Holzinger, Gerhart
Sieben Thesen zum Österreich-Konvent
In: Hösele, Herwig/Lopatka, Reinhold/Mantl,
Wolfgang/Prisching, Manfred/Schilcher, Bernd/Schnider, Andreas (Hg.):
Steirisches Jahrbuch für Politik 2003
Graz: Verein für steirische Politik und Zeitgeschichte 2004,
S. 63-67.
Das B-VG 1920 idF 1929 hat sich als rechtliche Grundordnung
unseres Staates bewährt. Dieser positive Befund gilt allerdings nur für das
Grundsätzliche. Im Detail erweist sich die Verfassung als reformbedürftig. Das
primäre Anliegen einer Verfassungsreform muss es daher sein, der
österreichischen Bundesverfassung jenes Maß an Homogenität und textlicher
Geschlossenheit zu geben, das der Grundordnung eines Staates angemessen ist. Um
das zu erreichen, ist es ratsam, aus den – gerade auch negativen – Erfahrungen
mit Reformversuchen zu lernen, um den Reformerfolg nunmehr zu sichern. Was die
inhaltlichen Aspekte einer solchen Reform betrifft, sollte man sich auf das
Wesentliche konzentrieren und Mut zu grundsätzlichen Bestimmungen haben.
Zentrales Anliegen muss die Reform des Bundesstaates sein. Dafür gibt es
rationale Determinanten, nämlich die Funktionstüchtigkeit des politischen
Systems und die Effizienz des Staatshandelns. Ob freilich angesichts
internationaler Entwicklungen ein österreichischer Grundrechtskatalog
geschaffen werden muss, ist fraglich. Der Österreich-Konvent bedeutet eine
Chance für die Verfassungsreform, gerade weil er die Bundesverfassung in einer
noch nie vergleichbaren Dimension in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gebracht
hat.