An den
Österreich-Konvent
Herrn
Präsident
Dr. Franz
Fiedler
Parlament
1010 Wien
Wien,
am 14. Dezember 2004
Sehr
geehrter Herr Präsident!
Die Reform der österreichischen Bundesverfassung
eingeleitet und durch den Österreich-Konvent vorangetrieben zu haben, ist eine
verdienstvolle politische Tat.
Mit ihrer gemeinsamen Stellungnahme beim
Konvents-Hearing am 21. November 2003 haben es die in Österreich gesetzlich
anerkannten Kirchen unternommen, sich in die Überlegungen zur Reform der
österreichischen Bundesverfassung einzubringen.
Im Sinn des Auftrags an das Volk Gottes, den
Glauben zu bezeugen und deshalb an der Gestaltung der Gesellschaft mitzuwirken,
unterstützen die Kirchen die Tätigkeit des Konvents.
Dies geschieht durch eine „ökumenische
Expertengruppe“ und insbesondere durch die Arbeit der Konventualin, Professor
Christine Gleixner, Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in
Österreich. Die Diskussionsbeiträge und Vorschläge der Kirchen betreffen die
Grundwerte einer neuen Verfassung, die Grundrechte, insbesondere die religiösen
und sozialen Grundrechte, Staatsziele und –aufgaben, Schule und Bildung.
Die Kirchen sprechen ihre eigenen Belange an,
versuchen aber ebenso für jene zu sprechen, die keine Stimme haben oder deren
Stimme in der Politik nicht ausreichend gehört wird. In ihrer Verantwortung für
das Wohl und das Heil der Menschen fördern sie die Reform der Verfassung im
Allgemeinen. Dabei arbeiten sie mit allen zusammen, die ein Gelingen der Reform
wünschen.
Es ist jetzt bereits mehr Konsens als Dissens
über viele Teile einer neuen Bundesverfassung sichtbar. Zum Abschluss der
Konventsarbeiten ist dankbar festzustellen, dass christliche Inhalte in den
Konventstexten erkennbar sind, vor allem im Bereich der Grundrechte,
einschließlich der sozialen Grundrechte. Obwohl noch manche Punkte offen sind,
eröffnet die parlamentarische Behandlung der Konventsergebnisse die
Möglichkeit, sie aufzugreifen.
Die Kirchen appellieren auch weiterhin an die
Verantwortung der Politikerinnen und Politiker. Da der Mensch im Mittelpunkt
der Bemühungen um eine neue Bundesverfassung steht, ist parteipolitisches
Taktieren jedenfalls dann nicht am Platz, wenn die Rechte der Menschen,
Bürgerinnen und Bürger neu gefasst, ausgebaut und gesichert werden sollen.
So wie schon bisher im Konvent zwischen den Standpunkten vermittelt werden
konnte, auch durch die Anregungen der Kirchen, wird es wohl auch im Nationalrat
gelingen, zukunftsweisende Lösungen zu finden. Dadurch und durch die
Wahrnehmung der staatspolitischen Verantwortung aller politischen Parteien in den
gesetzgebenden Körperschaften soll die Chance, jetzt eine neue, unserer Zeit
entsprechende Bundesverfassung zu formulieren und zu beschließen, genützt
werden.
Die gesetzlich anerkannten Kirchen erklären
ihre Bereitschaft, die begonnenen, transparenten Beratungsvorgänge mit der
Politik fortzusetzen - ähnlich ihrer Mitwirkung im Konvent. Sie werden auch den
parlamentarischen Prozess für eine neue Bundesverfassung begleiten und gemäß
ihrem Auftrag das Wort ergreifen, ob „gelegen oder ungelegen“ (Timotheus I, 4).
Die Kirchen, zu denen rund 80% der österreichischen Bevölkerung zählen, werden
durch Informationen zur Urteilsbildung in der Zivilgesellschaft beitragen.
Die
Verantwortlichen der gesetzlich anerkannten christlichen Kirchen:
Michael Staikos Christoph Kard. Schönborn OP
Herwig Sturm
Metropolit von Austria Vorsitzender der Österr.
Bischof, Evangelische Kirche A.B.
Bischofskonferenz
Bernhard Heitz
Mesrob Krikorian
Wolfram Neumann
Bischof
Erzbischof
Landessuperintendent H.B.
Emanuel Aydin Lothar Pöll Anba Gabriel
Chorepiskopos
Superintendent
Bischof