Weiterentwicklung

der Volksanwaltschaft

 

 

 

 

 

 

 


Inhaltsverzeichnis

 

I.            Vorbemerkungen.....................................................................................        3

II.           Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes.....................        4

III.          Vorschläge zur Effektuierung der
Missstandskontrolle
...........................................................................        8

1.       Prüfkompetenz im Falle der Abschaffung der mittelbaren
Bundesverwaltung...............................................................................................        
8

Erläuterungen zur Textvorlage des Art. 148 a Abs. 1 B-VG...............................         8

2.       Kontrolle ausgegliederter Rechtsträger..............................................................         9

Erläuterungen des Textvorschlages zu Art. 148a Abs. 2,
Art. 148b Abs. 1, Art. 148c Abs. 2 und Art. 148i Abs. 1 B-VG.............................        
9

Ausgliederungen auf Landes- und Gemeindeebene.........................................       11

3.       Betrauung der VA mit der Prüfung von Missständen........................................       12

Erläuterung zu Art. 148 a Abs. 4 B-VG.............................................................       12

4.       Kontrolle der Gerichtsbarkeit bei Säumnis und Dienstpflichtverletzungen.......       12

Erläuterungen zum Textvorschlag des Art. 148 c Abs. 3 B-VG.......................       12

5.       Beschwerde zur Wahrung des Gesetzes........................................................       14

Erläuterung des Textvorschlages zu Art. 148 c Abs.4 B-VG............................       14

6.       Gesetzesprüfungsverfahren durch VA..............................................................       16

Erläuterungen des Textvorschlages zu Art. 148 e B-VG..................................       16

IV.          Vorschläge zur verstärkten parlamentarischen Einbindung der Volksanwaltschaft...............................................................................      17

1.       Sonderberichte..................................................................................................       17

2.       Rederecht der Mitglieder der VA im Parlament.................................................       18

3.       Behandlung von Tätigkeitsberichten im NR und BR.........................................       19

V.           Konzentration von Kontrollaufgaben bei der VA als Kollegialorgan   .......................................................................................................................... 20

1.       Die VA als Rechtsschutzbeauftragter...............................................................       20

2.       Verschmelzung der Bundesheer-Beschwerdekommission mit der VA...........       20

3.       VA als Schlichtungsstelle im Sinne der RL 2000/43/EG..................................       21

4.       Beibehaltung des Kollegialorgans...............................................................       22

 

 


I.                   Vorbemerkungen

Die VA wurde 1977 ausdrücklich nicht als "Rechtschutzeinrichtung im technischen Sinn" konzipiert, sondern "als eine niederschwellige Institution, die möglichst einfach und unbürokratisch dem Einzelnen beistehen soll, wenn rechtliche Mittel nicht ausreichen oder nicht mehr zur Verfügung stehen, um das als Unrecht empfundene Verhalten einer Verwaltungsbehörde zu bekämpfen.

Die der VA verfassungsmäßig zugedachten Aufgaben blieben seither beinahe unverändert, wiewohl sich in den letzten Jahren das gesellschaftliche und politische Umfeld sowie die Erwaltungshaltung in Bezug darauf, was unter effizienter, korrekter und dennoch bürgerfreundlicher Verwaltungsführung verstanden wird, geändert hat.

Der nahstehende Textentwurf des Siebenten Hauptstückes des B-VG samt den in IV. ergänzend dazu aufgenommenen Vorschlägen wurden in der Kollegialsitzung vom 1.3. 2004 einvernehmlich beschlossen. Damit ist das Ersuchen verknüpft, der Volksanwaltschaft jene Möglichkeiten zur Hand zu geben, die es ihr auch nach der aktuell in Diskussion stehenden Verfassungsreform ermöglichen sollen, Sachkompetenz und Bürgernähe „für jedermann“ formfrei und kostenlos unter Beweis zu stellen.

Kontrolle, wie sie durch die VA ausgeübt wird, erfüllt eine wichtige Funktion im demokratischen Integrationsprozess, da sie ein Mittel ist, um wieder Vertrauen der Bürger in den Staat zu begründen, korrektes Handeln bestätigt aber auch Missstände benannt, soweit wie möglich ausgeräumt, bzw. Fehlahndlungen sanktioniert werden.

 

 


II.                Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes

Das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929, zuletzt geändert durch das Bundes-Verfassungsgesetz BGBI. I.../...., wird wie folgt geändert:

Art. 148a (1) Jedermann kann sich bei der Volksanwaltschaft wegen behaupteter Missstände bei der Vollziehung von Bundesgesetzen einschließlich der Tätigkeit des Bundes als Träger von Privatrechten beschweren, sofern er von diesen Missständen betroffen ist und soweit ihm ein Rechtsmittel nicht oder nicht mehr zur Verfügung steht. Jede solche Beschwerde ist von der Volksanwaltschaft zu prüfen. Dem Beschwerdeführer sind das Ergebnis der Prüfung sowie die allenfalls getroffenen Veranlassungen mitzuteilen.

(2) Der Prüfung der Volksanwaltschaft unterliegen auch Rechtsträger im Sinne des Art 126b B-VG.

(3) Die Volksanwaltschaft ist berechtigt, von ihr vermutete Missstände in der Vollziehung von Bundesgesetzen einschließlich der Tätigkeit des Bundes als Träger von Privatrechten von Amts wegen zu prüfen. Diese Prüfungsbefugnis umfasst auch die Tätigkeit der in Art 126b B-VG genannten Rechtsträger.

(4) Der Nationalrat und der Bundesrat sind befugt die Volksanwaltschaft mit der Prüfung von Missständen in der Verwaltung zu betrauen. Näheres bestimmen das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates und des Bundesrates.

(5) Der Volksanwaltschaft obliegt ferner die Mitwirkung der an den Nationalrat gerichteten Petitionen und Bürgerinitiativen zu betrauen. Näheres bestimmt das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates.

(6) Die Volksanwaltschaft ist in Ausübung ihres Amtes unabhängig.

Art. 148b (1) Alle Organe des Bundes, der Länder, der Gemeinden, der Gemeindeverbänden sowie anderer Körperschaften öffentlichen Rechts und die Organe der in Artikel 148a Absatz 2 genannten Rechtsträger haben die Volksanwaltschaft bei der Besorgung ihrer Aufgaben zu unterstützen, ihr Akteneinsicht zu gewähren und auf Verlangen die erforderlichen Auskünfte zu erteilen sowie Prüfungshandlungen der Volksanwaltschaft an Ort und Stelle zu ermöglichen. Diese Organe werden dabei in Vollziehung der Gesetze tätig. Die von der Volksanwaltschaft um Unterstützung angesprochenen Rechtsträger haben diesem Ersuchen innerhalb einer über begründetes Ersuchen erstreckbaren Frist von fünf Wochen zu entsprechen. Amtsverschwiegenheit und das Recht auf Datenschutz besteht nicht gegenüber der Volksanwaltschaft.

(2) Die Volksanwaltschaft unterliegt der Verschwiegenheit im gleichen Umfang wie das Organ, an das die Volksanwaltschaft in Erfüllung ihrer Aufgaben herangetreten ist. Bei der Erstattung der Berichte an den Nationalrat ist die Volksanwaltschaft zur Wahrung der Verschwiegenheit aber nur insoweit verpflichtet, als dies im Interesse der Parteien oder der nationalen Sicherheit geboten ist.

Art. 148c (1) Die Volksanwaltschaft kann den mit den obersten Verwaltungsgeschäften des Bundes betrauten Organen Empfehlungen für die in einem bestimmten Fall oder aus Anlass eines bestimmten Falles zu treffenden Maßnahmen erteilen. In Angelegenheiten der Selbstverwaltung oder der Verwaltung durch weisungsfreie Behörden kann die Volksanwaltschaft dem zuständigen Organ der Selbstverwaltung oder der weisungsfreien Behörde Empfehlungen erteilen; derartige Empfehlungen sind auch dem obersten Verwaltungsorgan des Bundes zur Kenntnis zu bringen. Das betreffende Organ hat dieser Empfehlung innerhalb einer über begründetes Ersuchen erstreckbaren Frist von fünf Wochen entweder zu entsprechen und dies der Volksanwaltschaft mitzuteilen oder schriftlich zu begründen, warum der Empfehlung nicht entsprochen wurde.

(2) Gegenüber Organen der in Artikel 148a Absatz 2 genannten Rechtsträger hat die Volksanwaltschaft vor Aufnahme in einen Bericht an den Nationalrat und Bundesrat das Ergebnis ihres Prüfungsverfahrens festzustellen.

(3) Die Volksanwaltschaft kann bei Verzögerungen eines gerichtlichen Verfahrens oder eines Verfahrens vor einem Tribunal im Sinne des Art. 6 Abs.1 der Europäischen Menschenrechtskonvention dem zuständigen Organ empfehlen, die entsprechenden Verfahrenshandlungen vorzunehmen, und die Einleitung eines Disziplinarverfahrens anregen. Im Übrigen gilt Abs.1 sinngemäß.

(4) Die Volksanwaltschaft ist berechtigt gegen Entscheidungen eines Landesverwaltungsgerichtshofes oder eines Tribunals im Sinne des Art. 6 Abs.1 der Europäischen Menschenrechtskonvention eine Beschwerde zur Wahrung des Gesetzes an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben (Amtsbeschwerde), und die Feststellung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung zu begehren. Im Falle der Feststellung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung, verjähren Ersatzansprüche gemäß Artikel 23 Abs. 1 B-VG jedenfalls nicht vor Ablauf eines Jahres ab Rechtskraft der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes oder des Verfassungsgerichtshofes.

Art. 148d (1) Die Volksanwaltschaft hat dem Nationalrat und dem Bundesrat jährlich über ihre Tätigkeit zu berichten. In diesen Berichten kann die Volksanwaltschaft Anregungen zur Änderung von Bundesgesetzen aufnehmen. Es bleibt der Volksanwaltschaft unbenommen, darüber hinaus auch weitere Berichte zu erstatten.

(2) Die Mitglieder der Volksanwaltschaft haben das Recht, an den Verhandlungen über die Berichte der Volksanwaltschaft und die die Volksanwaltschaft betreffenden Kapitel des Entwurfes des Bundesfinanzgesetzes im Nationalrat teilzunehmen und auf ihr Verlangen jedesmal gehört zu werden.

(3) Die Mitglieder der Volksanwaltschaft haben das Recht, an allen Verhandlungen der Ausschüsse (Unterausschüsse) des Nationalrates und des Bundesrates, ausgenommen Untersuchungsausschüsse, teilzunehmen und zu den Wahrnehmungen aus ihrer Tätigkeit auf ihr Verlangen jedesmal gehört zu werden. Die Ausschüsse (Unterausschüsse) des Nationalrates und des Bundesrates können die Anwesenheit von Mitgliedern der Volksanwaltschaft verlangen.

(4) Näheres bestimmen die Bundesgesetze über die Geschäftsordnung des Nationalrates und die Geschäftsordnung des Bundesrates.

Art. 148e Auf Antrag der Volksanwaltschaft in einem anhängigen Prüfungsverfahren erkennt der Verfassungsgerichtshof über Verfassungswidrigkeit von Bundesgesetzen, sowie über Gesetzwidrigkeit von Verordnungen einer Bundesbehörde. Der Verfassungsgerichtshof erkennt dabei auch über außer Kraft getretene Rechtsvorschriften.

Art. 148f Entstehen zwischen der Volksanwaltschaft und der Bundesregierung oder einem Bundesminister, einem Rechtsträger im Sinne des Art. 148a Abs. 2 oder einem Gericht oder Tribunal im Sinne des Art. 148c Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen, die die Zuständigkeit der Volksanwaltschaft regeln, so entscheidet auf Antrag der Bundesregierung, des zuständigen Organs eines Rechtsträgers, des Gerichtes oder Tribunals oder der Volksanwaltschaft der Verfassungsgerichtshof in nicht öffentlicher Verhandlung innerhalb von sechs Monaten.

Art. 148g (1) Die Volksanwaltschaft hat ihren Sitz in Wien. Sie besteht aus drei Mitgliedern, von denen jeweils eines den Vorsitz ausübt. Die Funktionsperiode beträgt sechs Jahre. Eine mehr als einmalige Wiederwahl der Mitglieder der Volksanwaltschaft ist unzulässig.

(2) Die Mitglieder der Volksanwaltschaft werden vom Nationalrat auf Grund eines Gesamtvorschlages des Hauptausschusses gewählt. Der Hauptausschuss erstellt seinen Gesamtvorschlag bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte seiner Mitglieder, wobei die drei mandatsstärksten Parteien des Nationalrates das Recht haben, je ein Mitglied für diesen Gesamtvorschlag namhaft zu machen.. Die Mitglieder der Volksanwaltschaft leisten vor Antritt ihres Amtes dem Bundespräsidenten die Angelobung.

(3) Der Vorsitz in der Volksanwaltschaft wechselt jährlich zwischen den Mitgliedern in der Reihenfolge der Mandatsstärke der die Mitglieder namhaft machenden Parteien. Diese Reihenfolge wird während der Funktionsperiode der Volksanwaltschaft unverändert beibehalten.

(4) Im Falle des vorzeitigen Ausscheidens eines Mitgliedes der Volksanwaltschaft hat jene im Nationalrat vertretene Partei, die diese Mitglied namhaft gemacht hat, ein neues Mitglied namhaft zu machen. Die Neuwahl für den Rest der Funktionsperiode ist gemäß Abs. 2 durchzuführen.

(5) Die Mitglieder der Volksanwaltschaft müssen zum Nationalrat wählbar sein; sie dürfen während ihrer Amtstätigkeit weder der Bundesregierung noch einer Landesregierung noch einem allgemeinen Vertretungskörper angehören und keinen anderen Beruf ausüben.

Art. 148h (1) Die Beamten der Volksanwaltschaft ernennt auf Vorschlag und unter Gegenzeichnung des Vorsitzenden der Volksanwaltschaft der Bundespräsident; das Gleiche gilt für die Verleihung von Amtstiteln. Der Bundespräsident kann jedoch den Vorsitzenden der Volksanwaltschaft ermächtigen, Beamte bestimmter Kategorien zu ernennen. Die Hilfskräfte ernennt der Vorsitzende der Volksanwaltschaft. Der Vorsitzende der Volksanwaltschaft ist insoweit oberstes Verwaltungsorgan und übt diese Befugnisse allein aus.

(2) Die Diensthoheit des Bundes gegenüber den bei der Volksanwaltschaft Bediensteten wird vom Vorsitzenden der Volksanwaltschaft ausgeübt.

(3) Die Volksanwaltschaft gibt sich eine Geschäftsordnung sowie eine Geschäftsverteilung, in der zu bestimmen ist, welche Aufgaben von den Mitgliedern der Volksanwaltschaft selbstständig wahrzunehmen sind. Die Beschlussfassung über die Geschäftsordnung und die Geschäftsverteilung erfordert Einstimmigkeit der Mitglieder der Volksanwaltschaft.

Art. 148i (1) Durch Landesverfassungsgesetz können die Länder die Volksanwaltschaft auch für den Bereich der Verwaltung des betreffenden Landes, einschließlich der Kontrolle von Rechtsträgern im Sinne des Art. 148a Abs.2 für zuständig erklären. In diesem Falle sind die Bestimmungen dieses Hauptstückes sinngemäß anzuwenden.

(2) Schaffen die Länder für den Bereich der Landesverwaltung Einrichtungen mit gleichartigen Aufgaben wie die Volksanwaltschaft, so kann durch Landesverfassungsgesetz eine den Art. 148e und 148f entsprechende Regelung getroffen werden.

Art. 148j Nähere Bestimmungen zur Ausführung dieses Hauptstückes sind bundesgesetzlich zu treffen.


 

III.              Vorschläge zur Effektuierung der Missstandskontrolle

1.    Prüfkompetenz im Falle der Abschaffung der mittelbaren Bundesverwaltung

Erläuterungen zur Textvorlage des Art. 148 a Abs. 1 B-VG

Nach zutreffender Auffassung liegt Art 148a B-VG hinsichtlich der hoheitlichen Verwaltung ein funktioneller Verwaltungsbegriff zugrunde, sodass nicht nur die gesamte unmittelbare Bundesverwaltung, sondern ausnahmslos jede hoheitliche Verwaltungstätigkeit, die dem Bund zuzurechnen ist (zB mittelbare Bundesverwaltung, Selbstverwaltungsträger, juristische Personen öffentlichen rechts und Beliehene, sofern Aufgaben aus dem Bereich der hoheitlichen Bundesverwaltung vollzogen werden) der Kontrolle der VA unterliegt.

Vom dem Hintergrund des Mandats des Ausschuss V des Konvents, wird aktuell sowohl über einen neuen - nach abgerundeten Leistungs- und Verantwortungsbereichen gegliederten Katalog von Gesetzgebungskompetenzen des Bundes und der Länder –als auch die Föderalisierung der gesamten mittelbaren Bundesverwaltung diskutiert. Deren Weiterentwicklung zu einer weisungsfrei wahrzunehmenden Landesverwaltung im Rahmen des Kompetenztypus des Art 11 B-VG wurde in der Vergangenheit sowohl in der Vereinbarung von Perchtoldsdorf 1992 (bekräftigt in Form der RV einer B-VG-Nov 1996) als auch im Regierungsprogramm vom 4. 2. 2000 ins Auge gefasst. Für den Fall, dass es tatsächlich zur Abschaffung der mittelbaren Bundesverwaltung kommen sollte, bedürfte es jedenfalls auch einer ergänzenden Anpassung des Art. 148 a Abs. 1 B-VG, da andernfalls eine umfassende Kontrolle des auf Bundesgesetzen passierenden Vollzuges durch die VA und eine darauf basierende Berichterstattung an den Nationalrat und Bundesrat nicht mehr sichergestellt wäre, obwohl die Wahrung der Einheitlichkeit der Vollziehung von Bundesgesetzen im Interesse der gesetzgebenden Körperschaften, die diese Normen erlassen haben, bleibt. Die vorgeschlagene Textänderung in Art 148a Abs. 1 B-VG („Missstände bei der Vollziehung von Bundesgesetzen“) soll es dem Bund erleichtern, die Vollziehung der von ihm erlassenen Vorschriften, der Rechtsakte im Rahmen der europäischen Integration und der völkerrechtlichen Verträge durch die Länder zu überwachen und wahrgenommene Mängel, innerhalb angemessener Frist durch Weisung abzustellen (vgl. Information und Aufsicht des Bundes in KV5 Abs. 2 der Ausschussvorlage 217/AVORL-K vom 10.2.2004).


2.    Kontrolle ausgegliederter Rechtsträger

Erläuterungen des Textvorschlages zu Art. 148 a Abs. 2, Art. 148 b Abs. 1, Art. 148 c Abs. 2 und Art. 148 i Abs. 1 B-VG

Mit Ausgliederungen ist die Lockerung der Beziehung zu den demokratisch legitimierten obersten Staatsorganen verbunden. Jede Ausgliederung reduziert deren Leitungsbefugnis und Verantwortung, beendet die Möglichkeit, Weisungen iSd Art 20 Abs 1 B-VG zu erteilen, die Dienst- und Fachaufsicht auszuüben und reduziert je nach Rechtsform der Ausgliederung auch die Kontrolle durch das Parlament.

Gem. Art. 148 a Abs. 1 B-VG umfasst die Zuständigkeit der VA nur jene nichthoheitliche Verwaltung, die von Bundesorganen im organisatorischen Sinn selbst durchgeführt wird. Soweit aber Angelegenheiten der nicht hoheitlichen Verwaltung in Folge der Ausgliederung von Staatsaufgaben von anderen Organen besorgt werden, besteht keine Prüfbefugnis der VA (Erkenntnis des VfGH vom 18. Dezember 1992, KV 1/91, JBI 1993, 650).

Von 1991 bis 2004 haben allein auf Bundesebene etwa 50 realisierte Ausgliederungsvorhaben die Prüfzuständigkeit der VA schrittweise reduziert. Die Volksanwaltschaft hat in ihren Tätigkeitsberichten beginnend ab 1993 wiederholt auf die Rechtsschutz –und Kontrolldefizite, die mit der Übertragung von Staatsaufgaben auf Privatrechtsträger, die allerdings weiterhin im Eigentum, zumindest im mehrheitlichen, oder unter Beherrschung der öffentlichen Hand stehen, hingewiesen. Der Rechtsschutz gegenüber dem privatrechtlich handelnden Staat erfährt zwangsläufig Modifikationen, wenn Bürger bis dahin bestehender durchsetzbarere Rechtsansprüche verlustig gehen und gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen müssen, weil kostenlosen Schutzmechanismen, wie sie durch die Befassung der VA im hoheitlichen Bereich bzw. im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes in Gang gesetzt werden können, nicht gleichermaßen offen stehen.

Auf der anderen Seite hat sich die vielfach geäußerte Hoffnung, es könnte mit den Ausgliederungen eine bessere Kundenorientierung und ein besseres Kundenservice erreicht werden, auch nach Wahrnehmung von Rechnungshofpräsident Dr. Fiedler ( Vortrag publiziert in der Schriftenreihe der GÖD, Nr. 2, Juli 1998) nicht oder nur partiell erfüllt. Was sollen Menschen, die sich als Konsumenten nach erfolgter Ausgliederung über mangelhafte oder sprunghaft verteuerte Dienstleistungen beschweren möchten, aber ihr Anliegen wegen überlasteter Telefon–Hotlines nicht einmal vorbringen können oder deren Eingaben konsequent unbeantwortet bleiben, machen ?

Mit der in Art. 148 a Abs.2 B-VG vorgeschlagenen Angleichung der Kompetenz der Volksanwaltschaft an die des Rechnungshofes soll eine bestehende Kontrolllücke geschlossen und die abgewandelte Kurzformel „Staat bleibt Staat, auch wenn er teilweise die Kleider wechselt“ für die VA wie den RH gleichermaßen gelten. Rechnungshofpräsident Dr. Fiedler selbst befürwortet die Ausweitung der Kontrollbefugnisse der VA auf ausgegliederte Rechtsträger (so u.a. im schriftlichen Beitrag zum 25. Jahr des Bestehens der VA im Mai 2002). Eine divergierende Beurteilung wegen einer allfälligen Überschneidung der Kontrollzuständigkeit beider parlamentarischer Hilfsorgane ist angesichts der unterschiedlichen Aufgabenstellung und des daraus erfließenden unterschiedlichen Kontrollauftrages nicht zu befürchten. Die Rechnungshofkontrolle hat sich auf die Gebarungsprüfung nach den in Art. 126b Abs. 5, Art 127 Abs. 1 und Art. 127a Abs. 1 B-VG genannten Kriterien zu beschränken. Eine über diese Kriterien zur Beurteilung der Unternehmensgestion hinausgehende Prüftätigkeit auf Grund von Individualbeschwerden könnte daher nur die VA im Rahmen ihrer Missstandskontrolle entfalten und so auch prozessvermeidend tätig werden.

Für den Fall, dass ein Einvernehmen in Bezug auf eine Angleichung der Kontrollbefugnisse der VA und des RH Richtung erzielt werden kann, ergibt sich in weiterer Folge zwangsläufig die Notwendigkeit auch Art 148a Abs 3 (Amtswegigkeit) und Art 148 f B-VG (Meinungsverschiedenheiten über die Zuständigkeit der VA) entsprechend zu adaptieren.

Die Neufassung des Art 148 b B-VG (Unterstützungs- und Auskunftspflicht) verfolgt mehrere Zielsetzungen: Die Auskunftspflicht soll zum einen auf ausgegliederte Rechtsträger zum anderen aber auch auf Gemeindeverbände und Körperschaften öffentlichen Rechts, die im Bereich der Daseinsvorsorge eine immer größere Rolle spielen, ausgedehnt werden. Die herrschende Lehre qualifiziert die Auskunftserteilung gemäß Art. 20 Abs. 4 B-VG unabhängig von der Materie, zu der sie erfolgt, als einen Akt „in Vollziehung der Gesetze“. Informationen an die Volksanwaltschaft finden zwar ihre verfassungsrechtliche Grundlage nicht im Auskunftspflichtgesetz sondern in Art. 148b Abs. 1 B-VG, doch ist nicht ersichtlich, weshalb sie deshalb nicht in Vollziehung der Gesetze erfolgen, sodass im Bereich der Hoheitsverwaltung ein Zuwiderhandeln gegen die Unterstützungspflicht dem Tatbild des § 302 StGB entspricht. In Bezug auf die angestrebte Prüfung ausgegliederter Rechtsträgerauch ist auch eine Verankerung der Pflicht, Prüfungshandlungen vor Ort zu ermöglichen, unerlässlich. Da sich immer wieder auch Verzögerungen im Prüfverfahren durch die späte Abgabe von Stellungnahmen der geprüften Stellen ergeben, sollen Prüfverfahren durch die Terminisierung der Auskunftspflicht innerhalb von fünf Wochen beschleunigt werden.

Art 148 c Abs. 1 B-VG intendiert wie Art. 148 b Abs. 1 B-VG eine Beschleunigung der Prüfungsverfahren der VA und verkürzt die bislang in § 6 VAG vorgesehene Reaktionszeit auf Empfehlungen der VA um drei Wochen.

Art. 148 c Abs. 3 B-VG trägt dem Umstand Rechnung, dass das Instrumentarium der volksanwaltschaftlichen Empfehlungsbefugnis nicht auf das Innenverhältnis ausgegliederter Rechtsträger, welches sich – von sondergesellschaftlichen Regelungen abgesehen – in den überwiegenden fällen nach den Bestimmungen des AktG und des GmBHG richtet, übertragen werden kann. Ungeachtet dessen soll sowohl das zuständige Organ des ausgegliederten Rechtsträgers von den auf Grund oder aus Anlass von Prüfungsverfahren getroffenen Feststellungen der VA konfrontiert werden. Der Nationalrat und der Bundesrat würde im Anschluss daran durch Berichte der VA von diesen Feststellungen Kenntnis erlangen und so eine auf objektiven Wahrnehmungen beruhende Schilderung darüber erhalten, wie sich Ausgliederungsvorhaben aus der Sicht der Bürger in Bezug auf die Verfügbarkeit, Benutzerfreundlichkeit, Qualität und Sicherheit von Leistungen auswirken. Die gesetzgebenden Körperschaften wären so in der Lage, im Rahmen der politischen Kontrollrechte vorhandene Ingerenzmöglichkeiten auszuschöpfen, sofern der VA eine außergerichtliche Bereinigung von Konfliktfeldern nicht ohnehin bereits möglich war.

Ausgliederungen auf Landes- und Gemeindeebene

Da Art. 148 i Abs. 1 B-VG, der die Zuständigkeitserklärungen der VA durch Landesverfassungsgesetz beinhaltet, ausdrücklich nur von der „Verwaltung des betreffenden Landes“; dh. Verwaltung des Landes selbst und nicht anderer von ihm verschiedener Rechtsträger spricht, erscheint es notwenig, diese Bestimmung so zu ändern, dass ein unerwünschtes und im Hinblick auf Art. 99 B-VG auf bundesverfassungsrechtliche Grenzen stoßendes Auseinanderklaffen der Kontrollkompetenz der VA auf Bundes- und Landesebene vorweg ausgeschlossen bzw. Nachjustierungen der Landesverfassungen entbehrlich werden.

Internationaler Rechtsvergleich:

Die Rechtslage in den einzelnen europäischen Staaten ist vielfältig. Ausdrücklich auf alle Ausgliederungen ausgedehnt wurde die Kontrolle des Ombudsmannes in Finnland und Slowenien. Die Qualität der Rechtsform von Unternehmungen, Gesellschaften oder von sonstigen Verwaltungseinheiten, die in qualifizierter Weise mit der öffentlichen Verwaltung verbunden sind, kann auch die Prüfzuständigkeit des Defensor in Spanien nicht einschränken. Einzelne Kontrollbefugnisse bleiben auch den Ombudsmännern in Portugal und Irland und Malta nach Ausgliederungen erhalten.

3.    Betrauung der VA mit der Prüfung von Missständen

Erläuterung zu Art. 148 a Abs. 4 B-VG

Gem. Art. 126 Abs. 4 B-VG hat der Rechnungshof auf Beschluss des Nationalrates oder auf Verlangen von Mitgliedern in seinen Wirkungsbereich fallende besondere Akte der Gebarungsüberprüfung durchzuführen. Die VA als zweites parlamentarisches Hilfsorgan könnte durch ihre Prüfungsverfahren analog dazu ebenfalls einen Beitrag zur Effektuierung der politischen Kontrolle, wie sie der Nationalrat auszuüben hat, leisten.

Dem Textvorschlag des Art. 148 a Abs. 4 B-VG liegt die Überlegung zu Grunde, dass eine fortlaufende Einsichtnahme in die Verwaltungsgeschäfte der Exekutive durch das Parlament dem von der Bundesverfassung grundgelegten Verhältnis zwischen Gesetzgebung und Verwaltung widerspricht, während die VA das Potential zu Systemprüfungen, die weit über einen konkreten Beschwerdefall hinaus reichen, hätte und den Nationalrat als Auftraggeber so gezielt auch über „Vollzugsvergleiche“, die allein mit Mitteln des parlamentarische Interpellationsrecht nicht offenbar werden, informieren könnte.

4.    Kontrolle der Gerichtsbarkeit bei Säumnis und Dienstpflichtverletzungen

Erläuterungen zum Textvorschlag des Art. 148 c Abs. 3 B-VG

Die Kehrseite des Anspruches, der sich aus Artikel 6 EMRK für den Einzelnen im Bereich der civil rights herleitet, besteht in der Verpflichtung des Staates, den Bürgern Einrichtungen zur Verfügung zu stellen, welche die Einlösung der gesetzlichen Ansprüche in annehmbarer Zeit und mit vertretbarem Risikokalkül ermöglichen. Nach Art 6 EMRK hat jedermann Anspruch darauf, dass seine Sache auch in angemessener Zeit vor einem unabhängigen Gericht verhandelt wird.

Der Homepage des Bundesministeriums für Justiz ist zu entnehmen, dass der Kreditschutzverband von 1870 ermittelt hat, dass eine Verfahrensbeendigung aller Zivilprozesse binnen Jahresfrist in erster Instanz einen positiven volkswirtschaftlichen Effekt in Höhe von ca. 71 Millionen € monatlich (also ca. 1 Milliarde € jährlich) nach sich ziehen würde (http://www.justiz.gv.at/aktuelles/download/pk291203_verfahrensbeschl.pdf). Von so kurzen Verfahrensdauern sind wir weit entfernt.

933 Beschwerden, die 2002 der Justizverwaltung zuzurechnen waren und für deren Behandlung die VA zuständig ist, bezogen sich überwiegend auf die lange Dauer von Gerichtsverfahren sowie Verzögerungen bei der Ausfertigung und Zustellung von Gerichtsentscheidungen (näheres dazu im 26. Tätigkeitsbericht der VA, S. 88 ff). Für Verfahrensstillstände von (meist) mehreren Monaten fanden sich in Stellungnahmen an die VA Begründungen wie etwa "unentschlossene oder zögerliche Arbeitsweise des zuständigen Richters" oder "keine zielstrebige Verfahrensführung durch den Richter". Erst die Prüfungsverfahren lösten nach Aufzeigung der entsprechenden Missstände dienstaufsichtsbehördlicher Maßnahmen aus (VA 404-J/01, 8-J/02, 26-J/02, 38-J/02, 53-J/02, 125-J/02, 267-J/02, 410-J/02, 473-J/02, 503-J/02, 506-J/02, 570-J/02, 613-J/02).

Ebenso wie Richter im Rahmen von Disziplinarverfahren gegen Kollegen zu urteilen haben, ob diese schuldhaft ihren Berufspflichten nicht nachgekommen sind, haben seit dem Inkrafttreten des § 91 GOG (1.1.1990) auf Antrag einer Partei Berufsrichter (Dreirichtersenat) zu beurteilen, ob unabhängig von einem Verschulden eine Säumnis im Verfahren eingetreten ist. Diese der Verfahrensbeschleunigung zuträglichen Anträge werden aber in der Praxis von Parteien und deren Anwälten kaum gestellt, wird doch damit die Arbeitsweise von Richtern, die über den Verfahrensausgang zu befinden hätten, in Kritik gezogen.

Eine Kompetenzerweiterung hinsichtlich der Kontrolle der Justiz(-verwaltung) durch die Volksanwaltschaft intendierte daher der Initiativantrag 98/A XXI. GP der Abgeordneten Dr. Khol, Ing. Westenthaler und Kollegen, welcher der VA die Befugnis zur Antragstellung nach § 91 GOG und die Möglichkeit Disziplinarverfahren anzuregen, eröffnen sollte, greift in die Unabhängigkeit der Rechtsprechung ein.

Der österreichischen Rechtsordnung ist ein rasch wirksamer Rechtsschutz gegen die Säumnis von Gerichten - abgesehen vom anders gearteten Fristsetzungsantrag nach § 91 GOG - grundsätzlich fremd. Bürger, die in einem Verwaltungsverfahren ein subjektiv- öffentliches Recht auf Entscheidung innerhalb der Frist des § 73 AVG geltend machen und einen Devolutionsantrag bzw. die Säumnisbeschwerde einbringen konnten, werden sich daher auch bei Einführung von Verwaltungsgerichten erster Instanz nicht gegen Verfahrensverschleppungen zur Wehr setzen können.

So ist im Ausschuss IX unbestritten, dass eine Säumnisbeschwerde nach Vorbild des Art 132 B-VG ausschließlich für das Verhältnis zwischen (säumiger) Verwaltungsbehörde und VwGH konzipiert worden ist und eine Verlagerung der Entscheidungsbefugnisse auf den VwGH nicht in Frage kommt. Konsens in der 3. Sitzung der „kleinen Arbeitsgruppe“ am 22.1.2004 bestand lediglich darüber, dass als „Ersatz“ ein Aufsichtsrecht des VwGH über die ihm untergeordneten Verwaltungsgerichte zu etablieren. Dabei soll der VwGH in einem ersten Schritt dem säumigen Verwaltungsgericht eine bestimmte Frist setzen und in einem zweiten Schritt – bei Verletzung bzw. Überschreitung dieser Frist (nach allfälliger Fristverlängerung) – eine Geldbuße gegen den jeweiligen Rechtsträger (Bund oder Länder) verhängen können. Diese Lösung ist wenig zufriedenstellend, da auch die Verhängung einer Geldbusse die Säumnis nicht beendet.

Der Textvorschlag des Art. 148 c Abs. 3 B-VG ist, gerade weil er Kontrollkompetenzen bei Säumnis über die bloße Antragstellung nach § 91 GOG im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit hinaus auch auf Verwaltungsgerichte erster Instanz, Tribunale sowie den VwGH und VfGH ausdehnt, eine Reaktion darauf, dass die VA ihre Befugnisse im Bereich der Justizverwaltung wie bisher umfassend - und im Interesse der Beschwerdeführer - auch effektiv wahrnehmen möchte.

5.    Beschwerde zur Wahrung des Gesetzes

Erläuterung des Textvorschlages zu Art. 148 c Abs.4 B-VG

Die Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz wird vom Umfang her eine massive Verringerung der Ingerenz der VA auf Verwaltungshandeln mit sich bringen. Die über den Bereich der bloßen Rechtswidrigkeit hinausgehende Missstandskontrolle der VA, welche auch Billigkeitserwägungen einschließt, sowie die Empfehlungsbefugnis zur Aufhebung von Bescheiden erstreckt sich dann nur mehr auf in Rechtskraft erwachsene behördliche Entscheidungen.

Der im 25. und 26. PB (2001 und 2002) ventilierte Vorschlag, der VA im Wege einer Beschwerde zur Wahrung des Gesetzes die Befugnis zu eröffnen, wegen rechtskräftiger Entscheidungen der Verwaltungsgerichte erster Instanz bzw. Tribunale nach Art 6 EMRK an den VwGH oder VfGH heranzutreten und zumindest die Feststellung deren Rechtswidrigkeit zu begehren, liegt ein Erfahrungsschatz an Prüfungsverfahren zu Grunde, die belegen, dass komplementärer Rechtsschutz, wie ihn die VA bislang im Interesse der BF gerade auch gegenüber Berufungsbehörden wahrnehmen konnte, durch die Einrichtung der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht über Nacht obsolet wird.

1.      Eine lose Verzahnung volksanwaltschaftlicher Tätigkeit mit jener der Sondergerichtshöfe des öffentlichen Rechts stellt per se keinen Eingriff in die Unabhängigkeit der Rechtsprechung dar. Auch wäre mit einem die Rechtsansicht der VA bestätigenden, deklaratorischen Erkenntnis keine Durchbrechung der Rechtskraft verbunden. Bürgern, die sich beschwert erachten, weil die Verwaltungsgerichte erster Instanz ihrem Rechtsmittel keine Folge gegeben haben, könnte aber die VA wenigstens dann, wenn auch sie gravierendere Rechtswidrigkeiten erblickt, zur Seite zu stehen.

2.      Die Einschränkung der Antragslegitimation der VA auf einen (bloßen) Feststellungsantrag gegen rechtskräftige Entscheidungen, ergibt sich aus der Aufgabenstellung als Verwaltungskontrollorgan. Die von der VA beim VwGH oder VfGH eingebrachte Beschwerde und die damit verbundene Klarstellung dessen, was rechtens gewesen wäre, dient der Sicherung der Rechtmäßigkeit von Verwaltungshandeln. Wird die Rechtsansicht der VA geteilt, böte das bestätigende Erkenntnis im Anlassfall darüber hinaus den Beschwerdeführern auch eine taugliche Grundlage dafür, Schadenersatzansprüche, die wegen eines als rechtswidrig erkannten begünstigenden und in Rechtskraft erwachsenen Verwaltungsaktes in ihrer Sphäre entstanden sind, im Amtshaftungsverfahren gerichtlich geltend zu machen. Wenn die Verwaltungsgerichte erster Instanz mit voller meritorischer Kognitionsbefugnis ausgestattet würden und deshalb in ihren Entscheidungen nicht an den Berufungsantrag gebunden wären, kann die Rechtswidrigkeit auch in der Missachtung öffentlicher Interessen, die das subjektive öffentliche Interesse der Partei nicht betreffen, gelegen sein.

3.      Es wäre für BF, die trotz der Befassung von Verwaltungsgerichten erster Instanz auf Grund rechtswidrig ergangener Entscheidungen durch Organe in Vollziehung der Gesetze einen Personen- oder Vermögensschaden erlitten haben, eine immense Hilfe, wenn die VA mit einer Beschwerde zur Wahrung des Gesetzes in solchen Fallkonstellationen auch da beim VfGH oder VwGH durchdringt. Das Zusammenspiel von hoheitlichem Handeln, das gerade im Amtshaftungsverfahren zur Hauptfrage wird, und daraus abgeleiteten zivilrechtlichen Ansprüchen wird derzeit nur durch die Spezialnorm des § 11 AHG geregelt. Eine von der VA initiierte Beschwerde zur Wahrung des Gesetzes beim VwGH oder VfGH hätte die gleiche Stoßrichtung. Beschwerden, welche von der VA mit Erfolg eingebracht wurden, sollten den BF in die Lage versetzen, Amtshaftungsansprüche auch noch bis zu einem Jahr nach Rechtskraft der Entscheidung, mit der der VwGH oder VfGH die von der VA monierte Rechtswidrigkeit feststellt, einzubringen (spezielle Ablaufhemmung).

4.      Mit der Einführung der Beschwerde zur Wahrung des Gesetzes könnten von der VA auch Judikaturdivergenzen zwischen den Landesverwaltungsgerichten bei Vollziehung von Bundesgesetzen an die Sondergerichtshöfe öffentlichen Rechts herangetragen werden. Dies ist eine klassische Aufgabe einer komplementären Rechtsschutzeinrichtung. Die Gefahr der Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung bei Einführung des derzeit favorisierten „9+1 Modells“ wird tendenziell den Druck auf den Gesetzgeber erhöhen, durch legislative Anpassungen einzelne Verwaltungsgerichte erster Instanz laufend korrigieren zu müssen, wiewohl die überbordende Normenflut und Kasuistik regelmäßig von Lehre und Rechtsprechung - aber auch von Abgeordneten - beklagt wird.

5.      Erreicht werden kann mit Hilfe der Beschwerde zur Wahrung des Gesetzes auch eine höchstgerichtliche Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe, was sowohl im Interesse der Vollzugsorgane als auch im Interesse der Rechtsunterworfenen, die nicht selbst eine kostenpflichtige Klarstellung begehren müssen, gelegen ist.

6.    Gesetzesprüfungsverfahren durch VA

Erläuterungen des Textvorschlages zu Art. 148 e B-VG

Sieht man von der punktuell wahrgenommenen abstrakten Normenkontrolle ab, liegt das Interesse an der Beseitigung von verfassungswidrigen Regelungen primär in Händen jener, die als Bürger davon subjektiv unmittelbar betroffen sind und zuweilen in der Rechtsverfolgung wegen der damit verbundenen Formalismen und Kosten ein größeres Hindernis sehen, als in der Erduldung auch gesetzlicher Unbill. Eine Erweiterung der Befugnis der VA in Art. 148 e B-VG über die schon bestehend Möglichkeit der Verordnungsanfechtung hinaus, soll die Möglichkeit eröffnen, anhängige Prüfungsverfahren zu unterbrechen, um im Rahmen der konkreten Normenkontrolle Bedenken gegen Regelungen, auch dann, wenn diese bereits außer Kraft getreten sind, an den VfGH heranzutragen zu können.

Der direkte Zugang und die unmittelbare, weil nicht durch die Verwaltung und ihre Spitzenrepräsentanten geschönte Sicht darauf, wie sich Gesetze und Verwaltungshandeln auf die Rechtssphäre von Bürger auswirken, rechtfertigt die Prüfung von Beschwerdevorbringen am Maßstab der Verfassung und insbesondere der Grundrechte, die auch den Gesetzgeber binden. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen in Prüfungsverfahren entstehen gerade dann, wenn man sich - wie die VA - verpflichtet sieht, die Rechtsprechung des VfGH laufend zu beobachten. Eine von der VA initiiertes Erkenntnis soll jedenfalls keine über den Art. 140 Abs. 7 erster Satz B-VG hinausgehende Wirkung entfalten können. Gem. § 1 Abs. 2 VAG unterliegt die Antragstellung gem. Art. 148 e und f B-VG der kollegialen Beschlussfassung. Es ist schon aus diesem Grund nicht zu befürchten, dass die VA vom Gesetzesanfechtungsrecht inflationär Gebrauch machen würde (die Notwendigkeit von der Befugnis Verordnungen anzufechten, wurde 2003 nur in 2 Fällen gesehen).

Beispiel:

Mit Erkenntnis vom 12. Juni 2002 hob der Verfassungsgerichtshof § 62 Abs 2 erster und zweiter Satz NÖ BauO 1996 auf. Der darin vorgesehene ausnahmslose Anschlusszwang an die öffentliche Kanalisation war sowohl in der Stammfassung LGBl 8200-0 als auch in der Fassung der Novelle LGBl 8200-3 verfassungswidrig. Aus der auf das Sachlichkeitsgebot gestützten Begründung ergibt sich, dass eine Berücksichtigung von öffentlichen Interessen oder Einzelinteressen von Gesetzes wegen nicht von vornherein zur Gänze ausgeschlossen werden darf. Eine Analyse der Rechtslage in den Bundesländern zeigt, dass die Ausnahmebestimmungen dreier Landesgesetze (K-GKG, Sbg BauTG sowie OÖ AEG) derzeit auch nicht den vom VfGH festgelegten Kriterien entsprechen und daher ebenso wie die NÖ Regelung von einer Aufhebung bedroht sind. Wer macht aber auch diese Verfassungswidrigkeiten geltend und wie lange wird es dauern, bis sich der VfGH auch mit den Ausnahmebestimmungen in diesen Bundesländern befasst ?

IV.            Vorschläge zur verstärkten parlamentarischen
Einbindung der Volksanwaltschaft

1.    Sonderberichte

Die parlamentarische Behandlung des themenspezifischen Berichtes der Volksanwaltschaft über "Die Vergabe von Heizkostenzuschüssen in der Heizperiode 2000/2001" und die Verweigerung der parlamentarischen Behandlung desselben, stieß in der Volksanwaltschaft auf Unverständnis und Bedauern, zumal es wenig sinnvoll ist, wenn sich der Nationalrat mit Feststellungen und Schlussfolgerungen seines Kontrollorgans erst beschäftigt, wenn diese unaktuell geworden sind.

Ob der geltende Art 148d B-VG erster Satz (die VA hat ....jährlich über ihre Tätigkeit zu berichten ...) auch hinsichtlich der Anzahl der ein Minimalerfordernis, dem die Volksanwaltschaft nachzukommen hat, enthält oder ob damit auf verfassungsrechtlicher Ebene eine Beschränkungen vorgenommen wurde, die es verbietet, aktuelle, themenbezogene Sonderberichte zu erstatten, ist nicht klar. Das Geschäftsordnungsgesetz 1975 des NR (GOG) trifft dazu keine Aussage. Tatsächlich stößt die Behandlung von Sonderberichten der Volksanwaltschaft bei Beibehaltung der derzeitigen Rechtslage aber im Bundesrat auf geschäftsordnungsmäßige Schwierigkeiten. Es erscheint daher klarstellend notwendig zu sein, die Vorlage solcher Sonderberichte im B-VG selbst vorzusehen und Art 148d Abs 1 B-VG um eine Formulierung, die bereits im BKA-Entwurfs der RV 1971 enthalten war, zurückzugreifen. Auch der internationale Vergleich zeigt, dass die Befugnis zur Vorlage von "Sonderberichten" für andere vergleichbare Einrichtungen durchaus gängig ist. So ist dieses Instrumentarium ausdrücklich in Katalonien, Slowenien, Finnland, Norwegen, Großbritannien, Spanien, Niederlande, Griechenland und Irland vorgesehen.

Der Nationalrat hat in seiner Entschließung 54, XVII.-GP, sein Interesse bekräftigt, von der Volksanwaltschaft Hinweise darüber zu erhalten, ob Gesetze bei ihrer Anwendung Mängel oder Härten erkennen lassen. Berichte der VA erhalten seit 1986 (ab dem 10. PB) deshalb regelmäßig auch legistische Änderungsvorschläge. Die Bezugnahme darauf in Art. 148d Abs. 1 B-VG verankert damit eine bestehende Praxis, zu der die VA bislang rechtlich nicht verpflichtet war.

2.    Rederecht der Mitglieder der VA im Parlament

Sowohl die Volksanwaltschaft als auch der Rechnungshof stehen in enger Beziehung zum Parlament und erblicken in dieser Nahebeziehung einerseits die Verpflichtung, die Parlamentarier mit Hilfe ihrer Berichte über Missstände in der Verwaltung zu informieren und andererseits die Chance, sich parlamentarischen Rückhalt für die Umsetzung von Empfehlungen und legistischen Anregungen zu verschaffen.

Von Nachteil ist dabei der Umstand, dass sowohl die Mitglieder der Volksanwaltschaft als auch der Präsident des Rechnungshofes nur einen beschränkten Zugang zu den Ausschüssen bzw. Plenarsitzungen des Nationalrats (die Volksanwaltschaft auch zu denen des Bundesrats) haben. Sie sind im Wesentlichen nur berechtigt, an der parlamentarischen Behandlung ihrer Berichte und der sie betreffenden Kapitel des Entwurfes des Bundesfinanzgesetzes teilzunehmen (Art 123a, 148d zweiter Satz B-VG), obwohl ihr Aufgabenbereich die gesamte Verwaltung umfasst. Demgegenüber steht Bundesministern und Staatssekretären grundsätzlich der unbeschränkte Zugang zu allen parlamentarischen Ausschüssen und Plenarsitzungen offen (Art 75 B-VG), obwohl sie jeweils für nur ganz bestimmte, sachlich abgegrenzte Ressorts zuständig sind. Besonders nachteilig wirkt sich für Volksanwälte und den Präsidenten des Rechnungshofes aus, dass sie nicht einmal aus eigenem an jenen Verhandlungen des Nationalrats teilnehmen dürfen, in denen ihre Institutionen betreffende Gesetzesänderungen beraten und beschlossen werden. Sinnvoll wäre ein erweitertes Rederecht in Bezug auf Materien, zu denen die VA ausdrücklich im Begutachtungsverfahren Stellung bezogen oder legislative Anregungen erstattet hat.

Der Textvorschlag zu Art. 148 d Abs. 3 B-VG verfolgt die Zielsetzung, den Mitgliedern der VA den gleichen Zugang zu den parlamentarischen Beratungen zu eröffnen, wie den Regierungsmitgliedern und folgt daher dem Antrag 141/A (XXI. GP) der Abgeordneten MMag.Dr. Madeleine Petrovic und Kollegen.

3.    Behandlung von Tätigkeitsberichten im NR und BR

Obwohl § 78 Abs 1 GOG-NR dem Präsidenten des Nationalrats die Möglichkeit eröffnen würde, Berichte der Volksanwaltschaft "einem" Ausschuss zuzuleiten, finden - einer parlamentarischen Usance entsprechend - Erörterungen des an den Nationalrat gerichteten jährlichen Gesamtberichtes ausschließlich im Verfassungsausschuss statt. Ein penibles Auseinanderdividieren von Berichtsteilen der VA allein zum Zweck, dass Feststellungen aus einer Vielzahl von Prüfungsverfahren mit grundsätzlichem Bedeutung tatsächlich in allen Fachausschüssen in Beratung nehmen genommen werden könnten, erscheint auch der VA nicht zweckmäßig, wiewohl die Möglichkeit der Erörterung von Feststellungen, die weit über einen Einzelfall von Belang sind, deshalb nicht immer zwingend unterbleiben müsste.

Würde man daher dem Verfassungsausschuss als dem gem. § 78 GOG-NR traditionell mit Vorberatungen der Tätigkeitsberichte der VA befassten Ausschuss selbst die Möglichkeit eröffnen, den Präsidenten des NR zu ersuchen, Berichtsteile von grundsätzlicher Bedeutung gesondert auch einem anderen Fachausschuss zuzuweisen (analog zu § 100b Abs.1 lit.c GOG-NR), wäre sichergestellt, dass der parlamentarische Betrieb durch Vorlagen der VA nicht überflutet würde. Auch der Bundesrat hat es bisher unterlassen, Berichte der Volksanwaltschaft in seinen Fachausschüssen zu behandeln. Die mit dem BGBl I Nr. 84/1999 eingeführte Bestimmung des § 29a GOG-BR („an den Verhandlungen ihres Tätigkeitsberichtes im Ausschuss“) bietet dafür allerdings auch keine Grundlage. Auch diese Regelung könnte gegebenenfalls geändert werden.

Der Antrag 630 A/XXI GP (Wurm und Genossen) beinhaltet die Anregung einer Änderung der GOG –NR und sieht vor, dass Berichte der VA künftig dem Ausschuss für Petitionen und Bürgerinitiativen der dann den Namen „Volkanwaltschaft, Petitionen und Bürgerinitiativen“ tragen sollte, zugewiesen werden sollen. Anlässlich der letzten Aussprache mit dem PET-Ausschuss am 17.11. 2003 ist dieses Ansinnen von Seiten der VA nicht zurück gewiesen worden.

V.               Konzentration von Kontrollaufgaben bei der VA
als Kollegialorgan

1.      Die VA als Rechtsschutzbeauftragter

Am 6. Juli 2000 im Parlament das Militärbefugnisgesetz (BGBl I Nr. 86/2000) beschlossen. Umstritten war schon damals die in § 22 (2) MBG enthaltene Verpflichtung von Gebietskörperschaften, aller Körperschaften öffentlichen Rechts sowie Stiftungen, Anstalten und Fonds, Auskunft über BürgerInnen zu erteilen, wenn der Bundesheer-Geheimdienst dies verlangt. Die weitreichenden Möglichkeiten der vorsorglichen Ermittlung stehen nach Ansicht des VfGH (Erkenntnis vom 23.1. 2004 zu G 363/02) tatsächlich im Widerspruch zu grundrechtlich geschützten Sphären. Beanstandet wurde aber auch der Umstand, dass der in § 57 MBG beim Bundesminister für Landesverteidigung etablierte Rechtsschutzbeauftragte, dem die rechtliche Kontrolle von Maßnahmen der nachrichtendienstlichen Aufklärung oder Abwehr obliegen soll, nicht durch eine Verfassungsbestimmung weisungsfrei gestellt wurde, obwohl nur so gewährleistet hätte werden können, dass die angestrebte Rechtmäßigkeitskontrolle überhaupt effektiv ausgeübt werden kann.

Ähnliche verfassungsrechtlich bedenkliche Konstruktionen auf einfachgesetzlicher Ebene wurden auch in Bezug auf die Rechtsschutzbeauftragten nach dem Sicherheitspolizeigesetz und der Strafprozessordnung gewählt. Die Volksanwaltschaft erfüllt alle Bedingungen, die der VfGH an Rechtsschutzeinrichtungen mit Befugnissen, die deren Herauslösung aus der hierarchischen Verwaltungsorganisation rechtfertigen, stellt. Eine Betrauung mit den – in den jeweiligen Materien vorgesehenen Aufgaben – könnte daher ohne weiteres erfolgen und sollte zumindest in Erwägung gezogen werden.

2.      Verschmelzung der Bundesheer- Beschwerdekommission mit der VA

Der Präsident des NR, Dr. Khol selbst zeigte die Parallelitäten der Bundesheer-Beschwerdekommission und der VA hinsichtlich der Bestellung der Organe und deren Aufgabenstellung auf (Khol/Peer, Ausbau der Rechte der Volksanwaltschaft, in: Korosec [Hrsg], Die Arbeit der Volksanwaltschaft, Holzhausen Verlag, S. 85 ff).

Tatsächlich werden auch die 3 Vorsitzenden der Beschwerdekommission vom NR aufgrund eines Gesamtvorschlages des Hauptausschusses gewählt, wobei jede der drei mandatsstärksten Parteien des Nationalrates das Recht hat, je ein Mitglied namhaft zu machen. Gemäß § 6 Abs. 4 Wehrgesetz hat die Beschwerdekommission „unmittelbar oder mittelbar eingebrachte Beschwerden von Personen, die sich freiwillig einer Stellung unterziehen oder sich freiwillig zum Ausbildungsdienst gemeldet haben, von Stellungspflichtigen, von Soldaten sowie von Wehrpflichtigen des Milizstandes und Wehrpflichtigen des Reservestandes, die Präsenzdienst geleistet haben, entgegen zu nehmen, zu prüfen und über ihre Erledigung Empfehlungen zu beschließen. Darüber hinaus ist die Beschwerdekommission berechtigt, von ihr vermutete Mängel und Übelstände im militärischen Dienstbereich von Amtswegen zu prüfen.“ Die Funktionsperiode der Beschwerdekommission beträgt – wie jene der Mitglieder der VA - sechs Jahre, sodass es nur verständlich erscheint, dass der NR Präsident angeregt hat, gleich die Volksanwälte auch mit den bisher von der Bundesheer-Beschwerde­kommission wahrgenommenen Aufgaben zu betrauen.

3.      VA als Schlichtungsstelle im Sinne der RL 2000/43/EG

Im Zuge der Begutachtung des Entwurfes eines Bundesgesetzes über die Gleichbehandlung (Gleichbehandlungsgesetz – GlBG, GZ 451.007/21-III/8/03 vom 8. September 2003) hat die VA darauf verwiesen, dass die RL 2000/43/EG vom 29.6.2000 „zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse und der ethnischen Herkunft“ (RL „Rassismus“) zwingend bis 19.7.2003 in nationales Recht umgesetzt hätte werden müssen. Die Frist zur Umsetzung der RL 2000/78/EG vom 27.11.2000 „zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf“ (RL „Beschäftigung“) lief am 2. Dezember 2003 ab, ohne dass Österreich Verpflichtung zur Umsetzung der darin enthaltenen Garantien nachgekommen ist.

Während andere Mitgliedsstaaten spezielle Antirassismusgesetze erlassen haben oder deren Verabschiedung planen, ihre Rechtsordnungen durch interdisziplinäre Sachverständige gesondert auf benachteiligende Regelungen durchforsten und die Verfolgung von Diskriminierungsverboten auch organisatorisch auf „verwaltungsferne“ unabhängige Stellen verlagern, indem Rassismusagenturen geschaffen oder wie in Schweden den „Discrimination-ombudsman“ auf ethnischen und rassischen Gründen beruhende Verletzungen aufgreifen lassen, misst man in Ö der RL „Rassismus“ nicht jenen umfassenden und speziellen Stellenwert bei, der ihr im europäischen Kontext zukommen würde.

Vorgeschlagen wurde daher, der VA die Behandlung der auf die RL „Rassismus“ 2000/43/EG vom 29.6.2000 gestützten Beschwerden ohne Bezug zu einem Beschäftigungsverhältnis haben, zu übertragen (derzeit Teil II des Entwurfes) und diese Aufgabe nicht - wie vorgesehen – dem erst eigens zu bildenden Senat III der beim Bundesministerium für Gesundheit und Frauen eingerichteten Gleichbehandlungskommission zu überantworten. Die Betrauung der VA würde dem Art 13 der RL „Rassismus“, welcher die Einrichtung einer oder mehrerer unabhängiger Stellen, die Beschwerden entgegennehmen, Prüfungsverfahren durchführen, Empfehlungen erteilen, Untersuchungen zum Thema Diskriminierung durchzuführen und eine offensive Öffentlichkeitsarbeit betreiben sollen, vorsieht, entsprechen. Ausdrücklich wird in Art 13 der RL Rassismus darauf Bezug genommen, dass diese Stellen Teile einer unabhängigen Einrichtung sein können, die auf nationaler Ebene für den Schutz der Menschenrechte oder der Rechte des Einzelnen zuständig ist. Auf Grund der verfassungsrechtlichen Garantien, welche der Volksanwaltschaft zukommen, wäre diese prädestiniert, als profilierte, unabhängige, kostenlose und niederschwellige Anlaufstelle für Diskriminierungsopfer zur Verfügung zu stehen.

4.      Beibehaltung des Kollegialorgans

Wiederholt in Frage gestellt wurde die kollegiale Struktur der VA in Österreich.

Auf europäischer Ebene ist diese keine Ausnahme. So ist darauf zu verweisen, dass etwa das schwedische Parlament seit 1976 vier Ombudsleute für die Dauer von 4 Jahren wählt; eine auch (mehrfache) Wiederwahl ist möglich. Der Parliamentary Commissioner for civil rights (und ein Stellvertreter) sowie zwei weitere nationale Ombudsmänner sind allein in Ungarn tätig. Daneben gibt es Staaten, in denen ein Ombudsmann, dem zuweilen aber parlamentarische gewählte Stellvertreter zur Seite stehen (wie etwa in Tschechien), Kontrollbefugnisse wahrnimmt.

Festzuhalten ist, dass die VA fast einmalig im europäischen Raum nicht nur direkte Bürgerkontakte an ihrem Amtssitz zulässt sondern seit Beginn ihrer Arbeit aktiv auf Bürger zugeht. 2002 wurden 263 Sprechtage abgehalten; davon allein 129 in den Bundesländern. Auch 2001 fanden 101 der insgesamt 229 Sprechtage außerhalb von Wien statt. Bei rund 250 Arbeitstagen im Jahr müsste ein Volksanwalt bei gleicher Sprechtagsintensität damit die Hälfte der Arbeitszeit nur dazu nutzen, querfeldein durch die Lande zu reisen. Dies ist bei 14.851 Anbringen, die von der VA 2002 zu bearbeiten waren und der Mitwirkung an der wöchentlichen TV-Sendung, an deren Beliebtheit trotz der wenig attraktiven Ausstrahlungszeit am Samstag um 17:45 in ORF 2 nicht zu rütteln ist, seriös weder möglich noch sinnvoll.