Brix, Emil/Nautz, Jürgen/Poier, Klaus (Hg.)

Die österreichische Verfassungsdiskussion und die Zivilgesellschaft

Reihe Civil Society der Österreichischen Forschungsgemeinschaft Band 10

Wien: Passagen 2006

 

Die Arbeitsgemeinschaft „Wege zur Civil Society in Österreich“ in der Österreichischen Forschungsgemeinschaft präsentiert in diesem Sammelband Beiträge von Wissenschaftlern, Verantwortlichen zivilgesellschaftlicher Organisationen und Konventsmitgliedern, die sich mit der Bedeutung, Diskussion und Verankerung der Verfassung in der österreichischen Gesellschaft auseinandersetzen. Verfassungsreformen werden dabei als Ausdruck der politischen Kultur verstanden und geben Anlass zu Überlegungen über das in Österreich vorherrschende Bild von Staat und Bürger/-innen.

 

Emil Brix

Nachruf auf einen Konvent

Ausgehend von der These, dass die Perspektiven politischer Gestaltung international in der stärkeren Partizipation von Bürgern liegen, und dies den Kern jeder modernen Verfassungsdiskussion ausmacht, blickt der Verfasser auf die Beratungen des Österreich-Konvents. Der Konvent hat diese Perspektive jedoch nicht eingenommen, sondern – und darin erkennt der Autor die Gründe für das „Scheitern“ – war bloß Ausdruck überkommener politischer Realitäten in Österreich.

 

Heinrich Neisser

Das Dilemma einer Verfassungsrevision

Politische Reformprozesse sind stets auch Ausdruck der politischen Kultur eines Landes, in dem sie stattfinden. Insoweit lässt sich die Art und Weise, wie Änderungen im politischen System vorbereitet und geplant werden, als demokratiepolitischer Indikator bewerten. Die österreichische politische Kultur ist durch eine starke etatistische Tradition geprägt, die sich auch in einer spezifischen Erwartungshaltung der Bürgerinnen und Bürger gegenüber dem Staat ausdrückt. Auch die bisherigen Verfassungsreformdiskussionen stehen nach Ansicht des Autors in dieser etatistischen Tradition. Der Analyse der Beratungen des Österreich-Konvents wird daher ein Projekt von Verfassungspolitik als Modernisierungsaufgabe gegenübergestellt. Schließlich werden Perspektiven und konkrete Schritte für eine Verfassungsreform formuliert, die auf der Forcierung einer kritisch-emanzipatorischen Öffentlichkeit beruht.

 

Herwig Hösele

Österreich-Konvent und Bürgergesellschaft

Der Autor gehörte zu den Initiatoren des Österreich-Konvents. In diesem Beitrag erläutert er seine Vorstellungen über die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger in die Verfassungsdiskussion und stellt konkrete Initiativen und Reformvorschläge des Österreich-Konvents vor.

 

Werner Wutscher

Zivilgesellschaft und Verwaltungspraxis in Österreich. Versuch einer Annäherung

Ausgehend von der Grundfrage, inwieweit der klassische Staat und seine Institutionen in der Lage sind, die aktuellen Herausforderungen der sozialen und ökonomischen Entwicklung zu bewältigen, fragt der Autor nach Verständnis und Rolle von Zivilgesellschaft und Verwaltung in Österreich. Er betont die intensive Diskussion und Förderung partizipatorischer Ansätze in der EU, stellt aber am Beispiel des Österreich-Konvents fest, wie schwer sich Politiker, Juristen und Verwaltungsexperten in Österreich tun, „Zivilgesellschaft“ zu fassen und einzubinden. Vor dem Hintergrund der Beratungen über eine Verwaltungsreform plädiert er dafür, dass anstatt von „top-down-Reformen“ ein kontinuierlicher Dialog zwischen zivilgesellschaftlichen Initiativen und Verwaltung entwickelt wird. Darin erkennt er die Möglichkeit für eine nachhaltige und weitergehende Entwicklung.

 

Peter Bußjäger

Wieviel und welchen Staat braucht Österreich im 21. Jahrhundert?

Der Verlauf der Beratungen des Österreich-Konvents wird der Frage gegenübergestellt, ob es hierzulande eine Diskussion über den Staat gäbe, den Österreich brauche. Der Autor stellt fest, dass der Konvent vor allem an den grundsätzlichen Fragen nach Ziel und Bedeutung des Staates heute gescheitert sei: der Frage nach den Staatsaufgaben und Staatszielen, der rechtlichen Absicherung sozialer Leistungsansprüche und dem Kräfteverhältnis von Bund und Ländern.

 

 

Marlies Meyer

Österreich-Konvent und Zivilgesellschaft. Ein Bericht

In diesem Beitrag werden die Mitwirkungsmöglichkeiten der Zivilgesellschaft am Österreich-Konvent ausführlich dargestellt sowie die tatsächliche Mitwirkung erhoben und kritisch analysiert. Eine Auseinandersetzung mit den „Anhörungen von Vertreterinnen und Vertretern gesellschaftlicher Organisationen und Interessensvertretungen“ im Österreich-Konvent, zeigt, welches Bild der Konvent von der (verbandlich-) organisierten Zivilgesellschaft hatte, und welche Anliegen wie vorgebracht wurden. Weiters wird untersucht, wie sich diese Anhörungen in der Folge auf die Beratungen des Konvents ausgewirkt haben.

 

 

Ferdinand Karlhofer

Verbändeinteressen und Verfassungsdiskussion

Dieser Beitrag untersucht einerseits die Einbindung der Sozialpartner und Interessensverbände in den Österreich-Konvent. Andererseits widmet er sich der Frage, warum im Österreich-Konvent die Forderung nach einer Verankerung der Sozialpartnerschaft in der Verfassung erhoben wurde. Daher wird zunächst der bestehende institutionelle Rahmen vorgestellt und auf die Stationen des Einflussverlusts der Sozialpartnerschaft eingegangen. Schließlich gelangt der Autor zum Ergebnis, dass die Verankerung der Selbstverwaltung in der Verfassung eine korporatistische Festschreibung bedeutet und die zivilgesellschaftliche Dimension der verbandlichen Interessen in den Hintergrund drängt.

 

 

Brigitte Hornyik

Der Konvent und die Zivilgesellschaft unter besonderer Berücksichtigung der Gender-Aspekte

Die Gender-Aspekte des Konvents betreffen einerseits den personellen und sprachlichen Aspekt in der Arbeit des Konvents, andererseits die Themen des Konvents. Dazu gehören die Diskussionen über die Gleichstellung von Frau und Mann, das Selbstbestimmungsrecht der Frau, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, den Rechtsschutz, die politische Partizipation und vor allem auch das Thema Gender Budgeting.

 

Max Koch und Elisabeth Ebne

Zivilgesellschaft und Mitsprache

Die Autorin und der Autor dieses Beitrags befassen sich aus einer praxisbezogenen Perspektive mit den Möglichkeiten, die die „organisierte Zivilgesellschaft“, also NGOs und NPOs, in Österreich hat, wenn es um das „Mitsprechen“ und Mitbestimmen im „etablierten demokratischen Spektrum“ geht. Sie fragen, welche Grenzen NGOs und NPOs dabei gesetzt werden, und welche Forderungen sich für Vertreterinnen und Vertreter dieser Organisationen daraus ableiten lassen.

 


Gerd Valchars

Die Debatten des Österreich-Konvents. Ein zivilgesellschaftliches Monitoring

Dieser Beitrag geht auf ein Forschungsprojekt zurück, dass ausgewählte Beratungen des Österreich-Konvents mit einem „Monitoring“ begleitet hat. Der hier vorgestellte Schwerpunkt behandelt die Beratungen des Ausschusses 3 „Staatliche Institutionen“. Er beinhaltet die Analyse der Ausschussarbeit sowie die Rezeption der Ausschussberichte im Plenum des Österreich-Konvents. Dabei wird der Fokus ausschließlich auf jene Punkte in der Ausschussarbeit gerichtet, die für die Existenz und die Arbeit einer Zivilgesellschaft in Österreich von Relevanz sind (z. B. Gesetzgebungsprozess, Volksbegehren). In einem zweiten Schritt werden dann selbständig Vorschläge für verfassungsrechtliche Änderungen zur Unterstützung zivilgesellschaftlicher Arbeit in Österreich vorgestellt.

 

Klaus Poier

Verfassungsreform und Partizipation: Bürgerinnen- und Bürger sowie zivilgesellschaftliche Beteiligung am und nach dem Österreich-Konvent

Dieser Beitrag stellt einerseits die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger am Österreich-Konvent aus Sicht eines Konventsmitglieds vor, andererseits geht er auf die Diskussionen im Österreich-Konvent über einen Ausbau der Partizipationsmöglichkeiten und ihre Verankerung in der Bundesverfassung vor.