und willens ist, als Mitglied des „Staatsrats“ zu wirken und der – grob gesprochen – eines der oben unter a) angeführten Ämter inne gehabt hat;

c) weitere Personen, die vom Präsidenten gemäß dieser Bestimmung zu Mitgliedern des „Staatsrats“ ernannt werden.

            Der Präsident der Republik kann jederzeit und von Zeit zu Zeit nach freien Ermessen weitere ihm geeignet erscheinende Personen zu Mitgliedern des „Staatsrats“ ernennen; es dürfen jedoch nicht mehr als 7 derart ernannte Personen zugleich Mitglied des „Staatsrats“ sein.

            In kompetenzrechtlicher Hinsicht unterstützt und berät der „Staatsrat“ den Präsidenten in allen Fragen, in denen sich der Präsident in Wahrnehmung und Vollziehung seiner Befugnisse und Aufgaben an ihn wendet, die gemäß dieser Verfassung nach Rücksprache mit dem „Staatsrat“ wahrgenommen und vollzogen werden sollen; der „Staatsrat“ nimmt überdies die sonstigen Aufgaben wahr, die ihm durch die irische Verfassung übertragen werden.

            Über diesen – verfassungsrechtlich verankerten – „Staatsrat“ hinaus bestehen speziell für den Bereich der Gerichtsbarkeit noch folgende Einrichtungen:

a)      der „Court Service Board“ (CSB), der 17 Mitglieder (hauptsächlich Richter, aber auch Anwälte und Regierungsvertreter) umfasst und – gemeinsam mit der Regierung – u. a. für die Budgeterstellung sowie in alleiniger Verantwortung für die Verteilung der Mittel zuständig ist;

b)      der „Judicial Appointment Advisory Board“ (JAAB), dem 9 Mitglieder (ebenfalls Richter, Anwälte und Regierungsvertreter) angehören und der – gemeinsam mit der Regierung und dem Präsidenten – für die Ernennung von Richtern zuständig ist;

c)      das „Judicial Studies Institute“ (JSI), das ausschließlich aus Richtern besteht und für die Aus- und Fortbildung der Richter zuständig ist.

Im Bereich des Disziplinarrechts gibt es eine Art von Absetzungs- bzw. Amtsenthebungsverfahren vor dem Parlament („impeachement procedure“), das aber nur ganz selten zur Anwendung kommt.

 

10. Italien (+ / -)

In Art. 104 der Verfassung der Italienischen Republik[40] wurde – wohl auch als Ausdruck der Ablehnung des überwundenen faschistischen Regimes unter Mussolini – ein so genannter „Oberster Rat des Richterstands“[41] verankert, der am 24.3.1958 tatsächlich gegründet wurde. Diesem aus insgesamt 27 Mitgliedern bestehenden Obersten Rat[42] gehören von Amts wegen der Präsident der Republik und der Erste Präsident und der Generalstaatsanwalt des Kassationshofs an. Die anderen 24 Mitglieder werden zu zwei Dritteln (16 Mitglieder, so genannte „Robenträger“) von allen ordentlichen Richtern aus den verschiedenen Kategorien des Richterstands (Richter und Staatsanwälte) und zu einem Drittel (8 Mitglieder, so genannte „Laienmitglieder“) vom Parlament in gemeinsamer Sitzung aus den Reihen der ordentlichen Universitätsprofessoren der Rechtswissenschaften und der Rechtsanwälte mit mindestens 15-jähriger Berufserfahrung gewählt. Der Rat hat einen Vizepräsidenten aus dem Kreis der vom Parlament benannten Mitglieder zu wählen. Die in den Rat gewählten Mitglieder bleiben 4 Jahre im Amt und können nicht sofort wieder gewählt werden. Für die Dauer ihrer Amtszeit dürfen sie weder in die Anwaltslisten eingetragen sein noch dem Parlament oder einem Regionalrat angehören.

            Der „Oberste Rat des Richterstands“ soll dem Schutz der Richterschaft vor politischer Einflussnahme dienen und so ein Garant für die Unabhängigkeit der italienischen Justiz sein. Auch wenn er weder ein Spitzenorgan der Gerichtsgewalt noch ein Organ der öffentlichen Verwaltung, sondern vielmehr ein unmittelbar verfassungsrechtlich verankertes Organ „sui generis“ ist, lässt sich seine Funktion als „Verwaltung (genauer: Selbstverwaltung) der Rechtsprechung“ definieren: Gemäß Art. 105 der italienischen Verfassung ist der Richterrat auf der Grundlage der Bestimmungen über die Gerichtsverfassung in erster Linie für die Personalverwaltung der Richterschaft zuständig, d.h. für die Personaleinstellung, die Zuweisung von Planstellen, Dienstsitz und Aufgaben, die Versetzungen, die Beförderungen, die Aus- und Fortbildung, die Ausübung der Disziplinargewalt über die Richter sowie für die Personalhoheit über die Staatsanwälte. Zur Disziplinargewalt ist näher auszuführen, dass die zu diesem Zweck eingerichtete, aus 6 Mitgliedern bestehende Disziplinarabteilung des Richterrats[43] nicht von sich aus Disziplinarmaßnahmen einleiten kann, sondern nur auf Antrag des Generalstaatsanwalts (beim Kassationshof) oder des Justizministers, und dass gegen die Entscheidungen dieser Disziplinarkammer eine Beschwerde an den Kassationshof zulässig ist.

Dagegen ist der Justizminister – abgesehen von den erwähnten disziplinarrechtlichen Zuständigkeiten – gemäß Art. 110 der italienischen Verfassung für die Organisation des Verwaltungsapparats und das Funktionieren der Justizdienste verantwortlich. Der Stellenplan wird vom Richterrat erstellt und vom Parlament über Vorschlag des Justizministers genehmigt.

            Der „Oberste Rat des Richterstands“ besteht aus verschiedenen Kommissionen und Ausschüssen (wie etwa der Disziplinarkammer), welche die Beschlüsse des Richterrats vorbereiten und ausführen. Der Präsidialausschuss hat die Steuerungsfunktion und verwaltet das Budget, das im Staatshaushalt  für die Justiz bereit gestellt wird.[44]

            Ein interessantes Detail des italienischen Richterdienstrechts ist schließlich das System der so genannten „offenen Laufbahn“: Dadurch werden die (konkret ausgeübte) Funktion eines Richters und dessen Beförderungsrang (automatische Beförderung je nach Dienstalter, vorbehaltlich schuldhaften Vergehens) getrennt; sie entwickeln sich quasi auf zwei parallelen Schienen, die nicht notwendiger Weise miteinander verbunden sind. Dem entsprechend kann kein Richter gezwungen werden, die höhere Funktionsstelle tatsächlich auszuüben, die er – entsprechend seinem Dienstalter – als Beförderungsrang erreicht hat. Ein hervorragender Erstrichter muss daher nicht zum Berufungs- oder Revisionsgericht wechseln, wenn er befördert werden will.[45]

 

11. Lettland

Zu Lettland stand dem Verfasser kein Datenmaterial (auch nicht aus dem Internet) zur Verfügung.

 

12. Litauen (+ / -)

In Litauen ist durch (einfaches) Gesetz[46] ein „Judicial Council“ eingerichtet worden, der mit Wirkung ab 1.5.2002 in völlig neuer Form besteht und sich aus 24 Personen zusammensetzt, von denen 18 Mitglieder Richter sind (15 davon gewählt und 3 davon von Amts wegen ernannt) und 6 Mitglieder Repräsentanten der Legislative und der Exekutive sind (darunter auch der Staatspräsident und der Finanzminister). Den Vorsitz führt der Präsident des Obersten Gerichts. Die Amtszeit beträgt 4 Jahre, eine einmalige Wiederwahl ist zulässig. Der „Judicial Council“ hat folgende Aufgaben: Erstattung von Empfehlungen an den Staatspräsidenten zur Ernennung, Entlassung, Beförderung und Versetzung von Richtern, Abgabe von Empfehlungen zur Richteranzahl, Erstellung der Prüfungskommissionen für Richterkandidaten und der Auswahlkommissionen der Richter, Erstattung von Vorschlägen für Investitionsprogramme in der Gerichtsbarkeit und für die Budgetierung einzelner Projekte sowie Ausübung der Kontrolle der nationalen Gerichtsverwaltung. Für die Ausübung des Disziplinarrechts wurde innerhalb des „Judicial Councils“ ein eigener Disziplinarsenat eingerichtet, der sowohl aus ernannten und gewählten Richtern als auch aus Vertretern der anderen Staatsgewalten besteht und gewisse Fälle an ein eigenes Ehrengericht herantragen kann, das dann die entsprechende Sanktion (vom Verweis bis zur Entlassung) dem Staatspräsidenten oder dem Parlament vorschlägt.

            Für die Zuweisung der vom Haushaltsgesetzgeber beschlossenen Richterstellen an die einzelnen Gerichte kommt dem Justizrat ein Konsultationsrecht zu. Für die richterlichen Disziplinarverfahren hat die litauische Justizreform von 2002 eine separate Ehrengerichtsbarkeit geschaffen, die in den Art. 83 ff und 122 des Gerichtsgesetzes als Teil der richterlichen Selbstverwaltung konzipiert ist und mit dem Justizrat in enger Beziehung steht.

 

13. Luxemburg

Zu Luxemburg stand dem Verfasser kein Datenmaterial (auch nicht aus dem Internet) zur Verfügung.

 

14. Malta

Zu Malta stand dem Verfasser kein Datenmaterial (auch nicht aus dem Internet) zur Verfügung.

 

15. Niederlande (+ / +)

Gemäß Art. 117 der Verfassung des Königreichs der Niederlande[47] werden die mit der Rechtssprechung betrauten Mitglieder der richterlichen Gewalt und der Generalstaatsanwalt beim so genannten „Hohen Rat“ durch königlichen Erlass auf Lebenszeit ernannt. Ihre Amtszeit endet entweder auf eigenen Wusch oder bei Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze. In den durch Gesetz vorgeschriebenen Fällen können sie von einem durch Gesetz bezeichneten, zur richterlichen Gewalt gehörenden Gericht suspendiert oder entlassen werden.

            Gemäß Art. 118 der niederländischen Verfassung werden die Mitglieder des „Hohen Rats“ auf Vorschlag der zweiten Kammer der Generalstaaten ernannt, die jeweils 3 Kandidaten vorschlägt. Dem „Hohen Rat“ obliegt in den durch Gesetz bezeichneten Fällen und innerhalb der gesetzlichen Grenzen die Kassation richterlicher Entscheidungen wegen Verletzung des Rechts. Darüber hinaus können dem „Hohen Rat“ durch Gesetz auch andere Aufgaben übertragen werden.

            Aufgrund einer Gesetzesänderung wurde mit Wirksamkeit ab 1.1.2002 ein „Rat für die Rechtsprechung“[48] als Selbstverwaltungsorgan eingerichtet, der aus 5 Mitgliedern, nämlich 3 Richtern und 2 weiteren unabhängigen Mitgliedern besteht. Die 3 Richter werden vom „Rat der Rechtsprechung“ vorgeschlagen und von der Königin ernannt. Die beiden anderen unabhängigen Mitglieder sind derzeit 2 ehemalige hohe Beamte aus dem Finanz- und aus dem Bildungsministerium. Der „Rat der Rechtsprechung“ entscheidet über die Verteilung der zugewiesenen Budgetmittel an die einzelnen Gerichte (wobei die Zuweisung der Geldmittel auf der Grundlage von durch die einzelnen Gerichte selbst erstellten Jahresplänen und Budgets erfolgt; Basis für die Zuweisung der Geldmittel ist die Anzahl der durchgeführten Verfahren), übt die Kontrolle über den Budgetvollzug durch die Gerichte aus, unterstützt die Gerichte bei deren Geschäftsführung, berät das Parlament und die Regierung auf dem Gebiet der Rechtspflege und hat Kompetenzen in der Qualitätsbeurteilung und im Managementbereich (Personalmanagement, Automatisierung, Verwaltungsinformation, Gebäude und Sicherheit etc.).

            Darüber hinaus existiert für den Bereich der Richterernennungen an jedem Gericht (mit Ausnahme des Obersten Gerichtshofs) ein eigener Senat, der aus dem Präsidenten des jeweiligen Gerichts, den Präsidenten der 4 „Sektionen“ (Straf-, Zivil-, Verwaltungs- und Bagatellverfahren) und einem nichtrichterlichen Mitglied besteht. In disziplinarrechtlicher Hinsicht kann einerseits bei leichteren Verstößen der jeweils zuständige Gerichtspräsident eine Verwarnung aussprechen; bei schwereren Verstößen kann der betroffene Richter vom Höchstgericht suspendiert oder auch entlassen werden.

 

16. Österreich (- / -)

Hinsichtlich der österreichischen (einfach- und verfassungsgesetzlichen) Rechtslage sei aus aktuellem Anlass ein wenig weiter ausgeholt:

a) Derzeitige Rechtslage

In Österreich gibt es derzeit keinen „Rat der Gerichtsbarkeit“ oder eine vergleichbare Einrichtung. Aufgrund der sowohl in personeller als auch in budgetärer Hinsicht bestehenden Abhängigkeit der Gerichtsbarkeit von der Exekutive (vor allem von der Bundesregierung) stellt sich die Frage, inwieweit jene als gleichwertige und gleichberechtigte „dritte Staatsgewalt“ angesehen werden kann.[49]

Derzeit bestehen durch die Gerichtsverfassung berufene, so genannte „Personalsenate“,[50] aufgrund deren Besetzungsvorschläge die Richter gemäß Art. 86 B-VG iVm §§ 32 ff Richterdienstgesetz[51] gemäß Antrag der Bundesregierung vom Bundespräsidenten oder – aufgrund seiner Ermächtigung[52] – vom (von der) zuständigen Bundesminister(in) für Justiz ernannt werden. Diese Besetzungsvorschläge haben, wenn genügend Bewerber vorhanden sind, mindestens drei Personen, wenn aber mehr als eine Stelle zu besetzen ist, mindestens doppelt so viele Personen zu umfassen, wie Richter zu ernennen sind. Die Besetzungsvorschläge sind nicht – auch nicht „relativ“ – bindend,[53] der (die) Justizminister(in) kann daher sowohl innerhalb des Besetzungsvorschlags „umreihen“ als auch – dies ist allerdings (soweit überblickbar) schon lange nicht mehr vorgekommen – einen im „Dreiervorschlag“ überhaupt nicht genannten Bewerber ernennen.

Dazu kommt, dass auch die Aufnahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst (Ernennung zum RiAA), die wohl als der entscheidende Schritt auf dem Weg zum Richterberuf bezeichnet werden kann, in die alleinige Zuständigkeit des Justizministers (der Justizministerin) fällt.

Schließlich gibt es für die Planstellen des Präsidenten und der Vizepräsidenten des OGH – entgegen dem Wortlaut des Art. 86 Abs. 1 B-VG[54] – gemäß § 32 Abs. 4 RDG keine Besetzungsvorschläge durch den Personalsenat des OGH; der VfGH hat den Wortlaut des  Art. 86 Abs. 1 B-VG in VfSlg 8.524/1979 dennoch als „gewiss nicht eindeutig[e]“ bezeichnet und den § 32 Abs. 4 RDG im Ergebnis als verfassungskonform angesehen.[55]

 

b) Vorschlag der richterlichen Standesvertretung

Der von der richterlichen Standesvertretung entwickelte, auch im Österreich-Konvent präsentierte Vorschlag zielt auf die Schaffung eines so genannten „Rats der Gerichtsbarkeit“ ab, der – nach dem ursprünglichen, wohl noch adaptierbaren Modell – von insgesamt 24 Mitgliedern[56] gebildet werden soll. Durch die vorgeschlagene Zusammensetzung sollte eine größtmögliche Transparenz gegenüber den anderen Staatsgewalten sichergestellt werden; die Vorsitzführung durch das Staatsoberhaupt sollte die Stellung des Rats als verfassungsunmittelbares Organ im Schnittpunkt zwischen den Staatsgewalten unterstreichen. Diesem Rat sollte in Zukunft sowohl die Personalhoheit (Aufnahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst – Ernennung zum RiAA, Ernennung der Richterinnen und Richter auf die erste und jede weitere Planstelle, Personalhoheit über die Beamten und Vertragsbediensteten, Dienstaufsicht, Innenrevision, Aus- und Fortbildung, etc.) als auch – unter Einbindung der dafür zuständigen Experten im Bundesministerium für Justiz – die Budgethoheit (Ausarbeitung eines Budgetentwurfs, Vertretung dieses Entwurfs im Parlament, direkte Budgetverhandlungen mit dem Bundesministerium für Finanzen, Budgetvollzug, etc.) obliegen. Um die Arbeitsfähigkeit und Effektivität des Gremiums sicher zu stellen, sollte ein etwa fünfköpfiger Exekutivausschuss gebildet werden. Durch die Einbindung der maßgeblichen politischen Kräfte in dieses Gremium sollten insbesondere auch die Transparenz der Richterauswahl erhöht und das Vertrauen der Politik in die Justiz gestärkt werden.[57]

 

c) Vorläufiges Ausschussergebnis

Das Modell des „Rats der Gerichtsbarkeit“ in der ursprünglich vorgeschlagenen Form stieß im zuständigen Ausschuss 9 des Österreich-Konvents aus „grundsätzlichen demokratiepolitischen Erwägungen und aus Gründen der Gewaltenteilung eher auf Skepsis“.[58] So wurde etwa vor der Gefahr der zukünftig verstärkt zu erwartenden Verpolitisierung der Richterernennung durch die Teilnahme von Mitgliedern aller im Nationalrat vertretenen Parteien gewarnt. Was die budgetäre Seite betrifft, wurde einerseits darauf hingewiesen, dass die Erstellung eines Budgetvorschlags ein sehr hohes Maß an Sachverstand voraussetze und dass es für die Richterschaft andererseits besser sei, wenn der Justizminister als Regierungsmitglied den „Kampf ums Budget“ mit dem Finanzminister (als seinem Regierungskollegen) führe.

            Zum Teil gab es jedoch – sowohl im Ausschuss 9 als auch bei der Debatte im Plenum des Österreich-Konvents am 17.5.2004 – auch Verständnis für das Anliegen, die Interessen und die Bedürfnisse der Gerichtsbarkeit unmittelbar gegenüber den politisch Verantwortlichen zu vertreten. Insoweit Bedenken gegen ein solches justizielles „Mischorgan“ und gegen die Einbindung von politischen Mandataren angemeldet wurden, wurde dem entgegengehalten, dass eventuell auch ein Kollegialorgan, allenfalls mit Beteiligung der Präsidenten der Oberlandesgerichte und mit einer hervorgehobenen Stellung des Präsidenten des OGH vorstellbar wäre, das die besondere Stellung der Gerichtsbarkeit – als gegenüber der Gesetzgebung und Verwaltung gleichberechtigter Staatsgewalt – etwa in Personal- und Budgetfragen stärker als jetzt zum Ausdruck bringen könnte. Um die in diesem Zusammenhang angestellten Überlegungen noch zu vertiefen, wurde auch die Erstellung des gegenständlichen internationalen Rechtsvergleichs angeregt.[59]

 

17. Polen (+ / -)

Gemäß Art. 186 Abs. 1 der neuen Verfassung der Polnischen Republik[60] soll ein so genannter „Landesrat für Gerichtswesen“[61] die Unabhängigkeit der Gerichte und der Richter schützen. (Bereits gemäß Art. 60 der ehemaligen Verfassung der Volksrepublik Polen i.d.F. des Verfassungsänderungsgesetzes vom 7.4.1989 war ein Justizrat mit 24 meist nicht richterlichen Mitgliedern eingerichtet worden.) Soweit generelle Normen die Unabhängigkeit der Gerichte und der Richter berühren, kann dieser „Landesrat für Gerichtswesen“ die Überprüfung deren Verfassungsmäßigkeit beim polnischen Verfassungsgerichtshof  beantragen.

            Gemäß Art. 187 Abs. 1 der polnischen Verfassung besteht der „Landesrat für Gerichtswesen“, der seinen Sitz in der Hauptstadt Warschau hat, aus folgenden 25 Personen (von denen 17 Mitglieder aus der Richterschaft kommen):

a)      dem Justizminister,

b)      den Ersten Präsidenten des Obersten Gerichts und des Obersten Verwaltungsgerichts,

c)      einer vom Präsidenten der Republik berufenen Person,

d)      15 Richtern, und zwar 2 Vertretern des Obersten Gerichts, einem Vertreter des Obersten Verwaltungsgerichts, 2 Vertretern der Appellationsgerichte, 9 Vertretern der Distriktgerichte und einem Vertreter der Militärgerichtsbarkeit,

e)      4 Mitgliedern, die vom „Sejm“[62] aus der Mitte der Abgeordneten gewählt werden, und

f)        2 Mitgliedern, die vom Senat[63] aus der Mitte der Senatoren gewählt werden.

Der „Landesrat für Gerichtswesen“ wählt aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und zwei stellvertretende Vorsitzende. Die Amtszeit der gewählten Mitglieder des Rats dauert 4 Jahre. Ein Richter darf weder einer politischen Partei noch einer Gewerkschaft angehören. Die Ordnung, der Umfang der Tätigkeit und die Arbeitsweise des Rats sowie die Wahl seiner Mitglieder werden durch einfaches Gesetz geregelt.

Dem „Landesrat für Gerichtswesen“ obliegen – neben der Beurteilung von Gesetzentwürfen, welche die Justiz, ihre Finanzierung, die Besoldung der Richter und ähnliche Fragenkomplexe betreffen – insbesondere die fachliche Beurteilung der Kandidaten zum Richteramt, die Erstattung von Vorschlägen zur Ernennung zum Richteramt (Altersgrenze: 65./70. Lebensjahr) gegenüber dem Staatspräsidenten, die Erstellung abstrakter Maßstäbe für die dienstliche Beurteilung, die Versetzung von Richtern sowie die Beurteilung der Richter, die sich um führende Positionen bewerben.

Für die Ausübung des richterlichen Disziplinarrechts ist nicht der Landesrat selbst, sondern sind in die „normale“ Gerichtsstruktur eingeordnete Disziplinargerichte (Verwaltungs- und Militärgerichte, Oberstes Gericht) zuständig, wobei in erster Instanz Senate aus 3 Richtern und in zweiter Instanz Senate aus 7 Richtern entscheiden und die Palette der möglichen Sanktionen die Verwarnung, den Verweis, die Versetzung und die Entlassung umfasst. Allerdings beobachtet der Landesrat das Disziplinarwesen kontinuierlich durch einen eigenen Ausschuss. In Verfahren über Entlassungen individueller Richter hat der Landesrat ein Recht zur Stellungnahme.

Im Rahmen der Haushaltsgesetzgebung kommunizieren die Gerichte selbst ihren Bedarf im Vorfeld der Haushaltsplanungen, der Landesrat hat nur ein zusätzliches Recht zur Stellungnahme zum Gesamtentwurf des Justizministers über den Haushalt der Gerichte.

Darüber hinaus bestehen noch gerichtliche Kollegien (vergleichbar mit unseren Personalsenaten), denen 10 Richter angehören. Diese gerichtlichen Kollegien sind unabhängige Organe an den Bezirksgerichten und am Appellationsgericht, ohne die der jeweilige Gerichtspräsident praktisch keine Entscheidungen treffen kann. Auch die Ernennung zum so genannten „Assessor“ (Richter auf Probe; Probezeit: 4 Jahre) durch den Justizminister bedarf der Zustimmung des gerichtlichen Kollegiums.

 

18. Portugal (+ / -)

Gemäß Art. 218 der Verfassung der Portugiesischen Republik[64] besteht ein „Oberster Rat des Richterstands“,[65] der sich unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichtshofs aus folgenden 17 Mitgliedern zusammensetzt:

- 2 vom Präsidenten der Republik ernannte Mitglieder, von denen einer ein Richter zu sein hat;

- 7 von der Versammlung der Republik (Nationalversammlung) gewählte Mitglieder;

- 7 aus dem Kreis der Richter und nach den Grundsätzen der verhältnismäßigen Repräsentation gewählte Richter.

Die Bestimmungen über die Garantien der Richter finden auf die Mitglieder „Obersten Rats des Richterstands“ Anwendung. Sie werden für jeweils 4 Jahre gewählt, eine einmalige Wiederwahl ist zulässig.

            Gemäß Art. 217 der portugiesischen Verfassung[66] obliegen dem „Obersten Rat des Richterstands“ die Ernennung, Verwendung (Zuweisung), Versetzung und Beförderung der Richter der rechtsprechenden Gerichte; er übt ferner nach Maßgabe der einfachen Gesetze die Disziplinargewalt über die Richter aus (wobei ein Rechtszug an den Obersten Gerichtshof offen steht). Die Disziplinarstrafen reichen von Geldstrafen (in Höhe des Gehalts für 5 bis maximal 90 Arbeitstage) über Versetzungen und Suspendierungen (für die Dauer von 20 bis maximal 240 Tagen) bis hin zu Zwangspensionierungen und Entlassungen. Dem jeweiligen „Obersten Rat“ obliegen die Ernennung, Verwendung, Versetzung und Beförderung der Richter der Verwaltungs- und Finanzgerichte; darüber hinaus übt dieser nach Maßgabe des Gesetzes die Disziplinargewalt aus.

            Ein in die politische Diskussion eingebrachter, jedoch noch nicht verwirklichter Vorschlag sieht sowohl eine finanzielle und organisatorische Autonomie des „Obersten Rats des Richterstands“ als auch eine Ausdehnung dessen Kompetenzen auf den Bereich der richterlichen Fortbildung vor.

            Unbeschadet der in der Verfassung vorgesehenen Garantien werden die näheren Bestimmungen über das Verfahren und die Zuständigkeit für die Verwendung, Versetzung, Beförderung und Ausübung der Disziplinargewalt hinsichtlich der übrigen Richter durch einfaches Gesetz festgelegt.

 

19. Schweden (+ / +)

In der Verfassung des Königreichs Schweden[67] ist die Gewaltenteilung nicht ausdrücklich normiert. Gerichte und Verwaltungsbehörden werden in der Verfassung unter einem, nämlich in Kapitel 11 über die „Rechtspflege und Verwaltung“, genannt. Es gibt kein eigenes Verfassungsgericht, dafür aber einen so genannten „Gesetzgebungsrat“ zur Begutachtung von Gesetzesvorlagen. Mitglieder dieses Rats sind die Richter des Obersten Gerichtshofs und die obersten Verwaltungsrichter.

            Die Ernennung aller Richter erfolgt durch die Regierung; ein Organ, bestehend aus Richtern, Rechtsanwälten und anderen Persönlichkeiten, erstattet die diesbezüglichen Vorschläge an die Regierung. Diese fragt bei der Richterernennung auch das Oberste Gericht um seine Meinung; wenn dieses einen Kandidaten ablehnt (was aber praktisch nie vorkommt), verzichtet die Regierung auf ihren Vorschlag.

            Für Budgetfragen und administrative Angelegenheiten ist das „Zentralamt für Gerichtswesen“ zuständig. Die einzelnen Gerichte bekommen ihr Budget zugeteilt und verwalten es selbst.

            Das in ganz Skandinavien bekannte „Ombudsmannsystem“ ist auch in Schweden stark ausgebaut: Der Ombudsmann wird vom Reichstag gewählt und ist völlig frei und unabhängig. Er überwacht die gesamte Verwaltung und auch die Justiz.

 

20. Slowakei (+ / +)

Der durch Verfassungsgesetz[68] neu eingefügte Art. 141a der Verfassung der Slowakischen Republik sieht einen Gerichtsrat vor, der sich unter dem Vorsitz des Präsidenten des Obersten Gerichts aus 8 weiteren (von Richtern gewählten) Richtern sowie je 3 vom Parlament, von der Regierung und vom Staatspräsidenten bestimmten und bewährten Juristen mit mindestens 15-jähriger Berufserfahrung, somit insgesamt aus 18 Mitgliedern, zusammensetzt. Da die Richter die Hälfte der Mitglieder (einschließlich des Vorsitzenden) stellen, kann durchaus noch von einem judikativen Organ gesprochen werden. Die Amtsdauer beträgt 5 Jahre, wobei eine einmalige Wiederbestellung zulässig ist. Dem Gerichtsrat obliegen u. a. das Vorschlagsrecht für Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen und Abberufungen von Richtern, das Vorschlagsrecht für Ernennungen und Abberufungen von Gerichtspräsidenten (jeweils gegenüber dem Staatspräsidenten), das Vorschlagsrecht für in internationale Organisationen zu entsendende Richter, das Recht zur Stellungnahme zum Gesetzesentwurf des Justizministers bzw. der Regierung über den Haushalt der Gerichte sowie weitere, dem Justizrat durch einfache Gesetze zugewiesene Aufgaben. Weitere Details, insbesondere organisatorischer Natur, werden durch einfaches Gesetz geregelt.

            Im Bereich des richterlichen Disziplinarrechts bestimmt der Gerichtsrat einerseits die Mitglieder der Disziplinargerichte, die über Antrag des Justizministers oder des zuständigen Gerichtspräsidenten tätig werden und als Sanktionen zeitweise Gehaltsreduktionen, Suspendierungen und Amtsenthebungen verhängen können. Andererseits hat der Gerichtsrat ein Vorschlagsrecht für Entlassungen individueller Richter, sodass der slowakische Staatspräsident im Ergebnis keinen Richter ohne entsprechenden Vorschlag des Gerichtsrats entlassen kann.

Darüber hinaus normiert der – ebenfalls durch das Verfassungsgesetz Nr. 90/2001 neu angefügte – Abs. 3 des Art. 143 der slowakischen Verfassung, dass die Körperschaften der richterlichen Selbstverwaltung im gesetzlich bestimmten Umfang Anteil an der Justizverwaltung haben. Schließlich bestimmt Art. 145 Abs. 1 der slowakischen Verfassung, dass der Präsident der Slowakischen Republik die Richter aufgrund eines Vorschlags des Richterrats der Slowakischen Republik ernennt und abberuft, wobei die Ernennung nunmehr ohne zeitliche Begrenzung erfolgt. Die Vorgängerbestimmung,[69] die noch eine zeitlich befristete Ernennung der Richter (auf 4 Jahre) vorgesehen und zu einer starken Abhängigkeit der so genannten „Vierjahresrichter“ von der Regierung geführt hatte, ist – als mit einem Rechtsstaat unvereinbar – in der Zwischenzeit aufgegeben worden.

 

21. Slowenien (+ / -)

Gemäß Art. 131 der Verfassung der Republik Slowenien[70] ist ein Richterrat eingerichtet, der über weitgehende Mitwirkungsrechte verfügt und sich aus insgesamt 11 Mitgliedern zusammensetzt: 5 von ihnen werden von der Staatsversammlung[71] auf Vorschlag des Staatspräsidenten aus dem Kreis der Universitätsprofessoren der Rechtswissenschaft, der Anwälte und anderer Juristen mit langjähriger Berufserfahrung gewählt; 6 Mitglieder (also die Mehrheit) wählen die Richter, die ein unbefristetes Richteramt ausüben, aus ihren eigenen Reihen. Die Mitglieder des Richterrats wählen einen Präsidenten aus ihrer Mitte. Art. 130 der slowenischen Verfassung normiert, dass die Richter von der Staatsversammlung auf Vorschlag des Richterrats gewählt werden. Darüber hinaus ist der Richterrat für die Beförderung von Richtern verantwortlich; hinsichtlich der Ernennung von Richtern des Obersten Gerichtshofs hat der Richterrat ein Vorschlagsrecht gegenüber dem Parlament. Weiters bestimmt Art. 132 der slowenischen Verfassung (der die Beendigung des Richteramts und die Enthebung vom Richteramt regelt) u. a., dass ein Richter vom slowenischen Parlament nur auf Vorschlag bzw. Antrag des Richterrats und nur dann seines Amts enthoben werden kann, wenn er in Ausübung seines Richteramts gegen die Verfassung verstoßen oder eine grobe Gesetzesverletzung begangen hat. Für den Bereich des Disziplinarrechts ist schließlich ein eigenes Disziplinargericht eingerichtet, das aus einem Richter des Obersten Gerichtshofs (als Vorsitzendem) und 4 weiteren Richtern (aus den verschiedenen Gerichtsinstanzen) besteht und auf Antrag des jeweiligen Gerichtspräsidenten tätig wird. Die möglichen Disziplinarstrafen reichen vom Beförderungsstopp und der Gehaltsreduktion über die Versetzung bis hin zur Amtsenthebung.

            Eine Besonderheit des slowenischen Justizrats besteht in dem Recht, über die Begründetheit von Beschwerden von Richtern über die Verletzung ihrer Rechte durch Organe der Exekutive nicht nur zu beraten, sondern auch zu entscheiden.[72] Im Rahmen des Haushaltsrechts kommt dem slowenischen Justizrat ein relativ weit gehendes Recht zur Stellungnahme zu.[73]

 

22. Spanien (+ / -)

Gemäß Art. 122 der Verfassung des Königreichs Spanien[74] ist ein so genannter „Generalrat der rechtsprechenden Gewalt“[75] eingerichtet, der – als Ergebnis einer Allparteieneinigung – seit dem Jahr 1978 (mit einer Veränderung im Jahr 2001) besteht. Dieser Generalrat ist das leitende Organ der rechtsprechenden Gewalt; er soll die Unabhängigkeit der Richter als dritte Staatsgewalt gegenüber Exekutive und Legislative sichern. Der italienische „Consiglio Superiore della Magistratura“ war einst Modell für das spanische Konzept. Dabei geht das spanische Modell jedoch insofern noch weiter, als es langfristig die Abschaffung des Justizministeriums vorsieht. Schon derzeit ist der Justizminister kompetenzmäßig mehr oder weniger auf die Bereitstellung von Personal und Ressourcen beschränkt. Ein Organisationsgesetz regelt die Geschäftsordnung des Generalrats und die Inkompatibilitäten (Unvereinbarkeiten) seiner Mitglieder und ihrer Ämter sowie insbesondere ihre Ernennungen, Beförderungen, ihre Kontrolle und die Disziplinarordnung.

Gemäß Art. 122 Abs. 3 der spanischen Verfassung setzt sich der „Generalrat der rechtsprechenden Gewalt“ aus dem Präsidenten des Obersten Gerichts, der ihm vorsteht, und aus 20 weiteren, vom spanischen König für einen Zeitraum von 5 Jahren ernannten Mitgliedern zusammen: 12 dieser Mitglieder sind Richter aller Sparten gemäß den Bestimmungen des Organisationsgesetzes,[76] 4 Mitglieder werden auf Vorschlag des Kongresses und 4 weitere Mitglieder auf Vorschlag des Senats ernannt, in beiden Fällen jeweils aus den Reihen der Staatsanwälte, Notare, Rechtsanwälte, Professoren und anderer Juristen mit anerkannter Kompetenz und mit mehr als 15-jähriger Berufserfahrung und in beiden Fällen jeweils mit einer Mehrheit von drei Fünfteln der Mitglieder der beiden Kammern.

Der „Generalrat der rechtsprechenden Gewalt“ hat im Wesentlichen folgende Aufgaben: Organisation des Auswahlverfahrens für den Zugang zum Richterberuf, Ausbildung und Ernennung der Richter (Vorschlagsrecht für die Besetzung des Präsidenten des Obersten Gerichtshofs und für zwei von 12 Beisitzern des Verwaltungsgerichtshofs), Beförderung, Inspektion von Richtern und Gerichten, Disziplinarmaßnahmen, Vorschlagsrecht für Richterwahlen, jährliche Berichterstattung an das Parlament über die Arbeit der Gerichte und des Generalrats, Stellungnahmerecht bei Gesetzesentwürfen und schließlich die Anhörung vor Ernennung von obersten Staatsanwälten.

 

23. Tschechische Republik (- / -)

Gemäß der Verfassung der Tschechischen Republik[77] gibt es derzeit keinen „Rat der Gerichtsbarkeit“ oder eine vergleichbare Einrichtung.[78] Lediglich an den höheren Gerichten bestehen dezentral – einfachgesetzlich normierte[79] – Richterbeiräte, die aber keinen zentralen Justizrat bilden, sondern nur beratende Funktion haben und an deren Besetzungsvorschläge der Präsident des jeweiligen Gerichts nicht gebunden ist; sie ähneln strukturell den deutschen Präsidialräten. Die gesamte Gerichtsbarkeit unterliegt organisatorisch mehr oder weniger dem Justizminister.

            Im Bereich des Disziplinarrechts sind eigene Disziplinargerichte eingerichtet, die aus 5 Richtern bestehen, die vom Gerichtspräsidenten mit Zustimmung des Richterbeirats für die Dauer von 3 Jahren dazu ernannt werden. In zweiter Instanz entscheidet das Höchstgericht. Die Sanktionen reichen von einem bloßen Verweis über eine zeitweise Gehaltsreduktion bis hin zur Suspendierung von einzelnen Rechten (etwa dem Recht, Präsident zu werden) und zur Entlassung.

 

24. Ungarn (+ / +)

In Ungarn ist aufgrund des Reformgesetzes von 1997[80] ein so genannter „Landesrechtspflegerat“, vergleichbar mit den Justizräten in Italien und Spanien, eingerichtet worden; dieser soll der – theoretischen – Vervollständigung der richterlichen Unabhängigkeit dienen. Dieser Rat setzt sich aus insgesamt 15 Mitgliedern, nämlich 9 (von Richtern gewählten) Richtern, dem Präsidenten des Obersten Gerichtshofs, dem Justizminister, dem Generalstaatsanwalt, dem Vorsitzenden der Rechtsanwaltskammer und 2 Parlamentariern (Mitgliedern des Verfassungs-, Justiz- und Haushaltsausschusses) zusammen; unter den 15 Mitgliedern befinden sich somit 11 richterliche Vertreter. Den Vorsitz führt der Präsident des Obersten Gerichtshofs. Die Richterversammlungen bei den so genannten „Komitatsgerichten“ wählen pro 40 Richter einen Delegierten. Diese Delegierten wählen dann aus ihrem Kreis die Mitglieder des Justizrats. Die Amtsperiode eines Mitglieds dauert 6 Jahre.

Dem „Landesrechtspflegerat“ obliegen die Ernennung, Entlassung und Kontrolle der Präsidenten und Vizepräsidenten der „Komitats-“ und Obergerichte, die Erstattung von Vorschlägen zur Ernennung von Richtern, die Ausarbeitung abstrakter Maßstäbe für die dienstliche Beurteilung von Richtern, die Führung und Überwachung der Verwaltungsaktivitäten in den Gerichten, die Kontrolle der Wirtschaftlichkeit der Gerichte, die Verlautbarung von Erlässen in Justizverwaltungssachen, die Einführung und Überwachung der Organisationsregeln und die Erstattung von Budgetvorschlägen. Dabei erstellt der Justizrat einen Haushaltsplan für die gesamte ungarische Justiz, welcher als Vorschlag an die Regierung geht. Ist diese mit dem Vorschlag nicht einverstanden, macht sie einen eigenen (in der Regel um etwa 40 % geringeren) Vorschlag, der dann – zusammen mit dem vom Justizrat erstatteten Vorschlag – an das Parlament geht; die Regierung ist also zumindest verpflichtet, den Vorschlag des Justizrats in ihren Haushaltsentwurf einzustellen und dem Parlament zu unterbreiten. Das Parlament nimmt regelmäßig den Vorschlag der Regierung an, was in der Vergangenheit nicht nur zu erheblichen Problemen der ungarischen Justiz in der Personal- und Ressourcenausstattung, sondern auch dazu geführt hat, dass die ungarischen Richter seit 1998 Reallohnkürzungen hinnehmen mussten, weil die Erhöhung ihrer Gehälter stets unter der Inflationsrate lag.

Im Bereich des richterlichen Disziplinarrechts ist der „Landesrechtspflegerat“ über die Verfahren vor den Disziplinargerichten lediglich zu unterrichten. Geplanten Entlassungen individueller Richter muss der Justizrat ausdrücklich zustimmen.

 

25. Zypern (+ / -)

Auch auf Zypern ist ein Oberster Justizrat, ein so genannter „Supreme Judicial Council“ eingerichtet, der aus insgesamt 13 Mitgliedern von Amts wegen besteht, nämlich dem Präsidenten und allen anderen 12 Richtern des Höchstgerichts.[81] Die Amtsdauer ist unbefristet, doch scheiden die Mitglieder mit Erreichen des 68. Lebensjahrs aus ihrem Amt aus. Ein gewisser politischer Einfluss auf dieses Organ besteht insofern, als der Staatspräsident die Richter des Höchstgerichts ernennt. Zu den Aufgaben des „Supreme Judicial Council“ zählen die Ernennung der Richter (mit Ausnahme jener des Höchstgerichts) und der Gerichtspräsidenten und die Beförderung der Richter sowie – gemeinsam mit dem „Supreme Court“ – die Ausübung der Disziplinargerichtsbarkeit über die Richter (wobei der „Supreme Court“ einen Ermittlungsrichter zu nominieren hat und letztlich über die Einleitung eines Disziplinarverfahrens entscheidet; Sanktionen: Verweis oder Entfernung vom Amt).

 

 

III. Übersicht über einige wenige Staaten, die nicht Mitglied der EU sind

 

1. Bulgarien (+ / -)

Gemäß Art. 130 Abs. 1 der Verfassung der Republik Bulgarien[82] ist ein so genannter „Oberster Justizrat“ eingerichtet, der eine unabhängige oberste Behörde – neben dem Justizminister – zur Gewährleistung der Gesetzmäßigkeit der Tätigkeit der Gerichte, der Staatsanwaltschaften und der Untersuchungsbehörden ist und aus 25 Mitgliedern besteht. Der Vorsitzende des Obersten Kassationsgerichts, der Vorsitzende des Obersten Verwaltungsgerichts und der Generalstaatsanwalt sind von Amts wegen seine Mitglieder, je elf Mitglieder des „Obersten Justizrats“ werden von der Nationalversammlung und von den Justizorganen gewählt; die Vertreter der Justiz stellen also 14 von insgesamt 25 Mitgliedern. Die Amtsdauer der gewählten Mitglieder des „Obersten Justizrats“ beträgt 5 Jahre. Sie dürfen nicht unmittelbar nach Ablauf dieser Zeit wieder gewählt werden. Den Vorsitz über die Sitzungen des „Obersten Justizrats“ führt der Justizminister; er nimmt jedoch an den Abstimmungen nicht teil.

            Die bulgarische Verfassung weist dem „Obersten Justizrat“ umfassende Befugnisse im Bereich des Personal- und Disziplinarwesens (über Richter, Staatsanwälte und Beamte der Untersuchungsbehörde) zu: Gemäß Art. 131 der bulgarischen Verfassung werden die Entscheidungen des „Obersten Justizrats“ über die Ernennung, Beförderung, Herabstufung, Versetzung und Entlassung von Richtern, Staatsanwälten und Untersuchungsbeamten sowie die Vorschläge, welche dieser nach Art. 129 Abs. 2 macht, in geheimer Abstimmung gefasst. Gemäß Art. 132 Abs. 2 entscheidet der „Oberste Justizrat“ in den vom Gesetz bestimmten Fällen auch über die Aufhebung der Immunität eines Richters, Staatsanwalts oder Untersuchungsbeamten.

            Im Übrigen werden gemäß Art. 133 der bulgarischen Verfassung die Organisation und die Tätigkeit des „Obersten Justizrats“ durch einfaches Gesetz geregelt.[83]

 

2. Norwegen (+ / +)

Hier ist zwischen 3 verschiedenen, mit einen „Rat der Gerichtsbarkeit“ vergleichbaren Organen zu unterscheiden, und zwar einen „Governing Board“,[84] einem „Judicial Appointment Board“ und einem – erst seit 1.11.2002 bestehenden – „Supervisory Commitee of Judges“:

Der „Governing Board“ besteht aus 7 Mitgliedern, nämlich 3 Richtern und 2 Rechtsanwälten, die jeweils vom König ernannt werden, und 2 öffentlichen Repräsentanten, die vom Parlament gewählt werden. Zu den Aufgaben des „Governing Boards“ zählen die Verwaltung und Organisation der Gerichte und die Verteilung des Budgets.

Der „Judicial Appointment Board“ besteht aus Richtern aller 3 Instanzen, Rechtsanwälten außerhalb der Gerichte und 2 öffentlichen Repräsentanten, die allesamt vom König ernannt werden. Er hat ein Vorschlagsrecht für die Ernennungen, Einstellungen und Beförderungen von Richtern.

Das “Supervisory Commitee of Judges” besteht aus 5 Mitgliedern, nämlich 2 Richtern, einem Rechtsanwalt und 2 öffentlichen Repräsentanten, die allesamt vom König ernannt werden. Es ist für die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen über Richter (vom Verweis über die Verwarnung bis zur Amtsenthebung) zuständig.

Die Mitglieder aller drei Organe werden für eine Dauer von 4 Jahren gewählt bzw. bestellt, wobei eine einmalige Wiederwahl bzw. Wiederbestellung möglich ist.

 

3. Rumänien (+ / -)

Gemäß Art. 132 der Verfassung der Republik Rumänien[85] ist ein so genannter „Oberster Rat der Magistratur“ eingerichtet, der sich aus Richtern zusammensetzt, die für ein Mandat von 4 Jahren von der Abgeordnetenkammer und vom Senat in gemeinsamer Sitzung gewählt werden. Gemäß Art. 133 Abs. 1 der rumänischen Verfassung hat der „Oberste Rat der Magistratur“ dem Staatspräsidenten Rumäniens Vorschläge für die Ernennung der Richter und Staatsanwälte zu machen, mit Ausnahme der Richteramtsanwärter. Den Vorsitz führt, jedoch ohne selbst stimmberechtigt zu sein, der Justizminister. Gemäß Art. 133 Abs. 2 der rumänischen Verfassung übt der „Oberste Rat der Magistratur“ auch die Disziplinargewalt über die Richter aus, wobei die Ermittlungen auf Antrag des Justizministers eingeleitet und von Richtern desselben Rangs (derselben Instanz) wie der betroffene Richter geführt werden. Den Vorsitz führt in diesem Fall der Präsident des Obersten Gerichtshofs. Die Sanktionen reichen von Verwarnungen und Verweisen über Gehaltskürzungen und Beförderungsstopps bis hin zu Suspendierungen und Entlassungen.

 

4. Schweiz (- / -)

In der stark föderalistisch strukturierten Schweiz ist die Richterbestellung durch ein ausgeprägtes Mitbestimmungsrecht des Volkes gekennzeichnet. Es besteht ein Nebeneinander von haupt- und nebenberuflichen Richtern, was letztlich auf eine Regelung aus dem 13. Jahrhundert zurückgeht. Das „Milizsystem“ bei der Ernennung der Berufsrichter verhindert die Bildung eines eigenen Richterstands. Die richterliche Unabhängigkeit ist nicht in der Verfassung normiert; sie wird in der Schweiz als „verfassungsrechtliches Naturrecht“ angesehen. Nur für das Bundesgericht ist die Unabhängigkeit gesetzlich normiert. Es gibt auch keine eigenen Richtergesetze. Die Richter gelten als Personal des jeweiligen Kantons. Die Oberaufsicht über die Richter führt das Parlament, die Wahl der Richter erfolgt politisch durch das Parlament oder durch eine Volkswahl.

Vor dem Hintergrund des stark bundesstaatlich geprägten Aufbaus der Schweiz ist zwischen der relativ jungen (erst am 1.1.2000 in Kraft getretenen) Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18.4.1999[86] einerseits und den einzelnen, zum Teil sehr alten Verfassungen der insgesamt 26 verschiedenen Kantone andererseits zu unterscheiden: Während die Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft einen „Rat der Gerichtsbarkeit“ oder eine ähnliche Einrichtung nicht kennt, gibt es vergleichbare Institutionen in 3 Kantonen, nämlich in Genf,[87] im Jura[88] und im Tessin.[89] Die Institutionen in diesen 3 Kantonen differieren sehr stark, sodass ein Vergleich nur schwer möglich ist. Lediglich im Kanton Genf besteht eine – knappe – Mehrheit von Richtern; diese stellen 6 von 11 Mitgliedern.

 

 

IV. Versuch einer Zusammenfassung der Ergebnisse

 

1. Wie bereits eingangs erwähnt, erhebt der vorliegende Rechtsvergleich – nicht zuletzt aufgrund des in den Präsidiumssitzungen vom 28.5. und 9.6.2004 beträchtlich erweiterten Arbeitsauftrags, des teilweise unvollständigen Datenmaterials und der konventsbedingten Knappheit der zur Verfügung stehenden Zeit – weder Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Wissenschaftlichkeit. Zu bedenken ist auch, dass die in vielen Staaten bereits bestehenden Justizräte (im weitesten Sinn) zum Teil durchaus unterschiedlich ausgestaltet und daher nur schwer miteinander vergleichbar sind. Schließlich ist ganz grundsätzlich zu berücksichtigen, dass die Stellung der rechtsprechenden Gewalt in den verschiedenen Staatsverfassungen ebenso vielfältig ist wie die praktische Umsetzung der jeweiligen nationalen Regelungen und das politische Umfeld, in dem diese Regelungen zum Tragen kommen.

 

2. Vor diesem Hintergrund und mit diesen Einschränkungen zeigt der vorliegende Rechtsvergleich aber doch deutlich, dass in der Mehrzahl der untersuchten Staaten ein „Rat der Gerichtsbarkeit“, ein „Justizrat“ oder eine vergleichbare Einrichtung besteht. So kennen von den insgesamt 21 untersuchten EU-Staaten 17 Staaten eine solche Einrichtung, das sind ca. 81%. Nähme man zu diesen 21 EU-Staaten noch die 4 – im Rahmen des „Exkurses“ unter Punkt III. genannten – Staaten hinzu, so käme man auf insgesamt 25 Staaten, von denen 20 Staaten eine solche Einrichtung kennen, das wären dann 80%.

 

3. Wenn man nun – dem Auftrag des Präsidiums folgend – den Kreis der 21 untersuchten EU-Staaten auf die „Staaten mit vergleichbarer Rechtstradition“ beschränkt, stellt sich zunächst die Frage, welche Staaten darunter zu verstehen sind. Man könnte – durchaus mit guten Gründen – etwa die Slowakei, Slowenien, die Tschechische Republik oder Ungarn als Teile der ehemaligen Donaumonarchie zu diesen „Staaten mit vergleichbarer Rechtstradition“ zählen.[90] So dürfte der Auftrag des Präsidiums freilich nicht gemeint gewesen sein. Wenn man also – dem offenbar zugrunde gelegten Verständnis folgend – die 21 untersuchten EU-Staaten zunächst um die ehemals osteuropäischen Staaten (Estland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn; allesamt erst seit 1.5.2004 Mitglieder der EU) und weiter um Zypern (ebenfalls erst seit 1.5.2004 Mitglied der EU) sowie um Großbritannien und Irland (deren Rechtssysteme mit kontinentaleuropäischer Rechtstradition nicht vergleichbar sind) reduziert, so verbleiben insgesamt 11 EU-Staaten, nämlich Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien, die Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden und Spanien. Von diesen kennen insgesamt 9 Staaten einen „Rat der Gerichtsbarkeit“, einen „Justizrat“ oder eine vergleichbare Einrichtung, das sind knapp 82%.

 

4. Schon dieser Befund zeigt, dass ein „Justizrat“ nicht nur in den (ehemals) osteuropäischen Ländern, sondern auch in vielen (ehemals) „westeuropäischen“ Staaten, etwa in Belgien, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, den Niederlanden, Norwegen, Portugal, Schweden und Spanien besteht. Andererseits gibt es auch zumindest ein (ehemals) osteuropäisches Land, in dem es einen „Justizrat“ nicht gibt, nämlich die Tschechische Republik.

 

5. Als weiteres Zwischenergebnis lässt sich festhalten, dass es einen „Justizrat“ auch nicht nur in jenen (vorwiegend südeuropäischen) Staaten gibt, in denen autoritäre Regime bzw. Diktaturen überwunden worden sind, sondern auch anderswo. Wohl ist einzuräumen, dass etwa Italien im Jahr 1947 sowie Portugal und Spanien in den Jahren 1976 und 1978 einen „Richterrat“ jeweils nach Überwindung totalitärer Regime (Mussolini, Salazar und Franco) eingerichtet haben, doch trifft dies im Wesentlichen nur auf diese drei genannten Länder, jedoch bei weitem nicht auf alle Staaten zu (vgl. die Aufzählung oben unter Punkt 4.).

 

6. Der „Justizrat“ hat überall dort, wo es ihn gibt (also in 20 von 25 insgesamt untersuchten Staaten bzw. in 17 von 21 untersuchten EU-Staaten bzw. in 9 von 11 untersuchten „EU-Staaten mit vergleichbarer Rechtstradition“), Kompetenzen auf dem Gebiet des Personalwesens im weitesten Sinn. Dabei ist er – zum Teil als vorschlagendes, zum Teil als letzt verantwortliches Organ – u. a. für die Auswahl der Richterkandidaten, für die (erstmalige und weitere) Ernennung und Beförderung der Richter, für die Aus- und Fortbildung der Richter, für die dienstliche Beurteilung und für die Ausübung der Disziplinargewalt zuständig. Schenkt man den – eingangs zitierten, im Übrigen sehr differenzierten, jedoch schwerpunktmäßig auf Osteuropa konzentrierten – Ausführungen von Küpper[91] Glauben, haben sich die eingerichteten „Justizräte“ mit ihren Kompetenzen auf dem Gebiet des Personalwesens im Großen und Ganzen bewährt, zumal sie zur Versachlichung und Entpolitisierung der Personalentscheidungen beigetragen haben; Küpper spricht in diesem Zusammenhang von einer „natürlichen Zuständigkeit des Richterrats“.

 

7. Etwas anders stellt sich die Lage hinsichtlich der Kompetenzen des „Justizrats“ auf dem Gebiet des Budgetwesens dar. Eine solche Kompetenz im weitesten Sinn ist in 8 der 25 insgesamt untersuchten Staaten (das sind 32%) bzw. in 7 der 21 untersuchten EU-Staaten (das sind 33,3%) bzw. in 3 der 11 untersuchten „EU-Staaten mit vergleichbarer Rechtstradition“ (das sind etwa 27%) vorgesehen. Küpper ortet in diesem Bereich (Erstellung eines Budgetentwurfs, Budgetverhandlungen mit dem Finanzminister, Verteilung und Verwaltung der ausverhandelten Mittel, etc.) insbesondere in der Praxis gewisse Defizite in der Effizienz richterlicher Selbstverwaltung.

 

8. Abschließend sei noch einmal betont, dass mit diesem Rechtsvergleich dem – im Rahmen des ergänzenden Mandats erteilten – Arbeitsauftrag des Präsidiums des Österreich-Konvents entsprochen werden soll.[92]

 

 

 

Dr. Gert Schernthanner                                                                                         23. Juli 2004

Fachliche Ausschussbetreuung

Österreich-Konvent

Ausschuss 9



[1] Vgl. dazu näher das Mandat des Ausschusses 9 (Rechtsschutz und Gerichtsbarkeit), zugänglich unter www.konvent.gv.at

[2] Auch dieser „Bericht des Ausschusses 9 – Rechtsschutz und Gerichtsbarkeit“ ist unter www.konvent.gv.at zugänglich

[3] Vgl. dazu im Einzelnen das Positionspapier der richterlichen Standesvertretung zur Stärkung der Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit durch Einrichtung eines Rats der Gerichtsbarkeit vom Dezember 2003

[4] Vgl. Ausschussbericht, S. 7

[5] Vgl. dazu näher das ergänzende Mandat des Ausschusses 9 (Rechtsschutz und Gerichtsbarkeit), zugänglich unter www.konvent.gv.at

[6] Insbesondere hinsichtlich der in ausländischen einfachen Gesetzen geregelten Themen, wie Bindungswirkung von Besetzungsvorschlägen, Leistungsanreize für und Leistungskontrolle von Richter(n), gestaltete sich die Materialsuche äußerst schwierig.

[7] Laut ergänzendem Mandat des Ausschusses 9 hat der Ausschuss dem Präsidium bis Anfang Oktober 2004 einen schriftlichen ergänzenden Bericht (jedenfalls mit Textvorschlägen für eine neue Verfassung) über die Ergebnisse der weiteren Beratungen vorzulegen, wobei die Monate Juli und August sitzungsfrei bleiben sollen.

[8] Wobei auch zu bedenken ist, dass die Stellung der rechtsprechenden Gewalt in den verschiedenen Staatsverfassungen ebenso vielfältig ist wie die praktische Umsetzung der jeweiligen nationalen Regelungen und das politische Umfeld, in dem diese Regelungen zum Tragen kommen.

[9] Vgl. dazu näher Council of Europe Publishing, Judicial Organisation in Europe, Strasbourg, May 2000

[10] Vgl. dazu näher Deutsche Richterzeitung 2/2003, S. 44 f

[11]  Zur Veröffentlichung vorgesehen im Jahrbuch für Ostrecht, 2003/I

[12] Richter am Landesgericht Innsbruck und Vorsitzender der Bundessektion der Richter und Staatsanwälte in der GÖD (Gewerkschaft öffentlicher Dienst)

[13] Vgl. dazu näher Otto Oberhammer, Justizverfassung neu – Zum Vorschlag, einen „Rat der Gerichtsbarkeit“ einzurichten, in: Österreichische Juristenkommission (Hgb), Der Österreich-Konvent – Zwischenbilanz und Perspektiven (2004), derzeit in Druck

[14] Vgl. dazu näher Opinion No. 3 of the Consultative Council of the Committee of Ministers of the Council of Europe on the Principles and rules governing judges` professional conduct, in particular ethics, incompatible behaviour and impartiality”, Strasbourg, November 2002

[15] Vgl. dazu International Association of Judges, Annual Meeting in Vienna, Austria, November 10th to 13th 2003, 1st Study Commission General Report

[16] Hinsichtlich dieser Staaten stand dem Verfasser kein Datenmaterial (auch nicht aus dem Internet) zur Verfügung.

[17] Verfassung vom 17.2.1994 idF des Gesetzes vom 20.11.1998

[18] Vgl. Helmut Hetzel/Doris Kraus, Belgien nach Dutroux: Vom Reformeifer blieb Enttäuschung, Die Presse vom 28.2.2004, S. 3

[19] „Le Conseil Supérieur de la Justice“

[20] „Council of Appointment“

[21] „Board of the Independent Court Administration“ = „Domstolsstyrelse“

[22] „Bonner Grundgesetz“ vom 23.5.1949 in seiner geltenden Fassung

[23] Vgl. dazu näher Manfred Flotho, Das Richterbild des Grundgesetzes, Thesenpapier zum Vortrag im Rahmen der Tagung der deutschen Richterakademie vom 13.1. bis 18.1.2003 zum Thema „Von innen und außen betrachtet: Richterbilder in Deutschland und in europäischen Nachbarstaaten“

[24] Zu diesem Richterwahlausschuss vgl. näher Art. 98 Abs. 4 des Grundgesetzes

[25] Schon der 40. Deutsche Juristentag erörterte 1953 die Frage: „Empfiehlt es sich, die vollständige Selbstverwaltung aller Gerichte im Rahmen des Grundgesetzes gesetzlich einzuführen?“ Und auch der 64. Deutsche Juristentag in Berlin im Jahr 2002 beschäftigte sich mit dem Thema „Mehr Selbständigkeit für die Dritte Gewalt?“; vgl. dazu kritisch Hans-Jürgen Papier, Zur Selbstverwaltung der Dritten Gewalt, NJW 36/2002, S. 2585 ff

[26] Veröffentlicht auf der Homepage des Deutschen Richterbunds unter www.drb.de/pages/html/selbstverwaltung bzw. www.drb.de/pages/html/texte/beschluss_sv; in Teilen sind die Papiere abgedruckt in DRiZ 2002, S. 5 f und DRiZ 2003, S. 13

[27] Zur justizpolitischen Diskussion in Deutschland vgl. näher Jan Grotheer, The role and function of the High Council of Justice or analogous bodies in the organisation and management of the national judicial system, Antwortenkatalog, Oktober 2002; Herbert Küpper, Die Forderung der deutschen Justiz nach Selbstverwaltung – Modell Osteuropa?, zur Veröffentlichung vorgesehen im Jahrbuch für Ostrecht, 2003/I; Hans-Jürgen Papier, a. a. O. (Fn 22); Geert W. Mackenroth/ Hanspeter Teetzmann, Mehr Selbstverwaltung der Justiz. Markenzeichen zukunftsfähiger Rechtsstaaten, ZRP 2002, S. 337 ff

 

[28] „Administrative Council of Courts“

[29] Verfassung vom 4.10.1958 in der Fassung des Gesetzes vom 22.2.1996

[30] „Conseil Supérieur de la Magistrature“

[31] „Resolution concerning the new scheme of remuneration of magistrates in France”, verabschiedet von 31 Mitgliedstaaten der Europäischen Richtervereinigung auf deren ordentlicher Versammlung am 14./15.5.2004 in Neapel (Italien)

[32] In der zitierten Resolution heißt es unter anderem wörtlich: „... With this bonus system the government aims to get an influence on the performance of the magistrates, judges and public prosecutors. … The EAJ [= European Association of Judges] notes that international standards of judicial independence, … clearly prohibit the interconnection of judicial remuneration with the results of the judges` work as creating a possibility of pressure aimed at influencing judicial decisions and behaviour of judges. In the light of the mentioned international standards, any variations in judicial remuneration (reduction of remuneration as well as grant of additional bonuses) connected to the “productivity” of judicial activities is intolerable. … The EAJ observed that no other country has introduced a similar system, which infringes the independence of the judiciary (only Spain recently chose a system which in some aspects is alarming as well). The EAJ therefore asks the authorities in France to reconsider the recently created system of a discretionary performance bonus for judges.”

[33] Verfassung vom 9.6.1975, wieder verlautbart durch Gesetz vom 16.4.2001

[34] einer Art „zweiter Kammer des Parlaments“

[35] Verfassung vom 1.7.1937

[36] = Premierminister

[37] = Vize-Premierminister

[38] = Repräsentantenhaus des Parlaments

[39] = Senat des Parlaments

[40] Verfassung vom 27.12.1947

[41] „Consiglio Superiore della Magistratura“

[42] Bis zur Reform des Jahres 2002 – durch Gesetz Nr. 44 vom 28.3.2002 – waren es noch 33 Mitglieder gewesen.

[43] Nach dem Gesetz Nr. 44 vom 28.3.2002 gehören der Disziplinarabteilung folgende 6 Mitglieder an: der Vizepräsident des Obersten Rats als Vorsitzender, ein vom Parlament gewählter Vertreter, ein Richter des Kassationsgerichts, ein Staatsanwalt und 2 Richter am Landgericht oder am Oberlandesgericht.

[44] Zum „Obersten Rat des Richterstands“, zu seiner Zusammensetzung und seinen Kompetenzen, zu seiner historischen Entwicklung, aber auch zu den (versuchten) politischen Einflussnahmen, denen er ausgesetzt war (und ist), vgl. näher Francesco Mariuzzo, Betrachtungen über das italienische Richterwesen, Thesenpapier zum Vortrag im Rahmen der Tagung der deutschen Richterakademie vom 13.1. bis 18.1.2003 zum Thema „Von innen und außen betrachtet: Richterbilder in Deutschland und in europäischen Nachbarstaaten“; sowie Giacomo Oberto, Die Sicherung der richterlichen Unabhängigkeit in Italien unter besonderer Berücksichtigung des Consilio superiore della Magistratura und einer einheitlichen Besoldung aller Richter, RZ 2003, S. 48 ff

[45] Im Einzelnen vgl. dazu Giacomo Oberto, a. a. O. (Fn 39), S. 56

[46] Gesetz vom 24.1.2002 zur Änderung des Gerichtsgesetzes vom 31.5.1994 als Folge eines Erkenntnisses des litauischen Verfassungsgerichtshofs über die Verfassungswidrigkeit des bis dahin geltenden Zustands

[47] Verfassung vom 24.8.1815

[48] „Raad voor de Rechtspraak“; nähere Informationen sind im Internet unter www.rechtspraak.nl zugänglich.

[49] Dass das gewaltentrennende Prinzip ein „Baugesetz“ der österreichischen Bundesverfassung darstellt, ist zwar im B-VG selbst nicht ausdrücklich normiert, ergibt sich aber einerseits aus verschiedenen Verfassungsvorschriften (insbesondere dem Art. 94 B-VG) und ist andererseits in der herrschenden Lehre anerkannt (vgl. dazu statt vieler Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht9, 2000, S. 71, 80 f).

[50] Diese bestehen bei den Gerichtshöfen erster Instanz und beim OGH, bei den Oberlandesgerichten sind so genannte „Außensenate“ eingerichtet.

[51] Bundesgesetz vom 14.12.1961 über das Dienstverhältnis der Richter und Richteramtsanwärter, BGBl Nr.   305/1961idF BGBl I Nr. 130/2003; im Folgenden kurz: RDG

[52] Vgl. dazu Art. 66 Abs. 1 B-VG iVm Entschließung BGBl Nr. 54/1995

[53] So jedenfalls der VfGH in VfSlg 8.066/1977, 8.524/1979, 14.368/1995 zur derzeitigen, in der Literatur wiederholt kritisierten Rechtslage – im Unterschied zu der vorher geltenden Regelung des § 5 des Grundgesetzes vom 22.11.1918 über die richterliche Gewalt, StGBl Nr. 38/1918, die eine Bindungswirkung vorgesehen hatte.

[54] Art. 86 Abs. 1 B-VG lautet: „Die Richter werden, sofern nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist, gemäß dem Antrag der Bundesregierung vom Bundespräsidenten oder auf Grund seiner Ermächtigung vom zuständigen
Bundesminister ernannt; die Bundesregierung oder der Bundesminister hat Besetzungsvorschläge der durch die Gerichtsverfassung hiezu berufenen Senate einzuholen.“
 

[55] Da sich aus Art. 86 Abs. 1 B-VG die Verpflichtung zur Einholung von Besetzungsvorschlägen für alle richterlichen Planstellen ergibt und sich der Vorbehalt zugunsten des einfachen Gesetzgebers, anderes zu bestimmen, nur auf den ersten Halbsatz bezieht, wurde dieses Erkenntnis in der Lehre wiederholt kritisiert (vgl. dazu näher Christian M. Piska in: Korinek/Holoubek, B-VG II/2, Rz 13 zu Art. 86; sowie Heinrich Bröll, Die Besetzungsvorschläge für die Stellen des Präsidenten und der Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs, RZ 1980, S. 117 ff).

[56] Bundespräsident oder Nationalratspräsident als Vorsitzender, Bundesminister für Justiz, die Präsidenten des Obersten Gerichtshofs, des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags und der Österreichischen Notariatskammer, je ein Mitglied jeder der (derzeit vier) im Nationalrat vertretenen Parteien sowie 15 gewählte Richter

[57] Vgl. dazu näher das Positionspapier der richterlichen Standesvertretung zur Stärkung der Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit durch Einrichtung eines Rats der Gerichtsbarkeit, Dezember 2003; weiters Gerhard Reissner, Der Rat der Gerichtsbarkeit – ein Mittel zur Sicherung der Unabhängigkeit der Rechtsprechung, RZ 2004, S. 4 ff; sowie Ernst Markel, Zur Zukunft des Richters. Richterliche Unabhängigkeit und Unparteilichkeit – gestern, heute, morgen, in: Pilgermair (Hgb), Festschrift für Herbert Steininger zum 70. Geburtstag, 2003, S. 259 ff

[58] Vgl. Ausschussbericht, S. 6 f

[59] Vgl. Ausschussbericht, S. 7

[60] Verfassung vom 2.4.1997

[61] „Krajowa Rada Sadownietwa“

[62] Erste Kammer des polnischen Parlaments

[63] Zweite Kammer des polnischen Parlaments

[64] Verfassung der Portugiesischen Republik vom 2.4.1976 in der Fassung des Gesetzes vom 20.9.1997 (= 3. Verfassungsrevision), vormals Art. 220, ursprünglich Art. 223 der portugiesischen Verfassung

[65] „Conselho Superior da Magistratura“

[66] Vormals Art. 219, ursprünglich Art. 222 der portugiesischen Verfassung

[67] Verfassung vom 28.2.1974, in Kraft seit 1.1.1975

[68] Verfassungsgesetz Nr. 90/2001 vom 23.2.2001

[69] Art. 145 Abs. 1 der slowakischen Verfassung a. F.

[70] Verfassung vom 23.12.1991

[71] = Unterhaus des Zweikammernparlaments, vgl. Art. 80 ff der slowenischen Verfassung

[72] Vgl. Art. 28 Abs. 1 Gesetz über die Gerichte, „Uradni list Republike Slovenije 1994“, Nr. 19/1994

[73] Vgl. Art. 28 Abs. 1 Gesetz über die Gerichte (siehe oben FN 69)

[74] Verfassung vom 29.12.1978

[75] „Consejo General de Poder Judiciario“

[76] Wobei diese 12 Richter aus einer Liste von 30 (durch Richter gewählten) Richtern vom Parlament bestimmt werden

[77] Verfassung vom 16.12.1992

[78] Vgl. dazu insbesondere das 4. Hauptstück über die „Rechtsprechende Gewalt“, Art. 81 bis 96 der tschechischen Verfassung

[79] Vgl. Gesetz über die Gerichte, die Richter, die Beisitzer und die staatliche Gerichtsverwaltung vom 30.11.2001, Sb. 2002, Nr. 4, Pos. 6

[80] Reformgesetz über die Gerichte vom 15.7.1997

[81] „Supreme Court“

[82] Verfassung vom 12.7.1991

[83] Vgl. dazu auch Aneta Petrova, Die Struktur des Ermittlungsverfahrens in Bulgarien, RZ 2003, S. 184 f

[84] „Courts Administration“ = Unabhängige Gerichtsverwaltung

[85] Verfassung vom 21.11.1991

[86] zuletzt geändert durch Bundesbeschluss vom 4.10.2002

[87] Verfassung der Republik und des Kantons Genf vom 24.5.1847

[88] Verfassung der Republik und des Kantons Jura vom 20.3.1977

[89] Verfassung von Republik und Kanton Tessin vom 14.12.1997

[90] Für den großen Bereich des Privatrechts etwa lässt sich diese „gemeinsame Rechtstradition“ sehr gut anhand der Entstehungsgeschichte des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs (ABGB) nachzeichnen: So war es insbesondere die in der Monarchie im 18. Jahrhundert herrschende Rechtszersplitterung (mit seinen zahlreichen, teils stark voneinander abweichenden Partikularrechten), die Kaiserin Maria Theresia im Jahr 1753 zur Einsetzung einer Kompilationskommission veranlasste, die aus 4 (später 6) Mitgliedern bestand, nämlich den Vertretern von Böhmen, Mähren, Österreich und der Steiermark (später noch Schlesien und Vorderösterreich) unter dem Vorsitz des Freiherrn von Blümegen, des Kammerpräsidenten von Brünn, wo die Kommission zunächst auch tagte. Den hervorragendsten Anteil an den das Privatrecht betreffenden Arbeiten hatte in den folgenden Jahren der Vertreter Böhmens, Joseph Azzoni, Rechtsanwalt und Professor in Prag. Er wurde der Hauptreferent der Kommission, auf ihn ging der erste, im Jahr 1766 vorgelegte, noch stark romanistisch geprägte Entwurf, der so genannte „Codex Theresianus“, zurück. Der spätere, so genannte „Entwurf Martini“ (benannt nach dem damaligen Vorsitzenden der neu gebildeten Hofkommission Freiherr von Martini) wurde im Jahr 1797 „zur praktischen Probe“ in Westgalizien (einem Teil des heutigen Polens und dem damals jüngsten österreichischen Erbland; später auch in Ostgalizien [= heutige Ukraine]) in Geltung gesetzt, um Erfahrungen zu sammeln, und deshalb auch als „Westgalizisches Gesetzbuch“ bezeichnet. Auf der Grundlage dieses „Westgalizischen Gesetzbuchs“ wurde von einer neu gebildeten Kommission (Hauptreferent: Franz von Zeiller, Appellationsrat und Professor für Naturrecht und Römisches Recht) ein letzter Entwurf ausgearbeitet, der als das „Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch für die gesamten deutschen Erblande“ mit kaiserlichem Patent vom 1.6.1811 in allen österreichischen Provinzen kundgemacht wurde und schließlich am 1.1.1812 in Kraft trat. Von (für das heutige Österreich nur noch historischem) Interesse ist schließlich der Umstand, dass das ABGB selbst in jenen Gebieten der ehemaligen Monarchie, denen dessen Einführung politisch wenig zusagte, festen Fuß zu fassen vermochte, so namentlich in den italienischen Provinzen, in den Ländern der (späteren) Ungarischen Krone und in den ehemals österreichischen Teilen der (späteren) Tschechoslowakei (vgl. dazu näher Josef Schey, in: Klang/Gschnitzer [Hgb], Kommentar zum ABGB2 [1964], Band I/1, S. 5 ff [14]).

[91] Herbert Küpper, Die Forderung der deutschen Justiz nach Selbstverwaltung – Modell Osteuropa?, zur Veröffentlichung vorgesehen im Jahrbuch für Ostrecht, 2003/I

[92] Wobei an dieser Stelle auch auf die von der Österreichischen Richtervereinigung für 22.9.2004 in der Akademie der Wissenschaften geplante, hochkarätig besetzte Enquete über die „Gewaltenteilung im demokratischen Rechtsstaat“ verwiesen wird, die sich dieses Themas ebenfalls annehmen wird.