Österreich Konvent

6 unverzichtbare Weichenstellungen

 

 

Die Ausschüsse des Österreich Konvents haben Endberichte vorgelegt. In einzelnen Punkten wurde Konsens gefunden, doch blieb bei der überwiegenden Mehrzahl der Themen eine Einigung aus. Selbst die „konsensualen Themen“ sind noch nicht endgültig beschlossen. Zu diesem Zeitpunkt ist es daher Aufgabe des Lenkungsgremiums des Konvents – des Präsidiums –, diese politischen Weichenstellungen für die weiteren Arbeiten des Konvents und sein Ergebnis vorzunehmen.

 

Oberstes Ziel des Konvents muss – wie auch schon in seinen Grundsätzen festgehalten – eine effizientere Verfassung sein. Um auf die Herausforderungen unserer Wissensgesellschaft mit der damit einhergehenden Beschleunigung vieler Prozesse sowie auf die zunehmende Internationalisierung der Wirtschaft schnell und flexibel reagieren zu können und eine nachhaltige Wohlstandsentwicklung zu sichern, braucht Österreich eine zeitgemäßere, flexiblere und effizientere Struktur.

 

Die Industriellenvereinigung will die Aufmerksamkeit der Präsidiumsmitglieder daher auf sechs besonders wichtige Themen lenken, die unbedingt Teil einer neuen Verfassung sein müssen:

 

1. Budgetierung statt Kameralistik (Reform zu Art. 51 ff. B-VG)

 

Pilotprojekte (z.B das Bundesamt für Wasserwirtschaft) haben gezeigt, dass moderne betriebs­wirtschaftliche Methoden zu deutlichen Kosteneinsparungen bei gleichzeitiger Steigerung der Leistung führen.

 

Aus Sicht der Industriellenvereinigung ist daher vor allem die Einführung moderner betriebs­wirtschaftlicher Methoden in das Haushaltswesen (z.B. Kostenrechnung und Controlling; Globalbudgetierung; mehrjährigen Budgetplanung; modernes Personalmanagement etc.) von besonders zentraler Bedeutung für die zukünftige effiziente Verwendung der Steuergelder. Wir unterstützen daher die von Ausschuss 6 vorbesprochene Version des Vorschlags von Staatssekretär Finz, fordern aber die Wiederaufnahme der inhaltlichen Vorgaben (Lit. a bis k im Art. 51 Abs. 4) des Finz-Vorschlags, um Transparenz sicher zu stellen.

 

In möglichen „Erläuternden Bemerkungen“ des Konvents sollte zudem ein Hinweis auf die Notwendigkeit von möglichst einheitlichen Regeln sowie klarer Zuordnung von Budget­verantwortlichkeiten auf allen Ebenen des Staates enthalten sein. Dies ist insbesondere in Hinblick auf den später angeführten Punkt „Benchmarking“ von besondere Bedeutung.

 

2. Legalitätsprinzip

 

Die vielschichtigen Problemfälle in einer komplexen Welt lassen sich nicht mehr im Rahmen von Gesetzestexten abschließend lösen. Starre Regeln in der zunehmenden Dynamik unserer Gesellschaft sind für BürgerInne wien Wirtschaft hemmend. Der „Verwaltungsmanager von morgen“ muss für jeden Einzelfall eine spezifische Lösung im Sinne und auf Basis der gesetzlichen Regelung finden können. Er braucht einen eigenen „Entscheidungsspielraum“. Diesem modernen Verwaltungsmanagement-Verständnis, das verbunden ist mit höherer Motivation der Beamten, steht die in Österreich strenge Handhabung des Legalitätsprinzipes entgegen.

 

Die Industriellen­vereinigung schließt sich daher der Forderung nach einer Ergänzung des Art. 18 B-VG an, mit dem Ziel, ein klares Signal für mehr Entscheidungsspielraum auf Beamtenebene zu setzen. Die Ergänzung des Art. 18 könnte im Abs. 1 folgenden Satz umfassen (wie im Ausschuss 3 schon beschlossen): „Die Gesetzgebung kann von einer bindenden Regelung des Verhaltens der Verwaltungsbehörden absehen und das Verhalten der Verwaltungs­behörden insbesondere durch die Festlegung von Zielen vorherbestimmen“.

 

3. Reform der Kompetenzen

 

Im Ausschuss 5 wurde intensiv über die Schaffung einer „Dritten Säule“ aus Kompetenzen, die sowohl von den Länder, als auch für den Bund wahrgenommen werden können.

Die Industriellenvereinigung lehnt diese Dritte Säule entschieden ab. Eine solche Regelung führt nur zu einem weiteren Aufbau bürokratischer Strukturen mit allen damit einhergehenden Kosten und zu einem zusätzlichem Aufwand, wie die Diskussion, z.B. über Inanspruchnahme-Regeln, bereits gezeigt hat.

 

Die IV fordert, dass endlich das Mandat des Ausschusses 5 erfüllt wird, nämlich konkret die gültige Kompetenzlandschaft zu durchforsten, daraus große Aufgaben­gebiete zu bilden und den beiden Trägern der Gesetzgebung neu zuzuteilen. Zudem sollten die Landtage zu einem effektiveren Mitteln der demokratischen Kontrolle der Verwaltungen ausgebaut werden.

 

4. Umsetzung von EU-Recht

 

Der EU-Beitritt Österreichs hat grundlegende Veränderungen für die Gesetzgebung in Österreich gebracht. Die österreichische Kompetenzlage muss diesem neuen Umstand endlich angepasst werden. Es bedarf Regeln zur raschen Umsetzung von EU-Recht.

 

Die Industriellenvereinigung fordert daher eine Bundes­kompetenz zur Umsetzung von EU-Recht, wie dies auch im Ausschuss 5 bereits mehrfach angeregt wurde.

 

5. Benchmarking

 

Der Ausschuss 6 hält unter dem Punkt „Ausgangskriterien für einen Verwaltungs­reformprozess“ die besondere Bedeutung der Einführung von Benchmarks fest. Er kommt konsensual zum Schluss, dass dieses Instrument eine wesentliche Bedeutung zur Initiierung von Effizienz­steigerungen und der raschen Verbreitung innovativer und bürgerorientierter Strukturen hat. Die IV begrüßt diesen Ansatz und fordert, dass es nicht nur bei einem allgemein politischen Credo bleibt. Zusätzlich sollte der Blick aber auch auf finanzpolitische Kennzahlen gelegt werden. Die EU kann hier mit dem Lissabon Strukturindikatoren als Vorbild dienen. Dieses Modell wäre auf das innerösterreichische Verhältnis zwischen den Bundesländern zu erweitern und um weitere Kennzahlen, wie z.B. Personalaufwand pro Sachgebiet pro Einwohner, zu ergänzen. Notwendig wäre, auch auf Ebene der Gemeinden die Schaffung von Kennzahlen bzw. den Austausch von Best-practice-Beispielen verbindlich anzuordnen. Denn aufgrund der großen Anzahl von Gemeinden und ihrer Aufgaben ist ein entsprechendes Effizienz­steigerungspotenzial durch das Anregen von Innovationen gegeben.

 

Es sollte daher ein Ausschuss beauftragt werden, ein Modell auszuarbeiten, wie das Benchmarking in der österreichischen Verfassung verankert werden kann.

 

6. Qualität der Gesetzgebung

 

Die Industriellenvereinigung fordert die Vision „Österreich, der Staat mit der modernsten und effektivsten Gesetzgebung“. Deshalb sollte der Ausschuss 3 beauftragt werden, einen Vorschlag zu erarbeiten, in dem z.B. wie im Modell der IV vom Februar 2001 vom Rechnungshof (als Organ des Parlaments) Gesetzesvorschläge einer Folgenabschätzung unterzogen werden, um eine wirkliche Kosten-Nutzen-Betrachtung zu ermöglichen. Die bestehende Regelung überträgt dem Beamten, der den Entwurf für die Regelung erstellt, auch die Aufgabe der Kostenabschätzung. Für diese schwierige Aufgabe fehlt es aber an spezieller Ausbildung und Ressourcen. Notwendig ist der Aufbau von Know-How, um wirklich fundierte Abschätzungen zu liefern. Es ist auch vom Kostenstandpunkt sinnvoller einmal zu investieren und dann Lerneffekte zu nützen, als  wiederholt nicht-spezialisierte Beamte mit einer schwierigen Aufgabe zu überlasten.

Auch die Einführung von befristeten Gesetzen („Sunset-Legislation“) sollte ausgearbeitet werden. Denn damit wird eine flexiblere Form der Gesetzgebung geschaffen und die Fiktion überwunden, das Recht auf unbestimmte Zeit sinnvoll und adäquat ist. 

Letztendlich dienen diese Maßnahmen der Eindämmung der Gesetzesflut.

 

 

 

S. Mara, 30.4.2004