Wiederin, Ewald

Über Verfassungen und Ruinen

In: Juridikum 4/2003, S. 192-194.

 

Die aktuelle Diskussion um den inneren und äußeren Zustand unserer Verfassung wird vom Ruinentheorem dominiert. Dabei stand und steht im Kontext der Einsetzung des Österreich-Konvents die formell-äußere Seite im Vordergrund. Die Zusammenführung der verstreuten Inhalte in eine einheitliche Verfassung soll diesen abnormen Zustand beenden und Österreich wieder in den Kreis der zivilisierten Verfassungsstaaten zurückführen. So einprägsam dieses Bild auch scheinen mag, so kurz greift es in seiner Analyse. Besser passt das Ruinentheorem, wenn man es nicht auf die Verfassung bezieht, sondern auf die auf sie einwirkenden Akteure. Nicht die Konstitution an sich, sondern die Art und Weise ihrer Weiterentwicklung war und ist nicht selten ruinös. Mit stilistischen Detailkorrekturen oder der Einführung eines Inkorporierungsgebotes ist es nicht getan: „Nötig wäre eine Revision, die tief in die Substanz der Verfassung einschneidet. Und für eine solche Gesamtreform gibt es zwar Gründe, aber keinen Anlass.“