Stellungnahme des Bundes der Österreichischen Trachten- und
Heimatverbände in der Anhörung vor dem Österreichischen Konvent in der Sitzung
am 26. 1. 2004.
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Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr
geehrte Mitglieder des Österreich-Konvents!
Zunächst darf ich namens des Bundes
der Österreichischen Trachten- und Heimatverbände herzlich dafür danken, dass
uns als nichtstaatlicher Organisation die Möglichkeit gegeben wird, Vorschläge
zur österreichischen Verfassungszukunft zu unterbreiten. Wenn auch diese
Stellungnahme als stellvertretend für den Kulturbereich und hier insbesondere
für die Volkskultur gilt – und alleine in diesem Bereich sind rund 700.000
Menschen in ganz Österreich aktiv tätig, wovon aus unserer Organisation 123.000
Mitglieder wirken –, so könnte sie generell für die Bereiche Kulturarbeit,
Sozialarbeit und Bildungsarbeit aufgefasst werden. Speziell in diesen Bereichen
sind sehr viele Menschen freiwillig und ehrenamtlich tätig. Wir halten diese
Tätigkeit als unentbehrliche Voraussetzung für eine funktionierende
Bürgergesellschaft bzw. Zivilgesellschaft, in der hoheitlich verordnete
Vorgaben durch von den Staatsbürgern gewolltes Engagement ersetzt werden.
Gerade unsere bodenständige Kultur, die sich unter anderem mit der
Brauchtumspflege im Jahreskreis befasst, ist ein wesentlicher Teil und
Untergrund der sogenannten Hochkultur und trägt zur Erhaltung der Identität des
Volkes bei.
Unser Wunsch an eine künftige
Verfassung lautet daher: Institutionalisierung bzw. verfassungsrechtliche
Verankerung einer solchen Zivilgesellschaft und ihrer Akteure, und zwar
einerseits programmatisch, d.h. also durch ein allgemeines Bekenntnis dazu,
dass die in den Institutionen und Verbänden dieser Zivilgesellschaft zusammengeschlossenen
Menschen wesentliche Träger des Gemeinwesens und damit – in dieser speziellen
Eigenschaft – Rechteinhaber, Verantwortungsträger und als solche anerkannte
Repräsentanten sind, und anderseits durch einen Auftrag an den einfachen
Gesetzgeber, die nichtstaatlichen Organisationen im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung
der Körperschaften rechtlich zu positionieren, also Normen für die Einbindung
der nichtstaatlichen Organisationen in jene Aufgaben, die in den Bereich gemäß
Art. 17 B-VG fallen, zu erlassen, und zwar nach folgenden allgemeinen Gesichtspunkten:
Subsidiaritätsprinzip, Transparenz, Nachvollziehbarkeit von Entscheidungsprozessen,
synergetische Koordination, Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit.
Das Spannungsfeld von ausufernder
Verrechtlichung aller Lebensbereiche auf der einen Seite und von
Mindeststandards, die den Einrichtungen einer Zivilgesellschaft Akzeptanz,
Orientierung und Schutz geben sollen, auf der anderen Seite, liegt auf der Hand
und ist uns bewusst. Die Forderung nach rechtlicher Positionierung
zivilgesellschaftlicher Institutionen möchte jedoch Mindeststandards umgesetzt
wissen. Angesichts der Menge an unentgeltlichen Ressourcen, die hier generiert,
umgesetzt und verwaltet werden, erscheint allerdings eine längerfristige
Orientierung und Sicherung unabdingbar. Gemäß einem diesem Umstand Rechnung
tragenden verfassungsrechtlichen Grundsatz wären von den jeweils zuständigen
Körperschaften entsprechende Selbstbindungsnormen zu verabschieden, die dann
ganz speziell auf das jeweilige Aufgabengebiet einzugehen hätten. Auch auf
dieser Ebene der Normenbildung durch den einfachen Gesetzgeber wäre eine Einbindung
und Mitwirkung der jeweils angesprochenen Einrichtungen einer Zivilgesellschaft
vorzusehen. Gerade hier kommt es auf das oft sehr ausdifferenzierte
Spezialwissen von nichtstaatlichen Organisationen bzw. deren Mitgliedern an.
Angesichts der enormen Bedeutung,
die die nichtstaatlichen Organisationen als wesentliche Träger der
Zivilgesellschaft in den letzten Jahrzehnten gewonnen haben, wäre es
wünschenswert, auch im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung der
Körperschaften klarere Kompetenzzuteilungen vorzunehmen. In unserem eigenen
Bereich, also in der Volkskultur und Kulturvermittlung, kennen wir sowohl das
Argument bzw. die Behauptung von Unzuständigkeit, als auch das Wahrnehmen von
Zuständigkeit in ein und derselben Materie durch verschiedene Körperschaften,
insbesondere von Bund und Ländern. Dies mag zwar Chancen für Profis im
Förderdschungel bieten, erscheint aber angesichts der vorherigen Ausführungen
über Wertigkeit und Selbstverständnis einer reifen Zivilgesellschaft als doch
sehr fragwürdig. Insofern wären für die Sicherung von Aufgaben der Träger der
Zivilgesellschaft besondere Prinzipien zu formulieren, die diese nicht als
bloße Empfänger für Almosen verstehen, sondern als unverzichtbare Dienstleister
für die Gesellschaft auch rechtlich positioniert, gekennzeichnet durch eine
partnerschaftliche Beziehung zu den Staatsorganen.