Veranstaltungsbericht

 

 

"Der Österreich-Konvent – Zum Stand der Diskussion"

 

Podiumsgespräch im Rahmen der Wiener Vorlesungen am 23. Juni 2004 im Wiener Rathaus

 

 

Die Diskussion drehte sich vor allem um die Themen "soziale Grundrechte", "Föderalismus" und "Gott in der Verfassung".

 

Einleitend gab Dr. Claudia Kahr eine Zusammenfassung über Aufbau, Zusammensetzung, Auftrag und Dauer des Konvents. Zu den sozialen Grundrechten merkte sie an, dass die Diskussion im Ausschuss 04 erst am Anfang stünde. Aufgabe des Konvents sei es ihrer Meinung nach, Antworten auf aktuelle Anforderungen an die Verfassung zu finden. Die jetzige Verfassung sei eine gute Grundlage, doch gebe es aktuelle Entwicklungen, die darin nicht abgedeckt seien. Bei neuen Staatsaufgaben sei es wichtig, nicht an den demokratischen Grundlagen zu rütteln. Besonders sei darauf zu achten, den Schutz des Einzelnen und das Legalitätsprinzip zu wahren.

 

Dr. Bea Verschraegen stellte vor allem einen Vergleich zwischen europäischer und österreichischer Verfassung an. Zu den Grundrechten stellte sie fest, dass sich Ausschuss 04 an die Systematisierung der europäischen Grundrechtecharta halte.

 

Der Europaabgeordnete Dr. Hannes Swoboda sprach vor allem über die EU-Verfassung. Zum Konvent merkte er an, dass zu viele Institutionen und Personen vertreten seien, die alle ihre Besitzstände wahren wollten. Wenn der Konvent ein gutes Ergebnis bringe, sei das eine besondere Leistung.

 

Univ.-Prof. Dr. Ewald Nowotny kritisierte, dass der Konvent massiv in den Händen der Juristen sei. Ökonomisch sehe er ein Durchsetzungsproblem. Er meinte, dass in vielen Bereichen Rechtsschutz nötig sei, die sozialen Kosten aber steigen würden, je weiter das Leben juristisch bestimmt sei (bis hin zur Selbstfesselung der Gesellschaft). Er hoffte, dass dieser Zwiespalt im Konvent beseitigt werden könne. Seiner Meinung nach sei es Aufgabe der Verfassung, gesellschaftliche Spielregeln zu schaffen. So wäre es nötig, die Sozialpartner oder die Regelung des Streikrechts in der Verfassung zu verankern. Wichtig sei auch die 'Entzerrung der Kompetenzen', da hier großes Einsparungspotenzial liege.

 

Univ.-Prof. Dr. Wendelin Schmidt-Dengler wiederholte vor allem seine bereits im Konvents-Hearing am 26. Jänner 2004 geäußerte Kritik am Universitätsgesetz und meinte, dass er bisher noch keinen Hoffnungsstreif auf Vorgaben für ein neues Gesetz sehe.

 

Darauf antwortete Dr. Claudia Kahr, dass der Rahmen für das 'Recht auf Bildung' schon jetzt in der Verfassung vorgegeben sei und die Auslegung nicht Frage der Verfassung, sondern der jeweiligen Politik sei und derartige Gesetze mit einfacher Mehrheit beschlossen werden könnten. Zur Aufteilung der Kompetenzen merkte sie an, dass eine Neuordnung nötig wäre und große Einsparungen bringen könne. Allerdings sei der zuständige Ausschuss hier noch nicht sehr weit.

 

Es sprachen sich alle Teilnehmer/innen gegen einen Gottesbezug in der Verfassung aus. Dr. Wendelin Schmidt-Dengler fragte launig, was Gott dazu sagen würde, in der österreichischen Verfassung zu stehen.

 

 

 

 

Wien, am 24. Juni 2004 Mag. Irene Spreitzer