Umfassende innere
und äußere Sicherheitsvorsorge
Das Präsidium hat in der 28. Sitzung am 24. August 2004 beschlossen, sich aus dem Bereich „Bundesheer“ den Punkt Umfassende Landesverteidigung selbst zur weiteren Beratung vorzubehalten.
In der vorliegenden Beratungsgrundlage werden die bisherigen Ergebnisse des mit diesem Thema befassten Ausschusses 1 dargestellt.
Im Bericht
des Ausschusses 1 (Seite 11) ist festgehalten, dass die Mitglieder
einhellig der Ansicht sind, dass der - nachstehend wiedergegebene - Art. 9a Abs. 1 und 2 B‑VG obsolet
seien. Allerdings gibt es dazu abweichende Stellungnahmen, die dahingehend
lauten, dass die Staatsaufgabe der „umfassenden Landesverteidigung“ nicht bloß
gestrichen, sondern im Zusammenhang mit der Staatsaufgabe der „inneren und
äußeren Sicherheit“ und dem Thema der Neutralität weiterentwickelt werden soll
(Seiten 57 und 58).
„Artikel 9a. (1) Österreich bekennt sich zur umfassenden Landesverteidigung. Ihre Aufgabe ist es, die Unabhängigkeit nach außen sowie die Unverletzlichkeit und Einheit des Bundesgebietes zu bewahren, insbesondere zur Aufrechterhaltung und Verteidigung der immerwährenden Neutralität. Hiebei sind auch die verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihre Handlungsfähigkeit sowie die demokratischen Freiheiten der Einwohner vor gewaltsamen Angriffen von außen zu schützen und zu verteidigen.
(2) Zur umfassenden Landesverteidigung gehören die militärische, die geistige, die zivile und die wirtschaftliche Landesverteidigung.“
Zum
vorgeschlagenen Staatsziel der „Vorsorge für die innere und äußere Sicherheit“
hat der Ausschuss 1 in seinem Bericht (Seite 22) festgehalten, dass dieser
Begriff zu weit sei und die Wirkungen eines derartigen Staatszieles daher nicht
präzisiert werden könnten. Unbestrittener Maßen sei die Vorsorge für die innere und äußere Sicherheit eine aktuelle
Staatsaufgabe, die auch ihren Niederschlag im Verfassungstext gefunden hat
(Art. 10 Abs. 1 Z 7 und 15 B‑VG, Art. 5 EMRK, Art. I
BVG Persönliche Freiheit). Eine darüber hinausgehende Verankerung der
Sicherheit als Staatsziel sei nicht erforderlich.
Im Zuge der Beratungen
über das Ergänzungsmandat hat sich der Ausschuss 1 in der 14. Sitzung
am 18. Juni 2004 erneut mit dem Thema „umfassende Landesverteidigung“
befasst. Dabei wurden mehrere Textvorschläge für eine Neufassung des
Art. 9a Abs. 1 und 2 B‑VG vorgelegt:
VARIANTE
BM Mag. Haupt
„Artikel XX. (1) Österreich stellt nach dem Prinzip der umfassenden Sicherheitsvorsorge den Schutz seiner Bürger, der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit vor inneren und äußeren Bedrohungen sowie gewaltsamen Angriffen sicher. Darüber hinaus, sind die Unabhängigkeit Österreichs, die demokratischen Freiheiten der Einwohner und die staatliche Souveränität zu bewahren.
(2) Zur Beratung der Bundesregierung in allen grundsätzlichen Angelegenheiten der Außen-, Sicherheits-, und Verteidigungspolitik wird ein Nationaler Sicherheitsrat eingerichtet. Nähere Bestimmungen, insbesondere über Maßnahmen zur Verwirklichung der umfassenden Sicherheitsvorsorge, regeln die Gesetze.“
VARIANTE
IV, Dr. Voith
„Artikel X. Das Bundesheer hat die Sicherheit, Unabhängigkeit, Struktur und Einheit Österreichs gegen Angriffe von außen oder schwere Bedrohungen der inneren Sicherheit zu schützen und in nichtmilitärischen Not- und Katastrophenfällen die zivilen Behörden zu unterstützen. Internationale Verpflichtungen können zu Auslandseinsätzen führen.“
Dieser Textvorschlag ist unter dem Vorbehalt zu sehen, dass eine ausdrückliche Festlegung eines eigenen Staatsziels der Landesverteidigung nicht als unbedingt nötig erachtet wird.
VARIANTE
BMLV, Satzinger
„Artikel 9a. (1) Österreich bekennt sich zu einer umfassenden Sicherheitsvorsorge. Diese wird durch eine umfassende Sicherheitspolitik verwirklicht. Sie hat die Aufgabe, im Einklang mit (alternativ: „unter Bedachtnahme auf“) den Aufgaben und Zielen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik die Unabhängigkeit Österreichs nach außen sowie seine staatliche Souveränität zu bewahren. Hiebei sind auch die verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihre Handlungsfähigkeit sowie die demokratischen Freiheiten der Einwohner vor gewaltsamen Angriffen von außen zu schützen.
(2) Zur umfassenden Sicherheitspolitik gehört die Außenpolitik, die Verteidigungspolitik sowie die Politik der inneren Sicherheit. Sie wird unterstützt durch die Wirtschafts-, Landwirtschafts-, Verkehrs-, Infrastruktur- und Finanzpolitik sowie die Bildungs- und Informationspolitik.“
Diese
Variante soll - den Erläuterungen zu Folge - zu einer Anpassung des Art. 9a
Abs. 1 und 2 B‑VG an die in der Sicherheits- und Verteidigungsdoktrin im
Zusammenhang mit dem Bericht der Bundesheerreformkommission enthaltenen
Empfehlungen zur Gestaltung der Sicherheits- und Verteidigungspolitik führen.
Über die Textvorschläge konnte in der genannten
Sitzung des Ausschusses 1 kein Konsens erzielt werden. Da die Einbeziehung
der EU-Ebene als unbedingt erforderlich erachtet wurde, hat sich der Ausschuss
darauf geeinigt, die Beratungen nach Vorlage des konsolidierten Textes der
EU-Verfassung fortzusetzen.
Das Präsidium hat in der 28. Sitzung am 24. August 2004 beschlossen, sich aus dem Bereich „Bundesheer“ den Punkt Mitwirkung an der GASP selbst zur weiteren Beratung vorzubehalten.
In der vorliegenden Beratungsgrundlage werden die bisherigen Ergebnisse des mit diesem Thema befassten Ausschusses 1 dargestellt.
Im
Ausschuss 1 (Bericht, Seite 12) bestand über eine allfällige Änderung des
Art. 23f B‑VG ebenso wenig Konsens wie über einen dazu vorgelegten - nachstehend wiedergegebenen - Textvorschlag:
„Artikel 23f. (1) ... Dies schließt die Mitwirkung an Aufgaben gemäß Art. 17 Abs. 2 dieses Vertrages sowie an Maßnahmen ein, mit denen die Wirtschaftsbeziehungen zu einem oder mehreren dritten Ländern ausgesetzt, eingeschränkt oder vollständig eingestellt werden, soweit diese Maßnahmen in Erfüllung eines Mandates der Vereinten Nationen erfolgen. ...
(2) ...
(3) An Beschlüssen betreffend friedenserhaltende Aufgaben sowie Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung einschließlich friedensschaffender Maßnahmen kann Österreich mitwirken, soweit derartige Beschlüsse in Erfüllung eines Mandates der Vereinten Nationen gefasst werden.
(4) ... “
Nähere
Erläuterungen zu diesem Textvorschlag finden sich im Bericht des
Ausschusses 1 (Seite 42 f).
Einige
Ausschussmitglieder treten für die Beibehaltung der geltenden Bestimmungen ein;
nähere Erläuterungen dazu finden sich im Bericht des Ausschusses 1 (Seite
43 ff).