Heinz Mayer
Gibt es unabänderliches Verfassungsrecht?
In: Staat und
Recht in europäischer Perspektive, Festschrift für Heinz Schäffer, Wien
München, Manz und C. H. Beck 2006, S. 473- 484
Erstmals ist in den 1970er Jahren der Gedanke aufgetaucht, dass es Verfassungsrecht geben könne, dass nicht im Wege einer Gesamtänderung (Art. 44 Abs. 3 B-VG) zu beseitigen sei. Der VfGH griff diese These auf, ließ aber seinen Standpunkt dazu offen. Schäffer selbst hat sich neben Teilen der Lehre ausdrücklich gegen die Annahme eines Verfassungskerns ausgesprochen.
Der Autor befasst sich zunächst mit den Begriffen des Verfassungsrangs und der Gesamtänderung und kommt zu dem Schluss, dass allein aus dem B-VG das Bestehen eines unabänderlichen Verfassungskerns nicht abgeleitet werden könne. Dabei setzt er sich auch mit Meinungen anderer Vertreter der Lehre auseinander und betont, dass es notwendig sei, an der Methode juristischer Interpretation festzuhalten. Insbesondere kritisiert er, dass in der neueren Verfassungsrechts- wissenschaft zunehmend eine Methode der Beliebigkeit üblich sei. Man müsse dazu zurückkehren, den historischen Willen des Gesetzgebers bzw. den objektiven Sinn eines Willensaktes zu erkennen. Neue Auffassungen seien nur dann richtige Erkenntnisse, wenn sie im historischen Verfassungsrecht ihre Begründung finden.
Gliederung
I. Einleitung
II. Der Verfassungsbegriff des B-VG
III. Der Begriff der „Gesamtänderung der Bundesverfassung“
IV. Die „evolutive Verfassungsstaatlichkeit“ des B-VG als Weg zu einem unabänderlichen Verfassungskern?