Holoubek, Michael

Zur Struktur sozialer Demokratie

In: Hammer, Stefan/Somek, Alexander/Stelzer, Manfred/Weichselbaum, Barbara (Hg.): Demokratie und sozialer Rechtsstaat in Europa. Festschrift für Theo Öhlinger. Wien: WUV 2004, S.507-528.

 

Mit der Beschlussfassung der Europäischen Grundrechtscharta und den Beratungen des Österreich-Konvents ist die Diskussion über soziale Grundrechte in Österreich wieder aktuell geworden. Dabei wird die Debatte in Österreich – wie Holoubek zeigt – sehr oft von überkommenen theoretischen und dogmatischen Positionen dominiert, die zum Teil in die 1960er- und 1970er-Jahre zurückreichen.

 

Die Grundthese von Holoubek ist folgende: „Versteht man unter sozialen Grundrechten jene individuellen grundrechtlichen Verbürgungen, die bestimmte soziale, wirtschaftliche oder kulturelle Interessenspositionen des Einzelnen schützen, so unterscheiden sich derartige soziale Grundrechte nicht von so genannten liberalen Grundrechten.“

 

In seinem Beitrag begründet Holoubek diese These eingehend und bietet gleichzeitig eine umfassende Einführung in die Problematik sozialer Grundrechte ebenso wie in das moderne Grundrechtsdenken. Zunächst stellt er die traditionelle Sicht sozialer Grundrechte in Österreich dar. Darauf folgt eine Auseinandersetzung mit der Europäischen Grundrechtscharta, in der soziale und liberale Grundrechte nicht mehr getrennt voneinander behandelt werden. Das Kapitel „Solidarität“ ist dort systematisch eingebettet zwischen die Kapitel „Gleichheit“ und „Bürgerrechte“. Ausgehend davon folgt eine Analyse der Struktur „liberaler“ Grundrechte und deren wesentlicher Bindungswirkung gegenüber dem Gesetzgeber. Die Gegenüberstellung mit der Struktur sozialer Grundrechte zeigt, dass hier keine wesentlichen Unterschiede bestehen. Bei entsprechender einzelgrundrechtlicher Auslegung und rechtspolitischer Ausgestaltung zeigt sich, dass auch soziale Grundrechte von ihrem Normprogramm her spezielle Gleichheitsrechte, Verfahrensgrundrechte sowie insbesondere strukturell Freiheitsrechte mit entsprechenden grundrechtlichen Gewährleistungspflichten normieren.