Veranstaltungsbericht
Am Donnerstag, dem 22. April 2004, fand in der AK Wien eine
Veranstaltung unter dem Titel "Öffentliche Dienstleistungen – in guter
Verfassung" statt. Einleitender Redner war Bruno Rossmann, der im
Österreich-Konvent bereits einige Male das Konventsmitglied Fritz Verzetnitsch
vertreten hat. In seinem volkswirtschaftlichen Grundsatzreferat zum Thema
"Öffentliche Dienstleistungen zwischen Staat und Markt – eine ökonomische
Analyse" wies er unter anderem auf die Notwendigkeit hin, eine
Aufgabenkritik des Staates durchzuführen. Diese sei im Österreich-Konvent nicht
einmal in Ansätzen verwirklicht.
Grundtenor des ersten Panels war die Forderung, dass beim Staat Aufgaben
der Daseinsvorsorge (Leistungen im allgemeinen Interesse) verbleiben sollen.
Die Zukunftsstrategie solle in Richtung "good governance" und
"public management" gehen. Einzig Günter Voith sprach sich für eine
stärkere Privatisierung der Leistungen im allgemeinen Interesse aus und vertrat
auch die Meinung, dass zum Beispiel die Wasserversorgung nicht unbedingt eine
öffentliche Aufgabe zu sein hat. Dabei bezog er sich vor allem auf das
britische Modell und meinte, dass es in Österreich möglich wäre, nicht nur das
Know-how für die Wasseraufbereitung, sondern auch Wasser zu exportieren.
Mitdiskutanten und Publikum konnten seine Auffassung nicht unbedingt teilen.
Im zweiten Panel lautete das Thema "Verfassungsrechtliche
Verankerung öffentlicher Dienstleistungen – Perspektiven für den
Österreich-Konvent". Hier diskutierten Christoph Parak vom Verband der
öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft, Martin Pospischill von der Stadt
Wien, Karin Lukas vom Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte / Feminist
Attac und Bernd-Christian Funk, der Vorsitzende des Ausschusses 4 (Grundrechte)
im Österreich-Konvent.
Von den Diskutanten nahm nur Bernd-Christian Funk explizit auf den
Konvent Bezug. Er bezeichnete den Konvent als "kommunikative Störung
zwischen zwei Systemen" (= politisches und rechtliches System). Damit
meinte er, dass der Politik die Aufgabe zukäme, Vorgaben für die Diskussion zu
machen. Derzeit würden vor allem die Politiker von den Juristen Vorschläge
einfordern, aus denen sie ihre Prioritäten auswählen könnten. Dies sei aber der
falsche Weg, weil er nicht zu Erfolg führen könne.
Inhaltlich sprach Bernd-Christian Funk in seinem Vortrag vor allem über
die Ergebnisse des Ausschusses 1 im Allgemeinen und über den Bereich der Daseinsvorsorge
und bemängelte, dass der Vorsitzende des Ausschusses 1 die Strategie der
"beteiligten Abstinenz" gewählt habe und trotz mangelnden Konsens
darüber, ob Staatsziele in die Verfassung aufzunehmen wären, über
"fiktive" Staatsziele diskutiert hätte. Dies brachte er dem Publikum
als belustigendes Bonmot und nicht als sachliche Auseinandersetzung vor.
Bernd-Christian Funk bezeichnete den Konvent als Gremium, in dem 70
Personen oberflächlich ohne tief greifende Ergebnisse diskutierten. Über seinen
eigenen Ausschuss (Grundrechte) meinte er vor allem, dass dem Ausschuss viel zu
wenig Zeit zur Verfügung stünde, um einen vernünftigen Grundrechtskatalog
auszuarbeiten. Ein konkretes Ausschussergebnis stellte er nicht vor.
Renate Casetti, die Betreuerin von Ausschuss 1 (Staatsziele und
Staatsaufgaben) nahm zu den Aussagen Stellung und betonte, dass im Ausschuss 1
viele Interessensgruppen – so auch die Sozialpartner – vertreten seien, die
ihre Positionen in die Diskussion einbringen. Als im Ausschuss 1 absehbar war,
dass kein grundsätzlicher Konsens zur Aufnahme von Staatszielen zu erreichen
war, wählte der Vorsitzende die Strategie, "Kandidaten" für
Staatsziele zu diskutieren, um dem Präsidium Entscheidungsgrundlagen vorlegen
zu können. Gerade zum Thema "Daseinsvorsorge" wurde sehr lange und
ausführlich im Ausschuss 1 diskutiert.
Die anderen Diskussionsteilnehmer sprachen vor allem über den EU-Konvent
und konnten zu Bernd-Christian Funks Ausführungen nicht Stellung nehmen. Einig
war man sich, dass der Staat Aufgaben der Daseinsvorsorge zu erfüllen habe.
Im Anschluss fand eine Podiumsdiskussion statt, bei der, moderiert von
Gertraud Knoll, allgemein über Daseinsvorsorge gesprochen wurde.
Wien, am 26. April 2004 Mag.
Irene Spreitzer