Neisser, Heinrich
Die Konventsidee im Lichte soziokulturellen Wandels
In: Kopetz, Hedwig/Marko, Joseph/Poier, Klaus
(Hg.): Soziokultureller Wandel im Verfassungsstaat. Phänomene politischer
Transformation. Festschrift für Wolfgang Mantl zum 65. Geburtstag. Wien: Böhlau
2004, S. 103-116.
Die Konventsidee hat in der Gegenwart eine neue
Attraktivität erfahren, wie die jüngsten Beispiele in der EU und einigen
Mitgliedstaaten (Österreich, Deutschland) zeigen. Konvente sind
unterschiedliche Erscheinungen, war ihre Aufgabe und Organisation anbelangt,
sie sind aber stets in enger Verbindung mit Verfassungsdebatten oder
konstitutionellen Bewegungen zu erklären. Mit ihnen verbanden sich stets
politische und rechtliche Erwartungen, wobei der Wunsch nach einer neuen
Repräsentativität besonders deutlich hervortritt. Der Autor versucht das anhand
signifikanter historischer Beispiele zu belegen und zu analysieren. Er geht
dabei auf den Nationalkonvent in der französischen Revolution, die Entstehung
der Verfassung der USA, den Konvent von Herrenchiemsee und die
Konventsverfahren in der EU ein.
Zuletzt fragt der Autor, ob der Österreich-Konvent eine Imitation oder eine Innovation darstellt. Sein Urteil fällt kritisch aus. Neisser sieht den Österreich-Konvent als Fortsetzung der österreichischen etatistischen Tradition und vermisst die Einbindung der Zivilgesellschaft. Noch schwerer wiegt für ihn der Eindruck, dass – insbesondere die führenden – Mitglieder des Österreich-Konvents über kein umfassendes Verfassungskonzept verfügen. Zuletzt stellt sich für Neisser die Frage, wie mit einem allfälligen Ergebnis des Konvents umzugehen ist, und welche Verbindlichkeit dieses beanspruchen kann.