Dr. Günter Voith

Unternehmer,

Vorsitzender des Rechtspolitischen Ausschusses der IV,

Mitglied der Aufgabenreformkommission 2000/2001,

Mitglied des Verfassungskonvents

 

 

 

Wer fürchtet sich vor der Reform?

Zu Verwaltungsreform und Verfassungskonvent

 

 

Mit der Unumstößlichkeit eines Naturgesetzes zieht sich durch alle gesellschaftlichen Lebens-formen: Leistung ist nur dort, wo Wettbewerb ist. Das gilt für Partnerwahl, berufliche und so-ziale Durchsetzung und alle Leistungen für die Gemeinschaft. Versuche, zu leben, ohne sich mit anderen vergleichen zu müssen, und das heißt, Menschen nur genau das machen zu lassen, was sie wollen, haben immer mit einem Fiasko für sie und dann für ihre Umwelt geendet; solche können, wenn überhaupt, nur auf Kosten anderer leben.

 

Am auffälligsten ist natürlich an den wirtschaftlichen Einheiten, sprich Unternehmen, in der (freien) Marktwirtschaft zu erkennen: wo es an Wertbewerb mangelt, mangelt es an Leistung, und das gesellschaftliche, als gerecht empfundene Gleichgewicht ist gestört: das Leben „auf Kosten anderer“ beginnt. Ob erfreulich oder nicht: der Markt, und zwar einer mit funktionie-rendem Wettbewerb, regelt dieses Gleichgewicht. Dabei muss im volkswirtschaftlichen und damit gesamtpolitischen Interesse immer auf die Lebendigkeit des Wettbewerbs geachtet werden; schon deshalb, da alle Unternehmen und Institutionen für sich selbst, betriebswirt-schaftlich richtig und legitim, eine einigermaßen monopolistische Stellung anstreben.

 

Wir ärgern uns über Monopole oder Fast-Monopole etwa von Tabak, Kaffee, Stahl oder Öl. Und doch geht es dabei allerhöchstens um 1 % von Haushaltsausgaben. Aber ein Monopol nimmt mehr als die Hälfte unseres Einkommens zur Umverteilung weg: der Staat.

 

Und bei diesem Staat, in welcher Erscheinungsform immer, zeigen sich klar die Reibungs-verluste, Trägheitssymptome, Schwerfälligkeiten, kurz Mängel, wie sie an sich bei jeder großen Organisation auftreten, die unter keinem Wettbewerbszwang arbeitet – nur, dem Umfang entsprechend, mit noch stärkeren Auswirkungen.

 

Es ist meist eine Schutzbehauptung, dass staatliche und wirtschaftliche Arbeit nicht vergleich-bar seien. Natürlich hat der Staat Funktionen, die keine andere Organisation zu erfüllen hat, nämlich typisch hoheitliche. Aber der weitaus überwiegende Teil der Arbeit ist prinzipiell die gleiche Verwaltungsabwicklung, wie sie auch von nichtstaatlichen Institutionen/Unternehmen ständig zu erbringen ist. Hier sind viele Vergleichskriterien brauchbar:

Wie gut und schnell erfolgt die Entscheidungsfindung?

Sind die Hierarchien und Entscheidungsstrukturen klar und einfach?

Haben die Interessen der Bürger/Kunden Priorität?

Wir wird die Leistung des ganzen Apparats beurteilt?

Wie wird die Leistung des einzelnen Mitarbeiters beurteilt?

Wie werden sie motiviert und wie motiviert sind sie?

Welche Leistungsanreize und Nichtleistungssanktionen gibt es?

Wie werden die jeweils modernsten und effektivsten Managementmethoden und Verwal-  tungshilfsmittel  genutzt?

Wie werden Notwendigkeit der „Produkte“, Modernisierung der Arbeitsvorgänge und Schulung der Mitarbeiter laufend überprüft und die Aktualisierung gesichert?

Soll-Ist-Vergleich: Was ist die Zielsetzung? Was erwartet der Bürger – und auch: was der Politiker - vom Staat? Was darf die Leistung kosten?

Die Defizite der Staatsverwaltung liegen auf der Hand.

 

Die Budgetnot hat in den letzten Jahren endlich weithin zur Erkenntnis geführt, dass der Staat kaum woanders als bei der vielfach veralteten Verwaltung große Einsparungen machen kann,

wobei doch gleichzeitig Verbesserungen möglich und nötig sind. Es ist traurig, ja verantwor-tungslos, dass sich so gut wie jede Regierung in Österreich seit Jahrzehnten zu Verwaltungs-reformen – die natürlich heftige Widerstände hervorrufen - nur mit Glacéhandschuhen gegrif-fen hat und in weitere Schuldenerhöhungen geflüchtet ist; dadurch muss jeder Erwerbstätige heute im Schnitt auf ein Einkommen von rund € 450,- im Monat verzichten – nur für die Zah-lung der Schuldzinsen der öffentlichen Hand!  Für mich ist das klarer Missbrauch der Mono-polstellung der öffentlichen Hand.

 

Dabei sind Notwendigkeit und Ansatzpunkte für Reformen, auch viele international erprobte Modelle im großen und ganzen bekannt und außer Streit. PPP, E-Government, New Public Management, One-stop-shop-Prinzip sind heute nicht nur Schlagworte, sondern Anleitungen, nach denen vielerorts schon an Veränderungen gebastelt wird. Man darf nicht vergessen, dass gerade bei den qualifizierten Staatsmitarbeitern das Bewusstsein der Nöte und Bedürfnisse zur Änderung besonders hoch ist – übrigens ebnso ebenso die Gefahr der Frustration, wenn zu wenig geschieht; das wäre die ärgste Demotivation.