Städtetag
26.–28. Mai 2004
Bregenz
Veranstaltungsbericht
Der diesjährige
Städtetag fand unter dem Thema "Starke Städte im größeren Europa"
statt. In diesem Zusammenhang beschäftigte sich die Veranstaltung auch mit dem
Österreich-Konvent. Seitens des Büros des Österreich-Konvents nahmen Dr. Gerald
Grabensteiner und Mag. Irene Spreitzer teil.
Bereits in seiner
Eröffnungsrede würdigte der Präsident des Städtebundes und Wiener Bürgermeister
Dr. Michael Häupl die hervorragende Vorsitzführung des Vorsitzenden von
Ausschuss 10, Innenminister Dr. Ernst Strasser, und das gute Klima, das in
diesem Ausschuss herrscht. Er meinte, dass es wichtig sei, die Städte und
Gemeinden im Konvent stärker zu berücksichtigen. Schließlich sei es ein Ziel,
die Dienstleistungen näher bei den Bürgerinnen und Bürgern anzusiedeln. Wichtig
wäre es auch, die Kooperation zwischen den Kernstädten und deren Umland zu
erleichtern, um so die Zusammenarbeit zu stärken. Ein Anliegen sei es, dass die
Dienstleistungen im allgemeinen Interesse von den Städten und Gemeinden selbst
besorgt werden können und nicht ausgeschrieben werden müssen.
Der
Gemeindebundpräsident Helmut Mödlhammer forderte mehr Geld für alle
Gemeinden, um Aufgaben wie die Kinder- und Altenversorgung erfüllen zu können.
Zudem legte er ein Bekenntnis zu verstärkter Zusammenarbeit mit dem Städtebund
ab.
Der Vorarlberger
Landeshauptmann Dr. Herbert Sausgruber meinte im Hinblick auf die
Konventsarbeit, dass man Verständnis aufbringen sollte, wenn viele
Angelegenheiten großräumig geregelt werden. Als Gegengewicht sollte man den
Ländern und Gemeinden ein gewisses Maß an Spielraum für die regionale
Gestaltung einräumen. Diese sei nötig, um das soziale Netz der Zukunft in den
Kommunen aufzubauen. Er meinte, dass dies im Konvent zu berücksichtigen sei und
daher die Bundesgesetze auf Rahmengesetze ohne Detailverliebtheit beschränkt
werden sollten. Der Bundesgesetzgeber müsse sich stärker auf die Eckpunkte
disziplinieren und den Ländern mehr Spielraum lassen.
Innenminister Dr.
Ernst Strasser erklärte, dass eine "Neuordnung der Verfassung bei über
12.000 Verfassungsbestimmungen (sic) sinnvoll" sei. Dies sei nur gemeinsam
möglich. Deshalb bedankte er sich auch bei Dr. Michael Häupl und Dr. Erich
Pramböck für die Mitarbeit. Danach überreichte der Innenminister Dr. Michael
Häupl als Präsidenten des Städtebunds den Berichtsentwurf von Ausschuss 10. Er
erklärte, dass in dem Bericht Vorschläge für mehr gelebte Partnerschaft
enthalten seien und es ein Verhandlungsgebot von Bundesseite geben müsse. Für
den Finanzausgleich schlug er eine dreigliedrige Aufteilung in Bund, Länder und
Städte/Gemeinden vor. Zuletzt meinte er, dass der Konsultationsmechanismus Teil
der Finanzverfassung werden solle.
Bundespräsident Dr.
Thomas Klestil zeigte Verständnis für die Anliegen der Städte und Gemeinden
an den Konvent. Er sprach sich für abgesicherte Kompetenzen aus, damit klar
sei, wer für welche Aufgaben zuständig sei. Außerdem bekräftigte er, dass man
die Dienstleistungen der Gemeinden nicht dem freien Spiel des Marktes überlassen
könne und die Daseinsvorsorge somit eine öffentliche Aufgabe sei.
Der Politologe
Univ.-Prof. Dr. Anton Pelinka meinte, dass es im Konvent um eine
Lastenverteilung gehe. Aufgrund der vielen eingebauten Vetomechanismen
"erhoffe und befürchte" er "wenig vom Konvent". Allerdings
wäre es schlecht, wenn die Städte viele Instrumente für die Zukunftsentwicklung
einbüßten. Man müsse die Städte mit den nötigen Mitteln ausstatten, da auch die
Mehrheit der Bevölkerung sich dafür ausspreche, dass z.B. Bildung und Daseinsvorsorge
Aufgabe der Gemeinden bleibe. Dafür sei eine entsprechende Gestaltung der
Finanzverfassung und des Finanzausgleichs nötig. Er vertrat die Auffassung,
"wenn weniger Staat, dann mehr Stadt als Gegengewicht".
Am 27. Mai wurde in
drei Arbeitskreisen zu den Themen "Österreich-Konvent und Gemeinden",
"Finanzen" und "Verwaltungsreform – leistungsfähige Gemeinden
durch kommunale Zusammenarbeit" diskutiert.
Im Arbeitskreis 1
"Österreich-Konvent und Gemeinden" sprachen unter dem Vorsitz des
Grazer Bürgermeisters Mag. Siegfried Nagl Univ.-Prof. Gerhart Holzinger, Dr.
Johannes Schnizer, Dr. Ernst Theimer und Mag, Ulrike Schebach-Huemer.
Univ.-Prof. Gerhart Holzinger gab eine allgemeine Einführung in die Arbeit
des Österreich-Konvents und bekräftigte, dass der Konvent keine
verfassungsgebende Versammlung, sondern ein beratendes Gremium sei. Daher könne
der Konvent keine neue Verfassung beschließen, sondern nur dem Parlament
Vorschläge liefern. Danach gab er eine Zusammenfassung der Arbeit von Ausschuss
3. Abschließend meinte er, dass das Schwergewicht der bisherigen Arbeiten im
Konvent in den Ausschüssen gelegen sei und es noch wenig Konsens gäbe. Der
Konvent trete jetzt in seine entscheidende Phase: es müsse nun eine
Vorentscheidung geben, welche Punkte tatsächlich in die Verfassung aufgenommen
werden sollen und in welche Richtung die Beratungen fortgesetzt werden sollen.
Im Herbst müssten dann Textvorschläge ausgearbeitet werden.
Er meinte, dass die
bisherigen Reformvorhaben Anlass zu Skepsis böten. Allerdings habe der
Österreich-Konvent bewirkt, dass die Verfassung derzeit stärker im Blickpunkt
der Öffentlichkeit stünde als je zuvor. Damit steige auch die
Erwartungshaltung, die "den Konvent zum Erfolg verdamme". Dieser
Erfolg hänge allerdings davon ab, ob die politischen Kräfte Fähigkeit zum
Konsens zeigten.
Dr. Johannes Schnizer berichtete in seinem Statement über die
Arbeit der Ausschüsse 5, 6 und 10. Für ihn stellte sich die Frage, ob der
vielfältige Dissens zu einem Scheitern des Konvents führe. Allerdings glaube er
dies nicht. Als Anregung meinte er, dass man die Verfassung als Ganzes
betrachten solle, da dann auch leichter Konsens möglich sei. Er plädierte für
größere Reformansätze und weniger Detailverliebtheit.
Der Wiener
Magistratsdirektor Dr. Ernst Theimer beleuchtete den Österreich-Konvent
aus der Sicht der Länder. Er meinte, dass man aufgrund der hochrangigen
Besetzung des Konvents gezwungen sei, zu Ergebnissen zu kommen.
Mag. Ulrike Schebach-Huemer legte die Position des Österreichischen
Städtebunds im Österreich-Konvent dar.
In der
Zusammenfassung am 28. Mai betonte der Grazer Bürgermeister Mag. Siegfried
Nagl, dass man die Verfassung abschlanken und modernisieren müsse, um sie
kostengünstiger und transparenter zu machen. Ab Herbst beginne die harte Runde
der Verhandlungen im Konvent. Danach wiederholte er nochmals die Forderungen
des Städtebundes an den Konvent.
Bei der
Zusammenfassung der Ergebnisse zur Finanzverfassung wiederholte der Salzburger
Bürgermeister Dr. Heinz Schaden die Forderungen des Städtebundes an den
Ausschuss 10 des Österreich-Konvents:
· ein dreigliedriger Finanzausgleich
· Parität der Gebietskörperschaften
· das FAG-Paktum als verfassungsunmittelbare Rechtsquelle
· Stärkung der Gemeindefinanzen
· Abschaffung der Landesumlagen
Haupttenor der
gesamten Veranstaltung war, dass die Gemeinden bereit wären, als
"Bürgerbehörde" weitere Aufgaben zu übernehmen, damit die
Bürger/innen von der Stelle betreut werden, die ihnen am nächsten liegt. Dafür
wären aber höhere Geldmittel erforderlich.
Mag. Irene Spreitzer
Juni 2004