MMag. Dr. Madeleine Petrovic

Arbeitsunterlage für den Ausschuss 10

Wien, am 4. März 2004

 

Grundsätzliche Stellungnahme zum Mandat des Ausschusses 10

 

Vorbehaltlich weiterer Vorbringen im Laufe der Ausschussberatungen darf ich folgende grundsätzliche Stellungnahme vorab abgeben: Eine neue Finanzverfassung sollte sich vorrangig auf die Grundsätze und Prinzipen beschränken, die Detailregelungen sollen im Finanzausgleichsgesetz bzw. in anderen einfachgesetzlichen Bestimmungen erfolgen. Nachfolgend werden einige Anforderungen an eine neue Finanzverfassung dargestellt, die vorrangig auf methodische Reformperspektiven für den Finanzausgleich in Österreich abzielen. Darüber hinaus werden Forderungen zum Stabilitätspakt, zum allgemeinen wirtschaftlichen Gleichgewicht sowie zu Gender Budgeting Aspekten formuliert.

1          Verstärkte Zielorientierung des Finanzausgleichs

In der Finanzausgleichspolitik der letzten Jahrzehnte sind nur wenige explizite Ziele und Strategien formuliert worden. Lediglich fiskalische und verteilungspolitische finanzwirtschaftliche Ziele spielten in der österreichischen Finanzausgleichspolitik eine Rolle. Das oberste Ziel dürfte darin bestanden haben, die steuer- und budgetpolitisch erforderlichen Maßnahmen des Bundes so in das Gefüge der föderalistischen Finanzordnung einzubauen, dass die gegebene Mittelverteilung zwischen den einzelnen staatlichen Ebenen zumindest auf mittlere Sicht so wenig wie möglich gestört wird. Das wohl wichtigste fiskalische Ziel war die Herstellung horizontaler Umverteilung bzw. eine verbesserte Finanzmittelverteilung  finanzschwächerer Länder und Gemeinden. Damit wurde - ausgehend von der Fiktion der Einheitsgemeinde - vorrangig dem „Ausgleichsprinzip“ zur Erreichung einheitlicher Lebensbedingungen Rechnung getragen. Dies führte dazu, dass u.a. die Bemühungen zur Stärkung der eigenen Steuereinnahmen durch Länder und Gemeinden weitgehend unterblieben bzw. wegen der Kompensationseffekte nicht ausreichend „belohnt“ wurden. Die Verfolgung des „Ausgleichsprinzips“ hat in den letzten Jahren u.a. zu einer Umleitung von Abgabenerträgen von den Städten zu einnahmenschwächeren Gemeinden geführt. Die damit verbundene Schwächung der Städte als Zentren der Wertschöpfung kann bei Fortdauer zu einer empfindlichen Schwächung Österreichs im internationalen Standortwettbewerb führen.

Durch die einseitige Ausrichtung auf das „Ausgleichsprinzip“ wurde einerseits das Ziel der Autonomie der nachgeordneten Gebietskörperschaften verletzt, andererseits kamen andere Ziele und Strategien der Finanzausgleichspolitik, insbesondere allokationspolitische (Effizienz, Wachstum) und stabilitätspolitische (Konjunkturstabilisierung) zu kurz. Damit wurden die sich im Zuge der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung verändernden Gewichte einzelner öffentlicher Aufgaben und die unterschiedlichen Belastungen einzelner Aufgabenträger sowie eine akkordierte Konjunktursteuerung durch Bund, Länder und Gemeinden weitgehend ausgeblendet. Auch die Verknüpfung des Finanzausgleichs mit wichtigen europäischen Zielen – die etwa in der Lissabon-Strategie verankert wurden - und dem Ziel nachhaltigen Wirtschaftens bleibt ausgeklammert.

Daraus lässt sich als Forderung ableiten:

Der Finanzausgleich als zentrales Instrument zur Sicherung der Finanzausstattung der Gebietskörperschaften ist verstärkt auf wichtige wirtschafts-, sozial- und umweltpolitische Zielsetzungen auszulegen. Eine Ausrichtung daran hat für die Verteilung der eigenen Abgaben, der gemeinschaftlichen Ertragsanteile und der Transfers zur Folge, dass neben dem „Ausgleichsprinzip“ auch das „Aufkommensprinzip“ und das „Bedarfsprinzip“ in einem den Zielsetzungen entsprechenden „mix“ zum Tragen kommen sollen. Einer verstärkten Zielorientierung müssten konsequenterweise auch periodische Evaluierungen bezüglich der Zielerreichung sowie des Herausfindens bester Lösungen dienen.

2          Mehr Transparenz und bessere Informationen über die Wirkungsweise des Finanzausgleichs

Das historisch gewachsene System des österreichischen Finanzausgleichs ist sehr kompliziert geworden und entbehrt in vielen Fällen einer systematischen Grundkonzeption. Die Wirkungsweisen des Finanzausgleichs mit seinen vielen Subsystemen (FAG 2001, „landesinterne“ Finanzausgleichssysteme, spezifische Finanzierungsregelungen einzelner Aufgabenbereiche) sind heute kaum mehr durchschaubar. Ein viele Details umfassendes Abgabenteilungssystem wird durch ein komplexes Transfersystem ergänzt. Eine Vereinfachung des Finanzausgleichsystems ist daher eine wesentliche Voraussetzung für eine Verstärkung der Zielorientierung und für eine Diskussion über die Wirkungsweisen.

Dabei ist kritisch fest zu halten, dass für Teilbereiche des Finanzausgleichssystems unzureichende Daten vorliegen (z.B. Informationen über Landesförderungen, Beitragsleistungen der Gemeinden an das Land). Die Gebarungsübersichten der Statistik Austria sind lückenhaft - was u.a. eine Folge der zahlreichen Ausgliederungen ist -, und der Informationsgehalt hat gegenüber früheren Jahren abgenommen. Ein weiteres Problem ist die Zeitnähe der Daten der Gebarungsstatistik. So ist es nicht möglich, sich für jede einzelne Gebietskörperschaft eine zeitnahe Darstellung über die finanzielle Lage und andere wichtige Parameter (wie z.B. Steuereinnahmen aus eigenen Abgaben bzw. aus Ertragsanteilen, freie Finanzspitze, Investitionen etc.) zu verschaffen.

Daraus ergeben sich die Forderungen,

 

·         dass die Lücken der Gebarungsstatistik beseitigt werden bzw. der Informationsgehalt ausgeweitet wird und 

 

·         dass vor Beginn der Finanzausgleichsverhandlungen nicht zuletzt im Sinne von „Good Governance“ zur Verbesserung der Steuerung des Finanzausgleichs aussagekräftige Daten einschließlich der Auswirkungen der einzelnen Instrumente des Finanzausgleichs öffentlich zugänglich aufgelegt werden. Um die Akzeptanz der Datenbasis sicherzustellen, werden in die Erarbeitung neben den Finanzausgleichspartnern auch VertreterInnen aus Wissenschaft und Forschung einbezogen.

 

3          Abbau der vermischten Trägerschaften/Finanzierungen öffentlicher Aufgaben

Ein weiterer wesentlicher Reformaspekt betrifft die Frage, ob für den Finanzausgleich das Trennsystem oder das Verbundprinzip gelten soll. In Österreich hat sich ein umfangreiches Mischsystem der Verteilung der Zuständigkeiten von Aufgaben, der Steuerhoheiten, aber auch der ergänzenden Finanzausgleichsregelungen herausgebildet. Hinsichtlich der Abgabenteilung dominiert das Verbundsystem gegenüber dem Trennsystem. Insbesondere die Länder finanzieren sich nur marginal aus eigenen Abgaben. Die Vermischungen und Verflechtungen bestehen zwischen dem Bund und den Ländern (z.B. Landeslehrer) genauso wie zwischen den Ländern und Gemeinden (z.B. Sozialhilfe), aber auch zwischen allen drei staatlichen Ebenen (z.B. Siedlungswasserwirtschaft, Krankenanstalten). In einigen Fällen bestehen Trägerschaft und gemeinsame Finanzierung nebeneinander (Krankenanstalten). Häufig kommt es zu Mehrfachförderungen (Siedlungswasser-wirtschaft). Die vielfachen Kofinanzierungen haben zu einem unüberschaubaren „Transferchaos“ insbesondere im Verhältnis zwischen Land und Gemeinden geführt. Diese vermischten Trägerschaften haben sich tendenziell aus wirtschaftlicher Sicht als ineffizient erwiesen (Setzen ökonomisch falscher Anreize mit hohen Folgekosten, Tendenzen zu Überangeboten, Parallelstrukturen, etc.). Bei der Entflechtung von Aufgaben ist auch die europäische Ebene zu berücksichtigen.

Da sich die Finanzverfassung auf den Finanzausgleich im weiteren Sinn bezieht - d.h. sie regelt die Aufgaben, Ausgaben und Einnahmen öffentlicher Aufgabenträger - lässt sich als Forderung eine Neuordnung der Kompetenzverteilung zwischen den Gebietskörperschaften und deren Finanzierung ableiten. Der Abbau der verbundenen Aufgabenerfüllung und der Mischfinanzierungen sollte nach klaren Prinzipien erfolgen:

 

·         Das Zusammenführen der Einnahmen- und Ausgabenverantwortung auf einer staatlichen Ebene ist eine der Möglichkeiten zur Steigerung der Effizienz öffentlicher Aufgabenerfüllung.

 

·         Eine andere Möglichkeit der Entflechtung und der Effizienzsteigerung besteht in der Trennung von strategischen und operativen Aspekten der Aufgabenerfüllung. Dabei könnte der Grundsatz gelten, dass diejenige Gebietskörperschaft, die die Grundlagen und Rahmenbedingungen der Aufgabenerfüllung  - also die strategischen Ziele - vorgibt, für die Basisfinanzierung aufkommt.  Wegen der Anreizorientierung sollte die Basisfinanzierung internationalen Gepflogenheiten folgend vorzugsweise auf der Grundlage von Normkosten (Fallpauschalen) erfolgen. Das Modell einer Trennung von strategischen und operativen Aspekten hätte den Vorteil einer zentralen Steuerung, wobei in die operativen Details der Aufgabenerfüllung und die Restfinanzierung die jeweils nachgeordnete Gebietskörperschaft eingebunden wird.

 

·         Entflechtungen sind auch im Finanzierungsbereich notwendig, weil die Kofinanzierungen zu einem unüberschaubaren „Transferchaos“ insbesondere im Verhältnis zwischen Land und Gemeinden geführt haben. Der Abbau des „Zuschuss-Dschungels“ kann durch die Reduktion von Kostenübernahmen und Kostentragungsbestimmungen erfolgen.

 

·         Um den Grundsätzen der „Accountability“ und der Autonomie der Gebietskörperschaften verstärkt Rechnung zu tragen, sollte das Verbundsystem im Rahmen der Abgabenteilung zugunsten des Trennprinzips zurück gedrängt werden. Eine Stärkung dieses Prinzips sieht z.B. der „Neue Finanzausgleich“ in der Schweiz vor. Die Reformen in Finnland gehen ebenfalls in diese Richtung. Die Verstärkung der eigenen Steuerhoheit der Länder und Gemeinden lässt sich auf verschiedene Arten erreichen: durch Übertragung von Abgaben auf die Ebene der Länder bzw. Gemeinden (z.B. Grunderwerbsteuer, motorbezogene Versicherungssteuer, Bodenwertabgabe) oder durch die Einführung von Stamm- und Zuschlagsabgaben (z.B. bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer). Um die negativen Auswirkungen eines regionalen Steuerwettbewerbs gering zu halten und die Einheitlichkeit des Wirtschaftsraumes nicht zu gefährden, können Bandbreitenmodelle Anwendung finden.

 

·         Für die Mittelverteilung der gemeinschaftlichen Ertragsanteile sollte in Hinkunft neben anderen Kriterien der Grundsatz der Aufgabenorientierung als Verteilungskriterium herangezogen werden.

Aus der ökonomischen Forderung nach einer Einheit von Aufgabe/Kompetenz zur Aufgabenerledigung/Finanzierung der Aufgaben folgt, dass über die neue Kompetenzverteilung, nicht isoliert entschieden werden kann. Eine enge Kooperation zwischen dem Ausschuss 5 und dem Ausschuss 10 des Österreich-Konvents wäre daher dringend geboten. Der Ausschuss 5 hat nun bereits einen Bericht gelegt, der allerdings noch keinen neuen Kompetenzkatalog enthält. Sollte der Ausschuss 5 nicht ohnehin nochmals befasst werden, so wäre auf andere Art und Weise eine gemeinsame Behandlung von Aufgaben/Kompetenz-Verteilung und Aufgabenerledigung/Finanzierung der Aufgaben sicherzustellen.

 

4          Verbesserte Steuerung des Mitteleinsatzes

Generell schlagen die Grünen vor, den Finanzausgleich stärker unter Steuerungsgesichtspunkten auszurichten. Ein großes Manko der heutigen Finanzverfassung ist darin zu sehen, dass sie keinerlei Anreize für die Stellen von Bund, Ländern sowie Gemeinden und Städte enthält, nach modernen Managementmethoden zu arbeiten – soweit dies mit den rechtstaatlichen und demokratischen Prinzipien vereinbar ist.. Wichtige Strategien aus dem Instrumentenkoffer von Public Management wie z.B. die Vorgabe von Zielen, die Ermittlung von Leistungen und Kosten oder Evaluierungen von Maßnahmen und Programmen fehlen heute noch weitgehend.

Daraus lässt sich die Forderung ableiten, dass Grundprinzipen aus dem Public Management und dem Good Governance in die Finanzverfassung zu integrieren sind. Einige davon wurden bereits angesprochen:

 

·         Trennung von strategischen und operativen Aspekten der Aufgabenerfüllung

 

·         Evaluierungen der Zeilerreichung vor Ablauf der Finanzausgleichsperiode

 

·         Verbesserung der Datenbasis

 

Dazu kommen weiters:

·         die Verknüpfung von Finanzierungsregelungen mit Ergebniskennzahlen (Leistungs- und Kostenkennzahlen), d.h. der Übergang von einer input- zu einer outputorientierten Betrachtungsweise

 

·         fördern von Best Practises und von Benchmarking; Wettbewerb und Vergleiche zwischen/innerhalb von Gebietskörperschaften können dazu beitragen, die Ausgabenintensität der Aufgabenerfüllung durch Nützen der betriebswirtschaftlichen Größenvorteile zu reduzieren

 

·         Förderung der interkommunalen/regionalen Zusammenarbeit

 

5          Finanzverfassung und Stabilitätspakte

Wenn der Finanzausgleich in Zukunft verstärkt auf die Erreichung mittelfristiger wirtschafts- und finanzpolitischer Ziele ausgerichtet wird, dann bedarf es eines adäquaten finanzpolitischen Pakts zwischen den Gebietskörperschaften sowie einer Verstärkung der Koordination der Fiskalpolitik. Das bedeutet zweierlei: Entsprechende Grundsätze des neu zu konzipierenden innerösterreichischen Stabilitätspakts sollen in der Finanzverfassung ebenso verankert werden wie eine neuformulierte Staatszielbestimmung zum allgemeinen wirtschaftlichen Gleichgewicht (Art. 13 Abs. 2 B-VG). Von einer Verankerung ausgeglichener öffentlicher Haushalte über den Konjunkturzyklus sollte jedoch abgesehen werden, weil diese Zielsetzung ohnehin schon im „Code of Conduct“ zum europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt ihren Niederschlag findet. Das wichtigere Argument liegt allerdings darin, dass derzeit durch die Europäische Kommission ernsthafte Überlegungen zu einer Neuformulierung des Stabilitäts- und Wachstumspakts im Gange sind, weil er sich als prozyklisch wirkend herausgestellt hat und seine Nagelprobe im nunmehr länger anhaltenden Konjunkturabschwung nicht bestanden hat. Die Überlegungen gehen u.a. in Richtung einer Erhöhung der Flexibilität - etwa durch die Nichteinrechnung öffentlicher Investitionen in den gesamtstaatlichen Finanzierungssaldo.

Daraus lässt sich die Forderung ableiten, dass die „goldene Regel“ auch im innerösterreichischen Stabilitätspakt ihren Niederschlag finden soll. Sie steht im Einklang mit den Zielen der Lissabon-Strategie, die die Bedeutung der Budgetstrukturen insbesondere im Hinblick auf Zukunftsinvestitionen betont. Damit würde ein stärkerer Bezug zu Wachstum und ökologischen und sozialen Zielsetzungen sowie zu den Europäischen Zielen der Finanzpolitik hergestellt werden.

Die derzeitige Staatszielbestimmung im Art. 13 (2) B-VG  („Bund, Länder und Gemeinden haben bei ihrer Haushaltsführung die Sicherstellung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts anzustreben.“) ist weitgehend totes Recht geblieben. Das liegt vor allem daran, dass diese Bestimmung offensichtlich den kleinsten gemeinsamen Nenner darstellt, der im Zuge der Reform des Bundeshaushaltsrechts Mitte der achtziger Jahre erzielbar war. 

Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass eine solche Staatszielbestimmung bedeutungslos wäre. Ebenso wenig ist sie durch die fiskalischen Konvergenzkriterien der Maastrichter Verträge und den Stabilitäts- und Wachstumspakt (Vertrag von Amsterdam) obsolet geworden, da die nationalen Haushalte innerhalb des EU-Rahmens weiterhin autonom agieren. Der Koordination der öffentlichen Haushalte im Rahmen der makroökonomischen Stabilisierungspolitik kommt daher erhöhte Bedeutung zu.

Daraus lässt sich die Forderung nach einer Neuformulierung der Staatszielbestimmung ableiten. Darin sollten die Bedeutung der Fiskalpolitik als Instrument zur Erreichung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts[1] und die Notwendigkeit zur Koordinierung der Gebietskörperschaften im Hinblick auf diese Zielerreichung unter verstärktem Einsatz mittelfristiger Budgetplanung verfassungsrechtlich fest geschrieben  werden. Das Staatsziel gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht wurde im Ausschuss 1 bereits diskutiert, jedoch kein Konsens erzielt. Der Ausschuss 1 hat vielmehr auf die weitere Behandlung im Ausschuss 10 verwiesen.

 

6          Haushaltsrecht und Gender Budgeting

Basierend auf Forderungen der internationalen Frauenbewegung werden zunehmend geschlechtergerechte Budgets („Engendering Budgets“) gefordert. Im Vertragsentwurf über eine Verfassung für Europa  ist die Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern als ein Ziel der Union verankert (Art. 3 Abs. 3). Auch in Österreich haben sich diesbezügliche Initiativen  entwickelt. Ein grundlegendes Ziel von Engendering Budget-Initiativen  ist es, die Prioritätensetzung von öffentlichen Einnahmen und Ausgaben sichtbar zu machen und darauf im Sinne einer gender und sozial ausgewogenen Ausrichtung Einfluss zu nehmen.

Bei der Gender Budgetanalyse werden die Auswirkungen der Budgets für Frauen im Vergleich zu dem für Männer identifiziert. Es handelt sich aber dabei nicht um separate Budgets für Frauen, es geht vielmehr um eine Erweiterung der traditionellen Budgeterstellung um die Gender Perspektive. Es wird grundsätzlich darauf abgestellt, öffentliche Einnahmen und Ausgaben aus der Gender Perspektive zu analysieren.

Der Gesamtansatz des Gender Budgeting geht jedoch über eine geschlechterspezifische Wirkungsanalyse weit hinaus. Im Rahmen eines umfassenden Gender Budgeting werden mehrere Aspekte als wichtig angesehen:

 

·         die inhaltliche Gestaltung der Budgets,

 

·         die Erreichung eines transparenten Prozesses der Budgeterstellung und

 

·         ein partizipativer Prozess mit dem Ziel der Einflussnahme auf budgetäre Prioritäten.

 

 

Mit dem Ziel, die Budgeterstellung transparenter und partizipativer zu gestalten, kommt das breitere Anliegen der Frauen deutlich zum Ausdruck: Gender Budgets werden als ein Instrument für gesellschaftspolitische Veränderungen verstanden.

Daraus lässt sich die Forderung ableiten, dass

 

·         die Budgeterstellung den Grundsätzen des Good Governance (Transparenz, Partizipation) Rechnung tragen soll

 

·         das Gender Budgeting in den Zielen der Haushaltsführung verankert werden soll und dass

 

·         analog zu den finanziellen Auswirkungen neuer rechtsetzender Maßnahmen (§ 14 Bundeshaushaltsgesetz) zu jedem/r Gesetzesentwurf/Verordnung/Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG geschlechterspezifische Wirkungsanalysen anzuschließen sind.

 

Diese Grundsätze sind auf die Haushalte aller Gebietskörperschaften anzuwenden.

 

Literatur

 

Bauer, H. et al., Die Statutartstädte im Finanzausgleich. Aspekte der Transferwirtschaft, Kosten der Bezirksverwaltung, Wien 2003.

Bauer, H./Rossmann, B., Wirtschafts- und finanzpolitische Reformpotenziale des Finanzausgleichs , in: KDZ, Wien 2001.

Bauer, H.: Methodische Reformperspektiven für Österreichs Finanzausgleich, in: Rossmann, B. (Hrsg.), 2002, S. 93 –100.

BEIGEWUM, Frauen macht Budgets – Staatsfinanzen aus der Geschlechterperspektive, Wien 2002.

Bröthaler, J./Sieber, L./Schönbäck, W./Maimer, A./Bauer, H., Aufgabenorientierte Gemeindefinanzierung in Österreich, Wien 2002.

Finanzausgleich 2001 – Handbuch für die Praxis, Österreichischer Gemeindebund und Österreichischer Städtebund in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Sparkassenverband und dem KDZ, Wien 2001.

Frey, R.L., Reformperspektiven in der Schweiz – Der neue Finanzausgleich, in: Rossmann, B. (Hrsg.), S. 77-91.

Lehner, G., Aufgabenorientierter Finanzausgleich, Wien 2003.

Rossmann, B. (Hrsg.):. Finanzausgleich – Herausforderungen und Reformperspektiven: Tagung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, Reihe Wirtschaftswissenschaftliche Tagungen der Arbeiterkammer Wien; Bd. 6,  Wien 2002.

Thöni, E.: Der Stellenwert des Finanzausgleichs: Reformdruck, Problemdarstellung und internationale Perspektiven, in: Rossmann, B. (Hrsg.), 2002, S. 93 –100.



[1] Was unter gesamtwirtschaftlichem Gleichgewicht zu verstehen ist, wird im § 2 (2) des Bundeshaushaltsgesetzes angesprochen. Dort wird von einem ...“ausgewogenen Verhältnis zwischen einem hohen Beschäftigungsstand, einem hinreichend stabilen Geldwert, der Sicherung des Wachstumspotenzials und der Wahrung des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts ...“ gesprochen.