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KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN

Brüssel, den 21.05.2003

KOM(2003) 270 endgültig

.

GRÜNBUCH

ZU DIENSTLEISTUNGEN
VON ALLGEMEINEM INTERESSE


INHALTSVERZEICHNIS

Einführung..................................................................................................................................... 3

1.           Hintergrund.................................................................................................................... 7

1.1.        Definitionen und Begriffe................................................................................................. 7

1.2.        Schlüsselrolle der staatlichen Stellen im Wandel............................................................... 9

2.           Der Umfang von Massnahmen der Gemeinschaft........................................................... 10

2.1.        Welche Art von Subsidiarität?....................................................................................... 10

2.2.        Sektorspezifische Vorschriften und allgemeiner Rechtsrahmen........................................ 15

2.3.        Wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Leistungen......................................................... 17

3.           Ein Gemeinschaftskonzept für Dienstleistungen von allgemeinem Interesse – erstrebenswert?    18

3.1.        Ein gemeinsames Paket von Verpflichtungen.................................................................. 19

3.1.1      Universaldienst............................................................................................................. 19

3.1.2      Kontinuität.................................................................................................................... 20

3.1.3      Dienstequalität.............................................................................................................. 21

3.1.4.     Erschwinglichkeit.......................................................................................................... 21

3.1.5.     Nutzer- und Verbraucherschutz..................................................................................... 22

3.2.        Weitere spezifische Verpflichtungen............................................................................... 23

4........... Verantwortungsvolles Regieren: Organisation, Finanzierung und Evaluierung................... 27

4.1.        Festlegung von Gemeinwohlverpflichtungen und organisatorische Abwicklung................. 27

4.2.        Finanzierung der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse.......................................... 31

4.3.        Evaluierung der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse............................................ 33

5.           Dienstlleistungen von allgemeinem Interesse und die Globalisierung................................. 36

5.1.        Handelspolitik............................................................................................................... 36

5.2.        Entwicklungs- und Kooperationspolitik......................................................................... 37

6.           Praktische Schlussfolgerungen....................................................................................... 37

Auflistung aller zur Diskussion gestellten Fragen........................................................................... 39

ANHANG

Gemeinwohlverpflichtungen und Instrumente der Gemeinschaftspolitik im Bereich

der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse.................................................... 42


              Einführung

1.                       Die Europäische Union ist an einem Wendepunkt in ihrer Geschichte angelangt. Sie bereitet sich auf eine beispiellose Erweiterungswelle vor und arbeitet innerhalb des Konvents zugleich an einer Neudefinierung ihrer Aufgaben und der Arbeitsweise ihrer Organe im Rahmen eines neuen Verfassungsvertrags. Darüber hinaus hat sie eine Entwicklungsstrategie auf den Weg gebracht, die von den Synergieeffekten zwischen wirtschaftlichen und sozialen Reformen getragen wird und zudem auf den Dimensionen Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit beruht.

2.                       Vor diesem Hintergrund werden die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zunehmend wichtiger. Als unverzichtbarer Bestandteil des europäischen Gesellschaftsmodells gehören sie zu den Werten, die allen europäischen Gesellschaften gemeinsam sind. Sie spielen bei der Erhöhung der Lebensqualität aller Bürger und der Überwindung von sozialer Ausgrenzung und Isolierung eine entscheidende Rolle. In Anbetracht ihres Stellenwertes in der Wirtschaft und ihrer Bedeutung für die Herstellung von Waren und die Erbringung sonstiger Dienstleistungen zählt die Effizienz und Qualität dieser Leistungen zu jenen Faktoren, die insbesondere im Hinblick auf die Attraktivität benachteiligter Regionen für Investoren zu größerer Wettbewerbsfähigkeit führen und den Zusammenhalt verbessern. Hinzu kommt, dass die effiziente und diskriminierungsfreie Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse Voraussetzung für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes und für die weitere wirtschaftliche Integration in die Europäische Union ist. Da diese Leistungen Rechte widerspiegeln, die die Bürger Europas in Anspruch nehmen können und sie Gelegenheit für den Dialog mit den Behörden im Rahmen des verantwortungsvollen Regierens in Europa bieten, stellen die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse darüber hinaus einen Pfeiler der europäischen Staatsbürgerschaft dar.

3.                       Mit Blick auf den bevorstehenden Beitritt der neuen Mitgliedstaaten sind die Gewährleistung effizienter und hochwertiger Dienstleistungen von allgemeinem Interesse und insbesondere die Entwicklung der netzgebundenen Wirtschaftszweige und deren Zusammenschaltung von entscheidender Bedeutung. Dabei geht es darum, die Integration zu erleichtern, das Wohlergehen der Bürger zu befördern und dem Einzelnen zu helfen, wirksamen Gebrauch von seinen Grundrechten zu machen. Da mehrere neue Mitgliedstaaten in den vergangenen zehn Jahren darüber hinaus den Übergang zur Marktwirtschaft vollzogen haben, gilt es ihre Bürger nun von der Bedeutung zu überzeugen, die die Union dem Zugang des Einzelnen zu den Dienstleistungen von allgemeinem Interesse beimisst.

4.                       Die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse bilden den Dreh- und Angelpunkt der politischen Debatten. In der Tat berühren sie die zentrale Frage, welche Rolle in einer Marktwirtschaft staatlichen Stellen zukommt, da sie einerseits das reibungslose Funktionieren des Marktes und die Einhaltung der Spielregeln durch alle Akteure sicherstellen und andererseits das öffentliche Interesse gewährleisten, insbesondere die Befriedigung der Grundbedürfnisse der Bürger und die Erhaltung von Kollektivgütern in Fällen, in denen der Markt dazu nicht in der Lage ist.

5.                       In den Anfangsjahren der Gemeinschaften führte die Zielsetzung der wirtschaftlichen Integration dazu, dass der Ausräumung der Handelsbarrieren zwischen den Mitgliedstaaten besonderes Augenmerk galt. Vor allem seit der zweiten Hälfte der 80er-Jahre öffnete sich eine Reihe der Sektoren, von denen hauptsächlich oder zumindest auch Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse erbracht werden, nach und nach für den Wettbewerb: Telekommunikation, Postdienste, Verkehr und Energiesektor. Durch die Liberalisierung erhielt die Modernisierung, gegenseitige Vernetzung und Integration dieser Sektoren Auftrieb. Sie ließ die Anzahl der Wettbewerber ansteigen und zog Preissenkungen nach sich, insbesondere in den Sektoren und Ländern, in denen die Liberalisierung frühzeitig vollzogen wurde. Zwar gestattet die bisherige Datenlage noch keine Einschätzung der langfristigen Auswirkungen, die durch die Öffnung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse für den Wettbewerb hervorgerufen wurden, doch liefern die vorliegenden Erkenntnisse keine Anhaltspunkte, die etwa die These stützen würden, dass die Liberalisierung sich auf die Gesamtleistung negativ ausgewirkt hätte. Dies lässt sich zumindest für die Erschwinglichkeit und die Erbringung des Universaldienstes sagen. Die Gemeinschaft hat sich stets für eine „kontrollierte“ Liberalisierung eingesetzt, d. h. für eine schrittweise Öffnung des Marktes, flankiert von Maßnahmen zum Schutz des Gemeinwohls; hierbei soll insbesondere das Universaldienstkonzept den Zugang aller zu einer qualitativ definierten Dienstleistung gewährleisten, und zwar zu einem erschwinglichen Preis, unabhängig von der wirtschaftlichen, sozialen oder geografischen Lage. Besonderes Augenmerk richtet die Gemeinschaft in diesem Zusammenhang auf die Sicherstellung ausreichender Standards für grenzüberschreitende Leistungen, die sich auf nationaler Ebene allein nicht angemessen regulieren lassen.

6.                       Ursprüngliche Befürchtungen, dass sich die Marktöffnung ungünstig auf die Beschäftigung oder auf die Erbringung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse auswirken könnte, haben sich bisher nicht bestätigt. Im Allgemeinen sind die Leistungen durch die Marktöffnung erschwinglicher geworden. Beispielsweise ist in den meisten Mitgliedstaaten im Zeitraum 1996-2002 der Anteil des persönlichen Einkommens, den die einkommensschwächsten Verbraucher für einen Standardkorb von Telefonanrufen oder eine Standardmenge Stromverbrauch aufbringen mussten, zurückgegangen. Die Auswirkungen der Marktöffnung auf die Nettobeschäftigung waren vielfach ebenfalls positiv. Die entfallenden Arbeitsplätze, insbesondere in den ehemaligen Monopolunternehmen, wurden durch das Entstehen neuer Beschäftigungsmöglichkeiten als Folge des Marktwachstums mehr als wettgemacht. Den vorliegenden Schätzungen zufolge hat die Liberalisierung der netzgebundenen Wirtschaftszweige unionsweit zum Entstehen von insgesamt fast einer Million neuer Arbeitsplätze geführt[1].

7.                       Dennoch kam es nach den ersten Schritten in Richtung Liberalisierung zu gewissen Missverständnissen. die Kommission hat wiederholt versucht, die Gemeinschaftspolitiken für diesen Bereich zu erläutern. So beschrieb sie in einer ersten horizontalen Mitteilung aus dem Jahr 1996[2], welche Wechselwirkung zum Wohle der Bürger zwischen den Gemeinschaftsmaßnahmen in den Bereichen Wettbewerb und freier Warenverkehr und den Aufgaben bei der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen besteht. Darüber hinaus enthält diese Mitteilung den Vorschlag, die Förderung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zusätzlich in die Ziele des Vertrags aufzunehmen. Im Jahr 2000[3] erfolgte eine Aktualisierung mit dem Ziel, den Akteuren größere Rechtssicherheit bei der Anwendung der Wettbewerbs- und Binnenmarktregeln auf ihre Tätigkeit zu geben. 2001 kam zu diesen beiden Mitteilungen noch der Bericht für den Europäischen Rat in Laeken[4] hinzu, in dem die Problematik der wirtschaftlichen Lebensfähigkeit der mit der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen betrauten Akteure angesprochen wurde. Verwiesen wird darin besonders auf die durch Artikel 86 Absatz 2 des Vertrags[5] gebotenen Garantien, die Maßnahmen der Gemeinschaft und die Verantwortung der Mitgliedstaaten, insbesondere bei der Festlegung von Gemeinwohlverpflichtungen. Darüber hinaus hat die Kommission versucht, über sektorale und horizontale Evaluierungen ein besseres Bild von der Leistung der Wirtschaftszweige zu erlangen, die Dienstleistungen von allgemeinem Interesseerbringen.

8.                       Inzwischen ist die Diskussion in vollem Gange, wobei eine Schwerpunktverlagerung stattgefunden hat. Im Vertrag von Amsterdam wird der Stellenwert anerkannt, den die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse innerhalb der gemeinsamen Werte der Union einnehmen[6]. Auch weist er der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten „im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse“ die Verantwortung für das reibungslose Funktionieren dieser Dienste zu. Im Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten wird hervorgehoben, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk in den Mitgliedstaaten unmittelbar mit den demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen jeder Gesellschaft sowie mit dem Erfordernis verknüpft ist, den Pluralismus zu wahren. Darüber hinaus heißt es in der Charta der Grundrechte[7], dass die Union das Recht der Bürger auf Zugang zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse anerkennt und achtet. Diese neuen Bestimmungen sind wichtige Bestandteile der Fortentwicklung des europäischen Integrationsprozesses: vom wirtschaftlichen Bereich hin zu allgemeineren Fragen das europäische Gesellschaftsmodell, das Konzept der europäischen Staatsbürgerschaft und die Beziehungen zwischen dem einzelnen Unionsbürger und den staatlichen Behörden betreffend. Überdies werfen sie die Frage nach den Mitteln für ihre wirksame Umsetzung auf. Nach Auffassung der Kommission bedürfen diese Fragen einer strukturierteren Aussprache in größerem Rahmen. Natürlich wird diese Aussprache den Arbeiten im Europäischen Konvent und in der nächsten Regierungskonferenz Rechnung tragen und von ihnen befruchtet werden – etwa den Überlegungen zu den Werten und Zielen der Union, zur Frage der Zuständigkeiten, zum Subsidiaritätsprinzip und zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

9.                       Die Bürger sind sich in bestimmten Fragen weiterhin unsicher und hegen Bedenken, auf die reagiert werden muss. Das Europäische Parlament forderte die Kommission auf, einen Vorschlag für eine Rahmenrichtlinie über Dienstleistungen von allgemeinem Interesse vorzulegen, und auch der Rat verlangte von ihr, sich mit dieser Frage zu befassen[8].

10.                   Die realen Bedingungen, unter denen die – wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse erbracht werden, sind komplexer Natur und in ständiger Entwicklung begriffen. Sie umfassen ein breites Spektrum von Aktivitäten unterschiedlicher Art, von bestimmten Aktivitäten in den großen netzgebundenen Branchen (Energiesektor, Postdienste, Verkehr und Telekommunikation) bis hin zu den Bereichen Gesundheit, Bildung und Sozialleistungen, die sich sowohl von ihrem Wirkungsfeld – auf europäischer, wenn nicht gar globaler oder auch nur lokaler Ebene ‑ als auch vom Charakter her (marktbezogen oder nicht marktbezogen) voneinander unterscheiden. Die Organisation dieser Dienste hängt von den kulturellen Traditionen, der Geschichte und den geografischen Verhältnissen des einzelnen Mitgliedstaates und den besonderen Merkmalen der betreffenden Tätigkeit ab, was insbesondere auf den Bereich der technischen Entwicklung zutrifft.

11.                   Die Europäische Union respektiert diese Vielfalt und die Rolle der nationalen, regionalen und örtlichen Behörden, die das Wohlergehen ihrer Bürger sicherstellen und demokratische Auswahlmöglichkeiten garantieren müssen, unter anderem in Bezug auf das Qualitätsniveau der Leistungen. Diese Vielfalt liefert die Erklärung für den unterschiedlichen Grad, zu dem die Gemeinschaft Maßnahmen ergreift und unterschiedliche Instrumente eingesetzt werden. Im Rahmen der ihr allein vorbehaltenen Befugnisse hat die Union ebenfalls bestimmte Aufgaben zu erfüllen. Darüber hinaus werfen die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse überall in der Europäischen Union Fragen und Probleme auf, die sich ungeachtet der unterschiedlichen Leistungen und zuständigen Behörden nicht voneinander unterscheiden.

12.                   Die Diskussion, die mit diesem Grünbuch eingeläutet werden soll, bezieht sich auf folgende Fragen:

·      Umfang möglicher Maßnahmen der Gemeinschaft zur Umsetzung des Vertrags bei voller Respektierung des Subsidiaritätsprinzips.

·      Grundsätze, die in eine mögliche Rahmenrichtlinie oder ein anderes allgemeines Instrument zu den Dienstleistungen von allgemeinem InteresseEingang finden könnten, und zusätzlicher Nutzen (Mehrwert) eines solchen Instruments.

·      Definition verantwortungsvollen Regierens bezogen auf Organisation, Regulierung, Finanzierung und Bewertung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zu erhöhen und einen effizienten und fairen Zugang zu hochwertigen und bedarfsgerechten Dienstleistungen für jedermann zu gewährleisten.

·      Maßnahmen, die zur Schaffung größerer Rechtssicherheit beitragen könnten sowie zur Sicherstellung eines schlüssigen und harmonischen Ausgleichs zwischen dem Ziel, weiterhin hochwertige Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zu erbringen, und der strikten Anwendung der Wettbewerbs- und Binnenmarktvorschriften.

13.                   Das Grünbuch ist in fünf Hauptabschnitte sowie eine Einführung und einen Schlussfolgerungsteil untergliedert. Abschnitt 1 schildert den Hintergrund und in Abschnitt 2 wird der Umfang von Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse beschrieben. Im dritten Teil werden dem Leser Elemente eines möglichen gemeinsamen Konzepts der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse auf der Grundlage der bereits vorhandenen sektorspezifischen Rechtsvorschriften vorgestellt. Der vierte Abschnitt ist der Art und Weise gewidmet, in der die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse organisiert, finanziert und bewertet werden. Im fünften Abschnitt geht es um die internationale Dimension der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse. Ergänzt wird das Grünbuch durch einen Anhang mit einer ausführlichen Beschreibung der Gemeinwohlverpflichtungen, die sich aus den bestehenden sektorspezifischen Rechtsvorschriften und den politischen Instrumenten ergeben, mit denen die Einhaltung dieser Verpflichtungen sichergestellt wird.

14.                   Im Grünbuch wird eine Reihe von Fragen zur Sprache gebracht, zu denen die Kommission gern die Auffassung der Beteiligten in Erfahrung bringen möchte. Eine Zusammenfassung all dieser Fragen liegt diesem Dokument in der Anlage bei.

1.           Hintergrund

1.1.        Definitionen und Begriffe

15.                   Terminologische Unterschiede, semantische Unklarheit und unterschiedliche Traditionen in den Mitgliedstaaten haben in der Diskussion auf europäischer Ebene zahlreichen Missverständnissen Nahrung gegeben. Bezüglich der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse werden in den Mitgliedstaaten unterschiedliche Begriffe und Definitionen gebraucht, was Ausdruck der jeweiligen geschichtlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Entwicklung ist. Mit der von der Gemeinschaft verwendeten Terminologie wird versucht, diesen Unterschieden Rechnung zu tragen.

16.                   Der Begriff „Dienstleistungen von allgemeinem Interesse“ ist im Vertrag selbst nicht enthalten. In der Gemeinschaftspraxis wurde er aus dem im Vertrag verwendeten Begriff „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“ abgeleitet. Sein Bedeutungsspektrum reicht weiter als der Begriff „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“, da er sich sowohl auf die marktbezogenen als auch die nichtmarktbezogenen Dienstleistungen bezieht, die von staatlichen Stellen im Interesse der Allgemeinheit erbracht und von ihnen daher mit spezifischen Gemeinwohlverpflichtungen verknüpft werden.

17.                   Der Begriff „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“ bzw. „Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“ wird in Artikel 16 und Artikel 86 Absatz 2 des Vertrags verwendet. Er ist weder im Vertrag noch im abgeleiteten Recht näher bestimmt. In der Gemeinschaftspraxis herrscht jedoch weit gehende Übereinstimmung dahingehend, dass er sich auf wirtschaftliche Tätigkeiten bezieht, die von den Mitgliedstaaten oder der Gemeinschaft mit besonderen Gemeinwohlverpflichtungen verbunden werden und für die das Kriterium gilt, dass sie im Interesse der Allgemeinheit erbracht werden. Das Konzept der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse umfasst daher insbesondere bestimmte Leistungen der großen netzgebundenen Wirtschaftszweige wie des Verkehrswesens, der Postdienste, des Energiesektors und der Telekommunikation. Der Begriff gilt jedoch auch für jede sonstige wirtschaftliche Tätigkeit, die mit Gemeinwohlverpflichtungen verknüpft ist.

18.                   Das Grünbuch konzentriert sich im Wesentlich, wenn auch nicht ausschließlich, auf Fragen im Zusammenhang mit „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“, da im Mittelpunkt des Vertrags auch hauptsächlich wirtschaftliche Tätigkeiten stehen. Der Begriff „Dienstleistungenvon allgemeinem Interesse“ wird im Grünbuch nur dann verwendet, wenn gleichzeitig ein Bezug zu nichtwirtschaftlichen Dienstleistungen besteht oder keine Notwendigkeit besteht, den wirtschaftlichen bzw. nichtwirtschaftlichen Charakter der betreffenden Dienstleistungen zu erwähnen.

19.                   Die Begriffe „Dienstleistung von allgemeinem Interesse“ und „Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“ sollten nicht mit dem Begriff „öffentlicher Dienst“ verwechselt werden, der weniger exakt ist und mehrere Bedeutungen hat. Mitunter steht er für die Tatsache, dass eine Leistung für die Allgemeinheit erbracht wird, mitunter unterstreicht er, dass der Leistung eine besondere Rolle im öffentlichen Interesse zugewiesen wurde, und manchmal wird ein Bezug auf die Eigentumsverhältnisse bzw. die Rechtsstellung der Einrichtung, die die Leistung erbringt, hergestellt[9]. Daher findet dieser Begriff im vorliegenden Grünbuch keine Verwendung.

20.                   In diesem Grünbuch wird der Begriff „Gemeinwohlverpflichtungen“ verwendet. Er bezieht sich auf die besonderen Anforderungen der staatlichen Behörden an den Anbieter des betreffenden Dienstes, mit denen sichergestellt werden soll, dass bestimmte Gemeinwohlinteressen erfüllt werden - beispielsweise im Luft-, Schienen- und Straßenverkehr oder im Energiesektor. Diese Verpflichtungen können auf nationaler, regionaler oder Gemeinschaftsebene wahrgenommen werden.

21.                   Der Begriff „öffentliches Unternehmen“ wird im Allgemeinen verwendet, um die Eigentumsverhältnisse des Leistungserbringers zu bestimmen. Der Vertrag fordert strikte Neutralität. Im Rahmen des Gemeinschaftsrechts spielt es keine Rolle, ob der Erbringer von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse öffentlich- oder privatrechtlich organisiert ist; beide haben dieselben Rechte und Pflichten.

1.2.        Schlüsselrolle der staatlichen Stellen im Wandel

22.                   Der Markt bietet gewöhnlich die Gewähr für eine optimale Allokation der Ressourcen im Interesse der Gesellschaft insgesamt. Doch lassen sich manche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse durch die Märkte allein nicht voll befriedigen, weil entweder ihr Marktpreis für Verbraucher mit niedriger Kaufkraft zu hoch ist oder weil die Kosten, die bei der Erbringung dieser Leistungen entstehen, sich durch den Marktpreis nicht abdecken lassen. Die wichtigste Pflicht der staatlichen Behörden ist es daher seit jeher, dafür zu sorgen, dass solche kollektiven und qualitativen Grundbedürfnisse befriedigt werden und Dienstleistungen von allgemeinem Interesse stets dann gewahrt bleiben, wenn die Marktkräfte dazu außerstande sind. An der entscheidenden Bedeutung dieser Verpflichtung hat sich bis heute nichts geändert.

23.                   Was sich jedoch geändert hat, ist die Art und Weise, in der die staatlichen Stellen ihren Verpflichtungen gegenüber den Bürgern nachkommen. Die Rolle der staatlichen Behörden auf dem Gebiet der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse wird den jeweiligen wirtschaftlichen, technologischen und sozialen Bedingungen ständig angepasst. Während in Europa eine Reihe von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse traditionell von den Behörden selbst erbracht worden ist, beauftragen sie heutzutage zunehmend öffentliche oder private Unternehmen bzw. öffentlich-private Partnerschaften[10] mit der Leistungserbringung und beschränken die eigene Rolle auf die Festlegung öffentlicher Zielvorgaben sowie die Überwachung, Regulierung und gegebenenfalls Finanzierung der Leistungen.

24.                   Diese Entwicklung darf jedoch nicht darauf hinauslaufen, dass die staatlichen Stellen ihre Zuständigkeit für die Umsetzung von Zielen abgeben, die im Interesse der Allgemeinheit liegen. Über entsprechende ordnungspolitische Instrumente sollten sie in der Lage sein, die nationale, regionale oder lokale Politik im Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zu gestalten und ihre Umsetzung sicherzustellen. Diese Entwicklung von der Selbsterbringung hin zur Bereitstellung durch gesonderte Einrichtungen hat jedoch zu einer größeren Transparenz bei der Organisation, den Kosten und der Finanzierung dieser Leistungen geführt. Das äußert sich in einer stärkeren Diskussion und in verstärkter demokratischer Kontrolle der Verfahren zur Erbringung und Finanzierung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse. Diese größere Transparenz verringert zugleich die Möglichkeit, den Wettbewerb auf diesen Märkten über Finanzierungsmechanismen einzuschränken.

25.                   In der Europäischen Union ist dieser Prozess durch das Entstehen des Binnenmarktes beschleunigt worden. Gleichzeitig hatte bei der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse auch die im Wandel begriffene Rolle der Behörden Einfluss auf die Entwicklung der Gemeinschaftspolitiken.

26.                   Der europäische Integrationsprozess hat weder die Zuständigkeit noch die Fähigkeit der staatlichen Behörden jemals in Frage gestellt, die notwendigen politischen Entscheidungen zur Regulierung der Markttätigkeit zu treffen. Die Kommission möchte diese Zuständigkeit einmal mehr bekräftigen, indem sie eine europaweite Aussprache über die politischen Entscheidungen in Gang setzt, die auf europäischer Ebene zu den Dienstleistungen von allgemeinem Interesse getroffen werden müssen. Die Ergebnisse dieser Aussprache werden als Grundlage für künftige Maßnahmen der Gemeinschaft in diesem Bereich dienen.

2.           Der Umfang von Massnahmen der Gemeinschaft

27.                   Zum Umfang von Maßnahmen der Gemeinschaft werden in diesem Abschnitt drei Hauptfragen formuliert:

·      Wie sollte bei den Dienstleistungen von allgemeinem Interesse unter Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips die Rollenverteilung zwischen Gemeinschaft und Mitgliedstaaten (einschließlich Verwaltungsbehörden auf regionaler und örtlicher Ebene) aussehen?

·      Sollten sich die Maßnahmen der Gemeinschaft auf einen vorwiegend sektorspezifischen Ansatz stützen oder sollte vielmehr ein allgemeiner Rahmen geschaffen werden?

·      Welchen Einfluss auf den Umfang von Maßnahmen der Gemeinschaft hat die Unterscheidung von wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Dienstleistungen?

2.1.        Welche Art von Subsidiarität?

28.                   Im Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse ist die Aufteilung der Aufgaben und Befugnisse zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten komplexer Natur, was bei Verbrauchern, Nutzern und Anbietern bisweilen Missverständnisse und Enttäuschungen aufkommen lässt.

29.                   Im Vertrag ist nicht davon die Rede, dass das reibungslose Funktionieren der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse ein Gemeinschaftsziel darstellt, und er stattet die Gemeinschaft hinsichtlich dieser Leistungen auch nicht mit besonderen Handlungsbefugnissen aus. Bisher wird auf diese Leistungen – außer in einem sektorspezifischen Zusammenhang im Titel über den Verkehr[11] – nur in zwei Vertragsbestimmungen Bezug genommen:

·      Laut Artikel 16 müssen die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse mit ihrer Politik dafür sorgen, dass die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse ihren Aufgaben gerecht werden können. Hier wird ein Vertragsgrundsatz formuliert, der Gemeinschaft werden jedoch keine speziellen Handlungsinstrumente an die Hand gegeben.

·      In Artikel 86 Absatz 2 wird den Mitgliedstaaten stillschweigend das Recht eingeräumt, Wirtschaftsbeteiligte mit spezifischen Gemeinwohlverpflichtungen zu betrauen. Mit dem darin formulierten Grundprinzip wird sichergestellt, dass Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse auch im Gemeinsamen Markt erbracht und weiter entwickelt werden können. Die Erbringer von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse sind nur insofern von der Anwendung der Vertragsvorschriften ausgenommen, als das unbedingt notwendig ist, um ihnen die Erfüllung des Versorgungsauftrags zu ermöglichen. Somit kann vorbehaltlich der in Artikel 86 Absatz 2 vorgesehenen Regeln im Konfliktfall die Erfüllung des Versorgungsauftrags praktisch vor der Anwendung der Gemeinschaftsregeln rangieren, die Binnenmarkt- und Wettbewerbsregeln eingeschlossen[12]. Der Vertrag schützt somit die Erbringung einer Dienstleistung von allgemeinem Interesse, aber nicht notwendigerweise den Leistungserbringer als solchen.

30.                   Außerdem anerkennt und achtet die Union gemäss der Charta der Grundrechte der Europäischen Union den Zugang zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, um den sozialen und territorialen Zusammenhalt der Union zu fördern.[13].

31.                   Es ist vor allem Sache der zuständigen nationalen, regionalen und örtlichen Behörden, die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zu definieren, organisieren, finanzieren und überwachen. Die Gemeinschaft verfügt in Bereichen, die für die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse ebenfalls von Bedeutung sind, – etwa Binnenmarkt, Wettbewerb und staatliche Beihilfen, Freizügigkeit, Sozialpolitik, Verkehr, Umwelt, Gesundheit, Verbraucherpolitik, transeuropäische Netze, Industrie, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt, Forschung, Handel, Entwicklungszusammenarbeit und Besteuerung – indes auch über eine Reihe von Befugnissen. Diese ihr durch den Vertrag übertragenen Befugnisse und Zuständigkeiten statten die Gemeinschaft mit einer ganzen Palette von Handlungsinstrumenten aus, durch die sichergestellt wird, dass in der Europäischen Union jedermann Zugang zu hochwertigen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse hat.

Die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, die mit der Wohlfahrt- und Sozialschutzaufgabe in Zusammenhang stehen, fallen eindeutig in die einzelstaatliche, regionale und lokale Zuständigkeit. Dennoch wird gleichzeitig die Aufgabe der Gemeinschaft anerkannt, die Zusammenarbeit und Koordinierung in diesen Bereichen zu fördern. Das besondere Augenmerk der Kommission gilt der Unterstützung der Zusammenarbeit von Mitgliedstaaten in Fragen der Modernisierung der Sozialschutzsysteme.

32.                   Was die Notwendigkeit und Intensität einer Gemeinschaftsaktion und die Rolle der Mitgliedstaaten angeht, so lassen sich die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse drei Kategorien zuordnen:

(1)     Von großen netzgebundenen Wirtschaftszweigen erbrachte Dienstleistungen von allgemeinem Interesse

Seit den 80er-Jahren hat die Gemeinschaft die Märkte für große netzgebundene Wirtschaftszweige ‑ Telekommunikation, Postdienste, Strom, Gas und Verkehr –, in denen Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse erbracht werden können, schrittweise geöffnet. Gleichzeitig verabschiedete sie für diese Dienste ein umfassendes Regelwerk, in dem die Gemeinwohlverpflichtungen auf europäischer Ebene benannt und Aspekte wie der Universaldienst, Verbraucher- und Nutzerrechte und Sicherheit und Gesundheitsschutz geregelt sind. Diese Wirtschaftszweige besitzen eine unverkennbar gemeinschaftsweite Dimension und liefern gewichtige Argumente für die Erarbeitung eines Konzepts des europäischen Gemeinwohls. Das wird auch in Titel XV des Vertrags anerkannt, der der Gemeinschaft besondere Befugnisse im Zusammenhang mit den transeuropäischen Netzen in den Bereichen der Verkehrs-, Telekommunikations- und Energieinfrastruktur überträgt. Dabei werden zwei Ziele angestrebt: Verbesserung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarktes und Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts.

(2)     Andere Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse

Für andere Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse wie etwa die Abfallwirtschaft, die Wasserversorgung oder den öffentlich-rechtlichen Rundfunk besteht auf Gemeinschaftsebene kein umfassendes Regelwerk. Sofern diese Dienstleistungen jedoch den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen, unterliegt ihre Bereitstellung und organisatorische Abwicklung im Allgemeinem den für den Binnenmarkt, den Wettbewerb und staatliche Beihilfen geltenden Vorschriften. Darüber hinaus können auf bestimmte Aspekte der Erbringung dieser Leistungen spezielle Gemeinschaftsvorschriften wie etwa das Umweltrecht zur Anwendung kommen.

Für die Abfallentsorgung (z. B. Deponien) wird beispielsweise in den abfallrechtlichen Bestimmungen der Gemeinschaft der „Grundsatz der Nähe“[14] eingeführt, nach dem Abfälle möglichst nahe an dem Ort, an dem sie anfallen, entsorgt werden sollten.

Was die Fernsehtätigkeit angeht, so erfolgt die Koordinierung des Regelungswerks auf Gemeinschaftsebene durch die Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“[15]. Dies gilt insbesondere für gesellschaftlich wichtige Ereignisse, die Förderung europäischer Werke und unabhängiger Produktionen, die Werbung und den Schutz Minderjähriger. Aufgrund der Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse einer jeden Gesellschaft wurde dem Vertrag von Amsterdam im Anhang ein spezielles Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten beigefügt. In ihrer Mitteilung „Grundsätze und Leitlinien für die audiovisuelle Politik der Gemeinschaft im digitalen Zeitalter“[16] führt die Kommission Regelungsgrundsätze für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein. Darüber hinaus hat sie ihren Ansatz in ihrer Mitteilung vom 17. Oktober 2001 über die Anwendung der Vorschriften über Staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk[17] weiter erläutert. Insbesondere trägt sie der Tatsache Rechnung, dass die Rundfunklandschaft in der Europäischen Gemeinschaft von einem dualen System aus öffentlich-rechtlichen und privaten Sendeanstalten bestimmt wird.

(3)     Nichtwirtschaftliche Tätigkeiten und Dienstleistungen ohne Auswirkung auf den Handel

Für nichtwirtschaftliche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse und Dienstleistungen ohne Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten gibt es auf Gemeinschaftsebene keine spezifischen Regelungen; sie unterliegen auch nicht den Vertragsvorschriften für den Binnenmarkt, den Wettbewerb und die staatlichen Beihilfen. Dennoch fallen sie unter die Gemeinschaftsregeln, die auch bei den nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten und den Tätigkeiten ohne Auswirkung auf den innergemeinschaftlichen Handel Anwendung finden (wie etwa der Grundsatz der Nichtdiskriminierung).

33.                   Somit hat die Gemeinschaft zu den Dienstleistungen von allgemeinem Interesse eine Politik entwickelt, die auf ein unterschiedlich starkes Eingreifen und auf den Einsatz unterschiedlicher Instrumente setzt. Jedoch bietet die Schaffung eines sektorspezifischen Rahmens auf Gemeinschaftsebene einerseits an sich noch keine Gewähr dafür, dass der Einzelne überall in der Europäischen Union Zugang zu effizienten und qualitativ hochwertigen Leistungen hat. Aufgabe der zuständigen staatlichen Stellen in den Mitgliedstaaten ist es, die Gemeinschaftsvorschriften, die Gemeinwohlverpflichtungen betreffend, zu spezifizieren und zu ergänzen sowie ihre Umsetzung zu überwachen. Andererseits kann die Kommission zur Durchsetzung von Gemeinschaftsvorschriften in den Bereichen Wettbewerb und staatliche Beihilfen besondere Direktmaßnahmen ergreifen. Dadurch könnte der Eindruck entstehen, als seien die Maßnahmen der Gemeinschaft unausgewogen, was letztlich ihrer Glaubwürdigkeit schaden könnte.

34.                   Mit der Forderung nach Einrichtung unabhängiger Regulierungsbehörden tragen die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für die netzgebundenen Wirtschaftszweige der bedeutsamen Rolle Rechnung, die den mitgliedstaatlichen Behörden bei der Umsetzung der Rechtsvorschriften im Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zukommt. Die institutionellen Regelungen betreffend die Regulierungsbehörde bleiben im Einzelnen jedoch den Mitgliedstaaten überlassen. Dabei kann es sich um eine bereits bestehende Einrichtung oder das für diesen Sektor zuständige Ministerium handeln; hierfür hat sich eine kleine Zahl von Mitgliedstaaten entschieden. Diese Lösung hat sich in Bezug auf die Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörde in einigen Fällen Umständen als problematisch erwiesen, in denen die Mitgliedstaaten gleichzeitig Eigentümer der im betreffenden Sektor tätigen Unternehmen sind bzw. diese kontrollieren. Die Bedeutung und der permanente, komplizierte und ständig neue Charakter der hiermit verbundenen Regulierungsaufgaben erfordern häufig den Sachverstand und die Unabhängigkeit eines sektorspezifischen Regulierungsgremiums[18]. Ein solches Regulierungsgremium ist wichtig zur Ergänzung der Maßnahmen, die von den Wettbewerbsbehörden getroffen werden. Dies gilt für die Ziele, die sektorspezifischen Erfahrungen, den Zeitplan und die Kontinuität der betreffenden Intervention. Eine besonders wichtige Rolle kommt den Regulierungsgremien vor allem zu, wenn es darum geht, Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zu erbringen, die Voraussetzungen für einen fairen Wettbewerb zu schaffen, Unterbrechungen der Leistungserbringung zu verhindern und einen angemessenen Verbraucherschutz sicherzustellen. Nahezu alle Mitgliedstaaten haben für die betreffenden Sektoren derartige Gremien gebildet. Doch selbst wenn eine sektorspezifische Regulierungsbehörde existiert, liegt die Verantwortung für bestimmte ordnungspolitische Entscheidungen weiterhin bei der Regierung, d. h. dem zuständigen Ministerium.

35.                   Darüber hinaus fördern das Gemeinschaftsrecht und die gängige Praxis in der Gemeinschaft die Zusammenarbeit und den Austausch beispielhafter Verfahren zwischen den Regulierungsbehörden in den Mitgliedstaaten sowie zwischen diesen und der Kommission. Während der Aufbau nationaler Regulierungsbehörden bereits weitgehend vollzogen ist, ist die Einsetzung europäischer Regulierungsgremien für Dienstleistungen von allgemeinem Interesse oder die Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen den Regulierungsinstanzen der Mitgliedstaaten (z. B. über strukturierte Netzwerke) noch nicht breit diskutiert worden und könnte neue Fragen aufwerfen. Zu den Zielen gehört die Notwendigkeit, die einzelstaatlichen Regulierungsansätze möglichst einheitlich zu gestalten, um Verzerrungen zu vermeiden, die sich aus unterschiedlichen Ansätzen ergeben und Auswirkungen auf das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes haben könnten; außerdem muss die Abwicklung dieser Dienste verbessert werden.

36.                   Folgende Fragen werden zur Diskussion gestellt:

(1)      Sollte die Entwicklung hochwertiger Dienstleistungen von allgemeinem Interesse in den Zielekatalog der Gemeinschaft aufgenommen werden? Sollte die Gemeinschaft im Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Interesse zusätzliche Befugnisse erhalten?

(2)      Müssen die Zuständigkeitsbereiche von Gemeinschaft und mitgliedstaatlichen Verwaltungen klarer voneinander abgegrenzt werden? Ist es erforderlich, das Konzept der Dienste ohne Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten deutlicher zu umschreiben? Wenn ja, wie sollte dies geschehen?

(3)      Gibt es Leistungen (abgesehen von den unter Ziffer 32 genannten großen netzgebundenen Wirtschaftszweigen), für die ein rechtlicher Rahmen der Gemeinschaft geschaffen werden sollte?

(4)      Ist der institutionelle Rahmen verbesserungsbedürftig? Wie könnte dies geschehen? Welche Aufgabe kommt dabei den Wettbewerbs-, welche den Regulierungsbehörden zu? Was spräche für ein europäisches Regulierungs­gremium für jeden regulierten Wirtschaftszweig oder für europaweite strukturierte Netzwerke der einzelstaatlichen Regulierungsinstanzen?

2.2.        Sektorspezifische Vorschriften und allgemeiner Rechtsrahmen

37.                   Bislang hat die Gemeinschaft Rechtsvorschriften zu den Dienstleistungen von allgemeinem Interesse auf Sektorbasis verabschiedet. Auf diese Weise wurde für die verschiedenen netzgebundenen Wirtschaftszweige eine umfassende Sammlung sektorspezifischer Rechtsvorschriften entwickelt, so u. a. für die elektronische Kommunikation, die Postdienste, die Gas- und Stromversorgung und den Verkehrssektor, wo Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse erbracht werden können. In Anbetracht der nunmehr vorliegenden Erfahrungen wurde die Frage gestellt, ob es im Interesse einer gemeinschaftsweit einheitlichen Umsetzung der Grundsätze, die Artikel 16 des Vertrags zugrunde liegen, vielleicht sinnvoll wäre, einen gemeinsamen europäischen Rahmen zu erarbeiten. Diesbezüglich hat sich die Kommission auf dem Europäischen Rat von Laeken verpflichtet, das Instrument zu ermitteln, das am besten geeignet ist, in strikter Übereinstimmung mit allen anderen Gemeinschaftspolitiken die Entwicklung qualitativ hochwertiger Leistungen von allgemeinem Interesse in der Europäischen Union sicherzustellen.

38.                   In einem allgemeinen Rechtsakt könnten die Ziele und Grundsätze, die allen bzw. mehreren Arten von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, welche in die Zuständigkeit der Gemeinschaft fallen, gemeinsam sind, aufgeführt, präzisiert und bekräftigt werden. Dieser Rechtsakt könnte anschließend weiteren sektorspezifischen Rechtsvorschriften zugrunde gelegt werden, über die die Zielvorgaben aus dem Rechtsrahmen umgesetzt werden, was diesen Bereich des Binnenmarkts vereinfachen und konsolidieren würde.

39.                   Die Konsolidierung des gemeinschaftlichen Besitzstands könnte auf der Grundlage gemeinsamer Elemente der bestehenden sektorspezifischen Rechtsvorschriften erfolgen, was der sektorübergreifenden Kohärenz der Ansätze sehr dienlich wäre. Darüber hinaus hätte dies einen hohen symbolischen Wert, da darin der Ansatz der Gemeinschaft sowie die Tatsache zum Ausdruck kämen, dass die Gemeinschaft für die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse über ein Konzept verfügt. Zudem würde die Konsolidierung die neuen Mitgliedstaaten bei der Erarbeitung eigener Regulierungsstrategien für diesen Bereich unterstützen.

40.                   Jedoch wäre auch ein solcher Ansatz beschränkt, da eine rechtliche Rahmenregelung, mit der die gemeinsamen Ziele und Grundsätze abgesteckt sind, allgemeiner Natur wäre, da sie auf dem gemeinsamen Nenner unterschiedlicher Leistungen mit stark voneinander abweichenden Besonderheiten beruhen müsste. Wenn das derzeitige Schutzniveau erhalten bleiben soll, müsste er durch sektorspezifische Rechtsvorschriften mit stärker ins Detail gehenden Regelungen ergänzt werden, die den Besonderheiten der verschiedenen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse Rechnung tragen. Darüber hinaus liefert Artikel 16 keine Rechtsgrundlage für die Annahme eines speziellen Rechtsakts. Je nach dem Inhalt des betreffenden Rechtsakts könnten andere Bestimmungen des Vertrags als Rechtsgrundlage angesetzt werden. Beispielsweise könnte Artikel 95 hierzu herangezogen werden, jedoch müsste sich eine auf diesem Artikel gründende rechtliche Rahmenregelung auf die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse beschränken, die Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten haben. Das hätte zur Folge, dass viele wichtige Sektoren aus dem Anwendungsbereich der Regelung herausfallen würden, da sie entweder keinen wirtschaftlichen Charakter tragen oder nur begrenzte Auswirkungen auf den Handel haben. Wenn gemeinschaftliche Rechtsvorschriften in solchen Sektoren für wünschenswert befunden werden, wäre vielleicht eine Änderung des Vertrags das beste Mittel zur Bereitstellung einer angemessenen Rechtsgrundlage.

41.                   Was die Rechtsform angeht, so könnte die Konsolidierung der gemeinsamen Ziele und Grundsätze über einen verbindlichen Rechtsakt (etwa eine Richtlinie oder eine Verordnung) oder einen nichtverbindlichen Rechtsakt (Empfehlung, Mitteilung, Leitlinien, interinstitutionelle Vereinbarung) erfolgen. Abgesehen von ihren unterschiedlichen Rechtswirkungen, weichen diese Akte auch in Bezug auf den Grad der Einbeziehung der verschiedenen Gemeinschaftsorgane in das Annahmeverfahren voneinander ab[19].

42.                   Folgende Fragen werden zur Diskussion gestellt:

(5)      Ist für die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse ein allgemeiner Gemeinschaftsrahmen erstrebenswert? Welcher zusätzliche Nutzen würde sich damit im Vergleich zum bestehenden sektorbezogenen Recht ergeben? Für welche Sektoren sowie welche Probleme und Rechte sollte er gelten? Welches Instrument sollte zur Anwendung gelangen (Richtlinie, Verordnung, Empfehlung, Mitteilung, Leitlinien, interinstitutionelle Vereinbarung)?

(6)      Welche Auswirkungen hat die sektorspezifische Regelung bisher nach sich gezogen? Hat sie zu uneinheitlichem Vorgehen geführt?

2.3.        Wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Leistungen

43.                   Die Unterscheidung zwischen Leistungen wirtschaftlichen Charakters und Leistungen nichtwirtschaftlichen Charakters (d. h. marktbezogenen und nichtmarktbezogenen Tätigkeiten) ist wichtig, weil sie nicht denselben Vertragsbestimmungen unterliegen. Beispielsweise gelten Bestimmungen wie der Grundsatz der Nichtdiskriminierung oder der Grundsatz der Freizügigkeit für den Zugang zu sämtlichen Leistungen. Die Vorschriften für das öffentliche Auftragswesen beziehen sich auf Waren, Dienstleistungen und Bauleistungen, die von staatlichen Stellen mit der Absicht in Auftrag gegeben werden, Leistungen sowohl wirtschaftlicher als auch nichtwirtschaftlicher Natur zu erbringen. Die Vertragsvorschriften zum freien Dienstleistungsverkehr, zur Niederlassungsfreiheit, zum Wettbewerb und zu staatlichen Beihilfen werden jedoch nur auf wirtschaftliche Tätigkeiten angewendet. Darüber hinaus beziehen sich auch Artikel 16 des Vertrags und Artikel 36 der Charta der Grundrechte lediglich auf Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse.

44.                   Was die Unterscheidung zwischen Leistungen wirtschaftlichen Charakters und Leistungen nichtwirtschaftlichen Charakters angeht, so gilt jede Tätigkeit, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten, als wirtschaftliche Tätigkeit[20]. Wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Dienstleistungen können demnach in ein und demselben Sektor nebeneinander herbestehen und mitunter sogar von ein und derselben Einrichtung erbracht werden. Hinzu kommt, dass es vielleicht keinen Markt für die Erbringung bestimmter Dienstleistungen von allgemeinem Interesse geben mag, aber dennoch ein vorgelagerter Markt existieren kann, auf dem Unternehmen mit staatlichen Stellen Verträge über die Erbringung solcher Leistungen schließen. Auf solche vorgelagerten Märkte finden die für den Binnenmarkt, den Wettbewerb und die staatlichen Beihilfen geltenden Regeln Anwendung.

45.                   Das Spektrum aller Dienstleistungen, die auf einem bestimmten Markt erbracht werden können, unterliegt dem technischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel und hat sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt. Daher trägt auch die Unterscheidung zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten dynamische, veränderliche Züge, wobei in den vergangenen Jahrzehnten die Zahl der Tätigkeiten, die wirtschaftliche Bedeutung erlangt haben, immer weiter angewachsen ist. Für eine zunehmende Zahl von Leistungen ist die Abgrenzung schwierig. In ihrer Mitteilung aus dem Jahr 2000 führt die Kommission eine Reihe von Beispielen für nichtwirtschaftliche Tätigkeiten an.[21] Diese Beispiele betreffen insbesondere Aufgaben, die per se dem Staat vorbehalten sind, Leistungen wie die Volksbildung oder die mit der Pflichtmitgliedschaft verbundenen Grundversorgungssysteme der sozialen Sicherheit und eine Reihe von Tätigkeiten, die von Organisationen ausgeübt werden, die hauptsächlich soziale Aufgaben erfüllen, deren Zweck nicht in der Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit besteht. Da diese Unterscheidung im Laufe der Zeit nicht statisch festgeschrieben bleibt, hat die Kommission es in ihrem Bericht für den Europäischen Rat in Laeken für unmöglich und nicht erstrebenswert erklärt, ein endgültiges A-priori-Verzeichnis sämtlicher Dienstleistungen von allgemeinem Interesse aufzustellen, die als „nichtwirtschaftlich“ anzusehen sind[22].

46.                   Wenn der veränderliche und dynamische Charakter dieser Unterscheidung bisher im praktischen Alltag der Kommission keine Probleme bereitet hat, hat er doch Befürchtungen laut werden lassen, und zwar insbesondere unter den Erbringern nichtwirtschaftlicher Leistungen, die gern mehr Rechtssicherheit in ihrem Regelungsumfeld genießen würden.

47.                   Darüber hinaus wirft die Zukunft der nichtwirtschaftlichen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, ob sie nun zu den Vorrechten des Staates gehören oder mit sensiblen Sektoren wie der Kultur, der Bildung, den Gesundheits- oder den Sozialleistungen im Zusammenhang stehen, Fragen von europäischer Tragweite auf, etwa nach dem Inhalt des europäischen Gesellschaftsmodells. Die aktive Rolle von gemeinnützigen Einrichtungen, freiwilligen Vereinigungen und humanitären Einrichtungen erklärt zum Teil die Bedeutung, die die Bürger Europas diesen Fragen beimessen.

48.                   Folgende Fragen werden zur Diskussion gestellt:

(7)      Werden genauere Angaben zu den Kriterien benötigt, nach denen die Einteilung in wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Leistungen erfolgt? Sollte der Status von Einrichtungen ohne Erwerbszweck und von Organisationen, die hauptsächlich soziale Aufgaben erfüllen, näher erläutert werden?

(8)      Welche Rolle sollte die Gemeinschaft bei den nichtwirtschaftlichen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse spielen?

3.           Ein Gemeinschaftskonzept für Dienstleistungen von allgemeinem Interesse – erstrebenswert?

49.                   Wahrscheinlich ist es weder erstrebenswert noch möglich, eine einheitliche, umfassende europäische Definition des Inhalts der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zu entwickeln. Das bestehende Gemeinschaftsrecht zu den Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse enthält jedoch eine Reihe gemeinsamer Elemente, die bei der Erarbeitung eines anwendbaren Gemeinschaftskonzepts der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse herangezogen werden können. Zu diesen Elementen zählen insbesondere: der Universaldienst, die Kontinuität und Qualität der Dienste, die Erschwinglichkeit der Dienste sowie der Nutzer- und Verbraucherschutz. Diese gemeinsamen Elemente sind Wesensmerkmale der Werte und Ziele der Gemeinschaft. Sie sind in den entsprechenden Rechtsvorschriften in Verpflichtungen umgesetzt worden und zielen auf wirtschaftliche Effizienz, sozialen und territorialen Zusammenhalt sowie Sicherheit für alle Bürger ab. Sie können zudem je nach den Besonderheiten des betreffenden Sektors durch weitere spezielle Verpflichtungen ergänzt werden. Obwohl sie vornehmlich für bestimmte netzgebundene Wirtschaftszweige entwickelt wurden, könnten sie auch für soziale Leistungen eine Rolle spielen.

3.1.        Ein gemeinsames Paket von Verpflichtungen

3.1.1      Universaldienst

50.                   Das Konzept des Universaldienstes bezieht sich auf ein Bündel von Anforderungen an die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, durch die sichergestellt wird, dass bestimmte Dienste in einer bestimmten Qualität allen Verbrauchern und Nutzern im gesamten Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates unabhängig von ihrem geografischen Standort und unter Berücksichtigung der landesspezifischen Gegebenheiten zu einem erschwinglichen Preis zur Verfügung gestellt werden.[23] Das Konzept wurde speziell für netzgebundene Wirtschaftszweige entwickelt (z. B. Telekommunikation, Stromsektor und Postdienste). Es räumt jedem Bürger den Anspruch auf Zugang zu bestimmten, als lebenswichtig eingestuften Diensten ein und legt für die einzelnen Wirtschaftszweige Verpflichtungen zur Erbringung bestimmter Dienste zu genau definierten Bedingungen fest, die flächendeckende Versorgung eingeschlossen. In einem liberalisierten Marktumfeld wird mit der Universaldienstverpflichtung gesichert, dass der betreffende Dienst für jedermann zu einem erschwinglichen Preis zugänglich ist und die bestehende Dienstequalität beibehalten bzw. gegebenenfalls verbessert wird.

51.                   Der Universaldienst beruht auf einem dynamischen Konzept, durch das garantiert wird, dass die Anforderungen an die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse den politischen, sozialen, wirtschaftlichen und technischen Entwicklungen Rechnung tragen. Darüber hinaus ermöglicht das Konzept, die Anforderungen gegebenenfalls dem Bedarf der Bürger anzupassen.

52.                   Gleichzeitig handelt es sich um ein flexibles Konzept, das mit dem Grundsatz der Subsidiarität vollständig vereinbar ist. Soweit die Grundsätze des Universaldienstes auf Gemeinschaftsebene definiert sind, kann ihre Umsetzung den Mitgliedstaaten überlassen werden, was die Berücksichtigung unterschiedlicher Traditionen und besonderer nationaler oder regionaler Gegebenheiten ermöglicht. Außerdem lässt sich das Konzept des Universaldienstes auf unterschiedliche Marktstrukturen anwenden und kann somit zur Regulierung der Dienste in den verschiedenen Stadien der Liberalisierung und Marktöffnung eingesetzt werden.

53.                   In den vergangenen 20 Jahren hat sich das Konzept des Universaldienstes zu einer sehr wichtigen, unverzichtbaren Säule der Gemeinschaftspolitik im Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse entwickelt und die Auseinandersetzung mit den Anforderungen an die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse in den verschiedensten Bereichen, beispielsweise im Zusammenhang mit Fragen der wirtschaftlichen Effizienz, des technischen Fortschritts, des Umweltschutzes, der Transparenz und Kontrolle, der Verbraucherrechte und spezieller Maßnahmen im Zusammenhang mit Behinderten, älteren Menschen bzw. Bildungsaspekten, ermöglicht. Darüber hinaus hat dieses Konzept dazu beigetragen, die Ungleichheit bei den Lebensbedingungen und Chancen in den Mitgliedstaaten zu verringern.

54.                   Die Umsetzung des Universaldienstprinzips stellt für die nationalen Regulierungsstellen eine komplizierte und anspruchsvolle Aufgabe dar. Viele von ihnen bestehen erst seit kurzem und verfügen demgemäß über einen begrenzten Erfahrungsschatz. Auf Gemeinschaftsebene ist das Recht auf Zugang zu bestimmten Leistungen in verschiedenen Richtlinien geregelt, doch können die Gemeinschaftsorgane allein nicht dafür sorgen, dass diese Rechte in der Praxis voll gewährleistet sind. Es besteht die Gefahr, dass diese im Gemeinschaftsrecht verbrieften Rechte selbst dann bloße Theorie bleiben, wenn sie formell in einzelstaatliches Recht umgesetzt wurden.

3.1.2      Kontinuität

55.                   Mehrere Dienstleistungen von allgemeinem Interesse sind mit einem Kontinuitätsanspruch verbunden. Das bedeutet, dass der Leistungserbringer dafür zu sorgen hat, dass die betreffende Leistung ohne Unterbrechung erbracht wird. Bei manchen Leistungen kann die kontinuierliche Bereitstellung bereits im Geschäftsinteresse des Leistungserbringers liegen, so dass es sich erübrigen mag, ihm die kontinuierliche Leistungserbringung rechtlich vorzuschreiben. Auf nationaler Ebene muss das Erfordernis der Kontinuität mit dem Streikrecht der Beschäftigten und dem Erfordernis der Rechtsstaatlichkeit in Einklang gebracht werden.

56.                   Das Erfordernis der Sicherstellung eines kontinuierlichen Dienstes ist nicht konsequent in das sektorspezifische Gemeinschaftsrecht eingeflossen. In einigen Fällen wurde der Kontinuitätsanspruch in die sektorspezifischen Rechtsvorschriften explizit aufgenommen[24]. In anderen Fällen fehlt das Kontinuitätserfordernis, doch sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, den Leistungserbringern gegenüber diesen Anspruch geltend zu machen[25].

3.1.3      Dienstequalität

57.                   Der Festlegung, Überwachung und Durchsetzung von Qualitätsanforderungen durch die Behörden kommt bei der Regulierung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse inzwischen eine Schlüsselrolle zu.

58.                   In den Sektoren, in denen die Liberalisierung bereits greift, verlässt sich die Gemeinschaft bei der Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung der Dienstequalität nicht auf die Marktkräfte allein. Obwohl es im Allgemeinen Sache der Mitgliedstaaten ist, die Qualität der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zu regeln, wurden in einigen Fällen im Gemeinschaftsrecht Qualitätsstandards festgelegt, die u. a. Sicherheitsvorschriften, den ordnungsgemäßen und transparenten Verbindungsnachweis, die flächendeckende Grundversorgung und den Schutz vor der Trennung vom Netz betreffen. In anderen Fällen wiederum sind die Mitgliedstaaten ermächtigt bzw. aufgefordert, Qualitätsstandards festzulegen. Zum Teil sind die Mitgliedstaaten zudem verpflichtet, die Einhaltung der Qualitätsstandards zu überwachen und durchzusetzen und dafür sorgen, dass die Anbieter Informationen zu den Qualitätsstandards und der tatsächlichen Qualität ihrer Leistungen veröffentlichen. Am weitesten entwickelt ist die Qualitätsregulierung auf Gemeinschaftsebene in den Rechtsvorschriften für die Postdienste und die elektronischen Kommunikationsdienste.

59.                   Darüber hinaus hat die Kommission im Interesse der Anhebung der Qualität der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse Maßnahmen ohne Regulierungscharakter entwickelt – hierzu zählen Finanzierungsinstrumente, freiwillige europäische Standards und der Austausch empfehlenswerter Praktiken. Beispielsweise fördert die Gemeinschaft im Strom- und Gassektor die freiwillige Zusammenarbeit zwischen den Regulierungsstellen.

3.1.4.     Erschwinglichkeit

60.                   Das Konzept der Erschwinglichkeit wurde im Zusammenhang mit der Regulierung der Telekommunikationsdienste entwickelt und fand in der Folgezeit auch in die Regulierung der Postdienste Eingang[26]. Diesem Konzept entsprechend muss eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse zu einem erschwinglichen Preis angeboten werden, damit sie für jedermann zugänglich ist. Die Anwendung des Grundsatzes der Erschwinglichkeit trägt zum wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt innerhalb der Mitgliedstaaten bei.

61.                   Die bestehenden sektorspezifischen Rechtsvorschriften enthalten keine exakten Kriterien für die Festsetzung erschwinglicher Preise, vielmehr müssen die Kriterien von den Mitgliedstaaten bestimmt werden. Sie können sich beispielsweise an der Erschließungsdichte oder am Preis eines Grundversorgungskorbs in Abhängigkeit vom verfügbaren Einkommen bestimmter Kundengruppen orientieren. Besonderes Augenmerk sollte den Bedürfnissen und Möglichkeiten von einkommensschwachen Personen und Randgruppen gelten. Ist ein erschwingliches Preisniveau festgelegt, müssen die Mitgliedstaaten mit Hilfe eines Preisüberwachungsmechanismus (Preisobergrenzen, Anwendung geografischer Mittelwerte) bzw. durch die Subventionierung in Frage kommender Personen für die praktische Umsetzung sorgen.

3.1.5.     Nutzer- und Verbraucherschutz

62.                   Im Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse gelten die horizontalen Verbraucherschutzvorschriften ebenso wie in anderen Wirtschaftszweigen. Wegen des besonderen wirtschaftlichen und sozialen Stellenwertes dieser Leistungen wurden in die sektorspezifischen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft spezielle Vorkehrungen aufgenommen, mit denen den besonderen Interessen und Bedürfnissen von Verbrauchern und Unternehmen Rechnung getragen wird, darunter auch ihrem Recht auf Zugang zu hochwertigen internationalen Leistungen[27]. Festlegungen zu den Nutzer- und Verbraucherrechten sind in den sektorspezifischen Rechtsvorschriften für die elektronischen Kommunikationsdienste, die Postdienste, den Energiesektor (Strom, Gas), den Verkehrssektor und den Hörfunk- und Fernsehbereich enthalten. In der verbraucherpolitischen Strategie der Kommission für den Zeitraum 2002-2006[28] werden die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse den Politikfeldern zugeordnet, in denen zur Sicherstellung eines hohen allgemeinen Verbraucherschutzniveaus Handlungsbedarf besteht.

63.                   In der Mitteilung der Kommission über die Leistungen der Daseinsvorsorge vom September 2000[29] sind Grundsätze genannt, die zur Bestimmung der Ansprüche verwendet werden können, welche die Verbraucher und Nutzer dieser Leistungen stellen. Die Grundsätze umfassen u. a. Mindestanforderungen an die Qualität, das Gesundheitsschutzniveau und die materielle Sicherheit der Leistungen, Transparenz (etwa in Bezug auf Entgelte, Vertragsbedingungen, freie Wahl des Anbieters, Finanzierung der Anbieter), freie Wahl der Leistung und gegebenenfalls des Anbieters, ein wirksamer Wettbewerb zwischen Anbietern, das Bestehen von Regulierungsinstanzen, das Vorhandensein von Rechtsmitteln, die Vertretung und aktive Beteiligung der Verbraucher und Leistungsempfänger bei der Definition und Evaluierung der Leistungen und der Zahlungsweise. Mit besonderem Nachdruck wird in der Mitteilung auf den Umstand verwiesen, dass bei den Leistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse die Gewährleistung von universellem Zugang, Kontinuität, hoher Qualität und Erschwinglichkeit Kernelemente der Verbraucherpolitik berührt. Darüber hinaus wird die Notwendigkeit unterstrichen, auf weiter reichende Themen einzugehen, die Gegenstand des Interesses der Bürger sind – etwa ein hohes Umweltschutzniveau, die besonderen Bedürfnisse bestimmter Bevölkerungsgruppen wie etwa der Behinderten bzw. einkommensschwacher Personen sowie die Versorgung auch abgelegener bzw. unzugänglicher Regionen mit lebenswichtigen Dienstleistungen.

64.                   Folgende Fragen werden zur Diskussion gestellt:

(9)      Gibt es weitere Anforderungen, die in ein gemeinsames Konzept der Leistungen der Daseinsvorsorge einfließen sollten? Wie wirksam sind die bestehenden Anforderungen in Bezug auf das Erreichen der sozialen und territorialen Kohäsionsziele?

(10)  Sollten einige bzw. all diese Anforderungen auf Leistungen ausgedehnt werden, für die sie derzeit nicht gelten?

(11)  Welche Aspekte der Regulierung dieser Anforderungen sollten auf Gemeinschaftsebene aufgegriffen werden und welche den Mitgliedstaaten überlassen bleiben?

(12)  Sind diese Anforderungen in den Bereichen, für die sie gelten, wirksam umgesetzt worden?

(13)  Sollten einige bzw. all diese Anforderungen auch auf die nichtwirtschaftlichen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse angewendet werden?

3.2.        Weitere spezifische Verpflichtungen

65.                   Der Katalog der gemeinsamen Gemeinwohlverpflichtungen könnte durch sektorspezifische Verpflichtungen ergänzt werden, die im allgemeinen Interesse liegen. Zu diesen Verpflichtungen zählen allgemeine und technische Sicherheit, Versorgungssicherheit, Netzzugang und Zusammenschaltbarkeit sowie Medienpluralismus.

66.                   Allgemeine und technische Sicherheit

In einer sich rasch und tiefgreifend wandelnden Welt müssen die Bürger in der Europäischen Union sich sicher fühlen und auch tatsächlich sicher sein. Dies ist vor dem Hintergrund bestimmter Ereignisse immer wichtiger geworden. Seit dem 11. September ist Sicherheit sogar für ganz Europa eine zentrale Frage. Anlass zur Besorgnis gaben in letzter Zeit auch weitere Vorkommnisse[30]. Zu den Grundpfeilern des europäischen Gesellschaftsmodells zählt somit die allgemeine und technische Sicherheit.

Gemeint ist damit ein gemeinsamer Zielekatalog, der in fast allen Mitgliedstaaten besteht. Insbesondere soll Schaden von der Gesellschaft abgewendet bzw. Anschläge auf sie verhindert werden. Die Ziele selbst können unterschiedliche Formen annehmen. In Europa wurde in der Regel versucht, sie mit Hilfe von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zu erreichen. Diese wurden üblicherweise unter staatlicher Aufsicht erbracht, bisweilen ohne kommerzielle Absichten.

In jüngster Zeit tritt die Kommission dafür ein, das Sicherheitsniveau anzuheben und auf bestimmten Gebieten, etwa im Verkehrs- und im Energiebereich, eine europäischere Vorgehensweise durchzusetzen. Erwähnt seien die Kommissionsmitteilung über die Folgen der Attentate in den Vereinigten Staaten für die Luftverkehrsbranche[31], die Vorschläge der Kommission nach den verschiedenen schweren Schiffsunglücken an den europäischen Küsten[32] und das vor kurzem vorgelegte Paket betreffend die Entwicklung eines gemeinschaftlichen Konzepts für die nukleare Sicherheit[33]. In diesen Texten werden mehrere Ziele herausgestellt, die von ganz Europa verfolgt werden müssen. Es hat wichtige Impulse gegeben, so dass sich das Sicherheitsniveau erhöhen dürfte. Die Gründe für diesen neuen Ansatz sind vielfältig. Beispielsweise sind die Probleme meist länderübergreifend; internationale Übereinkünfte und Vorschriften haben in der Regel keine bindende Wirkung; die Mitgliedstaaten sehen sich manchmal Beschränkungen gegenüber, die ihnen das Gemeinschaftsrecht auferlegt.

67.                   Versorgungssicherheit

Ein hohes Niveau der Dienstequalität setzt voraus, dass die nachhaltige Leistungserbringung langfristig gewährleistet ist. Das Entstehen des Binnenmarktes hat allgemein ein wesentlich höheres Niveau der Versorgungssicherheit bei Waren und Dienstleistungen nach sich gezogen, und zwar bis zu einem solchen Grad, dass die betreffenden Märkte unter Wettbewerbsbedingungen funktionieren. Dennoch könnte bei manchen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse im Interesse einer größeren Versorgungssicherheit ein Eingreifen des Staates erforderlich sein, etwa wenn die Gefahr besteht, dass über einen längeren Zeitraum zu wenig Mittel in Infrastruktureinrichtungen investiert werden, oder gesichert werden muss, dass ausreichend Kapazität zur Verfügung steht.

68.                   Ausgelöst durch ein von der Kommission 2001 veröffentlichtes Grünbuch[34], war die Frage der Versorgungssicherheit im Energiesektor Gegenstand einer breiten öffentlichen Diskussion auf Gemeinschaftsebene. Mit dem Grünbuch sollte eine Debatte über die Festlegung einer langfristigen Strategie der Energieversorgungssicherheit angestoßen werden, mit der unter Berücksichtigung der Interessen des Umweltschutzes und einer nachhaltigen Entwicklung die ständige physische Verfügbarkeit von Energieerzeugnissen auf dem Markt zu einem für die Verbraucher und Nutzer erschwinglichen Preis sichergestellt werden soll. Im Juni 2002 legte die Kommission den Abschlussbericht zu den Ergebnissen der öffentlichen Debatte in Form einer Mitteilung vor[35]. Auf der Grundlage dieser Konsultationen gelangte die Kommission in ihrem Bericht zu dem Fazit, dass eine stärkere Koordinierung der Maßnahmen zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit im Energiesektor geboten ist. Im September 2002 unterbreitete sie zwei Vorschläge für Richtlinien, die zu einer besseren Sicherung der Versorgung mit Erdölerzeugnissen und Erdgas in der Europäischen Union beitragen werden[36].

69.                   Außerhalb des Energiesektors gibt es Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, die ebenfalls Anlass zu Sorgen in Bezug auf die Versorgungssicherheit geben können. Im abgeleiteten Gemeinschaftsrecht wird diese Frage jedoch zumeist außer Acht gelassen. Daher wären vielleicht Überlegungen darüber nützlich, ob es noch weitere Sektoren gibt, in denen die Frage der Versorgungssicherheit besonderer Beachtung bedarf. Zu bedenken ist jedoch, dass gezielte zusätzliche Maßnahmen zur Erhöhung der Versorgungssicherheit meist auch zusätzliche Kosten nach sich ziehen und den Wettbewerb beeinträchtigen könnten. Bei jeder Maßnahme, die zur Verbesserung der Versorgungssicherheit vorgeschlagen wird, muss daher sichergestellt sein, dass die Kosten den voraussichtlichen Nutzen nicht übersteigen[37].

70.                   Netzzugang und Zusammenschaltbarkeit

Wo es einen effektiven Wettbewerb gibt, können Marktmechanismen die Erbringung erschwinglicher Dienstleistungen in angemessener Qualität sicherstellen, so dass sich die Notwendigkeit eines regulierenden Eingreifens weitgehend erübrigt. Wo die Leistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse durch Netze mit universellem Erfassungsbereich erbracht werden, genießt das etablierte Unternehmen einen beträchtlichen Wettbewerbsvorteil, was vor allem an den erheblichen Aufwendungen für die Etablierung und Betreibung alternativer Netze liegt. Können Wettbewerber lediglich als Leistungserbringer in Erscheinung treten, ist der Zugang zum vorhandenen Netz für den Markteintritt unverzichtbar. Doch selbst in Sektoren, in denen Wettbewerber zum Aufbau einer eigenen Netzinfrastruktur berechtigt sind, kann der Netzzugang für sie notwendig sein, um mit dem etablierten Betreiber oder auf nachgelagerten Märkten konkurrieren zu können. Hätten Dritte nicht zu fairen und diskriminierungsfreien Bedingungen Zugang zu den bestehenden Netzen, so würden de facto Monopole fortbestehen oder bestünde zumindest für den Betreiber des bestehenden Netzes ein Anreiz, die Zugangsbedingungen diskriminierend zu regeln und damit den nachgelagerten Wettbewerb zu verzerren. Um den Zielen der Wettbewerbspolitik und des Binnenmarktes gerecht zu werden, wonach den Kunden größere Auswahlmöglichkeiten, eine bessere Qualität und niedrigere Preise geboten werden sollen, harmonisiert und regelt das sektorspezifische Gemeinschaftsrecht für die Sektoren, die auf Gemeinschaftsebene liberalisiert wurden, daher den Zugang zur Netzinfrastruktur.

71.                   Die Gemeinschaft hat für die verschiedenen netzgebundenen Wirtschaftszweige und Dienstleistungen von allgemeinem Interesse unterschiedliche Regulierungsstrategien verabschiedet. Das liegt daran, dass diese Wirtschaftszweige unterschiedlich sind und sich in jeweils anderen Stadien des Liberalisierungsprozesses befinden. Beträchtliche Abweichungen bestehen zwischen ihnen hinsichtlich Rentabilität, Produktionsstruktur, Kapitalintensität, Methoden der Leistungserbringung und Nachfragestruktur. In einigen Sektoren kann das etablierte Unternehmen seine vertikale Integration beibehalten, muss jedoch den Netzzugang gewährleisten, um Wettbewerbern den Markteintritt zu ermöglichen. Im Telekommunikationssektor sind die öffentlichen Betreiber verpflichtet, über die Zusammenschaltung ihrer Netze zu verhandeln. Darüber hinaus sind die Wettbewerber berechtigt, die Infrastruktur des etablierten Betreibers zu nutzen. Gleiches gilt derzeit auch für den Strom- und Gassektor. Im Postsektor verfügen Neubewerber über eigene Paketverteilungsnetze und streben keinen Zugang zur Infrastruktur des etablierten Unternehmens an. Überall dort, wo die Pflicht zur Gewährung des Zugangs besteht, hat sich der Preis, der für den Zugang erhoben wird, als der entscheidende regulierungspolitische Faktor erwiesen.

72.                   Wie die Erfahrung zeigt, gibt es wahrscheinlich keinen idealen Ansatz für die Regulierung des Netzzugangs. Die Lösungen müssen den Besonderheiten des jeweiligen Wirtschaftszweigs Rechnung tragen. Daher hat die Gemeinschaft bei der Regulierung des Zugangs zu den netzgebundenen Wirtschaftszweigen bisher einen sektorspezifischen Ansatz praktiziert. Dennoch könnte darüber nachgedacht werden, ob sich aus einem sektorübergreifenden Vergleich der Regulierungskonzepte und ‑verfahren nicht nützliche Lehren ziehen ließen.

73.                   Medienpluralismus

Der Pluralismus der Medien wird allgemein durch die Begrenzung der Höchstbeteiligung an Medienunternehmen gesichert, zudem werden eine kumulative Kontrolle bzw. die gleichzeitige Beteiligung an mehreren Medienunternehmen unterbunden. Dabei geht es um den Schutz der freien Meinungsäußerung und die Widerspiegelung des für eine demokratische Gesellschaft charakteristischen Spektrums an Auffassungen und Meinungen in den Medien.

74.                   Zunächst ist anzumerken, dass der Schutz des Pluralismus in den Medien in erster Linie in den Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten fällt. Derzeit enthält das abgeleitete Gemeinschaftsrecht keine Bestimmungen zum unmittelbaren Schutz des Medienpluralismus. Das Gemeinschaftsrecht lässt jedoch die Anwendung nationaler Schutzmaßnahmen im Zusammenhang mit dem Medienpluralismus zu. Zweck der bestehenden gemeinschaftlichen Rechtsakte ist die Gewährleistung eines gewissen wirtschaftlichen Gleichgewichts zwischen den Marktakteuren: Daher betreffen diese Vorschriften den Mediensektor in seiner Eigenschaft als wirtschaftliches Betätigungsfeld und nicht ‑ oder zumindest nur sehr indirekt ‑ als Informationsinstrument für den Bürger. Bereits im Dezember 1992 veröffentlichte die Kommission ein Grünbuch[38] mit dem Ziel, eine öffentliche Debatte über die Notwendigkeit von Maßnahmen der Gemeinschaft in diesem Bereich anzustoßen. Die Ergebnisse der Debatte ließen seinerzeit keine eindeutigen praktischen Schlussfolgerungen zu, und so leitete die Kommission keine formelle Initiative in die Wege. Jetzt, da zehn Jahre vergangen sind, stellt der Schutz des Medienpluralismus in Anbetracht der fortschreitenden Konzentration des Mediensektors und der zunehmenden Verbreitung der elektronischen Medien weiterhin ein wichtiges Thema dar[39]. Interessant wären Meinungsäußerungen zu der Frage, ob die Kommission die Notwendigkeit von Maßnahmen der Gemeinschaft in diesem Bereich noch einmal genauer überprüfen sollte.

75.                   Folgende Fragen werden zur Diskussion gestellt:

(14)  Welche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse könnten Befürchtungen in Bezug auf die Versorgungssicherheit wecken? Sollte die Gemeinschaft zusätzliche Maßnahmen ergreifen?

(15)  Sollten auf Gemeinschaftsebene zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, um den Netzzugang und die Zusammenschaltbarkeit zu verbessern? In welchen Bereichen wäre dies zu empfehlen? Welche Maßnahmen sollten insbesondere bei grenzübergreifenden Dienstleistungen ins Auge gefasst werden?

(16)  Welche sonstigen sektorspezifischen Gemeinwohlverpflichtungen sollten in Betracht gezogen werden?

(17)  Sollte die Möglichkeit konkreter Maßnahmen zum Schutz des Pluralismus auf Gemeinschaftsebene noch einmal überdacht werden? Welche Maßnahmen kämen in Frage?

4. Verantwortungsvolles Regieren: Organisation, Finanzierung und Evaluierung

76.                   Im Zusammenhang mit dem Eingreifen der mitgliedstaatlichen Behörden in die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse lassen sich drei Aspekte herausstellen:

·      Festlegung und Durchsetzung von Gemeinwohlverpflichtungen und organisatorische Abwicklung

·      Finanzierung der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse

·      Evaluierung der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse.

4.1.        Festlegung von Gemeinwohlverpflichtungen und organisatorische Abwicklung

77.                   Wie bereits erwähnt, steht es den nationalen, regionalen und örtlichen Behörden eines jeden Mitgliedstaates grundsätzlich frei, was sie als Dienstleistung von allgemeinem Interesse ansehen. Diese Entscheidungsfreiheit schließt die Freiheit ein, den Erbringern solcher Leistungen Pflichten aufzuerlegen, vorausgesetzt, dass diese Pflichten mit den Gemeinschaftsvorschriften vereinbar sind. Da kein spezielles Gemeinschaftsrecht existiert, bleibt es grundsätzlich den Mitgliedstaaten überlassen, Anforderungen wie die Universaldienstverpflichtungen, Versorgungsgebiet, Qualitäts- und Sicherheitsstandards, Nutzer- und Verbraucherrechte sowie die einzuhaltenden Umweltvorschriften festzulegen.

78.                   Lediglich für die großen netzgebundenen Wirtschaftszweige hat die Gemeinschaft ihre Vorschriften über die Gemeinwohlverpflichtungen harmonisiert und in besonderen Rechtsakten der Gemeinschaft gemeinsame Anforderungen festgeschrieben. Dies trifft beispielsweise für die elektronischen Kommunikationsdienste und für den Postsektor zu. Bestehen harmonisierte Verpflichtungen, sind die Mitgliedstaaten ebenfalls für deren Spezifizierung und Umsetzung in Übereinstimmung mit den Besonderheiten des jeweiligen Sektors verantwortlich. Sofern in den Harmonisierungsmaßnahmen keine anders lautenden Festlegungen getroffen sind, hält die sektorspezifische Harmonisierung der Gemeinwohlverpflichtungen die Mitgliedstaaten im Allgemeinen nicht davon ab, weiter reichende bzw. zusätzliche Verpflichtungen aufzuerlegen, die mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang stehen[40]. In den elektronischen Kommunikationsdiensten lassen sich derartige zusätzliche Verpflichtungen nicht sektorintern finanzieren.

79.                   Auch in Bezug auf die Organisation der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse steht den Mitgliedstaaten die Entscheidung frei, wie die Erbringung zu erfolgen hat, vorausgesetzt, die Gemeinschaftsvorschriften werden eingehalten. Auf jeden Fall entscheiden die einschlägigen Binnenmarkt- und Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft über den Grad der Marktöffnung und des Wettbewerbs bei den betreffenden Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse. Was die Beteiligung des Staates an der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse angeht, so obliegt den staatlichen Stellen die Entscheidung darüber, ob sie diese Dienstleistungen von allgemeinem Interesse über ihre eigene Verwaltung direkt erbringen oder ob sie einen Dritten mit der Leistungserbringung beauftragen (öffentliche oder private Stelle)[41].

80.                   Bei den Erbringern der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, einschließlich der Inhouse-Leistungserbringer, handelt es sich um Unternehmen, so dass sie den Wettbewerbsbestimmungen des Vertrags unterliegen. Entscheidungen über die Vergabe von besonderen oder ausschließlichen Rechten an Inhouse-Leistungserbringer bzw. über deren anderweitiger Bevorzugung können ungeachtet des von Artikel 86 des Vertrags eingeräumten partiellen Schutzes auf eine Vertragsverletzung hinauslaufen. Die Rechtsprechung macht deutlich, dass dies insbesondere dann zutrifft, wenn die vom Leistungserbringer zu erfüllenden gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen nicht ordnungsgemäß festgelegt werden,[42] der Leistungserbringer nachweislich nicht in der Lage ist, den Bedarf zu decken[43], oder es eine alternative Methode zur Erfüllung der Verpflichtungen gibt, die weniger wettbewerbsverzerrende Auswirkungen hätte[44].

81.                   Beschließt eine Behörde eines Mitgliedstaates, einen Dritten mit der Erbringung einer Dienstleistung von allgemeinem Interesse zu betrauen, so sind bei dessen Auswahl bestimmte Regeln und Grundsätze zu beachten, damit unabhängig von der Organisationsform (öffentlich-rechtlich oder privat) für sämtliche Anbieter, die zur Erbringung der betreffenden Leistung in der Lage sind, die gleichen Bedingungen gelten. So wird sichergestellt, dass die Leistungen zu den wirtschaftlich günstigsten Konditionen, die auf dem Markt zu haben sind, bereitgestellt werden. Im Rahmen dieser Regeln und Grundsätze steht es den Behörden frei, die Besonderheiten der geforderten Dienstleistung festzulegen. Damit die betreffende Behörde ihre Ziele im Interesse des Gemeinwohls erreichen kann, zählen hierzu auch sämtliche Anforderungen in Bezug auf die Dienstequalität. In diesem Zusammenhang lassen sich zwei Situationen unterscheiden:

·      Handelt es sich bei dem Akt, mit dem die staatlichen Behörden einem Dritten die Erbringung einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse übertragen, um einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag oder Bauauftrag im Sinne der Richtlinien für das öffentliche Auftragswesen bzw. um eine Konzession für öffentliche Bauarbeiten im Sinne der Richtlinie 93/37/EWG[45], so müssen diese, wenn sie die in der einschlägigen Richtlinie für das öffentliche Auftragswesen festgelegten Obergrenzen erreichen bzw. übersteigen, die Verfahrensvorschriften dieser Richtlinien erfüllen und sind nicht von dieser Richtlinie ausgenommen.

·      Fällt der Akt, mit dem ein öffentlicher Auftraggeber einen Dritten mit der Erbringung einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut, nicht unter die Richtlinien für das öffentliche Auftragswesen, so muss er dennoch den Grundsätzen entsprechen, die sich aus dem EG-Vertrag unmittelbar ergeben, insbesondere den Bestimmungen zur freien Dienstleistungserbringung und zur Niederlassungsfreiheit. Dies gilt beispielsweise für öffentliche Dienstleistungsaufträge und Konzessionen für öffentliche Bauarbeiten, die sich unterhalb der Obergrenzen bewegen, und für Konzessionen für öffentliche Dienstleistungen (d. h. Verträge mit der Vereinbarung, dass dem Leistungserbringer zumindest teilweise das Recht eingeräumt wird, aus der erbrachten Leistung wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen) oder für einseitige Akte, in denen das Recht zur Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse eingeräumt wird. Zu diesen Regeln und Grundsätzen gehören Gleichbehandlung, Transparenz, Verhältnismäßigkeit, gegenseitige Anerkennung und der Schutz der Rechte des Einzelnen[46].

82.                   Auf dem Gebiet der Umweltdienstleistungen, insbesondere in der Abfallwirtschaft, können die staatlichen Stellen ausschließliche Rechte an Organisationen vergeben, die von Erzeugern zum Recyceln bestimmter Abfälle ins Leben gerufen wurden. Diese Organisationen unterliegen den Wettbewerbsvorschriften. Ihre Bildung erfolgt vielfach im Rahmen innovativer Ansätze zur Vermeidung und Wiederverwertung von Abfällen, beispielsweise durch Praktizierung der „Erzeugerverantwortung“. Das setzt voraus, dass die finanzielle Verantwortung für die Abfallentsorgung von den Produkterzeugern am Entstehungsort der betreffenden Abfälle zu tragen ist.

83.                   Somit verfügen die Behörden eines jeden Mitgliedstaats bei der Regelung und Durchsetzung der Gemeinwohlverpflichtungen und der organisatorischen Abwicklung der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse über beachtliche Freiheiten. Einerseits erlaubt dies den Mitgliedstaaten die Erarbeitung politischer Strategien, die den besonderen nationalen, regionalen bzw. lokalen Gegebenheiten Rechnung tragen. Beispielsweise müssen abgelegene, dünn besiedelte Gebiete möglicherweise anders behandelt werden als zentral gelegene und dicht besiedelte. Andererseits kann das Fehlen spezieller Rechtsvorschriften zu Rechtsunsicherheit und Marktverzerrungen führen[47]. Auf europäischer Ebene hat der Versuch, die Strategien der einzelnen Mitgliedstaaten einheitlicher zu gestalten, zur Entwicklung verschiedener Formen von Zusammenarbeit zwischen den nationalen Regulierungsinstanzen geführt, doch gibt es für keine einzige Dienstleistung eine europäische Regulierungsbehörde[48]. Ein weiterer Austausch von guten Praktiken und Erfahrungen, der nicht nur Regulierer, sondern auch andere interessierte Parteien einbezieht, könnte ebenfalls nützlich sein. Nach Auffassung der Kommission bedürfen diese Fragen einer Diskussion im breiten Rahmen.

84.                   Folgende Fragen werden zur Diskussion gestellt:        

(18)  Sind Ihnen Fälle bekannt, in denen die Art und Weise, in der auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse organisiert oder Gemeinwohlverpflichtungen festgelegt werden, durch Gemeinschaftsvorschriften beeinträchtigt wurde oder umgekehrt ein unverhältnismäßiges Hindernis auf dem Weg zur Vollendung des Binnenmarktes darstellte?

(19)  Sollte bezüglich der leistungsspezifischen Gemeinwohlverpflichtungen auf Gemeinschaftsebene eine stärkere Harmonisierung vorgenommen werden? Für welche Dienstleistungen trifft dies zu?

(20)  Sollte es einen erweiterten Austausch von guten Praktiken und Benchmarking zu Fragen der Organisation von Dienstleistungen von wirtschaftlichem Interesse in der Union geben? Wer sollte beteiligt und welche Sektoren sollten einbezogen werden?

 

4.2.        Finanzierung der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse

85.                   Viele Dienstleistungen von allgemeinem Interesse lassen sich mit Marktmechanismen allein nicht rentabel erbringen, und es bedarf besonderer Regelungen, um das finanzielle Gleichgewicht des Anbieters sicherzustellen. Beispielsweise kann der Markt aus eigener Kraft keinen universellen Zugang und auch keine flächendeckende Grundversorgung sichern. Derzeit ist es die Aufgabe der Mitgliedstaaten, für die Finanzierung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zu sorgen und die zusätzlichen Kosten für die Erbringung der Leistungen zu berechnen. Bisweilen kann sich die Gemeinschaft über die Kofinanzierung spezieller Projekte, d. h. über die Strukturfonds oder die TEN-Programme, an der Finanzierung beteiligen.

86.                   In Abhängigkeit von ihren geschichtlichen Traditionen und den besonderen Merkmalen der betreffenden Leistungen bedienen sich die Mitgliedstaaten unterschiedlicher Mechanismen, um das finanzielle Gleichgewicht der Erbringer von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse abzusichern. Von den Mitgliedstaaten werden unter anderem die folgenden Finanzierungsmechanismen eingesetzt:

·      finanzielle Direkthilfen aus dem Staatshaushalt (z. B. Subventionen oder andere finanzielle Vergünstigungen wie etwa Steuersenkungen);

·      besondere oder ausschließliche Rechte (z. B. ein gesetzliches Monopol);

·      Beiträge von Marktteilnehmern (z. B. Universaldienstfonds);

·      Erhebung gleich hoher Gebühren (z. B. Erhebung einer landesweit einheitlichen Gebühr ungeachtet beträchtlicher Kostenunterschiede bei der Erbringung der betreffenden Leistung);

·      Finanzierung nach dem Solidarprinzip (z. B. Sozialversicherungsbeiträge).

87.                   Obwohl nach wie vor unterschiedliche Finanzierungsformen nebeneinanderher bestehen, zeichnet sich in den letzten Jahrzehnten eine klare Tendenz ab: Die Mitgliedstaaten ziehen die ausschließlichen Rechte für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse mehr und mehr zurück und öffnen die Märkte für neue Teilnehmer. Dadurch wurde es erforderlich, zu anderen finanziellen Unterstützungsformen zu greifen, etwa zur Einrichtung spezieller Fonds, die von Marktteilnehmern finanziert werden, oder zur staatlichen Direktfinanzierung über den Haushalt, der am wenigsten Verzerrungen bewirkenden Finanzierungsmethode[49]. Diese Finanzierungsformen sorgen hinsichtlich der Kosten der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse und der zugrundeliegenden politischen Entscheidungen für mehr Transparenz. Außerdem haben sie die politische Diskussion über diese Leistungen angefacht.

88.                   Generell können die Mitgliedstaaten selbst entscheiden, welches System sie zur Finanzierung der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse einsetzen möchten. Sie müssen lediglich sicherstellen, dass der gewählte Mechanismus das Funktionieren des Binnenmarktes nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt. Insbesondere können die Mitgliedstaaten Ausgleichszahlungen gewähren, die für das Funktionieren einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse unerlässlich sind. Durch die Beihilferegelungen wird lediglich die Überentschädigung untersagt. Um bei der Anwendung der staatlichen Beihilferegeln auf die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse für mehr Rechtssicherheit und Transparenz zu sorgen, hat die Kommission in ihrem Bericht für den Europäischen Rat in Laeken ihre Absicht angekündigt, einen gemeinschaftlichen Rahmen für staatliche Beihilfen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse zu schaffen und anschließend, sofern die bei der Anwendung dieses Rahmens gesammelten Erfahrungen dies rechtfertigen, eine Gruppenfreistellungsregelung für derartige Dienstleistungen zu verabschieden. An Leitlinien zur Anwendung der staatlichen Beihilfevorschriften auf Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse wird zur Zeit gearbeitet[50].

89.                   Mitunter sind in sektorspezifischen Rechtsvorschriften besondere Regeln für die Finanzierung der zusätzlichen Kosten von Gemeinwohlverpflichtungen festgelegt. Bei den elektronischen Kommunikationsdiensten sind die Mitgliedstaaten den sektorspezifischen Vorschriften zufolge verpflichtet, sämtliche besonderen oder ausschließlichen Rechte zurückzunehmen. Gleichzeitig wird jedoch die Möglichkeit zur Einrichtung eines Fonds eingeräumt, in den die Marktteilnehmer Beiträge einzahlen und aus dem die zusätzlichen Kosten der Universaldiensterbringung bestritten werden.[51] Für den Postdienst gestattet die Postrichtlinie den Fortbestand eines genau definierten Postmonopols und die Einrichtung eines Universaldienstfonds zur Finanzierung des Postdienstes[52].Im Flugverkehr können die Mitgliedstaaten im offenen Ausschreibungsverfahren Exklusivlizenzen vergeben, um den regelmäßigen Linienflugverkehr auf bestimmten Strecken zu gewährleisten, auf denen der Markt keine angemessenen Leistungen anbietet[53]. Für den öffentlichen Verkehr hat die Gemeinschaft Vorschriften für die Errechnung der Ausgleichszahlungen niedergelegt[54].

90.                   Mit den Vorschriften für den Binnenmarkt, den Wettbewerb und die staatlichen Beihilfen soll sichergestellt werden, dass der Wettbewerb und das Funktionieren des Binnenmarktes nicht durch Ausgleichszahlungen an die Erbringer von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse verzerrt werden. Auch die vorhandenen sektorspezifischen Rechtsvorschriften sollen lediglich dafür sorgen, dass die von den Mitgliedstaaten eingesetzten Finanzierungsmechanismen den Wettbewerb möglichst wenig verfälschen und den Marktzugang erleichtern. Daher lässt das Gemeinschaftsrecht insbesondere den selektiven Markteintritt zu.

91.                   Weitere einschlägige Kriterien für die Wahl eines Finanzierungsmechanismus wie etwa dessen Effizienz oder seine Umverteilungseffekte bleiben derzeit im Gemeinschaftsrecht unberücksichtigt. Ebenso wenig werden die Auswirkungen des gewählten Mechanismus auf die langfristigen Investitionen der Anbieter von Dienstleistungen und Infrastruktureinrichtungen sowie auf die Versorgungssicherheit speziell in Betracht gezogen.

92.                   Im gegenwärtigen Stadium hält die Kommission die Ankurbelung einer Debatte über die Frage für angezeigt, ob diese Kriterien den Schluss zulassen könnten, dass bestimmten Finanzierungsmechanismen der Vorzug gegeben werden sollte, und ob die Gemeinschaft Maßnahmen zugunsten bestimmter Finanzierungsmechanismen ergreifen sollte.

93.                   Folgende Fragen werden zur Diskussion gestellt:

(21)  Sind Ihnen Fälle bekannt, in denen durch Gemeinschaftsrecht und insbesondere durch die Anwendung der staatlichen Beihilferegelungen die Finanzierung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse beeinträchtigt wurde bzw. zur Wahl ineffizienter Alternativen geführt hat?

(22)  Gibt es unter dem Gesichtspunkt von Transparenz, Kontrolle, Effizienz, Umverteilungseffekten und Wettbewerb ein bestimmtes Finanzierungsverfahren, dem der Vorzug zu geben wäre? Wenn ja, sollte die Gemeinschaft entsprechende Maßnahmen ergreifen?

(23)  Gibt es Sektoren und/oder Umstände, unter denen ein selektiver Markteintritt („Cream-Skimming“) womöglich ineffizient ist und nicht im öffentlichen Interesse liegt?

(24)  Sollte hinsichtlich der Folgen und Kriterien der Finanzierung nach dem Solidarprinzip eine Klarstellung auf Gemeinschaftsebene erfolgen?

4.3.        Evaluierung der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse

94.                   Das sich wandelnde technologische und Regelungsumfeld und die zunehmenden Auswirkungen der Gemeinschaftspolitiken auf Dienstleistungen von allgemeinem Interesse machen deutlich, dass ihre gründliche Bewertung auf gemeinschaftlicher wie auf nationaler Ebene unumgänglich ist. Wichtig ist eine solche Bewertung, weil die betreffenden Leistungen für die Wirtschaft, aber auch für die Lebensqualität des Einzelnen von Bedeutung sind. Sie ist notwendig, um einschätzen zu können, ob die öffentlichen Aufgaben, die Anbietern derartiger Leistungen von öffentlichen Auftraggebern übertragen wurden, wirksam erfüllt werden. Eine umfassende Bewertung erhöht die Transparenz und liefert die Grundlage für begründete politische Entscheidungen und eine demokratische Diskussion in Kenntnis der Sachlage. Sie macht es möglich, neben der wirtschaftlichen Effizienz einer Leistung gleichzeitig das wirksame Erreichen anderer von staatlichen Stellen anvisierter Gemeinwohlziele zu beurteilen. Auf Gemeinschaftsebene ist die Evaluierung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, die Verwirklichung der sozialen und territorialen Kohäsionsziele und der Umweltschutzziele zu gewährleisten. Darüber hinaus kann die Evaluierung der Leistungen zum grenzüberschreitenden Austausch empfehlenswerter Praktiken und zum Austausch zwischen den verschiedenen Wirtschaftssektoren beitragen. Sie ist ein Kernelement guten europäischen Regierens[55].

95.                   In den vergangenen Jahren hat die Kommission ihre Evaluierungstätigkeit in Sachen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse verstärkt und ein Konzept entwickelt, das auf drei Bewertungsschienen beruht:[56]

·      Sie nimmt regelmäßige Evaluierungen der netzgebundenen Wirtschaftszweige vor, die auf Gemeinschaftsebene liberalisiert worden sind (sektorale Evaluierung).

·      Darüber hinaus führt die Kommission seit 2001 eine jährliche sektorübergreifende Evaluierung der netzgebundenen Wirtschaftszweige durch (horizontale Evaluierung).

·      Drittens veranstaltet die Kommission regelmäßige Erhebungen zur Verbraucherzufriedenheit im Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse (z. B. Eurobarometer-Umfragen und Qualitätserhebungen).

96.                   Bei der Bewertung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse handelt es sich um eine komplizierte Aufgabe, da eine umfassende Evaluierung nur erfolgen kann, wenn sie multidisziplinär und mehrdimensional angelegt ist und politische, wirtschaftliche, soziale und ökologische Aspekte (einschließlich der externen Kosten) einbezieht. Darüber hinaus sollte sie den Interessen und Auffassungen sämtlicher Beteiligten Rechnung tragen. Es ist wichtig zu wissen, was Nutzer und Verbraucher (auch Risiko- und Randgruppen), Sozialpartner und andere Beteiligte unter einem guten Abschneiden bei diesen Leistungen verstehen und welche Erwartungen sie für die Zukunft hegen. Daher soll mit diesem Grünbuch der Anstoß zu einer Diskussion über die Kriterien gegeben werden, die nach Auffassung der Beteiligten der Evaluierung zugrunde gelegt werden sollten. Im Rahmen ihrer horizontalen Evaluierung hat die Kommission eine Methodik für die Bewertung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse vorgelegt[57] und auf die Notwendigkeit verwiesen, ihre regelmäßigen horizontalen Evaluierungen in den nächsten Jahren Schritt für Schritt weiterzuentwickeln und zu verbessern. Die enormen Unterschiede in Bezug auf die Verfügbarkeit und Qualität der Daten ist das Haupthindernis für eine umfassende Evaluierung. Es sollten Mittel und Wege zur Verbesserung dieser Qualität und Verfügbarkeit der Daten geprüft werden[58].

97.                   Auf Gemeinschaftsebene erstellt die Kommission Evaluierungsberichte zum Leistungsstand der netzgebundenen Wirtschaftszweige, die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse erbringen. Ihre Ergebnisse übermittelt sie an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, den Ausschuss der Regionen und alle Beteiligten, wobei es ihr Anliegen ist, ein möglichst großes Publikum zu erreichen. Die Ressourcen, die der Kommission für Evaluierungszwecke zur Verfügung stehen, sind jedoch begrenzt. Außerdem ist sie nicht in der Lage, eine konsolidierte Einschätzung vorzulegen, in der sich die Gesamtheit der – vielfach divergierenden ‑ Auffassungen widerspiegelt. Daher sollte ein Austausch zu der Frage stattfinden, wie die Evaluierung auf Gemeinschaftsebene durchgeführt sollte und wie die Aufgabe auf mehrere Schultern verteilt werden könnte.

98.                   Darüber hinaus beschränkt sich die Evaluierung der Leistungen auf Gemeinschaftsebene derzeit im Wesentlichen auf die netzgebundenen Wirtschaftszweige, die durch das sektorspezifische Gemeinschaftsrecht erfasst sind. Andere Sektoren sind nicht Bestandteil der Evaluierungsstrategie der Kommission. Es wäre zu überlegen, ob eine Ausweitung der Evaluierung durch die Gemeinschaft über den derzeitigen Umfang hinaus angebracht wäre, ohne dass gegen den Grundsatz der Subsidiarität verstoßen würde.

99.                   Folgende Fragen werden zur Diskussion gestellt:

(25)  Wie sollte die Evaluierung der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse auf Gemeinschaftsebene organisiert werden? Welche institutionellen Vorkehrungen sollten getroffen werden?

(26)  Auf welche Aspekte sollten sich die Evaluierungsverfahren der Gemeinschaft erstrecken? Welche Kriterien sollten den Evaluierungen durch die Gemeinschaft zugrunde gelegt werden? Welche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse sollten Teil einer Evaluierung auf Gemeinschaftsebene sein?

(27)  Wie könnten die Bürger in die Evaluierung einbezogen werden? Gibt es Beispiele für bewährte Verfahren?

(28)  Wie lässt sich die Qualität der Evaluierungsdaten verbessern? In welchem Maße sollten vor allem die Leistungserbringer zur Freigabe von Daten verpflichtet werden?

5.           Die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse und die Globalisierung

5.1.        Handelspolitik

100.               Handelsübereinkünfte im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) und oft auch auf bilateraler Ebene enthalten Bestimmungen zur Erbringung von Leistungen, die nicht in Ausübung der staatlichen Hoheit erbracht werden (sondern vielmehr auf kommerzieller Basis oder im Wettbewerb mit mindestens einem anderen Dienstleistungserbringer). Diese Bestimmungen gelten dem Austausch von Leistungen und den Bedingungen, unter denen die Leistungserbringer auf ausländischen Märkten operieren können. Gemäß dem Allgemeinen Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) entscheidet jedes Mitglied frei, welchen Dienstleistungssektor es bereit ist für ausländische Leistungserbringer zu öffnen („Bottom-up-Approach“), und unter welchen Bedingungen. Das GATS erkennt außerdem das souveräne Recht der WTO-Mitglieder an, wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Tätigkeiten innerhalb ihres Hoheitsgebietes entsprechenden ihren politischen zu regulieren. In Bezug auf die durch diese Übereinkünfte erfassten Leistungen hat jede vertragschließende Partei nach wie vor das Entscheidungsrecht über die speziellen Verpflichtungen, die den Anbietern auferlegt werden können. Die Mitglieder sind völlig frei, aus ihren GATS-Verpflichtungen Sektoren auszuklammern, von denen sie meinen, dass deren Öffnung für den Wettbewerb z. B. die Verfügbarkeit, die Qualität und die Erschwinglichkeit der Dienstleistungen gefährden könnte. Die Mitglieder können somit eine Dienstleistung als (öffentliches oder privates) Monopol beibehalten. Die Verhandlungen im Rahmen der WTO haben keinen direkten oder indirekten Einfluss auf die Entscheidung der Mitgliedstaaten, bestimmte Unternehmen zu privatisieren.

101.               In diesem Zusammenhang hat sich die Europäische Gemeinschaft aus freien Stücken entschieden, in Bezug auf bestimmte Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, die bereits dem Wettbewerb innerhalb des Binnenmarkts unterliegen, bindende Verpflichtungen einzugehen. Durch diese Verpflichtungen wird ausländischen Leistungserbringern zu den gleichen (manchmal auch zu restriktiveren) Bedingungen wie jedem europäischen Leistungserbringer Zugang zum Markt der Europäischen Gemeinschaft gewährt. Die Verpflichtungen, die im multilateralen Kontext der WTO (GATS-Verpflichtungen) oder in bilateralem Rahmen übernommen wurden, haben bislang keine Auswirkungen auf die Art und Weise, in der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse im Gemeinschaftsrecht geregelt werden, und auch nicht auf die Art ihrer Finanzierung. Die umfassendsten Verpflichtungen wurden auf bilateraler Ebene eingegangen; sie beschränken sich auf den territorialen Geltungsbereich der Gemeinschaftsregelungen für staatliche Beihilfen.

102.               Weitere Verhandlungen über die Liberalisierung des Handels mit Dienstleistungen sowie über die Begrenzung der Subventionen im Zusammenhang mit diesem Handel werden im Rahmen der WTO-Entwicklungsagenda von Doha geführt. Die Europäische Gemeinschaft handelt darüber hinaus bilaterale Handelsabkommen im Dienstleistungssektor aus. Wie bereits in der Vergangenheit, achtet sie bei den Dienstleistungen von allgemeinem Interesse auch jetzt darauf, dass die volle Übereinstimmung mit dem vorhandenen Grad der Liberalisierung sowie mit den innerhalb des Binnenmarktes geltenden Regelungen sichergestellt ist.

103.               Folgende Frage wird zur Diskussion gestellt:

(29)  Gibt es auf der internen Ebene der Europäischen Gemeinschaft eine besondere Entwicklung, die bei der Erörterung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse im Rahmen internationaler Handelsverhandlungen spezieller Aufmerksamkeit bedarf? Welche ist das?

5.2.        Entwicklungs- und Kooperationspolitik

104.               Wichtigstes Anliegen der Entwicklungspolitik der Europäischen Gemeinschaft ist es, die Armut in den Entwicklungsländern zurückzudrängen. Die Sicherstellung des Zugangs zu einem Mindestangebot an Dienstleistungen von allgemeinem Interesse zählt zu den entscheidenden Voraussetzungen für das Erreichen dieses Ziels, da diese Leistungen nicht nur der Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse dienen, sondern zugleich ein unverzichtbares Fundament für die wirtschaftliche Entwicklung der ärmsten Länder sind.

105.               Private Investitionen im Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse können zu einer bessern Bereitstellung lebenswichtiger Dienstleistungen in diesen Ländern beitragen. Marktöffnung und Privatisierung in den Entwicklungsländern können jedoch auch berechtigte Befürchtungen in Bezug auf Governance und Regulierung wachrufen. Bei jeder Reform sollte daher die Notwendigkeit eines angemessenen rechtlichen und institutionellen Rahmens bedacht und von einer umfassenden Bewertung seiner Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum, die Beschäftigung, die Erbringung der Leistungen, den gleichberechtigten Zugang, die Umweltbedingungen und den nationalen Haushalt ausgegangen werden.

106.               Folgende Frage wird zur Diskussion gestellt:

(30)  Wie kann die Gemeinschaft im Rahmen ihrer Politik der Entwicklungszusammenarbeit am besten Investitionen in die lebenswichtigen Dienstleistungen unterstützen und fördern, die in den Entwicklungsländern benötigt werden?

6.           Praktische Schlussfolgerungen

107.               Die Kommission fordert alle Beteiligten auf, sich zu den in diesem Grünbuch genannten Fragen zu äußern. Antworten und weitere Bemerkungen jeder Art können auf dem Postweg an die folgende Anschrift geschickt werden:

Europäische Kommission
Grünbuch über Dienstleistungen von allgemeinem Interesse - Stellungnahmen
BREY 7/342
B-1049 Brüssel

Für die Übermittlung per E-Mail steht folgende Adresse zur Verfügung:

SGI-Consultation@cec.eu.int

Die Hinweise sollten der Kommission bis spätestens 15. September 2003 zugegangen sein. Bei Antworten und Hinweisen bitte die Nummer der betreffenden Frage angeben. Zu Informationszwecken wird das Generalsekretariat der Kommission die elektronisch eingegangenen Beiträge mit den Absenderdaten auf die Grünbuch-Website

http://europa.eu.int/comm/secretariat_general/services_general_interest/

stellen, sofern sich der Absender ausdrücklich mit der Veröffentlichung einverstanden erklärt hat.

108.               Die Kommission beabsichtigt, im Herbst unter anderem aus den eingegangenen Beiträgen Schlussfolgerungen zu ziehen und dann gegebenenfalls konkrete Folgeinitiativen vorzuschlagen.


Auflistung aller zur Diskussion gestellten Fragen

Welche Art von Subsidiarität?

(1)               Sollte die Entwicklung hochwertiger Dienstleistungen von allgemeinem Interesse in den Zielekatalog der Gemeinschaft aufgenommen werden? Sollte die Gemeinschaft im Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Interesse zusätzliche Befugnisse erhalten?

(2)               Müssen die Zuständigkeitsbereiche von Gemeinschaft und mitgliedstaatlichen Verwaltungen klarer voneinander abgegrenzt werden? Ist es erforderlich, das Konzept der Dienstleistungen ohne Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten deutlicher zu umschreiben? Wenn ja, wie sollte dies geschehen?

(3)               Gibt es Leistungen (abgesehen von den unter Ziffer 32 genannten großen netzgebundenen Wirtschaftszweigen), für die ein rechtlicher Rahmen der Gemeinschaft geschaffen werden sollte?

(4)               Ist der institutionelle Rahmen verbesserungsbedürftig? Wie könnte dies geschehen? Welche Aufgabe kommt dabei den Wettbewerbs-, welche den Regulierungsbehörden zu? Was spräche für ein europäisches Regulierungsgremium für jeden regulierten Wirtschaftszweig oder für europaweite strukturierte Netzwerke der einzelstaatlichen Regulierungsinstanzen?

Sektorspezifische Rechtsetzung und allgemeiner Rechtsrahmen

(5)               Ist für die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse ein allgemeiner Gemeinschaftsrahmen erstrebenswert? Welcher zusätzliche Nutzen würde sich damit im Vergleich zum bestehenden sektorbezogenen Recht ergeben? Für welche Sektoren sowie welche Probleme und Rechte sollte er gelten? Welches Instrument sollte zur Anwendung gelangen (Richtlinie, Verordnung, Empfehlung, Mitteilung, Leitlinien, interinstitutionelle Vereinbarung)?

(6)               Welche Auswirkungen hat die sektorspezifische Regelung bisher nach sich gezogen? Hat sie zu uneinheitlichem Vorgehen geführt?

Wirtschaftliche kontra nichtwirtschaftliche Leistungen

(7)               Werden genauere Angaben zu den Kriterien benötigt, nach denen die Einteilung in wirtschaftliche und nichtwirtschaftliche Leistungen erfolgt? Sollte der Status von Einrichtungen ohne Erwerbszweck und von Organisationen, die hauptsächlich soziale Aufgaben erfüllen, näher erläutert werden?

(8)               Welche Rolle sollte die Gemeinschaft bei den nichtwirtschaftlichen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse spielen?

Ein gemeinsames Paket von Verpflichtungen

(9)               Gibt es weitere Anforderungen, die in ein gemeinsames Konzept der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse einfließen sollten? Wie wirksam sind die bestehenden Anforderungen in Bezug auf das Erreichen der sozialen und territorialen Kohäsionsziele?

(10)           Sollten einige bzw. all diese Anforderungen auf Leistungen ausgedehnt werden, für die sie derzeit nicht gelten?

(11)           Welche Aspekte der Regulierung dieser Anforderungen sollten auf Gemeinschaftsebene aufgegriffen werden und welche den Mitgliedstaaten überlassen bleiben?

(12)           Sind diese Anforderungen in den Bereichen, für die sie gelten, wirksam umgesetzt worden?

(13)           Sollten einige bzw. all diese Anforderungen auch auf die nichtwirtschaftlichen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse angewendet werden?

Sektorspezifische Verpflichtungen

(14)           Welche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse könnten Befürchtungen in Bezug auf die Versorgungssicherheit wecken? Sollte die Gemeinschaft zusätzliche Maßnahmen ergreifen?

(15)           Sollten auf Gemeinschaftsebene zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, um den Netzzugang und die Zusammenschaltbarkeit zu verbessern? In welchen Bereichen wäre dies zu empfehlen? Welche Maßnahmen sollten insbesondere bei grenzübergreifenden Dienstleistungen ins Auge gefasst werden?

(16)           Welche sonstigen sektorspezifischen Gemeinwohlverpflichtungen sollten in Betracht gezogen werden?

(17)           Sollte die Möglichkeit konkreter Maßnahmen zum Schutz des Pluralismus auf Gemeinschaftsebene noch einmal überdacht werden? Welche Maßnahmen kämen in Frage?

Festlegung von Gemeinwohlverpflichtungen und organisatorische Abwicklung

(18)           Sind Ihnen Fälle bekannt, in denen die Art und Weise, in der auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse organisiert oder Gemeinwohlverpflichtungen festgelegt werden, durch Gemeinschaftsvorschriften beeinträchtigt wurde oder umgekehrt ein unverhältnismäßiges Hindernis auf dem Weg zur Vollendung des Binnenmarktes darstellte?

(19)           Sollte bezüglich der leistungsspezifischen Gemeinwohlverpflichtungen auf Gemeinschaftsebene eine stärkere Harmonisierung vorgenommen werden? Für welche Dienstleistungen trifft dies zu?

(20)           Sollte es einen erweiterten Austausch von guten Praktiken und Benchmarking zu Fragen der Organisation von Dienstleistungen von wirtschaftlichem Interesse in der Union geben? Wer sollte beteiligt und welche Sektoren sollten einbezogen werden?

Finanzierung

(21)           Sind Ihnen Fälle bekannt, in denen durch Gemeinschaftsrecht und insbesondere durch die Anwendung der staatlichen Beihilferegelungen die Finanzierung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse beeinträchtigt wurde bzw. zur Wahl ineffizienter Alternativen geführt hat?

(22)           Gibt es unter dem Gesichtspunkt von Transparenz, Kontrolle, Effizienz, Umverteilungseffekten und Wettbewerb ein bestimmtes Finanzierungsverfahren, dem der Vorzug zu geben wäre? Wenn ja, sollte die Gemeinschaft entsprechende Maßnahmen ergreifen?

(23)           Gibt es Sektoren und/oder Umstände, unter denen ein selektiver Markteintritt („Cream-Skimming“) womöglich ineffizient ist und nicht im öffentlichen Interesse liegt?

(24)           Sollte hinsichtlich der Folgen und Kriterien der Finanzierung nach dem Solidarprinzip eine Klarstellung auf Gemeinschaftsebene erfolgen?

Evaluierung der Leistungen

(25)           Wie sollte die Evaluierung der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse auf Gemeinschaftsebene organisiert werden? Welche institutionellen Vorkehrungen sollten getroffen werden?

(26)           Auf welche Aspekte sollten sich die Evaluierungsverfahren der Gemeinschaft erstrecken? Welche Kriterien sollten den Evaluierungen durch die Gemeinschaft zugrunde gelegt werden? Welche Dienstleistungen von allgemeinem Interesse sollten Teil einer Evaluierung auf Gemeinschaftsebene sein?

(27)           Wie könnten die Bürger in die Evaluierung einbezogen werden? Gibt es Beispiele für bewährte Verfahren?

(28)           Wie lässt sich die Qualität der Evaluierungsdaten verbessern? In welchem Maße sollten vor allem die Leistungserbringer zur Freigabe von Daten verpflichtet werden?

Handelspolitik

(29)           Gibt es auf der internen Ebene der Europäischen Gemeinschaft eine besondere Entwicklung, die bei der Erörterung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse im Rahmen internationaler Handelsverhandlungen spezieller Aufmerksamkeit bedarf? Welche ist das?

Entwicklungszusammenarbeit

(30)           Wie kann die Gemeinschaft im Rahmen ihrer Politik der Entwicklungszusammenarbeit am besten Investitionen in die lebenswichtigen Dienstleistungen unterstützen und fördern, die in den Entwicklungsländern benötigt werden?


ANHANG
Gemeinwohlverpflichtungen und Instrumente der Gemeinschaftspolitik im Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse

In diesem Anhang werden verschiedene Gemeinwohlverpflichtungen ausführlicher untersucht, die sich aus den bestehenden sektorspezifischen Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft ableiten lassen und mit denen sich ein Konzept der Gemeinschaft für die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse umreißen lässt (Abschnitt I). Darüber hinaus werden die Politikinstrumente näher beschrieben, mit denen gewährleistet werden kann, dass diese Gemeinwohlverpflichtungen erfüllt werden und die öffentlichen Aufgaben, die mit diesen Verpflichtungen verfolgt werden, auch in wirksamer Weise erreicht werden (Abschnitt II).

I.            Gemeinwohlverpflichtungen im Gemeinschaftsrecht

1.                       Die bestehenden Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft im Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse sind sektorspezifisch angelegt. Allerdings weisen sie eine Reihe gemeinsamer Elemente auf, die sich für die Aufstellung eines gemeinschaftlichen Konzepts für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse heranziehen lassen. Diese Elemente schließen insbesondere folgende Aspekte mit ein: Universaldienst, Kontinuität, Qualität der Dienste, Erschwinglichkeit sowie Schutz der Nutzer und Verbraucher (siehe Abschnitt 1). In diesen gemeinsamen Elementen kommen die Werte und Zielsetzungen der Gemeinschaft zum Ausdruck. Sie wurden in den entsprechenden Rechtsvorschriften in Verpflichtungen umgesetzt. Darüber hinaus können sie je nach den Merkmalen des betreffenden Sektors durch spezifischere Verpflichtungen ergänzt werden (siehe Abschnitt 2).

1.           Ein gemeinsamer Bestand an Verpflichtungen

1.1         Universaldienst

2.                       Der Begriff des Universaldienstes bezieht sich auf einen Bestand an Gemeinwohlauflagen, durch die gewährleistet werden soll, dass bestimmte Dienstleistungen in festgelegter Qualität sämtlichen Verbrauchern und Nutzern im gesamten Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats zur Verfügung stehen, und zwar unabhängig vom geografischen Standort und – unter Berücksichtigung der landesspezifischen Gegebenheiten – zu erschwinglichen Preisen[59]. Er wurde gezielt für einige netzgebundene Wirtschaftszweige (z. B. Telekommunikation, Elektrizitätsversorgung, Postwesen) entwickelt. In diesem Konzept ist das Recht für jedermann auf Zugang zu bestimmten Dienstleistungen festgelegt, die als Teil der Grundversorgung gelten; zugleich werden den Wirtschaftszweigen damit Verpflichtungen zur Erbringung einer bestimmten Dienstleistung zu festgelegten Bedingungen – einschließlich der flächendeckenden Versorgung – auferlegt. In einem liberalisierten Umfeld wird durch die Verpflichtung zur Bereitstellung eines Universaldienstes sichergestellt, dass sämtliche Einwohner der Europäischen Union zu einem erschwinglichen Preis Zugang zu dem Dienst haben und dass die Qualität des Dienstes erhalten bleibt bzw. erforderlichenfalls verbessert wird.

3.                       Universaldienst ist ein dynamisches Konzept. Es gewährleistet, dass bei der Festlegung der Gemeinwohlerfordernisse politische, soziale, wirtschaftliche und technologische Entwicklungen berücksichtigt und diese Erfordernisse nötigenfalls regelmäßig an die Weiterentwicklung der Bedürfnisse der Nutzer und Verbraucher angepasst werden können.

4.                       Zudem handelt es sich dabei um ein flexibles Konzept, das mit dem Subsidiaritätsprinzip voll und ganz in Einklang steht. Soweit die Grundprinzipien des Universaldienstes auf Gemeinschaftsebene festgelegt sind, kann deren Umsetzung den Mitgliedstaaten überlassen bleiben, so dass die unterschiedlichen Traditionen und die spezifischen nationalen oder regionalen Umstände Berücksichtigung finden können. Darüber hinaus lässt sich das Konzept des Universaldienstes auf unterschiedliche Marktstrukturen anwenden und somit für die Regulierung von Dienstleistungen in unterschiedlichen Phasen der Marktöffnung nutzen.

5.                       Das Konzept des Universaldienstes bezieht sich auf die Inhalte des Dienstes und die Art und Weise seiner Erbringung. Die Inhalte des Dienstes werden in dynamischer Weise definiert. Die Definition deckt den Umfang der Dienste ab sowie deren Merkmale hinsichtlich (erschwinglichem) Preis und (zufrieden stellender) Qualität. Bezüglich des Verfahrens der Bereitstellung der Dienste braucht der betreffende Mitgliedstaat nicht selbst einzugreifen oder zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen, wenn er meint, dass die Erbringung von Universaldiensten durch das bloße Funktionieren des Marktes gewährleistet ist, d. h. dass erschwingliche gewerbliche Angebote für jedermann zur Verfügung stehen. Stellen die Mitgliedstaaten jedoch fest, dass die Marktkräfte allein die Bereitstellung von Universaldiensten nicht gewährleisten, so bietet das Gemeinschaftsrecht den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, einen oder mehrere Universaldienstbetreiber zu benennen und gegebenenfalls die Nettokosten für die Bereitstellung des Universaldienstes auszugleichen, um Marktverzerrungen auf ein Minimum zu beschränken.

6.                       Bereits bestehende sektorspezifische Richtlinien, in denen Universaldienste definiert werden, enthalten mehrere gemeinsame Elemente: einen Katalog mit Anforderungen an Universaldienste, Prinzipien für die Auswahl der Universaldienstbetreiber, Vorschriften für Ausgleichszahlungen für die Erbringung von Universaldiensten, das Recht der Mitgliedstaaten, zusätzliche Auflagen zu machen, sowie Vorschriften für unabhängige Regulierungsstellen[60].

7.                       Die bestehenden abgeleiteten Rechtsvorschriften basieren auf den nachstehend beschriebenen Grundprinzipien. Stellen die Mitgliedstaaten fest, dass die Marktmechanismen allein nicht ausreichen, um einen Universaldienst zu gewährleisten, sollten sie eingreifen, um dessen Bereitstellung zu gewährleisten. Sämtliche Eingriffe sollten objektiv, transparent, nichtdiskriminierend sowie angemessen sein. Wettbewerbsverzerrungen dürfen nicht entstehen, d. h. es darf nicht zur Diskriminierung einzelner Unternehmen, die auf dem gleichen Markt aktiv sind, kommen; außerdem sind Marktverzerrungen insoweit auf ein Minimum zu begrenzen, als der Dienst auf möglichst kosteneffiziente Weise erbracht werden soll und etwaige Ausgleichszahlungen durch eine möglichst breite Streuung der Beiträge abgedeckt werden sollen. Diese Prinzipien gewährleisten, dass die Eingriffe der öffentlichen Hand in transparenter und effizienter Form erfolgen, wodurch auch Rechtssicherheit (demokratischer Aspekt) und Wohlstand (wirtschaftlicher Aspekt) zunehmen.

8.                       Um darüber hinaus die Leistungsfähigkeit von Universaldiensten zu gewährleisten, sollten die Universaldienstauflagen durch Bestimmungen über Nutzer- und Verbraucherrechte ergänzt werden. Hierzu zählen die Zugänglichkeit unabhängig von etwaigen Behinderungen oder vom Alter, Transparenz sowie umfassende Informationen zu Gebühren und Vertragsbedingungen, Qualitätsindikatoren sowie Kundenzufriedenheitsindizes, Bearbeitung von Beschwerden und Mechanismen zur Beilegung von Streitigkeiten.

9.                       Die Universaldienstauflagen können erhebliche Kosten verursachen. Bei der Prüfung, ob solche Verpflichtungen beibehalten oder ausgeweitet werden sollten, müssen daher unbedingt die alternativen Verwendungsmöglichkeiten geprüft werden, die für die betreffenden Mittel in Frage kämen.

10.                   In den letzten 20 Jahren hat sich das Konzept des Universaldienstes zu einem zentralen, unentbehrlichen Stützpfeiler der gemeinschaftlichen Politik im Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse entwickelt. Dank dieses Konzepts konnten Gemeinwohlerfordernisse – insbesondere in den Bereichen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, technologischer Fortschritt, Umweltschutz, Transparenz und Rechenschaftspflicht, Verbraucher- und Nutzerrechte sowie besondere Maßnahmen in den Bereichen Behinderungen, Alter oder Bildung – berücksichtigt werden. Darüber hinaus hat sich erwiesen, dass es in vollem Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip steht. Zudem kann die Anwendung dieses Konzepts sich auf eine breite Beteiligung interessierter Kreise (z. B. der Wirtschaft, kleinerer und mittlerer Unternehmen, Verbraucher und anderer repräsentativer gesellschaftlicher Gruppen) stützen. Teil dieses Prozesses könnte die periodische Evaluierung zwischenzeitlich eingetretener Entwicklungen sein.

1.2         Kontinuität

11.                   Verschiedene Dienste von allgemeinem Interesse sind dadurch gekennzeichnet, dass sie kontinuierlich benötigt werden, d. h. der Diensteanbieter ist verpflichtet, den Dienst ohne Unterbrechung bereitzustellen. Das Kontinuitätserfordernis gilt mitunter nicht als gesonderter Aspekt, sondern wird als Teil einer Universaldienstverpflichtung definiert. Bei bestimmten Diensten kann die ununterbrochene Bereitstellung eines Dienstes bereits im unternehmerischen Interesse des Anbieters liegen, so dass es eventuell überflüssig ist, dem Betreiber die gesetzliche Auflage einer kontinuierlichen Bereitstellung zu machen. Auf einzelstaatlicher Ebene muss das Kontinuitätserfordernis natürlich mit dem Streikrecht der Beschäftigten und den gesetzlichen Auflagen vereinbar sein.

12.                   Das Kontinuitätserfordernis wird in den sektorspezifischen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft nicht einheitlich behandelt. In einigen sektorspezifischen Rechtsvorschriften ist die Pflicht zur Kontinuität ausdrücklich verankert. So sind die Mitgliedstaaten beispielsweise nach Artikel 3 Absatz 1 der Postrichtlinie 97/67/EG verpflichtet, einen Universaldienst zur Verfügung zu stellen, „der ständig flächendeckend postalische Dienstleistungen ... bietet“[61]. In anderen sektorspezifischen Rechtsvorschriften ist eine Kontinuitätsverpflichtung nicht enthalten; die Mitgliedstaaten werden jedoch ausdrücklich ermächtigt, den Leistungserbringern eine entsprechende Pflicht aufzuerlegen. In Artikel 3 Absatz 2 der Elektrizitätsrichtlinie[62] heißt es, dass die „Mitgliedstaaten ... den Elektrizitätsunternehmen gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen im Allgemeininteresse auferlegen [können], die sich auf die Sicherheit, ... die Regelmäßigkeit ... der Lieferungen ... beziehen können. Diese Verpflichtungen müssen klar definiert, transparent, nichtdiskriminierend und überprüfbar sein; diese gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen sowie deren etwaige Änderungen werden veröffentlicht und der Kommission von den Mitgliedstaaten unverzüglich mitgeteilt.“

1.3.        Qualität der Dienste

13.                   Die Festlegung, Überwachung und Durchsetzung der Qualitätsanforderungen durch die Behörden sind zu einem zentralen Bestandteil der Regulierung der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse geworden. Das Ziel, ein gesellschaftlich akzeptables Qualitätsniveau der Dienste zu erreichen, rechtfertigt häufig entsprechende Gemeinwohlverpflichtungen. In bestimmten Fällen wird der Qualität ein derart hoher Stellenwert zugemessen, dass sie als Grund hinter der Formulierung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen steht und Gegenstand einer genauen Überwachung und Regulierung ist. In Bereichen, in denen die Bereitstellung eines Dienstes einem Dritten übertragen wird, ist die Aufstellung von Qualitätsstandards durch die Behörden häufig unverzichtbar um zu gewährleisten, dass die Zielsetzungen der staatlichen Politik erreicht werden. In Fällen, in denen die Dienste durch die öffentliche Verwaltung bereitgestellt werden, lassen sich durch die Festlegung und Überwachung von Qualitätsauflagen auch Transparenz und Verantwortlichkeit steigern. Allerdings besteht keine Einigkeit hinsichtlich der Definition von Qualität, außer dass Nutzer- und Verbraucherschutz sowie Sicherheit Teil davon sein müssen. In zunehmendem Maße fließen darüber hinaus Umweltschutz und Nachhaltigkeit in die Definition der Qualitätskriterien dieser Dienste mit ein. Qualitative Ziele variieren von Sektor zu Sektor.

14.                   In den Sektoren, die auf Gemeinschaftsebene für den Wettbewerb geöffnet wurden, verließ sich die Gemeinschaft nicht ausschließlich auf die Kräfte des Marktes, um die Dienstleistungsqualität aufrechtzuerhalten und weiterzuentwickeln. In bestimmten Fällen sind die Qualitätsstandards in den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft festgelegt. Hierzu zählen beispielsweise Sicherheitsbestimmungen, Richtigkeit und Transparenz der Abrechnung, flächendeckende Versorgung und Absicherung gegen Abschalten der Dienste. In anderen Fällen sind die Mitgliedstaaten berechtigt bzw. verpflichtet, Qualitätsstandards festzulegen. In wieder anderen Fällen sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Einhaltung der Qualitätsstandards zu überwachen und durchzusetzen und außerdem Informationen zu den Qualitätsstandards und zur tatsächlichen Leistungsfähigkeit der Betreiber zu veröffentlichen. Die weitreichendste Regelung von Qualität auf Gemeinschaftsebene findet sich in den Rechtsvorschriften zu den Post- und zu den elektronischen Kommunikationsdiensten.

15.                   Darüber hinaus hat die Kommission nichtregulatorische Maßnahmen zur Förderung der Qualität der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse entwickelt, u. a. finanzielle Instrumente, freiwillige europaweite Standards und Austausch bewährter Verfahren. So fördert die Gemeinschaft beispielsweise in den Bereichen Elektrizität und Gas die freiwillige Zusammenarbeit der Regulierungsstellen.

16.                   Bei der Erörterung der Frage der Dienstequalität ist zu berücksichtigen, dass es zwischen Qualität und Kosten eines Dienstes abzuwägen gilt. Es wäre beispielsweise unangemessen, wenn eine Behörde die kostspielige Auflage machte, eine sehr hochwertige Leistung zu erbringen, während die Verbraucher und Nutzer eine geringere, ordentliche Qualität zu niedrigeren Preisen bevorzugen würden. Darüber hinaus dürfte die Festschreibung von Qualitätsstandards in Märkten unnötig sein, in denen ein wirksamer Wettbewerb herrscht, sofern die Verbraucher und Nutzer anhand aussagefähiger Informationen eine Entscheidung zwischen den miteinander konkurrierenden Leistungserbringern treffen können. Hieran wird deutlich, dass die Regulierungsstellen die Aufgabe haben, dafür zu sorgen, dass den Nutzern und Verbrauchern ausreichende und angemessene Informationen zur Verfügung stehen.

1.4         Erschwinglichkeit

17.                   Das Konzept der Erschwinglichkeit entstand im Zusammenhang mit der Regulierung der Telekommunikationsdienste. In der Folgezeit fand es auch bei den Postdiensten Eingang. Es besagt, dass ein Dienst von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse zu erschwinglichen Preisen angeboten werden muss, damit er für jedermann zugänglich ist. Die Anwendung des Erschwinglichkeitsprinzips trägt zum wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt innerhalb der Europäischen Union bei.

18.                   Erschwinglichkeit ist nicht mit Kostenorientierung zu verwechseln und auch nicht unbedingt damit gleichzusetzen. Ein optimales Angebot des Marktes wäre ein an den Kosten orientierter Preis. Gelten diese Kosten jedoch als nicht erschwinglich, so kann der Staat sich für Eingriffe entscheiden, damit jedermann erschwingliche Zugangsmöglichkeiten hat. In bestimmten Fallen impliziert der Begriff der Erschwinglichkeit, dass ein Dienst allen oder zumindest bestimmten Personengruppen unentgeltlich angeboten wird. Die Mitgliedstaaten können je nach den einzelstaatlichen Umständen verlangen, dass die benannten Unternehmen bestimmten Tarifoptionen oder –pakete anbieten, die von den unter normalen unternehmerischen Überlegungen angebotenen Tarifen abweichen, damit insbesondere Geringverdiener oder Personen mit besonderen sozialen Bedürfnissen nicht vom Zugang zu bestimmten Diensten oder von deren Nutzung ausgeschlossen sind[63]. Das Konzept der Erschwinglichkeit erscheint enger als das der „angemessenen Preisgestaltung“, das gegenwärtig im Zusammenhang mit der geplanten Änderung der Binnenmarktrichtlinien für Gas- und Elektrizität diskutiert wird. Während die „Erschwinglichkeit“ hauptsächlich aus Kundensicht definiert wird, kommt beim Prinzip der „angemessenen Preisgestaltung“ zum Ausdruck, dass auch andere Faktoren berücksichtigt werden.

19.                   In den bestehenden sektorspezifischen Vorschriften sind die Kriterien für die Festlegung des erschwinglichen Preises nicht vorgegeben; es bleibt also den Mitgliedstaaten überlassen zu prüfen, ob die Preise erschwinglich sind. Einige dieser Kriterien für die Bestimmung der Erschwinglichkeit müssen durch die Mitgliedstaaten festgelegt werden. Diese Kriterien könnten sich beispielsweise nach der Durchdringungsrate oder dem Preis für einen Korb von Basisdienstleistungen in Relation zum verfügbaren Einkommen bestimmter Kundenkategorien richten. Darüber hinaus müssen die Mitgliedstaaten, nachdem ein erschwingliches Niveau festgelegt wurde, dafür sorgen, dass dieses Niveau auch entsprechend angeboten wird, und hierzu einen Preiskontrollmechanismus („Preisdeckelung“, geografische Durchschnittswertbildung) einrichten und/oder den betroffenen Verbrauchern und Nutzern Zuschüsse gewähren.

20.                   Zu überlegen wäre also eventuell, dieses Konzept auf Gemeinschaftsebene weiterzuentwickeln. Darüber hinaus wäre zu prüfen, ob es auf weitere Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse ausgeweitet werden sollte.

1.5         Nutzer- und Verbraucherschutz

21.                   Die Verbraucherschutzpolitik der EU ist fester Bestandteil des politischen Konzepts, das dem europäischen Gesellschaftsmodell zugrunde liegt. Ihr Ziel besteht letztlich darin zu gewährleisten, dass der Binnenmarkt den Verbrauchern schrittweise bessere Leistungen bietet und dass Marktdefizite zu Lasten der Verbraucher behoben werden. Hierzu gehören u. a. die Gewährleistung von Transparenz und lauteren Geschäftspraktiken. Für Dienstleistungen von allgemeinem Interesse gelten die horizontalen Bestimmungen für den Nutzer- und Verbraucherschutz in gleicher Weise wie für andere Sektoren der Volkswirtschaft. Darüber hinaus wurden in die sektoralen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft aufgrund der besonderen wirtschaftlichen und sozialen Bedeutung dieser Dienste gezielte Maßnahmen aufgenommen, mit denen den spezifischen Bedürfnissen und Erfordernissen der Verbraucher und Unternehmen Rechnung getragen werden kann. Verbraucher- und Nutzerrechte sind in sektorspezifischen Rechtsvorschriften zum elektronischen Kommunikationswesen, zu den Postdiensten, zu Energie (Elektrizität, Gas), Verkehr und Rundfunk festgelegt.

22.                   In der Mitteilung der Kommission vom September 2000[64] werden verschiedene Prinzipien umrissen, mit deren Hilfe sich die Anforderungen der Bürger an Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse festlegen lassen. Zu diesen Prinzipien zählen gute Dienstequalität, ein hohes Gesundheitsschutz- und Sicherheitsniveau der Dienste, Transparenz (z. B. bei den Tarifen, Verträgen, Wahlmöglichkeiten und der Finanzsituation der Betreiber), Auswahl von Diensten, Wahl der Leistungserbringers, wirksamer Wettbewerb zwischen den Leistungserbringern, Existenz von Regulierungsstellen, Vorhandensein von Entschädigungsmechanismen, Vertretung und aktive Beteiligung der Nutzer und Verbraucher bei der Festlegung der Dienste und Wahl der Zahlungsweise.

23.                   In der Mitteilung wird hervorgehoben, dass die Garantie des Zugangs für jedermann, Kontinuität, hohe Qualität und Erschwinglichkeit zentrale Elemente der Verbraucherpolitik in Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse darstellen. Darüber hinaus wird die Notwendigkeit betont, auf die weiter gehenden Anliegen der Bürger einzugehen, z. B. hinsichtlich des gewünschten hohen Umweltschutzniveaus, ferner auf die spezifischen Bedürfnisse bestimmter Bevölkerungsgruppen, z. B. von behinderten Menschen oder einkommensschwachen Personen, sowie auf die flächendeckende Grundversorgung auch in entlegenen oder unzugänglichen Gegenden.

24.                   Ferner müssen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse folgenden Nutzer-/Verbraucherrechten und ‑prinzipien unterliegen:

·      Transparenz und umfassende Information: Hierzu zählen klare und vergleichbare Tarifinformationen; Vertragsbedingungen; Bearbeitung von Beschwerden sowie Mechanismen zur Beilegung von Streitfällen.

·      Gesundheit und Sicherheit: Hierzu zählt die Gewährleistung eines möglichst hohen Gesundheitsschutz- und Sicherheitsniveaus der Dienste.

·      Unabhängige Regulierungsstellen: Regulierungsstellen, die von der Wirtschaft unabhängig sind und ausreichende Mittel, Sanktionsbefugnisse sowie klare Pflichten hinsichtlich des Schutzes von Nutzer- und Verbraucherinteressen haben.

·      Vertretung und aktive Mitwirkung: Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Verbrauchervertreter regelmäßig hinzugezogen werden, damit die Verbraucher bei der Entscheidungsfindung Gehör finden.

·      Entschädigungsverfahren: Rasche und erschwingliche Systeme zur Abwicklung von Beschwerden sowie alternative Verfahren zur Beilegung von Streitfällen.

25.                   Auf der Basis der Nutzer- und Verbraucherschutzprinzipien, die in der Mitteilung benannt wurden, könnten die Rechte der Nutzer und Verbraucher hinsichtlich der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse sich beispielsweise auf folgende Grundlagen stützen:

·      Zugangsmöglichkeiten (umfassende geografische Abdeckung einschließlich grenzüberschreitendem Zugang, Zugang für Personen mit Mobilitätseinschränkungen sowie für Behinderte);

·      Erschwinglichkeit (einschließlich Sonderregelungen für einkommensschwache Personen);

·      Sicherheit (sicherer und zuverlässiger Dienst, hohes Gesundheitsschutzniveau);

·      Qualität (einschließlich der Zuverlässigkeit und Kontinuität der Dienste sowie der Ausgleichsmechanismen im Falle ungenügender Versorgung);

·      Auswahlmöglichkeiten (möglichst weit gehende Auswahl an Dienstleistungen sowie ggf. Wahl des Leistungserbringers und wirksamer Wettbewerb der Leistungserbringer, Recht auf Wechsel des Leitungserbringers);

·      umfassende Transparenz und Information durch die Betreiber (z. B. über Tarife, Abrechnung, Vertragsbedingungen);

·      Recht auf Zugriff auf die von den Regulierungsstellen erhobenen Informationen (Daten zu Dienstequalität, Auswahl und Finanzsituation der Anbieter, Bearbeitung von Beschwerden);

·      Sicherheit und Zuverlässigkeit (kontinuierliche und zuverlässige Verfügbarkeit der Dienste einschließlich Schutz gegen Abschalten);

·      Fairness (fairer und echter Wettbewerb);

·      unabhängige Regulierungsstellen (mit ausreichenden Sanktionsbefugnissen und klar umrissenen Pflichten);

·      Vertretung und aktive Beteiligung der Verbraucher und Nutzer (bei der Festlegung der Dienstleistungen und bei der Wahl der Zahlungsweise);

·      Entschädigungsmaßnahmen (Vorhandensein von Verfahren zur Bearbeitung von Beschwerden und zur Streitbeilegung, Entschädigungsregelungen);

·      Evolutivklausel (Nutzer-/Verbraucherrechte unterliegen dem Wandel der Nutzer- und Verbraucherwünsche und der Rahmenbedingungen: Konjunktur, Rechtslage, Technologie);

·      gleichberechtigter Zugang und Gleichbehandlung der Nutzer und Verbraucher bei der Nutzung grenzübergreifender Dienste innerhalb der Mitgliedstaaten.

2.           Weitere besondere Verpflichtungen

2.1.        Versorgungssicherheit

26.                   Die Notwendigkeit, eine kontinuierliche und nachhaltige Bereitstellung von Diensten von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse zu gewährleisten, setzt Versorgungssicherheit voraus. Generell hat der Binnenmarkt in den Märkten zu einer erheblichen Steigerung der Sicherheit bei der Lieferung von Produkten und Dienstleistungen geführt, die nach dem Wettbewerbsprinzip funktionieren.

27.                   Insbesondere im Energiesektor entwickelte sich in der Frage der Versorgungssicherheit eine breite öffentliche Debatte auf Gemeinschaftsebene, die sich auf ein von der Kommission im Jahr 2001 veröffentlichtes Grünbuch stützte[65]. Mit diesem Grünbuch sollte eine Debatte in Gang gebracht werden, um eine langfristige Strategie zur Sicherheit der Energieversorgung zu definieren, die die kontinuierliche Versorgung mit Energieerzeugnissen zu für Verbraucher und Nutzer erschwinglichen Preisen zum Ziel hat und bei der sowohl Umwelt- als auch Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt werden. Die Kommission präsentierte die Ergebnisse der öffentlichen Aussprache in einer Mitteilung vom Juni 2002[66]. Sie stellte darin abschließend fest, dass die Maßnahmen zur Sicherung der Energieversorgung besser koordiniert werden müssten. Als Follow-up-Maßnahme legte die Kommission im September 2002 zwei Vorschläge für Richtlinien vor, mit denen die Versorgungssicherheit mit Mineralölerzeugnissen und Erdgas in der Europäischen Union verbessert werden soll[67].

28.                   Auch Dienstleistungen von allgemeinem Interesse außerhalb des Energiesektors könnten Anlass zu Bedenken hinsichtlich der Versorgungssicherheit geben, z. B. wegen der Gefahr, dass die Investitionen in Infrastrukturen oder Kapazitäten längerfristig auf einem unzureichenden Niveau verharren. Im Sekundärrecht der Gemeinschaft wird diese Frage allerdings im Allgemeinen nicht angesprochen. Im Telekommunikationssektor schlug die Kommission eine umfassende Strategie vor, mit der die Sicherheit der elektronischen Kommunikationsnetze gewährleistet werden soll.[68] Zu überlegen wäre, ob die Frage der Versorgungssicherheit auch in anderen Sektoren gezielt gestellt werden sollte. Stets ist allerdings zu berücksichtigen, dass spezifische zusätzliche Maßnahmen, die auf eine Steigerung der Versorgungssicherheit abzielen, in der Regel höhere Kosten nach sich ziehen. Bei sämtlichen Maßnahmen, die zur Steigerung der Versorgungssicherheit vorgeschlagen werden, ist daher darauf zu achten, dass die Mehrkosten nicht höher sind als der erwartete Nutzen[69].

2.2.        Netzzugang und Interkonnektivität

29.                   Bei natürlichen Monopolen mit erheblichen sunk costs (verlorenen Investitionen), zunehmenden Größenvorteilen und sinkenden Durchschnittskosten ist ein Eindringen in den Markt besonders schwierig. Derartige Dienste werden normalerweise mit Hilfe stabiler und langlebiger Technologien bereitgestellt. In derartigen Fällen wäre die bloße Anwendung allgemeiner Vorschriften (z. B. Bestimmungen für den Wettbewerb und das öffentliche Beschaffungswesen) möglicherweise nicht ausreichend, sondern müsste durch eine intensivere und kontinuierlichere sektorspezifische Überwachung (Verordnung) ergänzt werden, deren Mindestumfang in zahlreichen Fällen in den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft festgelegt ist.

30.                   Bei einigen der betroffenen Wirtschaftszweige handelt es sich um netzgebundene Wirtschaftszweige, bei denen fairer Zugang – insbesondere von neuen Marktteilnehmern – zu den bestehenden Netzen, z. B. zum Stromversorgungs-, Telekommunikations- oder Schienennetz, oft eine Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Agieren in den nachgeschalteten Märkten ist[70]. Die Gemeinschaft ist an die Frage des Zugangs auf viererlei Art und Weise herangegangen:

(1)               Beibehaltung eines vertikal integrierten Betreibers mit ausschließlichem Recht zum Betrieb der Dienste. Dies war die normale Organisationsform dieser Wirtschaftszweige, als die Europäische Gemeinschaft entstand. In den meisten netzgebundenen Wirtschaftszweigen ist dies aufgrund spezifischer Rechtsvorschriften der Gemeinschaft mittlerweile verboten. Nicht verboten ist dies gegenwärtig im Bereich der Wasserwirtschaft, im Bereich der Busse, U-Bahnen und anderen Stadtbahnen sowie in Restbereichen des Elektrizitäts-, Gas- und Postsektors. Im Bereich der Busse, U-Bahnen und anderen Stadtbahnen ist gegenwärtig nicht geplant, die Behörden zur Trennung von Infrastrukturmanagement und Bereitstellung von Fahrgastbeförderungsdiensten zu verpflichten; die Behörden werden bestimmten Betreibern weiterhin ausschließliche Rechte einräumen können, sofern diese Rechte nach einem Wettbewerbsverfahren vergeben werden.

(2)               Beibehaltung eines vertikal integrierten Betreibers, der seine Infrastruktur Wettbewerbern öffnen muss. Aufgrund des Gemeinschaftsrechts sind die Betreiber verpflichtet, den Wettbewerbern im Telekommunikationssektor Zugang zum Ortsnetz, im Energiemarkt zum Elektrizitätsnetz und zu den Gasleitungen (für die Durchleitung und die Verteilung) sowie im Verkehrsbereich – für grenzüberschreitende Dienste – zum nationalen Schienennetz zu gewähren.

(3)               Schaffung der Voraussetzungen, damit vertikal integrierte Wettbewerber ihre eigene parallele Infrastruktur aufbauen können. Dieses Konzept kommt in den Bereichen Telekommunikation, Postdienste, Luftverkehr [und Rundfunk][71] zur Anwendung.

(4)               Trennung der Funktionen von Betreiber und Infrastrukturmanager. Dieses Konzept wurde bisher für den Zugang zum Elektrizitäts- und zum Schienennetz gewählt[72]. Mittlerweile hat die Kommission dieses Konzept auch für den Gassektor vorgeschlagen, und der Energierat hat diesem Vorschlag zugestimmt.

31.                   Offensichtlich gibt es nicht das eine, ideale Konzept für die Regulierung netzgebundener Wirtschaftszweige. Die Entscheidung hängt von den Merkmalen des jeweiligen Sektors ab. Die nachstehende Tabelle zeigt, wie die Frage der Zugangsregulierung im Gemeinschaftsrecht entsprechend den spezifischen Gegebenheiten der jeweiligen Wirtschaftszweige in unterschiedlicher Weise angegangen wird.

 

Elektri­zität und Gas

Staatl. Eisen­bahn

Bus/U-Bahn/
andere Stadt­bahnen

Luft­verkehr

Tele­kommuni­kation (Festnetz)

Tele­kommuni­kation (Mobil­netz)

Post

Bauen die Wettbewerber konkurrierende Infrastrukturnetze auf?

In der Praxis minimal

Nein

An einigen Orten

Ja

Ja, aber begrenzt auf bestimmte Mitglied­staaten

Ja

Ja

Darf der Infrastrukturmanager zugleich Betreiber sein?

Nein (Künftige Richtlinien werden rechtliche Trennung vorschrei­ben.)

Nein (unabhän­gige Kapazitäts­zuweisung und Entgelterhe­bung im Gemein­schaftsrecht vorgeschrieben)

Ja

Ja

Ja

Ja

Ja

Bestehen abgeleitete Rechtsvorschriften der Gemeinschaft, die es den Mitgliedstaaten untersagen, ausschließliche Rechte an einen einzigen Betreiber zu vergeben?

Ja (Nicht­Haushalte bis 2004, alle Kunden bis 2007)

Ja (Güter­-verkehr)

Nein (nationalerPersonen­verkehr)

Nein

(Aus­nahme: internatio­nale Bus­dienste)

Ja, außer auf bestimmten Strecken, für die Gemein­wohlver­pflichtungen bestehen

Ja

Ja

Ja/NEIN (Es gilt eine Wert-/Preis­grenze.)

Falls ausschließliche Rechte bestehen, wie werden die Betreiber normalerweise ausgewählt?

Histori­scher Betreiber

Histori­scher Betreiber (Kom­mission wünscht Änderung)

Histori­scher Betreiber (Kom­mission wünscht Änderung)

Durch offenen Wett­bewerb

entf.

entf.

Histori­scher Betreiber

Falls keine ausschließ­lichen Rechte bestehen, gibt es Kapazitätsgren­zen hinsichtlich des Um­fangs der von den Betrei­bern erbrachten Dienste?

Ja, bei über­lasteten Netzen

Ja

entf.

Ja

Nein

Ja

Nein

Wenn ja, wie werden die Kapazitäten zugeteilt?

Entflech­tung von Übertra­gungsnetz­betreibern mit Regeln für Überlas­tungsma­nagement bei Elektrizität

Unabhängiges Infra­struktur­manage­ment/Tras­sengre­mium

entf.

Ange­stammte Rechte; informelle Markt­mechanis­men; Slot­koordina­toren

entf.

Wett-bewerbe

Verstei­gerung der Spektren

Behörd­liche Zuteilung

entf.

Was stellen die Infrastrukturmanager in Rechnung?

Kosten­deckung

Inkre­mental­kosten (enge Definition) + staatliche Subventio­nen

Kein Zugang für Dritte

Kosten­deckung

Kosten nach nationaler Methode plus Aufschlag

Leistungs­erbringern werden die Verbrau­cherkosten abzüglich einer gewissen Gewinn­spanne in Rechnung gestellt.

Bei grenzüber­schreiten­den Diensten müssten kosten­orientierte Gebühren erhoben werden

Beteiligen sich die Behörden an der Entwicklung neuer Infrastrukturen?

Normal reguliert

Reguliert und subventio­niert

Reguliert und subventio­niert

Nach gewerb­lichen Kriterien betrieben

Nach gewerb­lichen Kriterien betrieben

Nach gewerb­lichen Kriterien betrieben

Nach gewerb­lichen Kriterien betrieben außerhalb des reser­vierten Bereichs

32.                   Bei geringen sunk costs kann auch der Umfang der staatlichen Eingriffe geringer sein. Kurzfristige Verträge können an einen einzelnen Betreiber vergeben werden; bei der Bewertung der Leistung des Betreibers werden dann die Qualitätsurteile der Kunden mit einbezogen.

33.                   Die Einführung der einzelnen oben aufgeführten Maßnahmen kann durch die Richtlinien über das öffentliche Beschaffungswesen oder die allgemeinen Bestimmungen des EG-Vertrags eingeschränkt werden. Eine transparente und nichtdiskriminierende Auswahl (ob mit oder ohne Ausschreibungsverfahren) des einzelnen Betreibers – der in den Genuss von ausschließlichen/besonderen Rechten kommt – gewährleistet, dass ein Höchstmaß an Qualität zu möglichst niedrigen Netto-Zusatzkosten erbracht wird.

2.3         Erfordernisse zur Gewährleistung des Medienpluralismus

34.                   Seit Mitte der 80er-Jahre gibt es in den Mitgliedstaten Rechtsvorschriften zu den Eigentumsverhältnissen im Mediensektor. Darin werden üblicherweise die Eigentumsanteile an Medienunternehmen begrenzt und die gleichzeitige kumulative Beherrschung oder Beteiligung an mehreren Medienunternehmen untersagt. Ziel dieser gesetzgeberischen Schritte ist, die Meinungsfreiheit zu wahren und dafür zu sorgen, dass in den Medien ein breites Spektrum an unterschiedlichen Ansichten und Meinungen in der für eine demokratische Gesellschaft typischen Form zum Ausdruck kommt.

35.                   Während der Schutz des Medienpluralismus in erster Linie eine Aufgabe der Mitgliedstaaten ist, muss die Gemeinschaft diese Zielsetzung im Rahmen ihrer eigenen Politik angemessen berücksichtigen. Gegenwärtig sind in den abgeleiteten Rechtsvorschriften der Gemeinschaft keine Vorkehrungen zum unmittelbaren Schutz dieses Pluralismus verankert. Nach Gemeinschaftsrecht ist allerdings die Anwendung nationaler Schutzvorkehrungen hinsichtlich des Medienpluralismus zulässig. Dies kommt z. B. in Artikel 21 Absatz 3 der Fusionsverordnung zum Ausdruck, in der explizit die Möglichkeit vorgesehen ist, – im Einklang mit den gemeinschaftlichen Fusionsvorschriften – einzelstaatliche Maßnahmen zum Schutz der Medienvielfalt zu ergreifen, oder in Artikel 8 der Rahmenrichtlinie über elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste[73], wonach die nationalen Regulierungsbehörden dazu beitragen können, den Pluralismus der Medien sicherzustellen.

36.                   Bereits im Dezember 1992 veröffentlichte die Kommission ein Grünbuch[74], mit dem eine öffentliche Debatte über die Notwendigkeit von Maßnahmen der Gemeinschaft in diesem Bereich in Gang gebracht werden sollte. Darin wurden drei Optionen vorgeschlagen: Verzicht auf jegliche Maßnahme, Vorlage einer Empfehlung zur Steigerung der Transparenz, Unterbreitung von Vorschlägen für Rechtsvorschriften der Gemeinschaft zur Harmonisierung nationaler Beschränkungen bei den Eigentumsverhältnissen von Medienunternehmen. Aus der Debatte liessen sich keine eindeutigen operativen Schlussfolgerungen ziehen; eine formelle spezifische Initiative der Kommission kam nicht zustande.

37.                   Zehn Jahre später ist der Schutz des Pluralismus im Mediensektor angesichts der fortschreitenden Konzentration in diesem Bereich und der zunehmenden Verbreitung elektronischer Medien nach wie vor ein zentrales Thema, auch vor dem Hintergrund des Protokolls über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk[75]. Es wird um Meinungsäußerungen gebeten, ob die Kommission die Notwendigkeit für Maßnahmen der Gemeinschaft in diesem Bereich erneut eingehender untersuchen sollte.

II.          Politische Instrumente

1.           Organisation von Regulierungsmaßnahmen

1.1.        Regulierung durch die Gemeinschaft und nationale Regulierungsbehörden

38.                   Das Primär- und das Sekundärrecht von Gemeinschaft und Mitgliedstaaten enthalten die grundlegenden Bestimmungen, die auf die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse anwendbar sind. Um aber zu gewährleisten, dass die Ziele der Regulierung auch erreicht werden, wäre es nicht genug, sich ausschließlich auf die Anwendung und die üblichen Mechanismen zur Durchsetzung der Rechtsvorschriften zu verlassen. Zum Teil sind die Mitgliedstaaten daher aufgrund der Rechtsvorschriften der Gemeinschaft verpflichtet, eine oder mehrere „nationale Regulierungsbehörden“ als verantwortliche Stellen für diese Regulierungsaufgaben zu benennen. Derartige Bestimmungen existieren bereits in den Bereichen Kommunikation, Postdienste, Schienen- und Luftverkehr. Im Elektrizitäts- und Gassektor regte die Kommission in ihrem Vorschlägen vom März 2001 und in ihren geänderten Vorschlägen vom Juni 2002 an, die Mitgliedstaaten zu verpflichten, eine oder mehrere zuständige Stellen als nationale Regulierungsbehörden einzusetzen. Einige Mitgliedstaaten haben selbst in Bereichen, in denen keine umfassenden gemeinschaftlichen Vorschriften bestehen, eine Regulierungsbehörde geschaffen, so das Vereinigte Königreich im Wassersektor (OFWAT).

39.                   Wie die nationale Regulierungsbehörde, die nach den entsprechenden Rechtsvorschriften der Gemeinschaft vorgeschrieben ist, im Einzelnen ausgestaltet wird, bleiben dem Ermessen der Mitgliedstaaten überlassen. Es kann demnach eine bereits bestehende Stelle oder das für den betreffenden Sektor zuständige Ministerium eingesetzt werden, was in verschiedenen Mitgliedstaaten auch geschehen ist. Diese Lösung hat sich allerdings hinsichtlich der Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörde in einigen Fällen als problematisch erwiesen, in denen die Mitgliedstaaten zugleich Eigentümer oder Kontrollinstanz der im betreffenden Sektor aktiven Unternehmen sind. In der Rahmenrichtlinie für den Kommunikationssektor ist für derartige Fälle eine „vollständige und strukturelle Trennung der hoheitlichen Funktion von Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Eigentum und der Kontrolle“ vorgeschrieben. Die Benennung eines Ministeriums als dominierende Regulierungsbehörde, die für sämtliche Regulierungsentscheidungen zuständig ist, bleibt die Ausnahme. Aufgrund der Bedeutung sowie des dauerhaften und komplexen Charakters der hier anfallenden Regulierungsaufgaben sind häufig das fachliche Wissen und die Unabhängigkeit einer sektorspezifischen Regulierungsstelle notwendig[76]. In nahezu allen Mitgliedstaaten wurde eine derartige Stelle für die betreffenden Sektoren eingerichtet, auch im Elektrizitäts- und Gassektor, für den nach den gegenwärtigen Rechtsvorschriften der Gemeinschaft die Einsetzung einer nationalen Regulierungsbehörde nicht vorgeschrieben ist.

40.                   Es ist allerdings zu beachten, dass selbst dort, wo eine sektorspezifische Regulierungsbehörde existiert, die Regierung – d. h. das zuständige Ministerium – häufig die Verantwortung für bestimmte ordnungspolitische Entscheidungen behält. Dass die sektorspezifische Regulierungsbehörde für sämtliche Regulierungsfragen zuständig ist, ist gegenwärtig die Ausnahme. Derartige Regulierungsstellen sind besonders häufig im Kommunikationssektor sowie – in geringerem Umfang – im Energie- oder Postsektor anzutreffen, während im Luft- und Schienenverkehr die Verantwortung normalerweise zwischen Ministerium und Zivilluftfahrt- bzw. Eisenbahnamt geteilt wird. Im Wassersektor hat OFWAT im Vereinigten Königreich die Befugnis, die Preise und das zu erbringende Versorgungsniveau zu regulieren, während die Wasserämter in Frankreich als Umweltregulierungsstellen betrachten werden können, da sie Umweltgebühren einziehen.

41.                   Zentrales Merkmal einer sektorspezifischen Regulierungsstelle ist deren Unabhängigkeit von den am betreffenden Markt agierenden Betreibern. Dies ist eine unverzichtbare Voraussetzung, um Interessenskonflikte zu vermeiden und um die Unparteilichkeit der Regulierungsstelle zu gewährleisten[77]. Sie ist daher in den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft überall dort vorgeschrieben, wo die Benennung einer nationalen Regulierungsbehörde vorgesehen ist. Spezifischere Bestimmungen existieren in zahlreichen Mitgliedstaaten, um die Unabhängigkeit zu gewährleisten, z. B. das Verbot, dass Mitarbeiter der Regulierungsstelle Anteile an Unternehmen im betreffenden Sektor halten.

42.                   Sektorspezifische Regulierungsstellen verfügen auch über ein hohes Maß an Unabhängigkeit gegenüber der Regierung. In den meisten Fällen benennt diese zwar den Leiter und die Mitglieder der Regulierungsbehörde und legt deren grundlegende politische Zielsetzungen fest[78]. Allerdings unterliegen die Regulierungsbehörden normalerweise bei Einzelentscheidungen keinen Weisungen der Regierung; darüber hinaus kann ausdrücklich gefordert sein, dass Mitglieder der Behörde eingehend mit den für den betreffenden Sektor geltenden Vorschriften vertraut sind. Damit wird die Unparteilichkeit der Regulierungsstelle ausgeweitet und die Kontinuität der Regulierungskonzepte gestärkt. Bestimmte Regulierungsbehörden finanzieren ihre Haushalte durch eigenständige Einnahmequellen, die vom allgemeinen Staatshaushalt getrennt sind, was ihre Unabhängigkeit erhöht.

43.                   Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass Unabhängigkeit keineswegs fehlende Rechenschaftspflicht für die erbrachten Leistungen bedeutet. Normalerweise müssen die Regulierungsstellen der Regierung und/oder dem Parlament regelmäßig Berichte vorlegen; darüber hinaus können die betroffenen Parteien Einspruch gegen die Entscheidungen einlegen. Andererseits muss bei den Einspruchsmöglichkeiten der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben. Werden Entscheidungen der Regulierungsstelle in jahrelangen Streitigkeiten blockiert, bevor sie ihre Wirkung entfalten können, so wird das Ziel der Regulierung verfehlt. In bestimmten Fällen haben Einsprüche gegen Entscheidungen der Regulierungsstelle daher keine aufschiebende Wirkung.

44.                   Vor der Entscheidung müssen die Regulierungsstellen Rücksprache mit den betroffenen Parteien und der Öffentlichkeit halten, damit gewährleistet ist, dass alle maßgeblichen Aspekte berücksichtigt werden. Gleichermaßen wichtig ist, dass die Regulierungsstellen ihre Arbeit mit anderen Behörden beraten und abstimmen, z. B. mit den Wettbewerbsbehörden und Verbraucherschutzgremien, damit die Vereinbarkeit und Konsistenz der Entscheidungen gewährleistet sind.

45.                   Um ihre Aufgaben wirksam wahrnehmen zu können, stützen sich die Regulierungsstellen häufig auf Informationen, die lediglich die Unternehmen, welche der Regulierung unterliegen, vorlegen können. Die Regulierungsstellen sind daher normalerweise befugt, von den Unternehmen innerhalb bestimmter Fristen sämtliche Informationen anzufordern, die sie für die betreffende Aufgabe benötigen. Bei sensiblen Unternehmensinformationen müssen die Regulierungsstellen die Bestimmungen über Vertraulichkeit im Geschäftsbereich einhalten. So benötigt die Regulierungsstelle beispielsweise bei der Regulierung der Netzzugangsgebühren zuverlässige und umfassende Informationen zu den bei den Netzbetreibern anfallenden Kosten.

46.                   Die Befugnisse und die Zuständigkeiten der Regulierungsstellen in den Mitgliedstaaten variieren je nach Sektor und Gesetzeslage in den jeweiligen Mitgliedstaaten, einschließlich der Aufgabentrennung zwischen der Regulierungsstelle des Sektors und dem zuständigen Ministerium. Diese Aufgabentrennung wird in erheblichem Maße durch die einzelstaatlichen Rechts- und Verwaltungsgepflogenheiten in den jeweiligen Mitgliedstaaten beeinflusst. Bestimmte zentrale Verantwortungsbereiche gelten allerdings für nahezu alle Regulierungsstellen der betreffenden Sektoren. Die Regulierung der Zugangsbedingungen zu den bestehenden Netzen und die Regulierung der Verbraucherpreise, mit denen die Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung verhindert werden soll, dürften hierbei zu den herausragendsten Beispielen zählen. In dieser Hinsicht ergänzen die Regulierungsbehörden die Arbeit der Wettbewerbsbehörden; letztere wenden durch nachträgliche (Ex-post-)Maßnahmen allgemeine Wettbewerbsbestimmungen auf einen bestimmten Sektor an, d. h. nachdem der Missbrauch bereits eingetreten ist; die Regulierungsstelle greift dagegen normalerweise im Voraus (ex-ante) ein, indem sie Vorschriften erlässt, durch die von vornherein die Missbrauchsgefahr verringert wird[79].

47.                   Normalerweise werden in derartigen Rechtsvorschriften die Pflichten im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Universaldiensten festgelegt. Allerdings wirken die Regulierungsstellen häufig in erheblichem Maße an der weiteren Definition und Umsetzung derartiger Bestimmungen mit. So werden beispielsweise, falls ein Betreiber eines Universaldienstes eine Entschädigung für die Bereitstellung des Dienstes erhält, das allgemeine Verfahren für die Kostenermittlung und der Finanzierungsmechanismus normalerweise durch das Parlament oder das zuständige Ministerium festgelegt. Die Umsetzung dieser Bestimmungen bleibt der Regulierungsstelle überlassen.

48.                   Ein wichtiger Bestandteil des Universaldienstkonzepts ist die Erschwinglichkeit der Preise für die Endnutzer und Endverbraucher. Soweit für das Erreichen dieses Ziels erforderlich, werden von den Regulierungsstellen Preisregulierungsmechanismen angewandt. Da der Markt grundsätzlich den Preis bestimmen sollte, erfolgt diese Regulierung meist durch Festlegung der Höchstpreise – wie es in zahlreichen Mitgliedstaaten, z. B. im Elektrizitätssektor, der Fall ist. Eine Preisregulierung kann allerdings auch durch Festlegung von Mindestpreisen erfolgen, mit denen eine ruinöse Preispolitik durch dominierende Akteure (z. B. im Kommunikationssektor) verhindert werden soll.

49.                   Besonders wichtig für Verbraucher und Nutzer ist die Rolle, welche die Regulierungsstellen oftmals bei der Entwicklung und Umsetzung verbindlicher Sicherheits- und Qualitätsstandards spielen. Diese sind dort wichtig, wo die Erfüllung der Erwartungen u. a. hinsichtlich der Wahl der Zugangsmöglichkeiten, Transparenz (einschließlich der Preistransparenz), Erschwinglichkeit, Qualität, Sicherheit und Zuverlässigkeit, im Mittelpunkt steht. Unverzichtbar sind dabei angemessene Entschädigungsmechanismen für Verbraucher und Nutzer, wenn die Betreiber die entsprechenden Standards nicht erfüllen.

50.                   Die Lizenzvergabe (Konzessionserteilung) ist ein wichtiges Instrument, um die Einhaltung zwingend vorgeschriebener Standards zu gewährleisten. Hält ein Marktteilnehmer die von der Regulierungsstelle vorgeschriebenen – und in seiner Lizenz festgelegten – Standards nicht ein, so kann die Regulierungsstelle die Lizenz entziehen. Zu den weiteren Mitteln, mit denen die Einhaltung der Bestimmungen durchgesetzt wird, zählen Bußgelder.

51.                   Den Verbrauchern und Nutzern muss der Beschwerdeweg offen stehen, z. B. falls der Betreiber die oben erwähnten Standards nicht einhält. Diese Beschwerden werden normalerweise von der Regulierungsstelle bearbeitet; in vielen Fällen sind die Regulierungsstellen per Gesetz verpflichtet, zügig eine Entscheidung zu fällen (d. h. innerhalb einer bestimmten Frist).

52.                   Einige Regulierungsbehörden engagieren sich auch durch die regelmäßige Bereitstellung von Marktinformationen für die Verbraucher[80]; überwiegend wird diese Aufgabe allerdings durch Verbraucherverbände wahrgenommen wird. Abgesehen von den oben genannten Kernverantwortungsbereichen werden den Regulierungsstellen in den meisten Mitgliedstaaten weitere Aufgaben übertragen, z. B. im Energiebereich die Umsetzung der Sozial- und Umweltpolitik[81] und die langfristige Planung der Sicherheit der Elektrizitäts- und Gasversorgung[82]. Diese zusätzlichen Aufgaben werden normalerweise durch spezifische nationale Umstände bestimmt. Der Grund, dass diese Aufgaben den Regulierungsstellen übertragen werden, liegt in vielen Fällen in deren technischer Erfahrung und ihrer Kenntnis des Sektors.

1.2 Institutionelle Zusammenarbeit auf Gemeinschaftsebene

53.                   Sektorspezifische Regulierungsstellen werden von den Mitgliedstaaten eingesetzt und regulieren den nationalen Markt in dem betreffenden Sektor. Allerdings sind die nationalen Märkte zugleich Teil des Binnenmarktes der Gemeinschaft, weshalb sich die Entscheidungen der nationalen Regulierungsstellen häufig auch auf grenzüberschreitende Transaktionen auswirken. Folglich ist eine gewisse Kohärenz der nationalen Regulierungskonzepte notwendig, um Verzerrungen zu vermeiden, die aus verschiedenartigen Konzepten herrühren und die einwandfreie Funktion des Binnenmarktes beeinträchtigen könnten. Im Eisenbahn- und Kommunikationssektor enthalten die Rechtsvorschriften der Gemeinschaft eine Klausel, nach der die Regulierungsstellen ausdrücklich verpflichtet sind, ihre Entscheidungsprinzipien untereinander zu koordinieren[83].

54.                   Gegenwärtig existieren für die betreffenden Sektoren verschiedene organisatorische Regelungen, die darauf abzielen, die Kohärenz der Regulierungsbestimmungen zu gewährleisten.         
         
Für verschiedene Sektoren wurden europäische Gremien gegründet, in denen die Regulierungsstellen der Mitgliedstaaten sowie häufig auch aus Drittländern mitwirken. Beispiele:

·      Der Rat der europäischen Energieregulatoren (CEER) ist die Drehscheibe für Kontakte zwischen den Regulierungsstellen und der Generaldirektion Energie und Verkehr der Europäischen Kommission. Er pflegt enge Arbeitskontakte mit den Regulierungsbehörden in Nordamerika und in den EU-Beitrittsländern. Schwerpunkt der Arbeit des CEER sind Fragen im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Transaktionen; daneben ist er aktiv an den Regulierungsprozessen von Florenz und Madrid beteiligt (siehe unten).

·      Der Europäische Ausschuss für die Regulierung der Post (CERP) setzt sich aus Vertretern der Postaufsichtsbehörden der CEPT-Staaten (Europäische Konferenz für Verwaltungen der Post und Telekommunikation) zusammen, einschließlich der EU- und der Beitrittsländer sowie den EFTA- und weiteren Ländern wie Albanien oder der Russischen Föderation. Der CERP erörtert regulative und operative Fragen des Postsektors und fördert Kontakte zu den entsprechenden Gremien, um ein gemeinsames Konzept zu entwickeln, aus dem sich gegebenenfalls Vorschläge und Empfehlungen ableiten lassen.

·      Die Joint Aviation Authorities (JAAs) bilden die Dachorganisation der einzelstaatlichen Zivilluftfahrtbehörden und entwickeln gemeinsame Sicherheitsstandards und Verfahrensvorschriften für die meisten Bereiche der zivilen Luftfahrt. Diese Standards sind nicht verbindlich, sofern sie nicht in EU- oder nationales Recht umgesetzt werden.

55.                   Eine spezielle Form der Koordination und Zusammenarbeit der nationalen Regulierungsstellen besteht im Elektrizitäts- und Gassektor. Um einen Konsens zwischen sämtlichen Parteien in Fragen grenzüberschreitender Transaktionen im Gas- und Elektrizitätssektor herbeizuführen, wurden zwei Regulierungsforen, das Madrider Forum und das Forum von Florenz, eingerichtet. Diese Foren bringen unter dem Vorsitz der Europäischen Kommission die nationalen Regulierungsstellen für den Energiesektor sowie hochrangige Vertreter der Mitgliedstaaten, der Industrie und der Verbraucher zusammen. Die von den Foren getroffenen Entscheidungen sind nicht formell bindend, werden jedoch mit der Maßgabe getroffen, dass sie von den nationalen Regulierungsstellen auf nationaler Ebene umgesetzt werden.[84]. Die Grenzen der beiden Foren werden allerdings mittlerweile in zunehmendem Maße deutlich, insbesondere bei Entscheidungen zu kontroversen Themen. Die Kommission unterbreitete daher im März 2001 einen Vorschlag für eine Verordnung über den grenzüberschreitenden Elektrizitätsaustausch, in der ein Komitologieverfahren zu den im Rahmen des Forums von Florenz erörterten Fragen festgelegt wird.

56.                   Europäische Gruppen der Regulierungsstellen 

In jüngerer Zeit entstand in Form europäischer Gruppen der Regulierungsstellen eine neue Organisationsform für die Mitwirkung nationaler Regulierungsstellen auf europäischer Ebene, womit die Rolle sektorspezifischer Regulierungsbehörden auf EU-Ebene gestärkt und festgeschrieben werden soll. Anders als bei den Komitologieausschüssen müssen sich diese Gruppen aus den nationalen Regulierungsstellen des betreffenden Sektors zusammensetzen. Dieses Konzept wurde beispielsweise ausführlich im „Lamfalussy-Bericht“ zum zukünftigen legislativen und regulativen Prozess des europäischen Wertpapiermarktes erörtert, mit dem eine neue, effizientere Form der Regulierung entwickelt werden sollte. Zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse wurde vor kurzem mit Beschluss der Kommission eine „Europäische Regulatorengruppe“ für elektronische Kommunikationsdienste eingesetzt[85]. Die Ziele dieser Gruppe sind: Beratung und Unterstützung der Kommission bei der Konsolidierung des Binnenmarktes für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste; (b) Schaffung einer Schnittstelle zwischen den nationalen Regulierungsbehörden und der Kommission und Unterstützung bei der kohärenten Umsetzung des Regulierungsrahmens in sämtlichen Mitgliedstaaten.

57.                   Für die Bereiche Elektrizität und Gas regte die Kommission als Antwort auf einen Vorschlag des Europäischen Parlaments in ihren überarbeiteten Vorschlägen für die Vollendung des Energiebinnenmarktes an, eine entsprechende Gruppe der Regulierungsstellen für den Elektrizitäts- und Gassektor einzusetzen.

58.                   Komitologie

In den meisten betroffenen Sektoren sind in den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft Komitologieverfahren festgeschrieben, in denen die Details der Umsetzung der in den grundlegenden Rechtsvorschriften der Gemeinschaft enthaltenen Bestimmungen festgelegt werden. Gemeinsam ist diesen Verfahren, dass die Kommission die Beschlüsse nach Anhörung eines beratenden oder Regulierungsausschusses, bestehend aus Vertretern der Mitgliedstaaten, annimmt. Häufig werden Themen behandelt, die in besonderem Maße für grenzüberschreitende Transaktionen von Bedeutung sind, z. B. Qualitätsstandards für grenzüberschreitende Postdienste oder die Interoperabilität des Schienennetzes. Komitologieausschüsse existieren für den Kommunikations-, Post-, Schienen- und Luftverkehrssektor. Zu beachten ist dabei, dass die Mitgliedstaaten selbst entscheiden müssen, wie sie in diesen Ausschüssen vertreten sind, und dass daher die Beteiligung sektorspezifischer Regulierungsbehörden nicht gewährleistet ist. In der Praxis werden jedoch Regulierungsstellen überall dort, wo sie existieren, von den Mitgliedstaaten in diese Verfahrensabläufe einbezogen. Im Elektrizitätssektor schlägt die Kommission in ihren Vorschlägen zur Vollendung des Energiebinnenmarktes ein Komitologieverfahren zu Fragen vor, die für die grenzüberschreitende Elektrizitätsübertragung von Bedeutung sind.

1.3 Besteht Bedarf an europäischen Regulierungsstellen?

59.                   Gegenwärtig existiert noch in keinem der betroffenen Sektoren eine europäische Regulierungsbehörde. Allerdings wird der Gedanke, eine entsprechende Stelle in bestimmten Sektoren auf europäischer Ebene einzurichten, bereits seit einiger Zeit erörtert, insbesondere im Kommunikationssektor[86]. So beschloss der Rat beispielsweise für den Luftverkehr vor kurzem auf der Grundlage eines Vorschlags der Kommission, eine europäische Luftverkehrssicherheitsagentur (EASA) zu gründen. Diese Agentur unterstützt die Kommission bei der Verabschiedung gemeinsamer Standards zu Luftverkehrssicherheit und Umweltschutzfragen im Rahmen eines Komitologieverfahrens. Darüber hinaus ist sie für die Luftverkehrstauglichkeit und Umweltzertifizierung von Luftverkehrserzeugnissen verantwortlich, die in den Mitgliedstaaten entwickelt oder eingesetzt werden. Bisher war diese Aufgabe von den nationalen Luftfahrtbehörden wahrgenommen worden. In dieser (begrenzten) Hinsicht könnte die neue Agentur als europäische Regulierungsstelle gelten. Im Eisenbahnsektor schlug die Kommission in ihrem zweiten Eisenbahnpaket vom Januar 2002 die Gründung einer Europäischen Eisenbahnagentur vor. Diese Agentur würde allerdings nicht unmittelbar eine regulatorische Rolle übernehmen. In bestimmten Fällen käme ihr jedoch eine beratende Rolle zu, die sich mit der Rolle der „Europäischen Gruppe der Regulatoren“ im Kommunikationssektor vergleichen lässt.

2.           Finanzierung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse

60.                   Die Überlebensfähigkeit zahlreicher Dienstleistungen von allgemeinem Interesse könnte durch die alleinige Anwendung von Marktmechanismen gewährleistet werden; einige Dienstleistungen von allgemeinem Interesse benötigen allerdings spezifische Finanzierungsprogramme, um ihr finanzielles Gleichgewicht wahren zu können.

61.                   Im Allgemeinen wird für Dienstleistungen von allgemeinem Interesse durch das Gemeinschaftsrecht keine bestimmte Finanzierungsform vorgeschrieben; die Entscheidung über die Finanzierung dieser Dienste liegt bei den Mitgliedstaaten. Unabhängig vom angewandten Finanzierungskonzept müssen allerdings die Vorschriften über Wettbewerb und staatliche Beihilfen sowie die Bestimmungen über internationale Märkte im EG-Vertrag erfüllt sein. Auf jeden Fall bietet der EG-Vertrag die Möglichkeit, die Betreiber von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse für die bei der Erfüllung eines gemeinwirtschaftlichen Auftrags anfallenden Mehrkosten zu entschädigen. Entschädigungszahlungen, die über das für die Erfüllung der Aufgaben des im öffentlichen Interesse liegenden Dienstes notwendige Maß hinausgehen, sind grundsätzlich nicht mit dem EG-Vertrag vereinbar.

62.                   Die Finanzierungskonzepte können unterschiedlich ausgestaltet sein, z. B. die direkte Finanzierung durch staatliche Haushaltsmittel, Beiträge von Marktteilnehmern, die Gewährung besonderer oder ausschließlicher Rechte, die Bildung von Durchschnittstarifen oder – bei nicht marktbestimmten sozialen Diensten – eine Finanzierung nach dem Solidaritätsprinzip.     

a)       Direkte Ausgleichszahlungen aus Haushaltsmitteln des Mitgliedstaats

Eine Form der finanziellen Unterstützung für Dienstleistungen von allgemeinem Interesse besteht in direkten Ausgleichszahlungen aus dem Haushalt eines Mitgliedstaats. Diese Ausgleichszahlungen können als direkte Zahlungen an den Betreiber des Dienstes oder durch andere finanzielle Vorteile wie z. B. Steuerbefreiungen erfolgen, als deren Folge die Einnahmen des Haushalts des Mitgliedstaats sinken. In bestimmten Fällen kann die direkte Ausgleichszahlung durch einen Mitgliedstaat durch Finanzmittel der Gemeinschaft auf der Grundlage des Kofinanzierungsprinzips ergänzt werden, z. B. über den Strukturfonds.

Bei direkten Ausgleichszahlungen wird die Belastung für die Finanzierung einer gemeinschaftlichen Aufgabe auf sämtliche Steuerzahler verteilt. Diese Form der Finanzierung bedeutet kein Zugangshindernis. Sie unterliegt in den Mitgliedstaaten der parlamentarischen Kontrolle im Haushaltsverfahren.          

b)       Beitragszahlungen durch Marktteilnehmer   
         
Die Mitgliedstaaten können auch beschließen, dass die Nettokosten für die Erbringung von
Dienstleistungen von allgemeinem Interesse durch Unternehmensabgaben bei denen erhoben werden, für die die Leistungen erbracht werden. Diese Möglichkeit ist in den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft zu Telekommunikations- und Postdiensten ausdrücklich verankert.  

In diesem Fall müssten die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass das Verfahren der Kostenumlage auf die Unternehmen auf objektiven und nichtdiskriminierenden Kriterien basiert und dem Proportionalitätsprinzip entspricht. Dieses Prinzip darf die Mitgliedstaaten nicht davon abhalten, neue Akteure, die noch keine nennenswerte Präsenz am Markt erreicht haben, von den Abgaben zu befreien. Bei jedem Finanzierungsmechanismus muss gewährleistet sein, dass die Marktteilnehmer nur einen Beitrag zur Finanzierung des Universaldienstes, nicht aber zu anderen Maßnahmen leisten, die nicht in direktem Zusammenhang mit der Erfüllung der Verpflichtungen des Universaldienstes stehen. Bei diesem Mechanismus müssen auf jeden Fall die Prinzipien des Gemeinschaftsrechts eingehalten werden, insbesondere bei Umlageverfahren das Prinzip der Nichtdiskriminierung und Proportionalität.      

Die Nettokosten der Pflichten von Universaldiensten können auf alle oder nur auf bestimmte Unternehmenskategorien aufgeteilt werden. Die nationalen Regulierungsbehörden müssen sich davon überzeugen, dass jene Unternehmen, die von der Finanzierung profitieren, zu den spezifischen Kosten, für die eine entsprechende Finanzierung erforderlich ist, ausreichend detaillierte Informationen vorlegen, um die Anträge prüfen zu können. Für die benannten Betreiber bestehen Anreize für eine Erhöhung der veranschlagten Nettokosten der gemeinschaftlichen Verpflichtungen. Die Mitgliedstaaten müssen also für ausreichende Transparenz und Kontrolle der für die Finanzierung der Verpflichtungen für Universaldienste in Rechnung gestellten Beträge sorgen.          

Darüber hinaus ist in der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst bei elektronischen Kommunikationsnetzen und –diensten festgelegt, dass die Konzepte der Mitgliedstaaten zur Kostenermittlung und Finanzierung von Verpflichtungen für Universaldienste der Kommission zur Prüfung auf Vereinbarkeit mit dem EG-Vertrag mitzuteilen sind. Ferner heißt es dort in Erwägung 13, dass „bei den Finanzierungsmechanismen sichergestellt sein [sollte], dass Nutzer in einem Mitgliedstaat keinen Beitrag zu den Universaldienstkosten in einem anderen Mitgliedstaat leisten, z. B. bei Anrufen von einem Mitgliedstaat in einen anderen“.       

c)       Besondere und ausschließliche Rechte           

In bestimmten Fällen gewähren die Mitgliedstaaten besondere oder ausschließliche Rechte, um die finanzielle Lebensfähigkeit eines Betreibers eines Dienstes von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse zu gewährleisten. Die Gewährung derartiger Rechte ist nicht per se unvereinbar mit dem EG-Vertrag.
Der Europäische Gerichtshof befand in einem Urteil[87]: Artikel 86 Absatz 2 des EG-Vertrags „erlaubt es somit den Mitgliedstaaten, Unternehmen, die sie mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betrauen, ausschließliche Rechte zu verleihen, die der Anwendung der Wettbewerbsregeln des Vertrags entgegenstehen können, soweit Wettbewerbsbeschränkungen oder sogar der Ausschluss jeglichen Wettbewerbs von Seiten anderer Wirtschaftsteilnehmer erforderlich sind, um die Erfüllung der den Unternehmen, die über die ausschließlichen Rechte verfügen, übertragenen besonderen Aufgabe sicherzustellen”. Die Mitgliedstaaten müssen allerdings dafür Sorge tragen, dass diese Rechte in Einklang mit den Bestimmungen des Binnenmarktes stehen und nicht auf einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung im Sinne von Artikel 82 durch den betreffenden Betreiber hinauslaufen. Grundsätzlich darf der Wettbewerb auf bestimmten Märkten nur insoweit durch besondere oder ausschließliche Rechte eingeschränkt werden, als diese zur Bereitstellung des betreffenden Dienstes erforderlich sind.       

Darüber hinaus kann die Freiheit der Mitgliedstaaten, besondere oder ausschließliche Rechte zu vergeben, auch durch sektorspezifische Rechtsvorschriften der Gemeinschaft eingeschränkt werden.[88].

(d)     Bildung von Durchschnittstarifen      

Für einige Dienste wie z. B. bestimmte Telekommunikations- oder Postdienste schreiben die Mitgliedstaaten vor, dass ein Universaldienst zu einem einheitlichen Tarif für das gesamte Staatsgebiet des Mitgliedstaats erbracht wird. In diesen Fällen basieren die Tarife auf dem ermittelten Durchschnitt der Bereitstellungskosten des Dienstes, die erheblich variieren können, z. B. je nachdem, ob die Dienste in einem dicht bewohnten Gebiet oder in einer abgelegenen ländlichen Gegend erbracht werden. Im Allgemeinen – und vorbehaltlich einer Überprüfung auf Missbrauch durch die Kommission – deckt sich die Bildung von Durchschnittstarifen mit dem Gemeinschaftsrecht, sofern sie von einem Mitgliedstaat aus Gründen des territorialen und sozialen Zusammenhalts vorgeschrieben wird und dabei die in Artikel 86 Absatz 2 des EG-Vertrags festgelegten Bedingungen eingehalten werden[89].

(e)      Solidarische Finanzierung und Pflichtmitgliedschaft

Aufgrund ihrer Bedeutung wird diese Finanzierungsform hier ebenfalls erwähnt, sie betrifft allerdings nur die Förderung von
Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, die nicht wirtschaftlicher Art sind. Die sozialen Grundversicherungssysteme in den Mitgliedstaaten basieren normalerweise auf Konzepten, mit denen soziale Ziele verfolgt werden und in denen das Solidaritätsprinzip zum Ausdruck kommt. Sie sollen sämtliche in ihren Geltungsbereich fallenden Personen gegen Risiken wie Krankheit, Alter, Tod und Invalidität absichern, und zwar unabhängig von deren finanzieller Situation und deren Gesundheitszustand zum Zeitpunkt ihres Eintritts. Das Solidaritätsprinzip kann beispielsweise in Krankenversicherungssystemen dadurch zum Ausdruck kommen, dass diese Systeme durch Beiträge proportional zur Höhe des Erwerbseinkommens der Erwerbstätigen finanziert werden, die Leistungen sich aber nach den Erfordernissen der Empfänger richten. In diesem Fall bedeutet die Solidarität also eine Einkommensumverteilung zwischen den Bessergestellten und jenen, die aufgrund ihrer verfügbaren Mittel und ihres Gesundheitszustands andernfalls nicht die notwendige soziale Absicherung erhalten würden. Zugleich lindert sie Marktunzulänglichkeiten in Verbindung mit der Krankenversicherung aufgrund von größenbedingten Einsparungen, Risikoauswahl und moralischem Risiko. In Rentenversicherungssystemen kommt die Solidarität dadurch zum Ausdruck, dass die Beiträge der Erwerbstätigen zur Finanzierung der Renten der nicht mehr erwerbstätigen Arbeitnehmer verwendet werden. Darüber hinaus kommt sie darin zum Ausdruck, dass auch Rentenansprüche ohne entsprechende Beitragszahlungen oder Rentenansprüche, die nicht proportional zu den einbezahlten Rentenbeiträgen sind, anerkannt werden. Auch eine Solidarität der verschiedenen Sozialversicherungssysteme untereinander ist insofern denkbar, als Systeme, die Überschüsse erwirtschaften, zur Finanzierung der Systeme mit strukturellen finanziellen Schwierigkeiten beitragen. Diese Sozialversicherungssysteme basieren auf einem Pflichtbeitragssystem, das für die Umsetzung des Solidaritätsprinzips und das finanzielle Gleichgewicht dieser Systeme unabdingbar ist. Darüber hinaus unterliegt die Verwaltung dieser Systeme im Allgemeinen auch der umfassenden staatlichen Aufsicht.          

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erfüllen Verbände, denen die Erbringung derartiger Leistungen übertragen wurde und die nach dem Prinzip der nationalen Solidarität und ohne Erwerbszweck tätig sind, eine ausschließlich soziale Funktion. Diese Verbände üben keine Wirtschaftstätigkeit aus und sind nicht als Unternehmen im Sinne des Gemeinschaftsrechts zu betrachten[90]. Es wäre allerdings zu prüfen, ob die Kriterien und Auswirkungen einer auf dem Solidaritätsprinzip basierenden Finanzierung der Sozialversicherungssysteme einer Klärung auf Gemeinschaftsebene bedürfen.

63.                   Die Bestimmungen für Binnenmarkt, Wettbewerb und staatliche Beihilfen zielen darauf ab, dass durch die finanzielle Förderung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse keine Wettbewerbsverzerrungen sowie Verzerrungen in der Funktion des Binnenmarktes eintreten. Darüber hinaus zielen die bestehenden sektorspezifischen Rechtsvorschriften lediglich darauf ab, dass die durch die Mitgliedstaaten geschaffenen Finanzierungsmechanismen möglichst geringe Wettbewerbsverzerrungen verursachen und den Markteinstieg erleichtern. Weitere relevante Kriterien für die Wahl eines Finanzierungsmechanismus, z. B. Effizienz, Rechenschaftspflicht oder Umverteilungseffekte, werden nicht berücksichtigt. In der gegenwärtigen Phase ist die Kommission der Ansicht, dass eine Debatte darüber in Gang kommen sollte, ob aus diesen Kriterien zu folgern wäre, dass spezifische Finanzierungsmechanismen bevorzugt werden sollten und ob die Gemeinschaft Maßnahmen zur Förderung spezifischer Finanzierungsmechanismen ergreifen sollte.

3.           Die Evaluierung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse

64.                   Die Evaluierung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse steht in engem Zusammenhang mit der Evaluierung der Leistungsfähigkeit der Wirtschaftszweige, die diese Dienste bereitstellen. Diese Leistungsfähigkeit basiert auf der Erbringung eines quantitativen und qualitativen Nutzens für Nutzer und Verbraucher und folglich darauf, dass die Zufriedenheit dieses Personenkreises gesteigert wird. Die Evaluierung der Leistung mit der gewährleistet werden soll, dass die Ziele des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts und des Umweltschutzes erreicht werden, ist in erster Linie eine Aufgabe auf Gemeinschaftsebene. Aus rein wirtschaftlichem Blickwinkel ist die Evaluierung deshalb wichtig, weil die Sektoren, die diese Dienste bereitstellen, einen erheblichen Teil des BIP der EU erwirtschaften und die Preisgestaltung in diesen Wirtschaftszweigen sich auch auf die Kosten in anderen Sektoren auswirkt. Die Evaluierung von netzgebundenen Wirtschaftszweigen, die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse erbringen, ist gegenwärtig auch aufgrund des Umstands gerechtfertigt, dass diese Sektoren infolge regulatorischer, technischer, sozialer und wirtschaftlicher Umwälzungen tief greifende strukturelle Reformen durchlaufen. Die Evaluierung der Leistungsfähigkeit sollte allerdings in sämtliche Wirtschaftsbereichen erfolgen, die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse erbringen, unabhängig davon, ob sie strukturellen Änderungen unterliegen oder nicht. Die Evaluierung ist darüber hinaus wichtig, weil die Informationen, die damit gewonnen werden, wichtige Ausgangsdaten für fundierte politische Erörterungen und für eine auf sachkundige Regulierung der jeweiligen Sektoren darstellen. Des Weiteren ist eine Evaluierung aus Gründen der „good governance“ gerechtfertigt. Die Evaluierung liefert Nachweise, Urteilsgrundlagen und Informationen für die Entwicklung, Anpassung und Kontrolle der politischen Maßnahmen. Aus all diesen Gründen hält die Kommission die Beurteilung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse für wichtig und hat sie eine entsprechende Strategie erarbeitet.

3.1         Ein dreigliedriges Konzept

65.                   In der Mitteilung über Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa aus dem Jahr 2000 wurde bereits festgestellt: „Die Auseinandersetzung der Gemeinschaft mit Leistungen der Daseinsvorsorge geht über die reine Vollendung des Binnenmarkts in Form der Bereitstellung eines Instrumentariums zur Sicherung von Qualitätsstandards, der Koordinierung der Regulierungsbehörden und der Bewertung der Maßnahmen hinaus. (…) Beiträge dieser Art sollen die nationalen, regionalen und lokalen Maßnahmen in den jeweiligen Bereichen keineswegs ersetzen, sondern unterstützen[91]“. Entsprechend diesen Vorgaben führt die Europäische Kommission regelmäßige Evaluierungen der Leistungsfähigkeit der Wirtschaftszweige durch, die Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse bereitstellen. Diese Evaluierung stützt sich auf drei Säulen.

66.                   Die Kommission hat „horizontale Bewertungen“ in ihrer Strategie für eine effiziente Evaluierung von Diensten von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse verankert. Im Dezember 2001 legte die Kommission eine erste horizontale Bewertung[92] als Anlage zum „Bericht über die Funktionsweise der gemeinschaftlichen Güter- und Kapitalmärkte“[93] vor. Sie enthielt die Grundzüge für die zukünftige horizontale Überwachung und regelmäßige Evaluierung dieser Dienste entsprechend den Wünschen des Rates. In Einklang mit der Aufforderung des Rates zur Vorlage einer Methodik zur Evaluierung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse wurde in der Mitteilung „Methodik der horizontalen Bewertung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse[94]“ eine Methodik festgelegt, die von der Kommission bei zukünftigen horizontalen Evaluierungen angewandt werden soll. Die Kommission erstellt jährliche Berichte, in denen die Ergebnisse der horizontalen Evaluierung der Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse dargestellt werden. Die Berichte bestehen aus drei Hauptteilen: Analyse der strukturellen Veränderungen und der Marktleistung, Ergebnisse des kontinuierlichen Verbraucherbefragungsprozesses und sektorenübergreifende Prüfung horizontaler Themen. Zunächst decken die horizontalen Evaluierungen die Bereiche Luftverkehr, öffentlicher Lokal- und Regionalverkehr, Elektrizität, Gas, Postdienste, Schienenverkehr und Telekommunikation in den Mitgliedstaaten ab.

67.                   Neben horizontalen Beurteilungen setzt die Europäische Kommission auch die sektoralen Beurteilungen der Wirtschaftszweige fort, die Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse bereitstellen[95]. Die wirtschaftlichen, technischen und regulatorischen Rahmenvorgaben differieren innerhalb der verschiedenen Wirtschaftszweige erheblich, d. h. bestimmte Fragestellungen sind an bestimmte Wirtschaftsbereiche gekoppelt und können in horizontalen Bewertungen nicht in vollem Umfang erfasst werden. Darüber hinaus sind diese sektoralen Bewertungen geeignete Instrumente für die Überwachung der Umsetzung der Richtlinien und die wirksame Anwendung der in nationales Recht umgesetzten Rechtsvorschriften sowie als Mittel zum Vergleich der sektoralen Regulierungsmaßnahmen. Damit erhält die Kommission eine Grundlage, anhand derer sie die Mitgliedstaaten bei zukünftigen Regulierungsmaßnahmen anleiten und bewährte sektorale Praktiken erörtern kann. Zusätzlich entsteht hierdurch ein guter Überblick über mögliche Defizite bei der Einhaltung der EU-Rechtsvorschriften.

68.                   Die Evaluierung der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse wäre nicht vollständig, wenn darin nicht auch die Stellungnahmen der verschiedenen von diesen Diensten betroffenen Beteiligten Berücksichtigung fänden (sämtliche Nutzer/Verbraucher, Betreiber, Regulierungsstellen, Sozialpartner, Behörden usw.). Die Stellungnahmen der Betroffenen werden bei der Evaluierung durch die Kommission berücksichtigt und dienen als Richtschnur für künftige politische Maßnahmen. Speziell die Zufriedenheit der Verbraucher mit den Dienstleistungen von allgemeinem Interesse wird durch Eurobarometer-Meinungsumfragen und ‑Qualitätserhebungen erfasst[96].

3.2         Umfang der Evaluierung

69.                   Unter den gegenwärtigen Bedingungen des strukturellen und regulatorischen Wandels sind beim Evaluierungsprozess vier Fragen zu berücksichtigen.   

(a)      Ergeben sich aus den strukturellen Veränderungen in den Sektoren, die Dienste von allgemeinem Interesse bereitstellen, Vorteile für Nutzer und Verbraucher in Form von niedrigeren Preisen und besseren Dienstleistungen?         

Die Liberalisierung von Wirtschaftszweigen, die
Dienstleistungen von allgemeinem Interesse bereitstellen, dürfte den Wettbewerb fördern und damit zu einer Ausweitung der Wahlmöglichkeiten führen. Außerdem wären die Unternehmen dadurch gezwungen, ihre Produktion zu rationalisieren und bessere und innovativere Dienstleistungen zu günstigeren Preisen anzubieten. Diese vielfältigen Vorteile dürften zu mehr Wohlstand führen, sofern geeignete Maßnahmen zur Wahrung der Verbraucher- und Nutzerrechte ergriffen werden. Die Vorteile der Marktöffnung können jedoch nur an die Nutzer und Verbraucher weitergegeben werden, wenn entsprechende Regulierungs- und Wettbewerbsbedingungen gegeben sind. Die Evaluierung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse ist eine wichtige Voraussetzung, um Anzeichen für mögliche Mängel bei der Weitergabe dieser Vorteile und für deren mögliche Abschöpfung durch bestimmte wirtschaftliche Akteure aufzuzeigen. Dieses Ziel steht in Einklang mit dem allgemeinen Streben der Kommission nach besserer Governance und Rechtsetzung in der Europäischen Union.  

(b)     Wie entwickeln sich Zugangsmöglichkeiten und Qualität hinsichtlich der Bereitstellung von
Dienstleistungen von allgemeinem Interesse?    

Teil der Marktleistung sind auch Qualität und Erschwinglichkeit der Dienstleistungen. Mit der Öffnung der Märkte besteht die Befahr, dass durch ein entsprechendes Wettbewerbsumfeld die Preise auf Kosten der Qualität dieser Dienstleistungen oder auf Kosten einer Ungleichverteilung der Vorteile auf die Nutzer und Verbraucher unter Druck geraten. Daher sind bei der Evaluierung in besonderem Maße die Interaktionen zwischen den verschiedenen Infrastrukturnetzen und den Zielen – wirtschaftliche Effizienz, Schutz der Verbraucher und Nutzer, wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt – zu berücksichtigen. Ein zentraler Aspekt in diesem Zusammenhang ist die Zugänglichkeit der Netze. So ist es beispielsweise im Energie- und Verkehrssektor sinnvoll zu untersuchen, wie die einzelnen Netzen untereinander vernetzt sind und insbesondere wie die dies geografisch in den am weitesten und in den weniger entwickelten Gebieten aussieht.

(c)      Wie wirken sich Veränderungen in den Sektoren, die
Dienstleistungen von allgemeinem Interesse erbringen, auf die Beschäftigungssituation aus?    

Die Wirtschaftszweige, die
Dienstleistungen von allgemeinem Interesse erbringen, wurden lange vom öffentlichen Sektor betrieben und sind große Arbeitgeber. Mit dem Auftreten von Wettbewerbern entstehen Ängste, dass die Beschäftigungskosten unter erheblichen Anpassungsdruck geraten. Aus diesen Ängsten erwächst auch eine der hauptsächlichen Quellen des Widerstands gegen strukturelle Veränderungen. Daher ist es wichtig zu beurteilen, in welchem Umfang diese Kosten entstehen. Ziel dieser Beurteilung ist, sowohl die direkten als auch die indirekten Auswirkungen auf die Beschäftigung abzuschätzen. Eine Ausweitung des Umfangs dieser Analysen ist daher von besonderer Bedeutung; neben den kurzfristigen Auswirkungen in den Wirtschaftszweigen, die diese Dienste bereitstellen, müssen auch die langfristigen gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen untersucht werden.    

(d)     Wie werden diese Entwicklungen von den Nutzern bzw. Verbrauchern wahrgenommen?           

Der letzte Themenbereich betrifft die Frage, wie die Entwicklung der Leistungsfähigkeit dieser Sektoren in der Praxis wahrgenommen wird. Es kann in der Tat zu Diskrepanzen zwischen den beobachteten Entwicklungen und deren Wahrnehmung in der Öffentlichkeit kommen. Da die Nutzer und Verbraucher letzten Endes die Nutznießer der von diesen Wirtschaftszweigen bereitgestellten Dienste sein sollten, muss deren Meinung unbedingt ermittelt werden. Allerdings ist zu beachten, dass die Begünstigten sich aus einer Vielzahl unterschiedlicher Akteure – von Privathaushalten bis zu Unternehmen unterschiedlichster Ausprägung (hinsichtlich Erträgen, Größe und anderen Merkmalen) – zusammensetzen. Die verschiedenen Gruppen müssen bei der Evaluierung also separat untersucht werden.

3.3         Problembereiche

70.                   Ein Haupthindernis für eine umfassende Evaluierung sind die immensen Unterschiede in der Datenverfügbarkeit. Die Europäische Kommission hat durch die Aufstellung entsprechender Leitlinien eine wichtige Rolle bei der Vereinheitlichung und Standardisierung der Datenerfassung übernommen. Seit dem Jahr 2000 veröffentlicht sie eine Liste von Strukturindikatoren[97], wovon einige auch im Zusammenhang mit Wirtschaftszweigen stehen, die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse bereitstellen. Die Mitteilung zu einer Methodik zur Evaluierung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse enthält in ihrem Anhang eine Liste mit Indikatoren (wovon allerdings einige gegenwärtig nicht vorliegen), die für die Evaluierung besonders geeignet sind. Diese Liste käme als Grundlage für die Erörterung möglicher Verbesserungen bei der Datenerhebung mit potenziellen Datenlieferanten in Frage. Zu der Ressourcenknappheit bei den nationalen Regulierungs- und Statistikstellen und den nach wie vor vorhandenen methodischen Unterschieden, die die Vergleichbarkeit erschweren, kommt immer mehr hinzu, dass der Prozess der Marktöffnung als solcher die Verfügbarkeit und die Qualität der Daten beeinträchtigen kann. So hat die Einführung des Wettbewerbs in manchen Fällen dazu geführt, dass mehr Daten erhoben und ausgewertet wurden als vor dem Eintritt privatwirtschaftlicher Unternehmen. Umgekehrt stehen einige Mitgliedstaaten vor dem Problem, dass Unternehmen ihre strategischen Informationen nicht preisgeben, da sie sie als marktsensitiv einstufen – was übrigens nicht immer nachvollziehbar ist. In der Diskussion wird es also u. a. darum gehen müssen, zwischen der für die Bewertung und die Politikgestaltung notwendigen Datenerhebung und dem Recht der Unternehmen, diese Informationen vertraulich zu behandeln, einen Ausgleich herzustellen.

71.                   Darüber hinaus muss bei der Evaluierung das richtige Gleichgewicht zwischen wirtschafts- und sozialpolitischen Erwägungen gefunden werden, insbesondere hinsichtlich der Qualität der bereitgestellten Dienste und des sozialen und territorialen Zusammenhalts. Bei dieser Frage liefert das bestehende Regelwerk zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse nur bedingt Orientierungshilfe.

72.                   Um einen Überblick zu bekommen, hat die Kommission eine Evaluierungsstrategie entwickelt und den notwendigen Input für diese Debatte geliefert. Die Rolle der Kommission erstreckte sich bis jetzt auf die Durchführung horizontaler Evaluierungen über die Länder- und Sektorengrenzen hinweg sowie auf die Aufgabe, für eine weiter gehende Koordination zwischen den nationalen Regulierungsstellen zu sorgen, damit innerhalb der einzelnen Mitgliedsländer eine Angleichung der Wettbewerbs- und Regulierungsbedingungen erreicht wird. Allerdings ist die Kommission nicht in der Lage, einen auf einen kohärenten Überblick vorzulegen, in dem alle – häufig divergierenden – Standpunkte der verschiedenen beteiligten Partien zur Leistungsfähigkeit der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse umfassend repräsentiert sind. Folglich ist eine breit angelegte Erörterung der Frage notwendig, wie die Evaluierung durchgeführt werden kann und wer diese Aufgabe übernehmen soll. Zudem ist nicht auszuschließen, dass es neben der von der Kommission auf Gemeinschaftsebene durchgeführten Evaluierung (entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip) zusätzliche Evaluierungen auf anderen Ebenen oder durch andere Gremien gibt. Die Frage, ob eine Evaluierungsstelle auf Gemeinschaftsebene unabhängig von der Kommission und/oder von den Mitgliedstaaten sein müsste, bedarf einer ergebnisoffenen Diskussion.

73.                   Wie in der Entschließung des Europäischen Parlaments angesprochen[98], muss die Beteiligung der Öffentlichkeit erheblich ausgeweitet werden. Das Parlament schlägt vor, eine Aussprache innerhalb der verschiedenen bestehenden Foren (Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss, Ausschuss der Regionen, beratende Gremien, Verbände in Initiativen im Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse sowie Verbraucherverbände) herbeizuführen. Die Ergebnisse dieser Aussprache müssen berücksichtigt und als Orientierung für die Evaluierungen genutzt werden. Darüber hinaus müssen die Evaluierungen selbst noch eingehender erörtert werden. Eine breite gesellschaftliche Debatte über die Performance der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse ist durchaus willkommen, sofern die Interessen aller beteiligten Parteien ausgewogen und angemessen repräsentiert werden. Innerhalb des gegenwärtigen institutionellen Rahmens ist unklar, worin die jeweilige Rolle der Institutionen und Organisationen bei der Evaluierung der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse bestehen sollten und wie die Debatte strukturiert und organisiert werden sollte.

4.           Die internationale Dimension: Handelspolitik

4.1         Liberalisierung des Handels mit Dienstleistungen von allgemeinem Interesse im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO)

74.                   Die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten sind am Allgemeinen Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS)[99] beteiligt, dem wichtigsten multilateralen Regelwerk für den Handel mit Dienstleistungen; darin sind die Mitglieder der WTO bindende Verpflichtungen zur Öffnung bestimmter Dienstleistungssektoren – unter festgelegten Bedingungen – für den Wettbewerb durch Anbieter aus dem Ausland eingegangen.

4.1.1      Dienstleistungen von allgemeinem Interesse sind nicht aus dem GATS ausgeklammert

75.                   Der Begriff „Dienstleistungen von allgemeinem Interesse“ ist im GATS nicht zu finden. Die GATS-Disziplinen gelten für alle „committed services“ (Dienstleistungen, für die Verpflichtungen bestehen), allerdings mit zwei Ausnahmen:

·      Luftverkehrssektor: Verkehrsrechte und sämtliche Dienstleistungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit der Wahrnehmung von Verkehrsrechten stehen;

·      alle Sektoren: Dienstleistungen, die für die Öffentlichkeit in Ausübung hoheitlicher Befugnisse erbracht werden, d. h. sämtliche Dienstleistungen, die weder gewerblich noch im Wettbewerb mit einem oder mehreren anderen Dienstleistern erbracht werden.

Es sei angefügt, dass Dienstleistungen – einschließlich Dienstleistungen von allgemeinem Interesse –, die für öffentliche Körperschaften mittels eines Beschaffungsverfahrens erbracht werden, derzeit nicht den Kernverpflichtungen des GATS (Meistbegünstigung, Inländerbehandlung, Marktzugang, mögliche zusätzliche Vrpflichtungen) unterliegen. Die Gemeinschaft hat sich jedoch verpflichtet, den Vertragsparteien des ebenfalls im Rahmen der WTO ausgehandelten Übereinkommens über öffentliches Beschaffungswesen Meistbegünstigung und Inländerbehandlung zu gewähren.

4.1.2      Im GATS sind allgemeine und sicherheitsbedingte Ausnahmen vorgesehen, die weitgehend den Ausnahmen des EG-Vertrags entsprechen

76.                   Unter der Voraussetzung, dass entsprechende Maßnahmen nicht in einer Weise angewendet werden, die ein Mittel zu willkürlicher oder unberechtigter Diskriminierung von Ländern, in denen gleiche Bedingungen herrschen, oder eine verdeckte Beschränkung des Handels mit Dienstleistungen darstellen, darf das GATS nicht dahingehend ausgelegt werden, dass es die Annahme oder Durchsetzung von Maßnahmen eines Mitglieds verhindert, die u. a. erforderlich sind, um die öffentliche Moral oder die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, um das Leben oder die Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen zu schützen, um die Einhaltung von Gesetzen oder sonstigen Vorschriften zu gewährleisten, die zur Verhinderung irreführender und betrügerischer Geschäftspraktiken oder zur Behandlung der Folgen einer Nichterfüllung von Dienstleistungsverträgen dienen, die zum Schutz der Persönlichkeit bei der Verarbeitung und Weitergabe personenbezogener Daten und zum Schutz der Vertraulichkeit persönlicher Aufzeichnungen und Konten und zur Gewährleistung der Sicherheit dienen (Artikel XIV des GATS).

77.                   Darüber hinaus darf das GATS nicht dahingehend ausgelegt werden, dass ein Mitglied Informationen zur Verfügung stellen muss, deren Offenlegung nach seiner Auffassung seinen wesentlichen Sicherheitsinteressen zuwiderläuft, oder dass ein Mitglied daran gehindert wird, Maßnahmen zu treffen, die es zum Schutz seiner wesentlichen Sicherheitsinteressen für notwendig hält (Artikel XIV b des GATS). In der Präambel des GATS ist außerdem das Recht der Mitglieder verankert, die Erbringung von Dienstleistungen in ihrem Hoheitsgebiet zu regeln, um nationale politische Ziele zu erreichen.

4.1.3      Die Liberalisierung des Handels mit Dienstleistungen von allgemeinem Interesse ist von den Verpflichtungen der Mitglieder der WTO abhängig

78.                   Bei den Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, die nicht aus dem Geltungsbereich des GATS-Übereinkommens ausgeklammert sind, ist das Ausmaß der von den einzelnen Ländern gewährten Öffnung nicht automatisch festgelegt, sondern separat auszuhandeln. Bestimmte GATS-Disziplinen – z. B. die Meistbegünstigung und die Transparenz – gelten durchweg für sämtliche unter das GATS fallenden Dienstleistungssektoren; die spezifischen Verpflichtungen – Marktzugang, Inländerbehandlung und mögliche weitere Verpflichtungen – gelten allerdings nur, soweit die Länder in dem betreffenden Sektor eine entsprechende Verpflichtung eingegangen sind. Der Grad der sektoralen Abdeckung variiert erheblich; kein Mitglied ist Verpflichtungen für sämtliche Dienstleistungssektoren eingegangen. Eingegangene Verpflichtungen können unter bestimmten Auflagen immer noch zurückgenommen oder geändert werden. Die speziellen Verfahren hierfür sind in Artikel XXI des GATS festgelegt.

4.1.4      Das GATS schreibt keine Privatisierung oder Deregulierung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse vor. Es bleibt den Mitgliedern der WTO überlassen, in Wahrnehmung ihrer hoheitlichen Befugnisse über diese Fragen selbst zu entscheiden.

79.                   Ein gemeinsames Modell für Dienstleistungen von allgemeinem Interesse existiert unter den Mitgliedern der WTO nicht. Dieses Konzept variiert vielmehr je nach den Sektoren sowie den nationalen Traditionen und Rechtsbestimmungen in den betreffenden Mitgliedsländern. Im GATS-Übereinkommen bleibt es den Mitgliedern überlassen zu entscheiden, ob sie Dienstleistungen von allgemeinem Interesse selbst – direkt oder indirekt (durch öffentliche Unternehmen) – oder durch Beauftragung von Dritten erbringen. Dienstleistungen von allgemeinem Interesse können also – was auch häufig geschieht – durch öffentliche oder private Unternehmen bzw. gemeinsam von beiden erbracht werden.

80.                   Das Ziel des GATS lautet, einen multilateralen Rahmen mit Prinzipien und Bestimmungen für den Handel mit Dienstleistungen abzustecken, um diesen Handel im Sinne von Transparenz und zunehmender Liberalisierung auszuweiten. Dabei geht es nicht um die Deregulierung der Dienstleistungen, die zu einem erheblichen Teil aus guten Gründen streng reguliert sind. Außerdem untersagt das GATS hinsichtlich der allgemein geltenden Ausnahmen keineswegs die Annahme oder Durchsetzung von Maßnahmen, die u. a. zum Schutz der öffentlichen Moral, der öffentlichen Ordnung oder des Schutzes des Lebens und der Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanzen notwendig sind.

81.                   Allerdings ist anzumerken, dass WTO-Mitglieder, die in Wahrnehmung ihrer Hoheitsrechte Verpflichtungen für einen bestimmten Dienstleistungssektor eingegangen sind, die Regulierung der Dienste in diesem Sektor in transparenter und berechenbarer Weise gestalten müssen. In diesem Zusammenhang werden die Mitglieder der WTO durch das GATS aufgefordert, Vorschriften für bestimmte besondere Maßnahmen zu entwickeln, die den Handel im Dienstleistungsbereich beeinflussen (Qualifikationsanforderungen und –verfahren, technische Standards und Lizenzierungsauflagen). Durch diese GATS-Disziplinen soll gewährleistet werden, dass diese spezifischen Maßnahmen sich auf objektive und transparente Kriterien stützen und – was die Notwendigkeit der Gewährleistung der Dienstequalität anbelangt – den Handel mit Dienstleistungen nicht unnötig behindern. Bis jetzt wurde nur bei Disziplinen im Bereich des Rechnungswesens eine Vereinbarung erzielt, sie ist allerdings nicht in Kraft getreten.

82.                   In Ausübung ihrer Hoheitsrechte können sich die WTO-Mitglieder in jedem Fall – über den Marktzugang und die Inländerbehandlung hinaus – zur Einhaltung spezifischer rechtlicher Auflagen verpflichten. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass rund 75 WTO-Mitglieder sich zu bestimmten gemeinsamen Regulierungsprinzipien für den Telekommunikationssektor verpflichtet und hierzu ein „Referenzpapier“ unterzeichnet haben, welches Bestimmungen u. a. zu Wettbewerb, Zusammenschlüssen, Lizenzverfahren und zur Unabhängigkeit der Regulierungsstellen enthält.

4.1.5      Das GATS schließt die Auferlegung von Gemeinwohlverpflichtungen nicht aus

83.                   Das GATS ermöglicht den Mitgliedern der WTO die Festsetzung von Gemeinwohlverpflichtungen im Rahmen der Liberalisierung. Die WTO-Mitglieder können ausländischen Diensteerbringern umfassenden Marktzugang und Inländerbehandlung gewähren und ihnen gleichzeitig dieselben Gemeinwohlverpflichtungen auferlegen wie inländischen Anbietern. Selbst wenn sie darüber hinausgehen und sich gemeinsamen Regulierungsvorschriften unterwerfen, wie es verschiedene im Telekommunikationsbereich durch das „Referenzpapier“ gemacht haben, kann es sein, dass sie auch weiterhin das Recht haben, die Art der Gemeinwohlverpflichtungen (Universaldienstverpflichungen) festzulegen, die sie aufrechterhalten möchten.

4.1.6      Die Subventionierung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse ist durch das GATS nicht verboten.

84.                   Gegenwärtig sind im GATS nur Verhandlungen vorgesehen, in denen die notwendigen Disziplinen entwickelt werden, die subventionsbedingte Handelsverzerrungen verhindern sollen (Artikel XV des GATS). Solange entsprechende multilaterale Disziplinen fehlen, sind Subventionen jeglicher Art zulässig, allerdings nur unter Wahrung des Prinzips der Inländerbehandlung, da es sich bei Subventionen um Maßnahmen handelt, welche den Handel mit Dienstleistungen beeinflussen. Folglich muss bei Dienstleistungen, bei denen ein WTO-Mitglied Verpflichtungen hinsichtlich des Marktzugangs eingegangen ist, ein Land, das die Gewährung von Subventionen auf einheimische Dienstleistungserbringer beschränken möchte, eine entsprechende Erklärung über die Begrenzung der Inländerbehandlung in die Verpflichtungen aufnehmen.

85.                   Einem WTO-Mitglied, das Verpflichtungen im Zusammenhang mit Dienstleistungen von allgemeinem Interesse eingegangen ist, ist es somit freigestellt, ob und in welchem Umfang inländische Subventionen ausländischen Dienstleistungsanbietern, die Marktzugang zu diesen Dienstleistungen erhalten, gewährt werden. Eine entsprechende Entscheidung muss in einer Verpflichtung über die Inländerbehandlung festgeschrieben werden.

4.1.7      Die Gemeinschaft übernimmt Verpflichtungen hinsichtlich Dienstleistungen von allgemeinem Interesse im Einklang mit den entsprechenden Binnenmarktregeln

86.                   In der Uruguay-Runde ging die Gemeinschaft verbindliche Verpflichtungen für bestimmte Dienstleistungen von allgemeinem Interesse ein (z. B. Telekommunikation, privat finanzierte Bildungseinrichtungen, Umwelt-, Gesundheits- und Verkehrsdienstleistungen). In diesen Verpflichtungen wurde die Lage auf dem Binnenmarkt berücksichtigt, und sie unterlagen zugleich bestimmten spezifischen Einschränkungen.

87.                   Die spezifischen Verpflichtungen, die in der Uruguay-Runde eingegangen wurden, beschränken sich stets darauf, dass ausländischen Dienstleistungsanbietern der Marktzugang und die Inländerbehandlung gewährt wurden, die Dienstleistungsanbieter aus der Gemeinschaft im Binnenmarkt in jenen Sektoren genießen, die dem Wettbewerb offen stehen. Die Bestimmungen des Binnenmarktes werden also auch durch die Verpflichtung der Gemeinschaft zur Einhaltung des „Referenzpapiers“ für den Telekommunikationssektor in vollem Umfang eingehalten. Durch keine dieser Verpflichtungen wird die interne Gestaltung dieser Sektoren eingeschränkt. Die Mitgliedstaaten sind darüber hinaus weiterhin berechtigt, auch in Bereichen, in denen spezifische Verpflichtungen eingegangen wurden, Gemeinwohlverpflichtungen festzulegen, die auch für ausländische privatwirtschaftliche Dienstleistungserbringer gelten (z. B. im Bereich der Universaldienste, der Qualitätsstandards oder des Schutzes von Verbrauchern/Nutzern)[100]. Hinsichtlich der Finanzierung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, für die Verpflichtungen im Bereich des Marktzugangs eingegangen wurden, behält sich die Gemeinschaft durch horizontale Beschränkungen die Möglichkeit vor, Dienstleistungen im öffentlichen Sektor bereitzustellen oder zu subventionieren.

88.                   Im Bereich der gegenwärtigen WTO-Verhandlungen im Dienstleistungssektor hat die Gemeinschaft an andere Mitglieder der WTO Anträge auf[101] Liberalisierung der meisten Dienstleistungssektoren formuliert: gewerbliche und andere unternehmensbezogene Dienstleistungen, Post- und Kurierdienstleistungen, Baudienstleistungen, Vertriebsdienstleistungen, Umweltdienstleistungen, Finanzdienstleistungen, Nachrichtenagenturdienstleistungen, Tourismusdienst­leistungen, Verkehrsdienstleistungen und Energiedienstleistungen. Anträge für den Bereich der Gesundheitsdienstleistungen oder der audiovisuellen Dienstleistungen wurden noch für kein Land gestellt; für den Bereich der Bildungsdienstleistungen liegt lediglich in den USA ein Antrag vor, die sich auf privat finanzierte höhere Bildungsdienstleistungen beschränkt. Über diese Anträge versucht die Gemeinschaft weder, Dienstleistungen von allgemeinem Interesse abzubauen, noch Unternehmen in Staatsbesitz in Drittländern zu privatisieren. Auch wird anerkannt, dass die Liberalisierung des Dienstleistungshandels in zahlreichen Fällen durch einen institutionellen und regulatorischen Rahmen untermauert werden muss, der den Fortbestand des Wettbewerbs gewährleistet und den Zugang zu diesen Dienstleistungen auch für ärmere Bevölkerungsgruppen verbessert. So gesehen wird durch diese Anträge in keiner Weise die Möglichkeit der Regierungen der Zielländer untergraben oder eingeschränkt, die Preisgestaltung, Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse nach eigenem Ermessen zu regulieren. Die Gemeinschaft verlangt lediglich, dass Dienstleistungsanbietern der Gemeinschaft Marktzugang eingeräumt wird, damit sie mit den inländischen Dienstleistungsanbietern zu gleichen Bedingungen konkurrieren können.

89.                   Umgekehrt werden die Bereitstellung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse innerhalb der Gemeinschaft, das Recht der Gemeinschaft auf Regulierung des eigenen Dienstleistungssektors und die Gestaltung des eigenen regulatorischen Rahmens durch die Angebote der Gemeinschaft nicht beeinträchtigt. In diesem Zusammenhang sei darauf verwiesen, dass in dem – umfassenden – Angebot, das die Europäische Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten der WTO am 29. April 2003 vorgelegt haben[102], keinerlei neuen Verpflichtungen für Gesundheits- und Bildungsdienstleistungen vorgeschlagen werden. Bei anderen Dienstleistungen von allgemeinem Interesse (z. B. Telekommunikations-, Post- und Kurier-, Umwelt- und Verkehrsdiensten) gehen die Angebote des Entwurfs nicht über den Stand der Liberalisierung im Binnenmarkt hinaus; vielmehr bleibt die Möglichkeit zur Auferlegung von Universaldienstverpflichtungen erhalten.

90.                   Bezüglich der Finanzierung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse wird vorgeschlagen, die horizontalen Beschränkungen im Bereich der Subventionen beizubehalten, um die Nachhaltigkeit des öffentlichen Sektors zu erhalten. Bei den Subventionsverhandlungen nach Artikel XV des GATS, die noch nicht sehr weit gediehen sind, wird die Gemeinschaft auf jeden Fall die internen Entwicklungen im Bereich der Dienstleistungen von allgemeinem Interesse berücksichtigen.

4.2         Liberalisierung des Handels mit Dienstleistungen von allgemeinem Interesse im bilateralen und im multilateralen Kontext

91.                   Auf bilateraler Ebene[103] sind in verschiedenen Handelsabkommen Bestimmungen zur Liberalisierung des Dienstleistungssektors enthalten. Normalerweise erstrecken sich diese auf den gesamten Handel mit Dienstleistungen; lediglich im audiovisuellen Bereich, im Bereich der Kabotage im Seeverkehr und bei den Luftverkehrsrechten bestehen einige wenige Ausnahmen. Spezifische Ausnahmen für Dienstleistungen von allgemeinem Interesse sind in diesen Vereinbarungen nur verankert, wenn öffentliche Versorgungsunternehmen ein Monopolstellung oder ausschließliche Rechte genießen.

92.                   Das Ausmaß, in dem der Handel mit Dienstleistungen liberalisiert ist, variiert von Abkommen zu Abkommen. Der jeweilige Grad der Liberalisierung von Dienstleistungen von allgemeinem Interesse richtet sich somit nach den Verpflichtungen, die die Vertragsparteien eingehen. Während die Anzahl der berücksichtigten Sektoren und die Liberalisierungsziele im GATS und in den bilateralen Übereinkünften unterschiedlich sind, ist der Gemeinschaftsstandpunkt auf beiden Ebenen im Wesentlichen der gleiche. Die auf bilateraler Ebene von der Gemeinschaft eingegangenen Verpflichtungen stehen in jedem Fall im Einklang mit dem gemeinschaftlichen Binnenmarkt.

93.                   Hinsichtlich der Subventionen sind in einigen bilateralen Übereinkünften (im EWR-Abkommen und in den Europaverträgen) Bestimmungen verankert, die sich an den gemeinschaftlichen Vorschriften für staatliche Beihilfen orientieren. Die Gemeinschaft überwacht deren Umsetzung, um die notwendige Kohärenz mit der Gemeinschaftsregelung zu gewährleisten. Die übrigen bilateralen Abkommen, die die Gemeinschaft abgeschlossen hat, erstrecken sich nicht auf Subventionen im Dienstleistungssektor; falls doch, sind die entsprechenden Bestimmungen nicht besonders streng.



[1]               Der Binnenmarkt - Zehn Jahre ohne Grenzen, SEK(2002) 1417 vom 7.1.2003

[2]           „Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa“, ABl. C 281 vom 26.9.1996, S. 3

[3]           „Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa“, ABl. C 17 vom 19.1.2001, S. 4

[4]           KOM(2001) 598 vom 17.10.2001

[5]           In Artikel 86 Absatz 2 heißt es: „Für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind ..., gelten die Vorschriften dieses Vertrags, insbesondere die Wettbewerbsregeln, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Die Entwicklung des Handelsverkehrs darf nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt werden, das dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderläuft.“

[6]           Artikel 16 des Vertrags lautet: „Unbeschadet der Artikel 73, 86 und 87 und in Anbetracht des Stellenwerts, den Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse innerhalb der gemeinsamen Werte der Union einnehmen, sowie ihrer Bedeutung bei der Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhalts tragen die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Befugnisse im Anwendungsbereich dieses Vertrags dafür Sorge, dass die Grundsätze und Bedingungen für das Funktionieren dieser Dienste so gestaltet sind, dass sie ihren Aufgaben nachkommen können“

[7]           Artikel 36 der Charta hat folgenden Wortlaut: „Die Union anerkennt und achtet den Zugang zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, wie er durch die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten im Einklang mit dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft geregelt ist, um den sozialen und territorialen Zusammenhalt der Union zu fördern“

[8]           Siehe auch Schlussfolgerungen des Vorsitzes auf dem Europäischen Rat von Barcelona am 15. und 16. März 2002, Abschnitt 42, und auf dem Europäischen Rat von Brüssel am 20. und 21. März 2003, Abschnitt 26

[9]           Oft werden die Begriffe „öffentlicher Dienst“ und „öffentlicher Sektor“ verwechselt. Der Begriff „öffentlicher Sektor“ umfasst sämtliche staatlichen Verwaltungsbehörden einschließlich aller von den staatlichen Verwaltungsbehörden kontrollierten Unternehmen.

[10]          Für das 2. Halbjahr 2003 plant die Kommission die Veröffentlichung eines Grünbuchs zum öffentlichen Auftragswesen und zu öffentlich-privaten Partnerschaften. In ihrer Mitteilung „Ausbau des transeuropäischen Verkehrsnetzes: Neue Formen der Finanzierung – Interoperable elektronische Mautsysteme“, KOM(2003) 132 vom 23.4.2003, untersucht die Kommission auf der Suche nach Lösungen für den Ausbau des Verkehrsnetzes auch das Potenzial solcher Partnerschaften

[11]          Siehe Artikel 73 des EG-Vertrags

[12]          In ihrer Mitteilung über Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa aus dem Jahr 2000 hat die Kommission die drei Grundsätze erläutert, die der Anwendung dieser Bestimmungen zugrunde liegen: die Grundsätze der Neutralität, der Gestaltungsfreiheit und der Verhältnismäßigkeit

[13]          Siehe Artikel 36 der Charta der Grundrechte

[14]          Siehe insbesondere Richtlinie Nr. 75/442/EWG über Abfälle, ABl. L 194 vom 25.7.1975, S. 47 und Verordnung (EWG) Nr. 259/93 des Rates zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft, ABl. L 30 vom 6.2.1993, S. 1

[15]          Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit, ABl. L 298 vom 17.10.1989, S. 23

[16]          KOM(1999) 657 vom 14.12.1999

[17]          ABl. C 320 vom 15.11.2001, S. 5. In dieser Mitteilung erkennt die Kommission die besondere Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bei der Förderung der demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse jeder Gesellschaft an, die in dem Protokoll zum Vertrag von Amsterdam eingeräumt wurde. Die Mitgliedstaaten sind dafür zuständig, das öffentlich-rechtliche Rundfunksystem zu gestalten und über seine Finanzierung zu entscheiden. Es steht ihnen darüber hinaus frei, ein breites Programmspektrum als zum Grundversorgungsauftrag zugehörig zu bestimmen, das beispielsweise Unterhaltung und Sportveranstaltungen einschließen kann. Die Kommission ist dagegen verpflichtet zu kontrollieren, dass kein Missbrauch getrieben wird und keine Überkompensierung im Sinne der in der Mitteilung genannten Kriterien erfolgt

[18]          Eine Definition einer sektorspezifischen Regulierungsbehörde ist in dem Beschluss der Kommission Nr. 2002/627/EG vom 29. Juli 2002 zur Einrichtung der Gruppe Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikationsnetze und ‑dienste enthalten (ABl. L 200 vom 30.7.2002, S. 38): „Im Sinne dieser Entscheidung bezeichnet ,maßgebliche nationale Regulierungsbehörde‘ die gemäß der Rahmenrichtlinie in jedem Mitgliedstaat eingerichtete Behörde, deren Aufgabe die Überwachung der alltäglichen Auslegung und Anwendung der Bestimmungen der Richtlinien über elektronische Kommunikationsnetze und -dienste ist.“

[19]          In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass die Rechtsakte der Union Gegenstand der Diskussionen im Europäischen Konvent sind. So ist in Artikel 24 bis 28 des Vorentwurfs des Verfassungsvertrags die vorgeschlagene Spanne möglicher Rechtsakte aufgeführt

[20]          EuGH, Pavel Pavlov und Andere/Stichting Pensioenfonds Medische Specialisten, verbundene Rechtssachen C-180-184/98, Slg. 2000, I-6451

[21]          ABl. C 17 vom 19.1.2001, S. 4 (Nrn. 28-30)

[22]          KOM(2001) 598 vom 17.10.2001 (Nr. 30)

[23]          Vgl. Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und ‑diensten (Universaldienstrichtlinie), ABl. L 108 vom 24.4.2002, S. 51

[24]          Beispielsweise verpflichtet Artikel 3 Absatz 1 der Postrichtlinie (97/67/EG) die Mitgliedstaaten, „ständig flächendeckend postalische Dienstleistungen“ zu erbringen. Vgl. Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität, ABl. L 15 vom 21.1.1998, S. 14

[25]          In Artikel 3 Absatz 2 der Stromrichtlinie heißt es: „Die Mitgliedstaaten können ... den Elektrizitätsunternehmen gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen im Allgemeininteresse auferlegen, die sich auf die Sicherheit, einschließlich der ... Regelmäßigkeit ... der Lieferungen ... beziehen können. Diese Verpflichtungen müssen klar definiert, transparent, nichtdiskriminierend und überprüfbar sein; diese gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen sowie deren etwaige Änderungen werden veröffentlicht und der Kommission von den Mitgliedstaaten unverzüglich mitgeteilt.“ Vgl. Richtlinie 96/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt. ABl. L 27 vom 30.1.1997, S. 20

[26]          Im Zusammenhang mit der vorgeschlagenen Änderung der Elektrizitäts- und Gasrichtlinie ist das weiter gefasste Konzept der „angemessenen Preisgestaltung“ in der Diskussion

[27]          Im Luftverkehr schließt das beispielsweise Maßnahmen gegen Überbuchungen und eine Entschädigungsregelung für den Fall der Nichtbeförderung ein

[28]          KOM(2002) 208; ABl. C 137 vom 8.6.2002, S. 2

[29]          ABl. C 17 vom 19.1.2001, S. 4

[30]          Untergang des Öltankers „Prestige“ und SARS

[31]          KOM(2001) 574 vom 10.10.2001

[32]          Neben den jüngsten Vorschlägen nach dem Unglück mit der „Prestige“ siehe auch die Vorschläge der Europäischen Kommission nach dem Untergang der „Erika“ im Jahr 1999: KOM(2000) 142 und KOM(2000) 802

[33]          Angenommen am 6. November 2002. Siehe insbesondere die Mitteilung zur nuklearen Sicherheit, KOM(2002) 605

[34]          Hin zu einer europäischen Strategie für Energieversorgungssicherheit – Grünbuch, KOM(2000) 769 vom 29.11.2000

[35]          Abschlussbericht über das Grünbuch „Hin zu einer europäischen Strategie für Energieversorgungssicherheit“. KOM(2002) 321 vom 29.6.2002

[36]          Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Angleichung der Maßnahmen zur Sicherung der Versorgung mit Erdölerzeugnissen, ABl. C 331 E vom 31.12.2002, S. 249; Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung, ABl. C 331 E vom 31.12.2002, S. 262

[37]          Vgl. Commission Staff Working Paper, Security of supply, The current situation at European Union level, SEC(2002) 243 vom 28.2.2002

[38]          Pluralismus und Medienkonzentration im Binnenmarkt - Bewertung der Notwendigkeit einer Gemeinschaftsaktion, Grünbuch der Kommission. KOM(92) 480 vom 23.12.1992

[39]          Siehe auch das Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten, das dem Vertrag von Amsterdam beigefügt ist

[40]          Beispielsweise erlegt die Postrichtlinie den Mitgliedstaaten die Verpflichtung auf, an mindestens fünf Tagen der Woche Zustellungen an die Endnutzer zu garantieren. Den Mitgliedstaaten steht es frei, mehr Zustellungen anzuordnen oder die Zustellungsanforderung im Einzelnen weiter zu regeln

[41]          Für den örtlichen Binnenverkehr hat die Kommission Rechtsvorschriften vorgeschlagen, die die Vergabe von Lizenzen für öffentliche Dienstleistungen durch Mitgliedstaaten erfordern würden. Vgl. Geänderter Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen der Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit Anforderungen des öffentlichen Dienstes und der Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge für den Personenverkehr auf der Schiene, der Straße und auf Binnenschifffahrtswegen, ABl. C 151 E vom 25.6.2002, S. 146

[42]          EuGH 11.4.1989, Ahmed Saeed Flugreisen und Silver Line Reisebüro GmbH/Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e. V., Rechtssache C-66/86

[43]          EuGH 23.4.1991, Klauf Höfner und Fritz Elser/Macrotron GmbH, Rechtssache C-41/90

[44]          EuGeI 8.7.1999, Vlaamse Televisie Maatschapij NV/Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Rechtssache T-266/97

[45]          Unabhängig von der im einzelstaatlichen Recht verwendeten Definition

[46]          Vgl. Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen im Bereich Konzessionen im Gemeinschaftsrecht, ABl. C 121 vom 29.4.2000, S. 2

[47]          Im Wassersektor hat beispielsweise das Fehlen einer speziellen einschlägigen Verordnung in den Mitgliedstaaten sehr unterschiedliche Branchenstrukturen entstehen lassen. Vgl. WRc/Ecologic, Study on the Application of the Competition Rules to the Water Sector in the European Community, December 2002, abrufbar unter:  
http://europa.eu.int/comm/competition/publications/studies/water_sector_report.pdf.         
In der Wasser-Rahmenrichtlinie 2000/60/EG (ABl. L 327 vom 22.12.2000, S. 1) werden wirtschaftliche Aspekte angesprochen und Transparenzregeln für Dienstleistungen im Bereich Wasser festgelegt. In Artikel 9 der Richtlinie, in dem es um die Preisfestsetzungspolitik geht, wird von den Mitgliedstaaten insbesondere verlangt, dem Grundsatz der Deckung der Kosten der Wasserdienstleistungen, einschließlich umwelt- und ressourcenbezogener Kosten, sowie dem Verursacherprinzip Rechnung zu tragen

[48]          Weitere Einzelheiten siehe Anhang

[49]          Siehe Liberalisation of Network Industries. Economic implications and main policy issues, European Economy No. 4, 1999

[50]         Bericht über den Stand der Arbeiten betreffend die Leitlinien für staatliche Beihilfen im Zusammenhang mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, 13.12.2002.

[51]          Artikel 13 der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und ‑diensten (Universaldienstrichtlinie), ABl. C 108 vom 24.4.2002, S. 51

[52]          Artikel 7 und Artikel 9 Absatz 4 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität, ABl. L 15 vom 21.1.1998, S. 14, geändert durch Richtlinie 2002/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 176 vom 5.7.2002, S. 21

[53]             Artikel 4 der Verordnung (EWG) Nr. 2408/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über den Zugang von Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft zu Strecken des innergemeinschaftlichen Flugverkehrs, ABl. L 240 vom 24.8.1992, S. 8

[54]          Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 vom 26. Juni 1969 über das Vorgehen der Mitgliedstaaten bei mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbundenen Verpflichtungen auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Strassen- und Binnenschiffsverkehrs, ABl. L 156 vom 28.6.1969, S. 1, zuletzt geändert durch Verordnung (EWG) des Rates Nr. 1893/91, ABl. L 169 vom 29.6.1991, S. 1

[55]          Europäisches Regieren - Ein Weißbuch, KOM(2001) 428 vom 25.7.2001; Bericht für den Europäischen Rat in Laeken, KOM(2001) 598 vom 17.10.2001

[56]          Bericht für den Europäischen Rat in Laeken, KOM(2001)598 vom 17.10.2001; Mitteilung der Kommission - Methodik der horizontalen Bewertung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, KOM(2002) 331 vom 18.6.2002

[57]          Mitteilung der Kommission - Methodik der horizontalen Bewertung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, KOM(2002) 331 vom 18.6.2002

[58]          Nähere Angaben hierzu siehe Anhang

[59]               Siehe Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und ­diensten (Universaldienstrichtlinie), ABl. L 108 vom 24.4.2002, S. 51

[60]               Siehe Richtlinie 2002/22/EG, ABl. L 108 vom 24.4.2002, S. 51; Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität, ABl. L 15 vom 21.1.1998, S. 14; Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 92/96/EG und 98/30/EG über Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und den Erdgasbinnenmarkt, ABl. C 227 E vom 24.9.2002, S. 393

3               Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität, ABl. L 15 vom 21.1.1998, S. 14

[62]               Richtlinie 96/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt, ABl. L 27 vom 30.1.1997, S. 20

[63]               Siehe Artikel 9 Absatz 2 der Richtlinie 2002/22/EG

[64]               ABl. C 17 vom 19.1.2001, S. 4

[65]               „Hin zu einer europäischen Strategie für Energieversorgungssicherheit“, Grünbuch, KOM(2000) 769 vom 29.11.2000

[66]               Abschlussbericht über das Grünbuch „Hin zu einer europäischen Strategie für Energieversorgungssicherheit “, KOM(2002) 321 vom 29.6.2002

[67]               Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Angleichung der Maßnahmen zur Sicherung der Versorgung mit Erdölerzeugnissen, ABl. C 331 E vom 31.12.2002, S. 249; Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung, ABl. C 331 E vom 31.12.2002, S. 262

[68]             KOM(2001) 298

[69][69]           Siehe Commission Staff Working Paper, Security of supply, The current situation at European Union level, SEC(2002) 243 vom 28.2.2002.

[70]             Zudem wurden zahlreiche Märkte für Leistungen der Daseinsvorsorge erst in jüngster Zeit dem Wettbewerb geöffnet; die bestehenden Betreiber halten häufig während eines bestimmten Zeitraums eine dominierende Stellung auf ihren nationalen Märkten. Ein gewisses Maß an Aufsicht und Kontrolle durch die Regulierungsbehörden ist somit notwendig, um Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung zu verhindern

[71]             In anderen Sektoren ist dies technisch oder wirtschaftlich nicht attraktiv

[72]             Infrastrukturverwaltung und –betreiber können Teil ein und derselben Rechtspersönlichkeit sein, doch müssen die Zuweisung von Netzkapazitäten und das Erheben von Nutzungsentgelten durch ein Gremium erfolgen, das rechtlich, organisatorisch und verwaltungsmäßig unabhängig von jedwedem Eisenbahnunternehmen ist. (Siehe Richtlinie 2001/14/EG, ABl. L 75 vom 15.3.2001, S. 29)

[73]             Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie), ABl. Nr. L 108 vom 24.4.2002, S. 33

[74]             Pluralismus und Medienkonzentration im Binnenmarkt – Bewertung der Notwendigkeit einer Gemeinschaftsaktion, Grünbuch der Kommission, KOM(92) 480 vom 23.12.1992

[75]             Siehe Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten, dem EG-Vertrag durch den Vertrag von Amsterdam angefügt

[76]             Eine Definition einer sektorspezifischen Regulierungsbehörde findet sich in Beschluss 2002/627/EG der Kommission vom 29. Juli 2002 zur Einrichtung der Gruppe Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste, ABl. L 200 vom 30.7.2002, S. 38: „Im Sinne dieser Entscheidung bezeichnet „maßgebliche nationale Regulierungsbehörde" die gemäß der Rahmenrichtlinie in jedem Mitgliedstaat eingerichtete Behörde, deren Aufgabe die Überwachung der alltäglichen Auslegung und Anwendung der Bestimmungen der Richtlinien über elektronische Kommunikationsnetze und -dienste ist“

[77]             siehe EuGH, Frankreich/Kommission, Rechtssache C-202/88, Slg. 1991, I-1223, Randnrn. 51und 52, und EuGH, Thierry Tranchant, Rechtssache C-91/94, Slg. 1995, I-3911, Randnrn. 18 und 19

[78]             In bestimmten Fällen, z. B. im Bereich der elektronischen Kommunikation, werden die übergeordneten politischen Ziele der „nationalen Regulierungsbehörden” in den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft festgelegt

[79]             Zu beachten ist dabei, dass sich die Verantwortungsbereiche der Wettbewerbs- und der Regulierungsbehörden teilweise überschneiden. Unangemessene Preisgestaltung kann mit den Vorschriften der Regulierungsstelle unvereinbar sein und zugleich einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne des Wettbewerbsrechts darstellen. Es ist daher wichtig, dass die Aufgaben der Regulierungsstellen und der Wettbewerbsbehörden in der Praxis klar voneinander abgegrenzt sind. Grundsätzlich gilt, dass die Regulierungsstelle sektorspezifische Vorschriften aufstellt, durch die häufig die Notwendigkeit eines Eingreifens der Wettbewerbsbehörde entfällt. Umgekehrt ist es Sache der Wettbewerbsbehörde, dort einzuschreiten, wo die Regulierungsstelle nicht in der Lage ist, die Einhaltung horizontaler Wettbewerbsregeln zu gewährleisten, oder aber keine entsprechenden Maßnahmen einleitet

[80]             Beispielsweise die Regulierungsstellen für den Energiesektor im Vereinigten Königreich und in Dänemark. Im Kommunikationssektor ist durch die Rechtsvorschriften der Gemeinschaft vorgeschrieben, dass die Regulierungsstellen die Bereitstellung von Informationen für die Verbraucher fördern sollen, damit Letztere eine Wahlmöglichkeit haben (Artikel 21 und 22 der Universaldienstrichtlinie (2002/22/EG))

[81]             Beispielsweise im Vereinigten Königreich und in Schweden

[82]             Beispielsweise in Belgien

[83]             Artikel 31 der Richtlinie 2001/14/EG und Artikel 7 Absatz 2 der Rahmenrichtlinie für den Kommunikationssektor

[84]             Weitere Einzelheiten zu den Foren von Florenz und Madrid sind zu finden unter: 
http://europa.eu.int/comm/energy/en/elec_single_market/florence/index_en.html;               
http://europa.eu.int/comm/energy/en/gas_single_market/madrid.html

[85]             ABl. L 200 vom 30.7.2002, S. 38

[86]             Siehe die beiden unabhängigen im Auftrag der Kommission angefertigten Studien: Eurostrategies/Cullen International, The possible added value of a European Regulatory Authority for telecommunications, Dezember 1999; Nera & Denton Hall, Issues associated with the creation of a European Regulatory authority for telecommunications, März 1997

[87]             EuGH 17. Mai 1993, Corbeau, Rechtssache 320/91, Slg. 1993, I-2533, Randnr. 14

[88]             Siehe Artikel 2 Absatz 1 der Richtlinie 2002/77/EG der Kommission vom 16. September 2002 über den Wettbewerb auf den Märkten der elektronischen Kommunikationsnetze und -dienste, ABl. L 249 vom 17.9.2002, S. 21, und Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität, ABl. L 15 vom 21.1.1998, S. 14

[89]             EuGH 17. Mai 1993, Corbeau, Rechtssache 320/91, Slg. 1993, I-2533, Randnr. 15

[90]             EuGH 17. Februar 1993, Poucet und Pistre, verbundene Rechtssachen 159/91 und 160/91, Slg. 1993, I-637, Randnrn. 18 und 19, und EuGH 22. Januar 2002, Cisal di Battistello Venanzio & C. Sas/INAIL, Rechtssache C 218/00, Slg. 2002, I-691, Randnr. 44

[91]             KOM(2000) 580, S. 23 f

[92]             Marktleistung der netzgebundenen Wirtschaftszweige, die Leistungen der Daseinsvorsorge erbringen: eine erste horizontale Bewertung, SEK(2001) 1998

[93]             KOM(2001) 736

[94]             KOM(2002) 331

[95]             Siehe hierzu die Beispiele aus den Sektoren Telekommunikation, Post, Energie und Verkehr im Bericht der Kommission über Leistungen der Daseinsvorsorge, KOM(2001) 598 vom 17.10.2001, S. 15

[96]             http://europa.eu.int/comm/consumers/cons_int/serv_gen/cons_satisf/index_de.htm

[97]             Siehe KOM(2002) 551 vom 16.10.2002 und Arbeitspapier der Kommission zum Bericht der Kommission für die Frühjahrstagung des Europäischen Rates in Brüssel über die Lissabonner Strategie (KOM(2003) 5), SEK(2003) 25/2 vom 7.3.2003

[98]             Bericht des Europäischen Parlaments vom 17.10.2001 zur Mitteilung der Kommission über „Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa” (KOM(2000) 580) – A5-361/2001, Berichterstatter: Werner Langen

[99]             Siehe die Veröffentlichung der Europäischen Kommission „GATS 2000: Öffnung der Dienstleistungsmärkte“ und die Veröffentlichung der WTO „GATS. Facts and fiction“. Der Wortlaut des GATS ist im ABl. L 336 vom 23.12.1994, S. 190, veröffentlicht

[100]             Darüber hinaus können die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten die Ausnahmebestimmungen des GATS anwenden

[101]                    Siehe unter http://europa.eu.int/comm/trade: «GATS: Pascal Lamy responds to Trade Union concerns on public services Brussels, 7 June 2002» und «Summary Of The EC's Initial Requests To Third Countries In the GATS Negotiations, Brussels, 1 July 2002»

[102]             Siehe unter http://europa.eu.int/comm/trade .

[103]             Siehe http://europa.eu.int/comm/trade/bilateral/index_en.htm