Berka,
Walter/Schäffer, Heinz/Stolzlechner, Harald/Wiederin, Ewald (Hg.)
Verfassungsreform
Überlegungen
zur Arbeit des Österreich-Konvents
Wien-Graz:
Neuer Wissenschaftlicher Verlag 2004
Dieser Sammelband dokumentiert die Beiträge eines Symposions
im Gedenken an Friedrich Koja, das am 2. April 2004 vom Institut für
Verfassungs- und Verwaltungsrecht der Rechtswissenschaft-lichen Fakultät der
Universität Salzburg veranstaltet wurde.
Inhaltsübersicht
Ewald Wiederin
Der Konvent zwischen Verfassungsgebung und
Verfassungsänderung. Eine Einleitung
Den historischen Vorbildern des Österreich-Konvents ist
gemeinsam, dass sie alle in Ausnahmesituationen agierten. Folglich wird
gefragt, ob der Österreich-Konvent auch vor dem Hintergrund einer Krise tagt,
und welche Bedeutung ein Scheitern des Konvents für das Vertrauen in die
Verfassung haben würde. Eine Halbzeitbilanz des Konvents wirft Fragen nach der
Wahrnehmung und Bedeutung seiner Arbeit sowie nach seinen – z. T. unklar
bleibenden – Zielen auf.
Robert Schick
Die Rolle des Staatsoberhauptes (im Verhältnis zu
Nationalrat und Bundesregierung)
Die geltende Bundesverfassung räumt dem Bundespräsidenten
einen verhältnismäßig großen Einfluss auf die Zusammensetzung der
Bundesregierung und damit auch gegenüber dem Parlament ein. Dieser Einfluss ist
praktisch und theoretisch nicht unumstritten und gibt immer wieder Anlass zu
Kontroversen. Der Autor gibt daher einen Überblick über die Diskussionen in der
Lehre, erläutert die Entstehung des Beziehungsgeflechts zwischen
Bundespräsident, Bundesregierung und Nationalrat und geht auf die zentralen
verfassungsdogmatischen Fragen ein. Dem stellt er die Diskussionen im Ausschuss
3 des Österreich-Konvents sowie seine eigenen Positionen gegenüber.
Michael Holoubek
Grundrechtskompilation oder Grundrechtsreform? – Gedanken zu
Zielen und Funktions-bedingungen einer Grundrechtsrevision im Rahmen des
„Österreich-Konvents“
Grundrechtsreform wird dann erforderlich, wenn ein
gesellschaftliches, politisches Bedürfnis nach neuen, neu gestalteten oder neu
ausgerichteten grundrechtlichen Schutzgütern oder nach neuem oder stärkerem
Schutz vor bestimmten Bedrohungen besteht. Heute schließt das die Revision des
Verhältnis von Staat und Gesellschaft und die Gestaltung der sozialen
Bedingungen des Miteinanders ein. Grundrechtsrevision, die das berücksichtigt,
ist eine umfassende politische Anstrengung, die weit über systematische Ordnung
und Kompilation des geltenden Grundrechtsbestandes hinausgeht. Auf dieser Basis
werden die Erhaltung des derzeitigen „Grundrechtsacquis“, die
Innovationsoffenheit der Grundrechte, das Eingehen auf neue
Bedrohungssituationen und die Aufnahme von sozialen Grund-rechten als
Anforderungen und Ziele für eine Grundrechtsrevision diskutiert und Funktionsbedingun-gen
für die Diskussion formuliert. Dabei wird gefragt, wie sich ein neuer
Grundrechtskatalog zu den bestehenden wie EMRK und EU-Grundrechtecharta
verhalten würde, und die Möglichkeit erwogen, die Grundrechtecharta in das
österreichisches Verfassungsrecht zu übernehmen.
Harald Stolzlechner
Soll das Legalitätsprinzip geändert werden?
Die Gesetzesbindung der Verwaltung gehört zu den
wesentlichen Bestimmungen des B-VG. In der gegenwärtigen Staatsreformdebatte
wird es aber hauptsächlich im Kontext von „Gesetzesflut“ und der damit
einhergehender Verkomplizierung der Verwaltung gesehen. Dieser Zusammenhang
wird im vorliegenden Beitrag bezweifelt. Um Bedeutung und Reformoptionen des
Legalitätsprinzips zu ermessen, wird der gegenwärtige Stand des Legalitätsprinzips
rekonstruiert. Insbesondere wird auf das „differenzierte Legalitätsprinzip“,
das Verhältnis von Legalitätsprinzip und Verordnungsrecht der
Verwaltungsorgane, Europarecht und finale Determinierung sowie die rechtliche
Verknüpfung von hoheitlichen und privatrechtlichen Handlungsformen eingegangen.
Vor diesem Hintergrund werden sodann die im Konvent ausgearbeiteten und
präsentierten Reformvorschläge für das Legalitätsprinzip rechtspolitisch
diskutiert.
Gerhart Holzinger
Aktuelle Fragen des Bundesstaatsprinzips
Zum Stand der Bundesstaatsreformüberlegungen im Österreich-Konvent
Ausgehend von einer Charakterisierung des österreichischen
Bundesstaatskonzepts und allgemeinen Determinanten für die politische und
rechtliche Auseinandersetzung mit Föderalismus werden die Arbeiten der
Ausschüsse des Österreich-Konvents zu Themen der Bundesstaatsreform
vorgestellt. Zunächst wird die Reform der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung
in der Gesetzgebung diskutiert. Was die bundesstaatliche Kompetenzverteilung auf
dem Gebiet der Verwaltung betrifft, so plädiert der Autor für die Abschaffung
der mittelbaren Bundesverwaltung. Im Vergleich mit Lösungen des deutschen
Grundgesetzes wird dann die Reform der Mitwirkung der Länder an der
Bundesgesetzgebung behandelt. Abschließend wird auf die Diskussionen zur
Verfassungsautonomie der Länder und zur Reform der Finanzverfassung im Konvent
eingegangen.