Pernthaler, Peter
Föderalistische Verfassungsreform:
Ihre Voraussetzungen und Wirkungsbedingungen in Österreich.
In: Österreichische Zeitschrift für
Politikwissenschaft 1992, S. 365-388.
Abstract
Österreich ist zwar formell
ein Bundesstaat, seine Verfassung ist aber sehr stark dem Modell des
„dezentralisierten Einheitsstaates“ angenähert. Seit 1963 gibt es aber hier
eine föderalistische Reformbewegung, die zuerst „Forderungsprogramme“ der
Länder, später eine Reihe von Änderungen der Bundesverfassung und jüngst eine
politische Vereinbarung („Paktum“) über die „Neuordnung des Bundesstaates“ aus
Anlass des Beitrittes Österreichs zu den Europäischen Gemeinschaften
hervorbrachte. Diese Reformbewegung hatte eine massive Stärkung des
„kooperativen Föderalismus“ zur Folge, der wiederum – anders als in den
klassischen Bundesstaaten – zu einer bedeutenden Stärkung der Länder als
politische Partner des Bundes führte. Dies zeigte sich besonders deutlich im
Prozess des EG-Beitrittes, der zwar von den Ländern voll unterstützt, aber auch
dazu benutzt wurde, politische Reformwünsche in der Kompetenzverteilung und ein
besonders „Länderbeteiligungsverfahren“ an Vorhaben im Rahmen der europäischen
Integration durchzusetzen. Dies zeigt, dass die Länder heute politisch – tw.
auch ökonomisch – bedeutende Machtzentren darstellen, die das politische System
Österreichs weit stärker prägen, als die formelle Bundesverfassung dies
erkennen lässt.