Hämmerle, Walter
Föderalismus
in Österreich: Es bleibt beim Prinzip ohne Substanz
In: Khol, Andreas ua. (Hg.): Österreichisches Jahrbuch für
Politik 2004, Wien: Verlag für Geschichte und Politik 2005, S. 669-682.
Österreichs Föderalismus hätte wunderbare Voraussetzungen,
dem Land neue demokratiepolitische, verwaltungsorganisatorische oder soziale
Impulse zu geben. Hätte. Denn anstatt die Möglichkeiten, die im
bundesstaatlichen Prinzip grundgelegt sind, mutig zu nutzen, verharren
hierzulande alle Beteiligten in ihrer politischen Erstarrung. Nicht zuletzt vor
dem Hintergrund eines größeren Europa mit seinen neuen Entfaltungsmöglichkeiten
für die Regionen ist das zu bedauern. Gerade eben ging mit dem
Österreich-Konvent wieder eine hoffnungsvolle Chance ungenützt vorbei, den
Bundesstaat neu zu denken – und eigentlich sind alle Akteure froh darüber: Das
politische Leben als Landeshauptmann bleibt bequem weil realiter
verantwortungslos. Und auch der Bund kann aufatmen, hat er doch auch weiterhin
gegenüber den Ländern keinen erhöhten politischen Rechtfertigungs- und
Erklärungsbedarf. Das bisschen Geld, das auf diese Weise unnütz genützt
verloren geht, verschmerzen beide Seiten ohnehin leicht. Föderalismus bleibt in
Österreich ein politisches Prinzip von spielend leicht erreichter Qualität.
(ebd. S. 669)