Weiterentwicklung
der Volksanwaltschaft
Inhaltsverzeichnis
I. Vorbemerkungen..................................................................................... 3
II. Änderung
des Bundes-Verfassungsgesetzes..................... 4
III. Vorschläge
zur Effektuierung der
Missstandskontrolle........................................................................... 8
1. Prüfkompetenz
im Falle der Abschaffung der mittelbaren
Bundesverwaltung............................................................................................... 8
Erläuterungen zur Textvorlage des Art. 148 a
Abs. 1 B-VG............................... 8
2. Kontrolle
ausgegliederter Rechtsträger.............................................................. 9
Erläuterungen des Textvorschlages zu Art. 148a
Abs. 2,
Art. 148b Abs. 1, Art. 148c Abs. 2 und Art. 148i Abs. 1 B-VG............................. 9
Ausgliederungen auf Landes- und Gemeindeebene......................................... 11
3. Betrauung
der VA mit der Prüfung von Missständen........................................ 12
Erläuterung zu Art. 148 a Abs. 4 B-VG............................................................. 12
4. Kontrolle
der Gerichtsbarkeit bei Säumnis und Dienstpflichtverletzungen....... 12
Erläuterungen zum Textvorschlag des Art. 148 c
Abs. 3 B-VG....................... 12
5. Beschwerde
zur Wahrung des Gesetzes........................................................ 14
Erläuterung des Textvorschlages zu Art. 148 c
Abs.4 B-VG............................ 14
6. Gesetzesprüfungsverfahren
durch VA.............................................................. 16
Erläuterungen des Textvorschlages zu Art. 148 e B-VG.................................. 16
IV. Vorschläge
zur verstärkten parlamentarischen Einbindung der Volksanwaltschaft............................................................................... 17
1. Sonderberichte.................................................................................................. 17
2. Rederecht
der Mitglieder der VA im Parlament................................................. 18
3. Behandlung
von Tätigkeitsberichten im NR und BR......................................... 19
V. Konzentration
von Kontrollaufgaben bei der VA als Kollegialorgan .......................................................................................................................... 20
1. Die
VA als Rechtsschutzbeauftragter............................................................... 20
2. Verschmelzung
der Bundesheer-Beschwerdekommission mit der VA........... 20
3. VA
als Schlichtungsstelle im Sinne der RL 2000/43/EG.................................. 21
4. Beibehaltung des Kollegialorgans............................................................... 22
Kontrolle, wie sie durch die VA ausgeübt
wird, erfüllt eine wichtige Funktion im demokratischen Integrationsprozess, da
sie ein Mittel ist, um wieder Vertrauen der Bürger in den Staat zu begründen,
korrektes Handeln bestätigt aber auch Missstände benannt, soweit wie möglich
ausgeräumt, bzw. Fehlahndlungen sanktioniert werden.
Das Bundes-Verfassungsgesetz in der
Fassung von 1929, zuletzt geändert durch das Bundes-Verfassungsgesetz BGBI. I.../...., wird wie folgt geändert:
Art. 148a (1)
Jedermann kann sich bei der Volksanwaltschaft wegen behaupteter Missstände bei
der Vollziehung von Bundesgesetzen einschließlich der Tätigkeit
des Bundes als Träger von Privatrechten beschweren, sofern er von
diesen Missständen betroffen ist und soweit ihm ein Rechtsmittel nicht oder
nicht mehr zur Verfügung steht. Jede solche Beschwerde ist von der
Volksanwaltschaft zu prüfen. Dem Beschwerdeführer sind das Ergebnis der Prüfung
sowie die allenfalls getroffenen Veranlassungen mitzuteilen.
(2) Der
Prüfung der Volksanwaltschaft unterliegen auch Rechtsträger im Sinne des Art
126b B-VG.
(3) Die Volksanwaltschaft ist berechtigt, von ihr vermutete Missstände
in der Vollziehung von Bundesgesetzen einschließlich der Tätigkeit
des Bundes als Träger von Privatrechten von Amts wegen zu prüfen.
Diese Prüfungsbefugnis umfasst auch die Tätigkeit der in Art 126b B-VG
genannten Rechtsträger.
(4) Der Nationalrat und der Bundesrat sind
befugt die Volksanwaltschaft mit der Prüfung von Missständen in der Verwaltung
zu betrauen. Näheres bestimmen das Bundesgesetz
über die Geschäftsordnung des Nationalrates und des Bundesrates.
(5) Der
Volksanwaltschaft obliegt ferner die Mitwirkung der an den Nationalrat
gerichteten Petitionen und Bürgerinitiativen zu betrauen. Näheres bestimmt das
Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates.
(6) Die Volksanwaltschaft ist in Ausübung
ihres Amtes unabhängig.
Art. 148b (1) Alle Organe des Bundes, der
Länder, der Gemeinden, der Gemeindeverbänden sowie anderer Körperschaften
öffentlichen Rechts und die Organe der in Artikel 148a Absatz 2 genannten
Rechtsträger haben die Volksanwaltschaft bei der Besorgung ihrer Aufgaben
zu unterstützen, ihr Akteneinsicht zu gewähren und auf Verlangen die
erforderlichen Auskünfte zu erteilen sowie Prüfungshandlungen der Volksanwaltschaft
an Ort und Stelle zu ermöglichen. Diese Organe werden dabei in Vollziehung der
Gesetze tätig. Die von der Volksanwaltschaft um Unterstützung angesprochenen
Rechtsträger haben diesem Ersuchen innerhalb einer über begründetes Ersuchen
erstreckbaren Frist von fünf Wochen zu entsprechen. Amtsverschwiegenheit und
das Recht auf Datenschutz besteht nicht gegenüber der Volksanwaltschaft.
(2) Die
Volksanwaltschaft unterliegt der Verschwiegenheit im gleichen Umfang wie
das Organ, an das die Volksanwaltschaft in Erfüllung ihrer Aufgaben
herangetreten ist. Bei der Erstattung der Berichte an den Nationalrat ist die
Volksanwaltschaft zur Wahrung der Verschwiegenheit aber nur insoweit
verpflichtet, als dies im Interesse der Parteien oder der nationalen Sicherheit
geboten ist.
Art. 148c (1) Die Volksanwaltschaft kann den mit
den obersten Verwaltungsgeschäften des Bundes betrauten Organen Empfehlungen
für die in einem bestimmten Fall oder aus Anlass eines bestimmten Falles zu
treffenden Maßnahmen erteilen. In Angelegenheiten der Selbstverwaltung oder der
Verwaltung durch weisungsfreie Behörden kann die Volksanwaltschaft dem
zuständigen Organ der Selbstverwaltung oder der weisungsfreien Behörde
Empfehlungen erteilen; derartige Empfehlungen sind auch dem obersten Verwaltungsorgan
des Bundes zur Kenntnis zu bringen. Das betreffende Organ hat dieser
Empfehlung innerhalb einer über begründetes Ersuchen erstreckbaren Frist von
fünf Wochen entweder zu entsprechen und dies der Volksanwaltschaft
mitzuteilen oder schriftlich zu begründen, warum der Empfehlung nicht
entsprochen wurde.
(2)
Gegenüber Organen der in Artikel 148a Absatz 2 genannten Rechtsträger hat
die Volksanwaltschaft vor Aufnahme in einen Bericht an den Nationalrat und
Bundesrat das Ergebnis ihres Prüfungsverfahrens festzustellen.
(3) Die Volksanwaltschaft
kann bei Verzögerungen eines gerichtlichen Verfahrens oder eines Verfahrens vor
einem Tribunal im Sinne des Art. 6 Abs.1 der Europäischen
Menschenrechtskonvention dem zuständigen Organ empfehlen, die entsprechenden
Verfahrenshandlungen vorzunehmen, und die Einleitung eines Disziplinarverfahrens
anregen. Im Übrigen gilt Abs.1 sinngemäß.
(4) Die Volksanwaltschaft
ist berechtigt gegen Entscheidungen eines Landesverwaltungsgerichtshofes oder
eines Tribunals im Sinne des Art. 6 Abs.1 der Europäischen
Menschenrechtskonvention eine Beschwerde zur Wahrung des Gesetzes an den
Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben (Amtsbeschwerde),
und die Feststellung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung zu
begehren. Im Falle der Feststellung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen
Entscheidung, verjähren Ersatzansprüche gemäß Artikel 23 Abs. 1 B-VG jedenfalls
nicht vor Ablauf eines Jahres ab Rechtskraft der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes
oder des Verfassungsgerichtshofes.
Art. 148d (1) Die
Volksanwaltschaft hat dem Nationalrat und dem Bundesrat jährlich über ihre
Tätigkeit zu berichten. In diesen Berichten kann die Volksanwaltschaft
Anregungen zur Änderung von Bundesgesetzen aufnehmen. Es bleibt der Volksanwaltschaft
unbenommen, darüber hinaus auch weitere Berichte zu erstatten.
(2) Die Mitglieder der Volksanwaltschaft haben das
Recht, an den Verhandlungen über die Berichte der Volksanwaltschaft und die die
Volksanwaltschaft betreffenden Kapitel des Entwurfes des Bundesfinanzgesetzes
im Nationalrat teilzunehmen und auf ihr Verlangen jedesmal gehört zu werden.
(3) Die
Mitglieder der Volksanwaltschaft haben das Recht, an allen Verhandlungen der
Ausschüsse (Unterausschüsse) des Nationalrates und des Bundesrates, ausgenommen
Untersuchungsausschüsse, teilzunehmen und zu den Wahrnehmungen aus ihrer
Tätigkeit auf ihr Verlangen jedesmal gehört zu werden. Die Ausschüsse
(Unterausschüsse) des Nationalrates und des Bundesrates können die Anwesenheit
von Mitgliedern der Volksanwaltschaft verlangen.
(4) Näheres bestimmen die Bundesgesetze über die
Geschäftsordnung des Nationalrates und die Geschäftsordnung des Bundesrates.
Art. 148e Auf Antrag der Volksanwaltschaft
in einem anhängigen Prüfungsverfahren erkennt der Verfassungsgerichtshof über
Verfassungswidrigkeit von Bundesgesetzen, sowie über Gesetzwidrigkeit von
Verordnungen einer Bundesbehörde. Der Verfassungsgerichtshof erkennt dabei auch
über außer Kraft getretene Rechtsvorschriften.
Art. 148f Entstehen zwischen der
Volksanwaltschaft und der Bundesregierung oder einem Bundesminister, einem
Rechtsträger im Sinne des Art. 148a Abs. 2 oder einem Gericht oder Tribunal im
Sinne des Art. 148c Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung der
gesetzlichen Bestimmungen, die die Zuständigkeit der Volksanwaltschaft regeln,
so entscheidet auf Antrag der Bundesregierung, des zuständigen Organs eines
Rechtsträgers, des Gerichtes oder Tribunals oder der Volksanwaltschaft der Verfassungsgerichtshof
in nicht öffentlicher Verhandlung innerhalb von sechs Monaten.
Art. 148g (1) Die
Volksanwaltschaft hat ihren Sitz in Wien. Sie besteht aus drei Mitgliedern, von
denen jeweils eines den Vorsitz ausübt. Die Funktionsperiode beträgt sechs
Jahre. Eine mehr als einmalige Wiederwahl der Mitglieder der Volksanwaltschaft
ist unzulässig.
(2) Die Mitglieder der Volksanwaltschaft
werden vom Nationalrat auf Grund eines Gesamtvorschlages des Hauptausschusses
gewählt. Der Hauptausschuss erstellt seinen Gesamtvorschlag bei Anwesenheit von
mindestens der Hälfte seiner Mitglieder, wobei die drei mandatsstärksten
Parteien des Nationalrates das Recht haben, je ein Mitglied für diesen
Gesamtvorschlag namhaft zu machen.. Die Mitglieder der Volksanwaltschaft leisten
vor Antritt ihres Amtes dem Bundespräsidenten die Angelobung.
(3) Der Vorsitz in der Volksanwaltschaft
wechselt jährlich zwischen den Mitgliedern in der Reihenfolge der Mandatsstärke
der die Mitglieder namhaft machenden Parteien. Diese Reihenfolge wird während
der Funktionsperiode der Volksanwaltschaft unverändert beibehalten.
(4) Im Falle des vorzeitigen Ausscheidens
eines Mitgliedes der Volksanwaltschaft hat jene im Nationalrat vertretene
Partei, die diese Mitglied namhaft gemacht hat, ein neues Mitglied namhaft zu
machen. Die Neuwahl für den Rest der Funktionsperiode ist gemäß Abs. 2
durchzuführen.
(5) Die Mitglieder der
Volksanwaltschaft müssen zum Nationalrat wählbar sein; sie dürfen während ihrer
Amtstätigkeit weder der Bundesregierung noch einer Landesregierung noch einem
allgemeinen Vertretungskörper angehören und keinen anderen Beruf ausüben.
Art. 148h (1) Die Beamten der
Volksanwaltschaft ernennt auf Vorschlag und unter Gegenzeichnung des Vorsitzenden
der Volksanwaltschaft der Bundespräsident; das Gleiche gilt für die Verleihung
von Amtstiteln. Der Bundespräsident kann jedoch den Vorsitzenden der
Volksanwaltschaft ermächtigen, Beamte bestimmter Kategorien zu ernennen. Die
Hilfskräfte ernennt der Vorsitzende der Volksanwaltschaft. Der Vorsitzende der
Volksanwaltschaft ist insoweit oberstes Verwaltungsorgan und übt diese
Befugnisse allein aus.
(2) Die Diensthoheit des Bundes gegenüber den
bei der Volksanwaltschaft Bediensteten wird vom Vorsitzenden der
Volksanwaltschaft ausgeübt.
(3) Die Volksanwaltschaft gibt sich eine
Geschäftsordnung sowie eine Geschäftsverteilung, in der zu bestimmen ist,
welche Aufgaben von den Mitgliedern der Volksanwaltschaft selbstständig
wahrzunehmen sind. Die Beschlussfassung über die Geschäftsordnung und die
Geschäftsverteilung erfordert Einstimmigkeit der Mitglieder der Volksanwaltschaft.
Art. 148i (1)
Durch Landesverfassungsgesetz können die Länder die Volksanwaltschaft auch für
den Bereich der Verwaltung des betreffenden Landes, einschließlich der
Kontrolle von Rechtsträgern im Sinne des Art. 148a Abs.2 für zuständig erklären.
In diesem Falle sind die Bestimmungen dieses Hauptstückes sinngemäß anzuwenden.
(2) Schaffen die Länder für den
Bereich der Landesverwaltung Einrichtungen mit gleichartigen Aufgaben wie die
Volksanwaltschaft, so kann durch Landesverfassungsgesetz eine den Art. 148e und
148f entsprechende Regelung getroffen werden.
Art. 148j Nähere Bestimmungen zur Ausführung
dieses Hauptstückes sind bundesgesetzlich zu treffen.
Nach zutreffender Auffassung liegt Art 148a B-VG hinsichtlich der
hoheitlichen Verwaltung ein funktioneller Verwaltungsbegriff zugrunde,
sodass nicht nur die gesamte unmittelbare Bundesverwaltung, sondern ausnahmslos
jede hoheitliche Verwaltungstätigkeit, die dem Bund zuzurechnen ist (zB
mittelbare Bundesverwaltung, Selbstverwaltungsträger, juristische Personen
öffentlichen rechts und Beliehene, sofern Aufgaben aus dem Bereich der
hoheitlichen Bundesverwaltung vollzogen werden) der Kontrolle der VA
unterliegt.
Vom dem Hintergrund des Mandats des Ausschuss V des Konvents, wird
aktuell sowohl über einen neuen - nach abgerundeten Leistungs- und
Verantwortungsbereichen gegliederten Katalog von Gesetzgebungskompetenzen des
Bundes und der Länder –als auch die Föderalisierung der
gesamten mittelbaren Bundesverwaltung diskutiert. Deren Weiterentwicklung zu
einer weisungsfrei wahrzunehmenden Landesverwaltung im Rahmen des Kompetenztypus
des Art 11 B-VG wurde in der Vergangenheit sowohl in der Vereinbarung von
Perchtoldsdorf 1992 (bekräftigt in Form der RV einer B-VG-Nov 1996) als auch im
Regierungsprogramm vom 4. 2. 2000 ins Auge gefasst. Für den Fall, dass es
tatsächlich zur Abschaffung der mittelbaren
Bundesverwaltung kommen sollte, bedürfte es jedenfalls auch einer ergänzenden
Anpassung des Art. 148 a Abs. 1 B-VG, da andernfalls eine umfassende Kontrolle
des auf Bundesgesetzen passierenden Vollzuges durch die VA und eine darauf
basierende Berichterstattung an den Nationalrat und Bundesrat nicht mehr
sichergestellt wäre, obwohl die Wahrung der Einheitlichkeit der Vollziehung von
Bundesgesetzen im Interesse der gesetzgebenden Körperschaften, die diese Normen
erlassen haben, bleibt. Die vorgeschlagene Textänderung in Art 148a Abs. 1 B-VG
(„Missstände bei der
Vollziehung von Bundesgesetzen“) soll es dem Bund erleichtern, die Vollziehung der von ihm erlassenen
Vorschriften, der Rechtsakte im Rahmen der europäischen Integration und der
völkerrechtlichen Verträge durch die Länder zu überwachen und wahrgenommene
Mängel, innerhalb angemessener Frist durch Weisung abzustellen (vgl.
Information und Aufsicht des Bundes in KV5 Abs. 2 der Ausschussvorlage
217/AVORL-K vom 10.2.2004).
Mit Ausgliederungen ist die Lockerung der
Beziehung zu den demokratisch legitimierten obersten Staatsorganen verbunden. Jede Ausgliederung reduziert deren Leitungsbefugnis und
Verantwortung, beendet die Möglichkeit, Weisungen iSd Art 20 Abs 1 B-VG zu erteilen,
die Dienst- und Fachaufsicht auszuüben und reduziert je nach Rechtsform der
Ausgliederung auch die Kontrolle durch das Parlament.
Gem. Art. 148 a Abs. 1 B-VG umfasst die Zuständigkeit der
VA nur jene nichthoheitliche Verwaltung, die von Bundesorganen im
organisatorischen Sinn selbst durchgeführt wird. Soweit aber Angelegenheiten
der nicht hoheitlichen Verwaltung in Folge der Ausgliederung von
Staatsaufgaben von anderen Organen besorgt werden, besteht keine Prüfbefugnis
der VA (Erkenntnis des VfGH
vom 18. Dezember 1992, KV 1/91, JBI 1993, 650).
Von 1991 bis 2004 haben allein auf Bundesebene etwa 50 realisierte
Ausgliederungsvorhaben die Prüfzuständigkeit der VA schrittweise reduziert.
Die Volksanwaltschaft hat in
ihren Tätigkeitsberichten beginnend ab 1993 wiederholt auf die Rechtsschutz –und Kontrolldefizite, die
mit der Übertragung von Staatsaufgaben auf Privatrechtsträger, die allerdings
weiterhin im Eigentum, zumindest im mehrheitlichen, oder unter Beherrschung der
öffentlichen Hand stehen, hingewiesen.
Der Rechtsschutz gegenüber dem privatrechtlich handelnden Staat erfährt
zwangsläufig Modifikationen, wenn Bürger bis dahin bestehender durchsetzbarere
Rechtsansprüche verlustig gehen und gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen
müssen, weil kostenlosen Schutzmechanismen, wie sie durch die Befassung der VA
im hoheitlichen Bereich bzw. im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung des
Bundes in Gang gesetzt werden können, nicht gleichermaßen offen stehen.
Auf der anderen Seite hat sich die vielfach geäußerte Hoffnung, es
könnte mit den Ausgliederungen eine bessere Kundenorientierung und ein
besseres Kundenservice erreicht werden, auch nach Wahrnehmung von Rechnungshofpräsident
Dr. Fiedler ( Vortrag publiziert in der Schriftenreihe der GÖD, Nr. 2,
Juli 1998) nicht oder nur partiell erfüllt. Was sollen Menschen, die
sich als Konsumenten nach erfolgter Ausgliederung über mangelhafte oder
sprunghaft verteuerte Dienstleistungen beschweren möchten, aber ihr Anliegen
wegen überlasteter Telefon–Hotlines nicht einmal vorbringen können oder deren
Eingaben konsequent unbeantwortet bleiben, machen ?
Mit der in Art. 148 a
Abs.2 B-VG vorgeschlagenen Angleichung der Kompetenz der Volksanwaltschaft an
die des Rechnungshofes soll eine bestehende Kontrolllücke geschlossen und die abgewandelte
Kurzformel „Staat bleibt Staat, auch wenn er teilweise die Kleider wechselt“
für die VA wie den RH gleichermaßen gelten. Rechnungshofpräsident Dr. Fiedler
selbst befürwortet die Ausweitung der Kontrollbefugnisse der VA
auf ausgegliederte Rechtsträger (so u.a. im schriftlichen Beitrag zum 25. Jahr des Bestehens der VA im
Mai 2002). Eine divergierende Beurteilung wegen einer allfälligen
Überschneidung der Kontrollzuständigkeit beider parlamentarischer Hilfsorgane
ist angesichts der unterschiedlichen Aufgabenstellung und des daraus
erfließenden unterschiedlichen Kontrollauftrages nicht zu befürchten. Die
Rechnungshofkontrolle hat sich auf die Gebarungsprüfung nach den in Art. 126b
Abs. 5, Art 127 Abs. 1 und Art. 127a Abs. 1 B-VG genannten Kriterien zu
beschränken. Eine über diese Kriterien zur Beurteilung der Unternehmensgestion
hinausgehende Prüftätigkeit auf Grund von Individualbeschwerden könnte daher
nur die VA im Rahmen ihrer Missstandskontrolle entfalten und so auch
prozessvermeidend tätig werden.
Für den Fall,
dass ein Einvernehmen in Bezug auf eine Angleichung der Kontrollbefugnisse der
VA und des RH Richtung erzielt werden kann, ergibt sich in weiterer Folge
zwangsläufig die Notwendigkeit auch Art 148a Abs 3 (Amtswegigkeit) und Art 148
f B-VG (Meinungsverschiedenheiten über die Zuständigkeit der VA) entsprechend
zu adaptieren.
Die Neufassung
des Art 148 b B-VG (Unterstützungs- und Auskunftspflicht) verfolgt mehrere
Zielsetzungen: Die Auskunftspflicht soll zum einen auf ausgegliederte Rechtsträger
zum anderen aber auch auf Gemeindeverbände und Körperschaften öffentlichen
Rechts, die im Bereich der Daseinsvorsorge eine immer größere Rolle spielen,
ausgedehnt werden. Die herrschende Lehre qualifiziert die Auskunftserteilung
gemäß Art. 20 Abs. 4 B-VG unabhängig von der Materie, zu der sie
erfolgt, als einen Akt „in Vollziehung der Gesetze“. Informationen an die
Volksanwaltschaft finden zwar ihre verfassungsrechtliche Grundlage nicht im
Auskunftspflichtgesetz sondern in Art. 148b Abs. 1 B-VG, doch ist
nicht ersichtlich, weshalb sie deshalb nicht in Vollziehung der Gesetze
erfolgen, sodass im Bereich der Hoheitsverwaltung ein Zuwiderhandeln gegen die
Unterstützungspflicht dem Tatbild des § 302 StGB entspricht. In Bezug auf die
angestrebte Prüfung ausgegliederter Rechtsträgerauch ist auch eine Verankerung
der Pflicht, Prüfungshandlungen vor Ort zu ermöglichen, unerlässlich. Da sich
immer wieder auch Verzögerungen im Prüfverfahren durch die späte Abgabe von Stellungnahmen
der geprüften Stellen ergeben, sollen Prüfverfahren durch die Terminisierung
der Auskunftspflicht innerhalb von fünf Wochen beschleunigt werden.
Art 148 c Abs.
1 B-VG intendiert wie Art. 148 b Abs. 1 B-VG eine Beschleunigung der Prüfungsverfahren
der VA und verkürzt die bislang in § 6 VAG vorgesehene Reaktionszeit auf
Empfehlungen der VA um drei Wochen.
Art. 148 c
Abs. 3 B-VG trägt dem Umstand Rechnung, dass das Instrumentarium der volksanwaltschaftlichen
Empfehlungsbefugnis nicht auf das Innenverhältnis ausgegliederter Rechtsträger,
welches sich – von sondergesellschaftlichen Regelungen abgesehen – in den
überwiegenden fällen nach den Bestimmungen des AktG und des GmBHG richtet,
übertragen werden kann. Ungeachtet dessen soll sowohl das zuständige Organ des
ausgegliederten Rechtsträgers von den auf Grund oder aus Anlass von
Prüfungsverfahren getroffenen Feststellungen der VA konfrontiert werden. Der
Nationalrat und der Bundesrat würde im Anschluss daran durch Berichte der VA
von diesen Feststellungen Kenntnis erlangen und so eine auf objektiven
Wahrnehmungen beruhende Schilderung darüber erhalten, wie sich
Ausgliederungsvorhaben aus der Sicht der Bürger in Bezug auf die Verfügbarkeit,
Benutzerfreundlichkeit, Qualität und Sicherheit von Leistungen auswirken. Die
gesetzgebenden Körperschaften wären so in der Lage, im Rahmen der politischen
Kontrollrechte vorhandene Ingerenzmöglichkeiten auszuschöpfen, sofern der VA
eine außergerichtliche Bereinigung von Konfliktfeldern nicht ohnehin bereits
möglich war.
Da Art. 148 i Abs. 1 B-VG, der die
Zuständigkeitserklärungen der VA durch Landesverfassungsgesetz beinhaltet,
ausdrücklich nur von der „Verwaltung des betreffenden Landes“; dh.
Verwaltung des Landes selbst und nicht anderer von ihm verschiedener
Rechtsträger spricht, erscheint es notwenig, diese Bestimmung so zu ändern,
dass ein unerwünschtes und im Hinblick auf Art. 99 B-VG auf
bundesverfassungsrechtliche Grenzen stoßendes Auseinanderklaffen der
Kontrollkompetenz der VA auf Bundes- und Landesebene vorweg ausgeschlossen bzw.
Nachjustierungen der Landesverfassungen entbehrlich werden.
Internationaler Rechtsvergleich:
Die Rechtslage in den einzelnen europäischen Staaten ist vielfältig.
Ausdrücklich auf alle Ausgliederungen ausgedehnt wurde die Kontrolle des
Ombudsmannes in Finnland und Slowenien. Die Qualität der Rechtsform von
Unternehmungen, Gesellschaften oder von sonstigen Verwaltungseinheiten, die in
qualifizierter Weise mit der öffentlichen Verwaltung verbunden sind, kann auch
die Prüfzuständigkeit des Defensor in Spanien nicht einschränken.
Einzelne Kontrollbefugnisse bleiben auch den Ombudsmännern in Portugal
und Irland und Malta nach Ausgliederungen erhalten.
Gem. Art. 126
Abs. 4 B-VG hat der Rechnungshof auf Beschluss des Nationalrates oder auf
Verlangen von Mitgliedern in seinen Wirkungsbereich fallende besondere Akte der
Gebarungsüberprüfung durchzuführen. Die VA als zweites parlamentarisches
Hilfsorgan könnte durch ihre Prüfungsverfahren analog dazu ebenfalls einen
Beitrag zur Effektuierung der politischen Kontrolle, wie sie der Nationalrat
auszuüben hat, leisten.
Dem Textvorschlag des Art. 148 a Abs. 4 B-VG liegt die Überlegung zu
Grunde, dass eine fortlaufende Einsichtnahme in die Verwaltungsgeschäfte der
Exekutive durch das Parlament dem von der Bundesverfassung grundgelegten
Verhältnis zwischen Gesetzgebung und Verwaltung widerspricht, während die VA
das Potential zu Systemprüfungen, die weit über einen konkreten Beschwerdefall
hinaus reichen, hätte und den Nationalrat als Auftraggeber so gezielt auch über
„Vollzugsvergleiche“, die allein mit Mitteln des parlamentarische Interpellationsrecht
nicht offenbar werden, informieren könnte.
Die Kehrseite
des Anspruches, der sich aus Artikel 6 EMRK für den Einzelnen im Bereich
der civil rights herleitet, besteht in der Verpflichtung des Staates, den
Bürgern Einrichtungen zur Verfügung zu stellen, welche die Einlösung der
gesetzlichen Ansprüche in annehmbarer Zeit und mit vertretbarem Risikokalkül
ermöglichen. Nach Art 6 EMRK hat jedermann Anspruch darauf, dass seine Sache
auch in angemessener Zeit vor einem unabhängigen Gericht verhandelt
wird.
Der Homepage
des Bundesministeriums für Justiz ist zu entnehmen, dass der Kreditschutzverband
von 1870 ermittelt hat, dass eine Verfahrensbeendigung aller Zivilprozesse
binnen Jahresfrist in erster Instanz einen positiven volkswirtschaftlichen
Effekt in Höhe von ca. 71 Millionen € monatlich (also ca. 1 Milliarde €
jährlich) nach sich ziehen würde
(http://www.justiz.gv.at/aktuelles/download/pk291203_verfahrensbeschl.pdf). Von
so kurzen Verfahrensdauern sind wir weit entfernt.
933 Beschwerden, die 2002 der Justizverwaltung zuzurechnen waren und
für deren Behandlung die VA zuständig ist, bezogen sich überwiegend auf die
lange Dauer von Gerichtsverfahren sowie Verzögerungen bei der Ausfertigung und
Zustellung von Gerichtsentscheidungen (näheres dazu im 26. Tätigkeitsbericht
der VA, S. 88 ff). Für Verfahrensstillstände von (meist) mehreren Monaten
fanden sich in Stellungnahmen an die VA Begründungen wie etwa
"unentschlossene oder zögerliche Arbeitsweise des zuständigen
Richters" oder "keine zielstrebige Verfahrensführung durch den
Richter". Erst die Prüfungsverfahren lösten nach Aufzeigung der
entsprechenden Missstände dienstaufsichtsbehördlicher Maßnahmen aus (VA
404-J/01, 8-J/02, 26-J/02, 38-J/02, 53-J/02, 125-J/02, 267-J/02, 410-J/02,
473-J/02, 503-J/02, 506-J/02, 570-J/02, 613-J/02).
Ebenso wie
Richter im Rahmen von Disziplinarverfahren gegen Kollegen zu urteilen haben, ob
diese schuldhaft ihren Berufspflichten nicht nachgekommen sind, haben seit dem
Inkrafttreten des § 91 GOG (1.1.1990) auf Antrag einer Partei
Berufsrichter (Dreirichtersenat) zu beurteilen, ob unabhängig von einem
Verschulden eine Säumnis im Verfahren eingetreten ist. Diese der
Verfahrensbeschleunigung zuträglichen Anträge werden aber in der Praxis von
Parteien und deren Anwälten kaum gestellt, wird doch damit die Arbeitsweise
von Richtern, die über den Verfahrensausgang zu befinden hätten, in Kritik
gezogen.
Eine
Kompetenzerweiterung hinsichtlich der Kontrolle der Justiz(-verwaltung) durch
die Volksanwaltschaft intendierte daher der Initiativantrag 98/A XXI. GP
der Abgeordneten Dr. Khol, Ing. Westenthaler und Kollegen, welcher der VA
die Befugnis zur Antragstellung nach § 91 GOG und
die Möglichkeit Disziplinarverfahren anzuregen, eröffnen sollte, greift in die Unabhängigkeit der Rechtsprechung ein.
Der österreichischen Rechtsordnung ist ein rasch wirksamer Rechtsschutz
gegen die Säumnis von Gerichten - abgesehen vom anders
gearteten Fristsetzungsantrag nach § 91 GOG - grundsätzlich fremd. Bürger,
die in einem Verwaltungsverfahren ein subjektiv- öffentliches Recht auf
Entscheidung innerhalb der Frist des § 73 AVG geltend machen und einen
Devolutionsantrag bzw. die Säumnisbeschwerde einbringen konnten, werden sich
daher auch bei Einführung von Verwaltungsgerichten erster Instanz nicht gegen
Verfahrensverschleppungen zur Wehr setzen können.
So ist im
Ausschuss IX unbestritten, dass eine Säumnisbeschwerde nach Vorbild des Art 132
B-VG ausschließlich für das Verhältnis zwischen (säumiger) Verwaltungsbehörde
und VwGH konzipiert worden ist und eine Verlagerung der
Entscheidungsbefugnisse auf den VwGH nicht in Frage kommt. Konsens in der
3. Sitzung der „kleinen Arbeitsgruppe“ am 22.1.2004 bestand lediglich darüber,
dass als „Ersatz“ ein Aufsichtsrecht des VwGH über die ihm
untergeordneten Verwaltungsgerichte zu etablieren. Dabei soll
der VwGH in einem ersten Schritt dem säumigen Verwaltungsgericht eine bestimmte
Frist setzen und in einem zweiten Schritt – bei Verletzung bzw. Überschreitung
dieser Frist (nach allfälliger Fristverlängerung) – eine Geldbuße gegen den
jeweiligen Rechtsträger (Bund oder Länder) verhängen können. Diese Lösung
ist wenig zufriedenstellend, da auch die Verhängung einer Geldbusse die Säumnis
nicht beendet.
Der Textvorschlag des Art. 148
c Abs. 3 B-VG ist, gerade weil er Kontrollkompetenzen bei Säumnis über die
bloße Antragstellung nach § 91 GOG im Bereich der ordentlichen Gerichtsbarkeit
hinaus auch auf Verwaltungsgerichte erster Instanz, Tribunale sowie den VwGH
und VfGH ausdehnt, eine Reaktion darauf, dass die VA ihre Befugnisse im Bereich
der Justizverwaltung wie bisher umfassend - und im Interesse der
Beschwerdeführer - auch effektiv wahrnehmen möchte.
Die Einführung der
Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz wird vom Umfang her eine massive
Verringerung der Ingerenz der VA auf Verwaltungshandeln mit sich bringen.
Die über den Bereich der bloßen Rechtswidrigkeit hinausgehende Missstandskontrolle
der VA, welche auch Billigkeitserwägungen einschließt, sowie die Empfehlungsbefugnis
zur Aufhebung von Bescheiden erstreckt sich dann nur mehr auf in Rechtskraft
erwachsene behördliche Entscheidungen.
Der im 25. und 26. PB (2001 und 2002) ventilierte Vorschlag, der VA im
Wege einer Beschwerde zur Wahrung des Gesetzes die Befugnis zu eröffnen,
wegen rechtskräftiger Entscheidungen der Verwaltungsgerichte erster Instanz
bzw. Tribunale nach Art 6 EMRK an den VwGH oder VfGH heranzutreten und zumindest
die Feststellung deren Rechtswidrigkeit zu begehren, liegt ein
Erfahrungsschatz an Prüfungsverfahren zu Grunde, die belegen, dass
komplementärer Rechtsschutz, wie ihn die VA bislang im Interesse der BF gerade auch
gegenüber Berufungsbehörden wahrnehmen konnte, durch die Einrichtung der Verwaltungsgerichtsbarkeit
nicht über Nacht obsolet wird.
1.
Eine lose Verzahnung
volksanwaltschaftlicher Tätigkeit mit jener der Sondergerichtshöfe des öffentlichen
Rechts stellt per se keinen Eingriff in die Unabhängigkeit der
Rechtsprechung dar. Auch wäre mit einem die Rechtsansicht der VA bestätigenden,
deklaratorischen Erkenntnis keine Durchbrechung der Rechtskraft
verbunden. Bürgern, die sich beschwert erachten, weil die Verwaltungsgerichte
erster Instanz ihrem Rechtsmittel keine Folge gegeben haben, könnte aber die VA
wenigstens dann, wenn auch sie gravierendere Rechtswidrigkeiten erblickt,
zur Seite zu stehen.
2.
Die Einschränkung der Antragslegitimation der VA auf einen (bloßen)
Feststellungsantrag gegen rechtskräftige Entscheidungen, ergibt sich aus der
Aufgabenstellung als Verwaltungskontrollorgan. Die von der VA beim VwGH oder
VfGH eingebrachte Beschwerde und die damit verbundene Klarstellung dessen, was
rechtens gewesen wäre, dient der Sicherung
der Rechtmäßigkeit von Verwaltungshandeln. Wird die Rechtsansicht der VA
geteilt, böte das bestätigende Erkenntnis im Anlassfall darüber hinaus den
Beschwerdeführern auch eine taugliche Grundlage
dafür, Schadenersatzansprüche, die wegen eines als rechtswidrig erkannten
begünstigenden und in Rechtskraft erwachsenen Verwaltungsaktes in ihrer Sphäre
entstanden sind, im Amtshaftungsverfahren gerichtlich geltend zu machen.
Wenn die Verwaltungsgerichte erster Instanz mit voller meritorischer
Kognitionsbefugnis ausgestattet würden und deshalb in ihren Entscheidungen
nicht an den Berufungsantrag gebunden wären, kann die Rechtswidrigkeit auch
in der Missachtung öffentlicher Interessen, die das subjektive öffentliche
Interesse der Partei nicht betreffen, gelegen sein.
3. Es wäre für BF, die trotz der Befassung von Verwaltungsgerichten erster
Instanz auf Grund rechtswidrig ergangener Entscheidungen durch Organe in
Vollziehung der Gesetze einen Personen- oder Vermögensschaden erlitten haben,
eine immense Hilfe, wenn die VA mit einer Beschwerde zur Wahrung des Gesetzes
in solchen Fallkonstellationen auch da beim VfGH oder VwGH durchdringt. Das
Zusammenspiel von hoheitlichem Handeln, das gerade im Amtshaftungsverfahren zur
Hauptfrage wird, und daraus abgeleiteten zivilrechtlichen Ansprüchen wird
derzeit nur durch die Spezialnorm des § 11 AHG geregelt. Eine von der
VA initiierte Beschwerde zur Wahrung des Gesetzes beim VwGH oder VfGH hätte die
gleiche Stoßrichtung. Beschwerden, welche von der VA mit Erfolg eingebracht
wurden, sollten den BF in die Lage versetzen, Amtshaftungsansprüche auch noch
bis zu einem Jahr nach Rechtskraft der Entscheidung, mit der der VwGH oder VfGH
die von der VA monierte Rechtswidrigkeit feststellt, einzubringen (spezielle
Ablaufhemmung).
4.
Mit
der Einführung der Beschwerde zur Wahrung des Gesetzes könnten von der VA auch Judikaturdivergenzen zwischen den
Landesverwaltungsgerichten bei Vollziehung
von Bundesgesetzen an die Sondergerichtshöfe öffentlichen Rechts herangetragen
werden. Dies ist eine klassische Aufgabe einer komplementären Rechtsschutzeinrichtung.
Die Gefahr der Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung bei
Einführung des derzeit favorisierten „9+1 Modells“ wird tendenziell den Druck
auf den Gesetzgeber erhöhen, durch legislative Anpassungen einzelne
Verwaltungsgerichte erster Instanz laufend korrigieren zu müssen, wiewohl die
überbordende Normenflut und Kasuistik regelmäßig von Lehre und Rechtsprechung -
aber auch von Abgeordneten - beklagt wird.
5. Erreicht werden kann mit Hilfe
der Beschwerde zur Wahrung des Gesetzes auch eine höchstgerichtliche Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe, was sowohl im Interesse der Vollzugsorgane als auch
im Interesse der Rechtsunterworfenen, die nicht selbst eine kostenpflichtige
Klarstellung begehren müssen, gelegen ist.
Sieht man von der punktuell wahrgenommenen abstrakten
Normenkontrolle ab, liegt das Interesse an der Beseitigung von
verfassungswidrigen Regelungen primär in Händen jener, die als Bürger davon
subjektiv unmittelbar betroffen sind und zuweilen in der Rechtsverfolgung wegen
der damit verbundenen Formalismen und Kosten ein größeres Hindernis sehen, als
in der Erduldung auch gesetzlicher Unbill. Eine Erweiterung der Befugnis der VA
in Art. 148 e B-VG über die schon bestehend Möglichkeit der
Verordnungsanfechtung hinaus, soll die Möglichkeit eröffnen, anhängige
Prüfungsverfahren zu unterbrechen, um im Rahmen der konkreten Normenkontrolle
Bedenken gegen Regelungen, auch dann, wenn diese bereits außer Kraft getreten
sind, an den VfGH heranzutragen zu können.
Der direkte
Zugang und die unmittelbare, weil nicht durch die Verwaltung und ihre Spitzenrepräsentanten
geschönte Sicht darauf, wie sich Gesetze und Verwaltungshandeln auf die
Rechtssphäre von Bürger auswirken, rechtfertigt die Prüfung von
Beschwerdevorbringen am Maßstab der Verfassung und insbesondere der
Grundrechte, die auch den Gesetzgeber binden. Bedenken gegen die
Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen in Prüfungsverfahren entstehen gerade dann,
wenn man sich - wie die VA - verpflichtet sieht, die Rechtsprechung des VfGH
laufend zu beobachten. Eine von der VA initiiertes Erkenntnis soll jedenfalls
keine über den Art. 140 Abs. 7 erster Satz B-VG hinausgehende Wirkung entfalten
können. Gem. § 1 Abs. 2 VAG unterliegt die Antragstellung gem. Art. 148 e und f
B-VG der kollegialen Beschlussfassung. Es ist schon aus diesem Grund nicht zu
befürchten, dass die VA vom Gesetzesanfechtungsrecht inflationär Gebrauch
machen würde (die Notwendigkeit von der Befugnis Verordnungen anzufechten,
wurde 2003 nur in 2 Fällen gesehen).
Beispiel:
Mit Erkenntnis
vom 12. Juni 2002 hob der Verfassungsgerichtshof § 62 Abs 2 erster und zweiter
Satz NÖ BauO 1996 auf. Der darin vorgesehene ausnahmslose Anschlusszwang an die
öffentliche Kanalisation war sowohl in der Stammfassung LGBl 8200-0 als auch in
der Fassung der Novelle LGBl 8200-3 verfassungswidrig. Aus der auf das
Sachlichkeitsgebot gestützten Begründung ergibt sich, dass eine
Berücksichtigung von öffentlichen Interessen oder Einzelinteressen von Gesetzes
wegen nicht von vornherein zur Gänze ausgeschlossen werden darf. Eine Analyse
der Rechtslage in den Bundesländern zeigt, dass die Ausnahmebestimmungen dreier
Landesgesetze (K-GKG, Sbg BauTG sowie OÖ AEG) derzeit auch nicht den vom VfGH
festgelegten Kriterien entsprechen und daher ebenso wie die NÖ Regelung von
einer Aufhebung bedroht sind. Wer macht aber auch diese Verfassungswidrigkeiten
geltend und wie lange wird es dauern, bis sich der VfGH auch mit den Ausnahmebestimmungen
in diesen Bundesländern befasst ?
Die
parlamentarische Behandlung des themenspezifischen Berichtes der
Volksanwaltschaft über "Die Vergabe von Heizkostenzuschüssen in der
Heizperiode 2000/2001" und die Verweigerung der parlamentarischen
Behandlung desselben, stieß in der Volksanwaltschaft auf Unverständnis und
Bedauern, zumal es wenig sinnvoll ist, wenn sich der Nationalrat mit
Feststellungen und Schlussfolgerungen seines Kontrollorgans erst beschäftigt,
wenn diese unaktuell geworden sind.
Ob der
geltende Art 148d B-VG erster Satz (die VA hat
....jährlich über ihre Tätigkeit zu berichten ...) auch hinsichtlich der Anzahl
der ein Minimalerfordernis, dem die Volksanwaltschaft nachzukommen hat, enthält
oder ob damit auf verfassungsrechtlicher Ebene eine Beschränkungen vorgenommen
wurde, die es verbietet, aktuelle, themenbezogene Sonderberichte zu erstatten,
ist nicht klar. Das Geschäftsordnungsgesetz 1975 des NR (GOG) trifft dazu keine
Aussage. Tatsächlich stößt die Behandlung von Sonderberichten der Volksanwaltschaft
bei Beibehaltung der derzeitigen Rechtslage aber im Bundesrat auf geschäftsordnungsmäßige
Schwierigkeiten. Es erscheint daher klarstellend notwendig zu sein, die Vorlage
solcher Sonderberichte im B-VG selbst vorzusehen und Art
148d Abs 1 B-VG um eine Formulierung, die bereits im BKA-Entwurfs der RV 1971
enthalten war, zurückzugreifen. Auch der internationale Vergleich zeigt, dass
die Befugnis zur Vorlage von "Sonderberichten" für andere
vergleichbare Einrichtungen durchaus gängig ist. So ist dieses Instrumentarium
ausdrücklich in Katalonien, Slowenien, Finnland, Norwegen,
Großbritannien, Spanien, Niederlande, Griechenland und Irland
vorgesehen.
Der Nationalrat hat in seiner Entschließung 54,
XVII.-GP, sein Interesse bekräftigt,
von der Volksanwaltschaft Hinweise darüber zu erhalten, ob Gesetze bei ihrer
Anwendung Mängel oder Härten erkennen lassen. Berichte der VA erhalten seit
1986 (ab dem 10. PB) deshalb regelmäßig auch legistische Änderungsvorschläge.
Die Bezugnahme darauf in Art. 148d Abs. 1 B-VG verankert damit eine bestehende
Praxis, zu der die VA bislang rechtlich nicht verpflichtet war.
Sowohl die
Volksanwaltschaft als auch der Rechnungshof stehen in enger Beziehung zum
Parlament und erblicken in dieser Nahebeziehung einerseits die Verpflichtung,
die Parlamentarier mit Hilfe ihrer Berichte über Missstände in der Verwaltung
zu informieren und andererseits die Chance, sich parlamentarischen Rückhalt für
die Umsetzung von Empfehlungen und legistischen Anregungen zu verschaffen.
Von Nachteil
ist dabei der Umstand, dass sowohl die Mitglieder der Volksanwaltschaft als
auch der Präsident des Rechnungshofes nur einen beschränkten Zugang zu den
Ausschüssen bzw. Plenarsitzungen des Nationalrats (die Volksanwaltschaft auch
zu denen des Bundesrats) haben. Sie sind im Wesentlichen nur berechtigt, an der
parlamentarischen Behandlung ihrer Berichte und der sie betreffenden Kapitel
des Entwurfes des Bundesfinanzgesetzes teilzunehmen (Art
123a, 148d zweiter Satz B-VG), obwohl ihr Aufgabenbereich die gesamte
Verwaltung umfasst. Demgegenüber steht Bundesministern und Staatssekretären
grundsätzlich der unbeschränkte Zugang zu allen parlamentarischen Ausschüssen
und Plenarsitzungen offen (Art 75 B-VG),
obwohl sie jeweils für nur ganz bestimmte, sachlich abgegrenzte Ressorts
zuständig sind. Besonders nachteilig wirkt sich für Volksanwälte und den Präsidenten
des Rechnungshofes aus, dass sie nicht einmal aus eigenem an jenen Verhandlungen
des Nationalrats teilnehmen dürfen, in denen ihre Institutionen betreffende Gesetzesänderungen
beraten und beschlossen werden. Sinnvoll wäre ein erweitertes Rederecht in
Bezug auf Materien, zu denen die VA ausdrücklich im Begutachtungsverfahren Stellung
bezogen oder legislative Anregungen erstattet hat.
Der Textvorschlag zu Art. 148 d Abs. 3 B-VG verfolgt die Zielsetzung,
den Mitgliedern der VA den gleichen Zugang zu den parlamentarischen Beratungen
zu eröffnen, wie den Regierungsmitgliedern und folgt daher dem Antrag 141/A
(XXI. GP) der Abgeordneten MMag.Dr. Madeleine Petrovic und Kollegen.
Obwohl
§ 78 Abs 1 GOG-NR dem Präsidenten des Nationalrats die Möglichkeit
eröffnen würde, Berichte der Volksanwaltschaft "einem" Ausschuss
zuzuleiten, finden - einer parlamentarischen Usance entsprechend - Erörterungen
des an den Nationalrat gerichteten jährlichen Gesamtberichtes ausschließlich im
Verfassungsausschuss statt. Ein penibles Auseinanderdividieren von
Berichtsteilen der VA allein zum Zweck, dass Feststellungen aus einer Vielzahl von
Prüfungsverfahren mit grundsätzlichem Bedeutung tatsächlich in allen Fachausschüssen
in Beratung nehmen genommen werden könnten, erscheint auch der VA nicht
zweckmäßig, wiewohl die Möglichkeit der Erörterung von Feststellungen, die weit
über einen Einzelfall von Belang sind, deshalb nicht immer zwingend
unterbleiben müsste.
Würde man
daher dem Verfassungsausschuss als dem gem. § 78 GOG-NR traditionell mit
Vorberatungen der Tätigkeitsberichte der VA befassten Ausschuss selbst die
Möglichkeit eröffnen, den Präsidenten des NR zu ersuchen, Berichtsteile von
grundsätzlicher Bedeutung gesondert auch einem anderen Fachausschuss zuzuweisen
(analog zu § 100b Abs.1 lit.c GOG-NR), wäre sichergestellt, dass der
parlamentarische Betrieb durch Vorlagen der VA nicht überflutet würde. Auch der
Bundesrat hat es bisher unterlassen, Berichte der Volksanwaltschaft in seinen
Fachausschüssen zu behandeln. Die mit dem BGBl I Nr. 84/1999 eingeführte
Bestimmung des § 29a GOG-BR („an den Verhandlungen ihres
Tätigkeitsberichtes im Ausschuss“) bietet dafür allerdings auch keine
Grundlage. Auch diese Regelung könnte gegebenenfalls geändert werden.
Der Antrag 630
A/XXI GP (Wurm und Genossen) beinhaltet die Anregung einer Änderung der GOG –NR
und sieht vor, dass Berichte der VA künftig dem Ausschuss für Petitionen und
Bürgerinitiativen der dann den Namen „Volkanwaltschaft, Petitionen und
Bürgerinitiativen“ tragen sollte, zugewiesen werden sollen. Anlässlich der
letzten Aussprache mit dem PET-Ausschuss am 17.11. 2003 ist dieses Ansinnen von
Seiten der VA nicht zurück gewiesen worden.
Am 6. Juli 2000 im Parlament das Militärbefugnisgesetz (BGBl I Nr.
86/2000) beschlossen. Umstritten war schon damals die in § 22 (2) MBG
enthaltene Verpflichtung von Gebietskörperschaften, aller Körperschaften öffentlichen
Rechts sowie Stiftungen, Anstalten und Fonds, Auskunft über BürgerInnen zu
erteilen, wenn der Bundesheer-Geheimdienst dies verlangt. Die weitreichenden
Möglichkeiten der vorsorglichen Ermittlung stehen nach Ansicht des VfGH
(Erkenntnis vom 23.1. 2004 zu G 363/02) tatsächlich im Widerspruch zu grundrechtlich
geschützten Sphären. Beanstandet wurde aber auch der Umstand, dass der in § 57
MBG beim Bundesminister für Landesverteidigung etablierte Rechtsschutzbeauftragte,
dem die rechtliche Kontrolle von Maßnahmen der nachrichtendienstlichen
Aufklärung oder Abwehr obliegen soll, nicht durch eine Verfassungsbestimmung
weisungsfrei gestellt wurde, obwohl nur so gewährleistet hätte werden können,
dass die angestrebte Rechtmäßigkeitskontrolle überhaupt effektiv ausgeübt
werden kann.
Ähnliche verfassungsrechtlich bedenkliche Konstruktionen auf
einfachgesetzlicher Ebene wurden auch in Bezug auf die Rechtsschutzbeauftragten
nach dem Sicherheitspolizeigesetz und der Strafprozessordnung gewählt.
Die Volksanwaltschaft erfüllt alle Bedingungen, die der VfGH an
Rechtsschutzeinrichtungen mit Befugnissen, die deren Herauslösung aus der
hierarchischen Verwaltungsorganisation rechtfertigen, stellt. Eine Betrauung
mit den – in den jeweiligen Materien vorgesehenen Aufgaben – könnte daher ohne
weiteres erfolgen und sollte zumindest in Erwägung gezogen werden.
Der Präsident des
NR, Dr. Khol selbst zeigte
die Parallelitäten der Bundesheer-Beschwerdekommission und der VA hinsichtlich
der Bestellung der Organe und deren Aufgabenstellung auf (Khol/Peer, Ausbau der Rechte der Volksanwaltschaft, in: Korosec
[Hrsg], Die Arbeit der Volksanwaltschaft, Holzhausen Verlag, S. 85
ff).
Tatsächlich werden
auch die 3 Vorsitzenden der Beschwerdekommission vom NR
aufgrund eines Gesamtvorschlages des Hauptausschusses gewählt, wobei jede der
drei mandatsstärksten Parteien des Nationalrates das Recht hat, je ein Mitglied
namhaft zu machen. Gemäß § 6 Abs. 4 Wehrgesetz hat die
Beschwerdekommission „unmittelbar oder mittelbar eingebrachte Beschwerden von
Personen, die sich freiwillig einer Stellung unterziehen oder sich freiwillig
zum Ausbildungsdienst gemeldet haben, von Stellungspflichtigen, von Soldaten
sowie von Wehrpflichtigen des Milizstandes und Wehrpflichtigen des
Reservestandes, die Präsenzdienst geleistet haben, entgegen zu nehmen, zu
prüfen und über ihre Erledigung Empfehlungen zu beschließen. Darüber hinaus ist
die Beschwerdekommission berechtigt, von ihr vermutete Mängel und Übelstände im
militärischen Dienstbereich von Amtswegen zu prüfen.“ Die Funktionsperiode der
Beschwerdekommission beträgt – wie jene der Mitglieder der VA - sechs Jahre,
sodass es nur verständlich erscheint, dass der NR Präsident angeregt hat,
gleich die Volksanwälte auch mit den bisher von der
Bundesheer-Beschwerdekommission wahrgenommenen Aufgaben zu betrauen.
Im Zuge der Begutachtung des Entwurfes eines Bundesgesetzes über die
Gleichbehandlung (Gleichbehandlungsgesetz – GlBG, GZ 451.007/21-III/8/03
vom 8. September 2003) hat die VA darauf verwiesen, dass die RL 2000/43/EG vom
29.6.2000 „zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der
Rasse und der ethnischen Herkunft“ (RL „Rassismus“) zwingend bis 19.7.2003
in nationales Recht umgesetzt hätte werden müssen. Die Frist zur Umsetzung der
RL 2000/78/EG vom 27.11.2000 „zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die
Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf“ (RL
„Beschäftigung“) lief am 2. Dezember 2003 ab, ohne dass Österreich
Verpflichtung zur Umsetzung der darin enthaltenen Garantien nachgekommen ist.
Während andere Mitgliedsstaaten spezielle Antirassismusgesetze erlassen
haben oder deren Verabschiedung planen, ihre Rechtsordnungen durch
interdisziplinäre Sachverständige gesondert auf benachteiligende Regelungen
durchforsten und die Verfolgung von Diskriminierungsverboten auch
organisatorisch auf „verwaltungsferne“ unabhängige Stellen verlagern, indem
Rassismusagenturen geschaffen oder wie in Schweden den
„Discrimination-ombudsman“ auf ethnischen und rassischen Gründen beruhende
Verletzungen aufgreifen lassen, misst man in Ö der RL „Rassismus“ nicht jenen
umfassenden und speziellen Stellenwert bei, der ihr im europäischen Kontext zukommen
würde.
Vorgeschlagen wurde daher, der VA die Behandlung der auf die RL
„Rassismus“ 2000/43/EG vom 29.6.2000 gestützten Beschwerden ohne Bezug zu einem
Beschäftigungsverhältnis haben, zu übertragen (derzeit Teil II des Entwurfes)
und diese Aufgabe nicht - wie vorgesehen – dem erst eigens zu bildenden Senat
III der beim Bundesministerium für Gesundheit und Frauen eingerichteten
Gleichbehandlungskommission zu überantworten. Die Betrauung der VA würde dem
Art 13 der RL „Rassismus“, welcher die Einrichtung einer oder mehrerer
unabhängiger Stellen, die Beschwerden entgegennehmen, Prüfungsverfahren
durchführen, Empfehlungen erteilen, Untersuchungen zum Thema Diskriminierung
durchzuführen und eine offensive Öffentlichkeitsarbeit betreiben sollen,
vorsieht, entsprechen. Ausdrücklich wird in Art 13 der RL Rassismus darauf
Bezug genommen, dass diese Stellen Teile einer unabhängigen Einrichtung
sein können, die auf nationaler Ebene für den Schutz der Menschenrechte oder
der Rechte des Einzelnen zuständig ist. Auf Grund der
verfassungsrechtlichen Garantien, welche der Volksanwaltschaft zukommen, wäre diese
prädestiniert, als profilierte, unabhängige, kostenlose und niederschwellige Anlaufstelle
für Diskriminierungsopfer zur Verfügung zu stehen.
Wiederholt in Frage gestellt wurde die kollegiale Struktur der VA in
Österreich.
Auf europäischer Ebene ist
diese keine Ausnahme. So ist darauf zu verweisen, dass etwa das schwedische Parlament
seit 1976 vier Ombudsleute für die Dauer von 4 Jahren
wählt; eine auch (mehrfache) Wiederwahl ist möglich. Der Parliamentary
Commissioner for civil rights (und ein Stellvertreter) sowie zwei weitere
nationale Ombudsmänner sind allein in Ungarn tätig. Daneben gibt es Staaten, in
denen ein Ombudsmann, dem zuweilen aber parlamentarische gewählte
Stellvertreter zur Seite stehen (wie etwa in Tschechien), Kontrollbefugnisse
wahrnimmt.
Festzuhalten ist, dass die VA fast einmalig im europäischen Raum nicht nur direkte Bürgerkontakte an ihrem Amtssitz zulässt sondern seit Beginn ihrer Arbeit aktiv auf Bürger zugeht. 2002 wurden 263 Sprechtage abgehalten; davon allein 129 in den Bundesländern. Auch 2001 fanden 101 der insgesamt 229 Sprechtage außerhalb von Wien statt. Bei rund 250 Arbeitstagen im Jahr müsste ein Volksanwalt bei gleicher Sprechtagsintensität damit die Hälfte der Arbeitszeit nur dazu nutzen, querfeldein durch die Lande zu reisen. Dies ist bei 14.851 Anbringen, die von der VA 2002 zu bearbeiten waren und der Mitwirkung an der wöchentlichen TV-Sendung, an deren Beliebtheit trotz der wenig attraktiven Ausstrahlungszeit am Samstag um 17:45 in ORF 2 nicht zu rütteln ist, seriös weder möglich noch sinnvoll.