Kopetz, Hedwig
Präambeln: unverbindliche Verfassungslyrik oder verbindliches Verfassungsprogramm?
In: Becker, Yvonne ua. (Hg.): Die Europäische Verfassung – Verfassungen in Europa. 45. Assistententagung Öffentliches Recht, Baden-Baden: Nomos 2005, S. 9-33.
Ausgehend von der europäischen Debatte über eine Präambel für den Verfassungsvertrag geht die Autorin in diesem Beitrag auf Entwicklung und Bedeutung, Inhalt und Funktion von Präambeln ein. Daran schließt eine Auseinandersetzung mit der normativen Wirkung von Präambeln an. Sodann wird die Diskussion über die Präambel des europäischen Verfassungsvertrages analysiert. Abschließend werden Schlussfolgerungen für das Rechtsinstrument der Präambel allgemein gezogen.
Die Autorin unterscheidet die historisch-legitimierende, die politische (im Sinne eines politischen Bekenntnisses), die normative (in unterschiedlicher Intensität) und die innovative Fuktion von Präambeln. Letztere erhält dann Bedeutung, wenn Präambeln Anhaltspunkte für bislang noch nicht bewusst gesehen Entwicklungen liefern, die sich sowohl politisch als auch in der Rechtsprechung niederschlagen können. Diese Funktion wird in Hinblick auf die normative Bedeutung von Präambeln näher diskutiert. Beispiele dafür bieten insbesondere die Rechtspechung des Verfassungsgerichtshofs von Bosnien und Herzegowina sowie des Canadian Supreme Court, des Bundesverfassungsgerichts und die Auslegung der Wiener Vertragsrechtskonvention. In diesem Kontext wird auch die Frage gestellt, wie die Verankerung von Staatszielen in Präambeln zu bewerten ist.