„Verfassungsreform“
Vorschläge der Österreichischen Schülerunion
an den Österreich-Konvent
Vorwort
Die Schülerunion vertritt
als eigenständiger Verein bereits seit 30 Jahren die Interessen der
Schülerinnen und Schüler in Österreich. Wir fördern die Vernetzung und
Kommunikation zwischen Schülervertretern und versuchen Jugendliche verstärkt in
den Entscheidungsprozess zur Schulverbesserung einzubinden – wir möchten ihnen
eine starke Stimme verschaffen. Daher sehen wir es auch als unsere Aufgabe auf
Mängel im Schulsystem hinzuweisen und Vorschläge zu deren Verbesserung zu
machen.
Als größte Schülerorganisation
in Österreich möchten wir im Rahmen der Debatte um die Verfassungsreform vor
allem auf den wichtigen Stellenwert hinweisen, den Bildung innerhalb des
Staats- und Gesellschaftsgefüges einnehmen muss. Bildung fördert den Menschen,
persönlich wie auch beruflich, Bildung fördert aber auch die Gemeinschaft und
den Staat. Durch ein umfassendes Bildungsprogramm ermöglicht man den
Bürgerinnen und Bürgern einen hohen Lebensstandard und sozialen Frieden.
1. Zur Präambel
Der Gesetzestext der
Bundesverfassung an sich ist sehr lang und für den einfachen Bürger schwer
verständlich. Die Verfassung wird für die Bürgerinnen und Bürger geschrieben.
Es sollte eine leicht verständliche und ansprechend formulierte Präambel
vorangestellt werden, in der die wichtigsten Staatsziele und die Leitlinine
bzw. die Grundphilosophie hervor gehoben werden. Ein solcher Text ließe sich
auch gut in politischer Bildung behandeln, so dass auf dessen Basis die
wichtigsten Punkte der Verfassung besprochen werden können. Aufgrund des hohen
Stellenwertes von Bildung sollte auf diese auch in der Präambel verstärkt
hingewiesen werden.
1. Grundrechte
Natürlich muss weiterhin das umfassende
Grundrecht auf Bildung für jeden Staatsbürger aufrecht erhalten bleiben. Jedoch
soll zusätzlich festgehalten werden, dass der Staat die Vorraussetzungen zu
schaffen hat, dass jeder auf Basis seiner individuellen Möglichkeiten und
Anlagen, seiner Leistungsfähigkeit und –bereitschaft eine berufliche
Erstausbildung durchlaufen oder die Universität besuchen kann. Der Staat muss
sicher stellen, dass Leistungshemmnisse aller Art – individuelle (zum Beispiel
Legasthenie) wie auch soziale (das Einkommen etwa) – in diesem Bereich
ausgeglichen werden. Ziel muss es sein, für jeden Bürger die Voraussetzung zu
schaffen, dass dieser sein individuelles Leistungspotenzial ausschöpfen und
immerfort selbstständige erweitern kann.
2. 2/3 Materie im Schulrecht
Momentan wird – vor allem auf Grund der Ergebnisse der
Zukunftskommission – verstärkt über eine mögliche Reformierung oder
Teilreformierung des Schulsystems nach gedacht. Die Kommission hat es sich zum
Ziel gemacht, Bildungsindikatioren, also Faktoren mit Einfluss auf das
Bildungssystem, ausfinding zu machen und deren Wirkung auf die
Schulorganisation zu beurteilen. Dies soll im Rahmen eines Nationalen
Bildungsinformationssystems geschehen. Über dieses System soll eine
ganzheitliche Betrachtung des Systems erleichtert werden.
Um die Reformvorschläge, basierend auf eben
diesen Inidkatoren, der Zukunftskommission umsetzen zu können, ist ein
reaktionsfähiges und flexibles Bildungssystem unbedingt notwendig. Ein
Nationales Bildungsinformationssystem mit Erhebung der wichtigsten
Bildungsindikatoren kann nur erfolgreich sein, wenn entscheidende Reformen
zügig durchgeführt werden und nicht der Kompromisssuche im Rahmen der
politischen Entscheidungsfindung unterliegen. Daher schlagen wir vor, Gesetze
zur Schulorganisation (SchOG, Teile des SchUG) von der momentan notwendigen
2/3-Mehrheit zu entbinden.
Im Beispiel der Verhaltensvereinbarungen
hat sich durch die 2/3 Mehrheit ein massiver Nachteil für uns Schülerinnen und
Schüler ergeben. Hätte diese Bestimmung auch mit einfacher Mehrheit
verabschiedet werden können, wären wir Schülerinnen und Schüler nun um einiges
besser gestellt und könnten nicht im Rahmen der Schulautonomie an den Schulen
einfach überstimmt werden.
3. Schulpartnerschaft NEU
Schulpartnerschaft als Teil der gelebten Bürgergesellschaft
Im Laufe der Zeit hat sich auch
herausgestellt, dass die Landesschulrats (LSR) -Kollegien zu einem hoch
politischen Gremium geworden sind, die immer wieder das eigentliche Ziel, die
Sicherung der schulischen Bildung in Österreich, hintan stellen. In den
vergangenen 40 Jahren ist darüber hinaus durch die Landesgesetzgebung ein
unerträglicher Wildwuchs entstanden (z.T. überdimensionale LSR-Kollegien,
rückschrittliche Mitwirkungsmöglichkeiten von Schülervertretern,...) Nach dem
Vorbild der Schulgemeinschaftsausschüsse soll auf Landesebene ein ähnliches,
entpolitisiertes Gremium an die Stelle der LSR-Kollegien gesetzt werden: der
Landes-Schulgemeinschaftsausschuss (LSGA)
Mit dem LSGA soll das regionale
Bildungsmanagement um die Vorteile der Schulpartnerschaft erweitert werden.
Ist-
Zustand
o
Wie
bereits im Vorwort erwähnt, obliegt es jedem Bundesland eine eigene Regelung
der Zusammensetzung des umstrittenen LSR-Kollegiums, unter Befolgung der
bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen zu treffen.
(Den so entstandenen
Wildwuchs versinnbildlicht die Beilage 1)
o
Im
Allgemeinen kann man sagen, dass sich die momentanen Kompetenzen der
LSR-Kollegien auf Stellungnahmen zu Gesetzes- und Verordnungsentwürfen, auf
Personalvorschläge bzw. auf Bestätigung von autonomen Schulversuchen
beschränken. Entscheidende bildungs- und regionalpolitische Kompetenzen liegen
aber außerhalb der Zuständigkeit der Kollegien
Probleme des Ist-Zustandes
o
LSR-Kollegien
sind überdimensionale Debattierklubs: Es ist unerhört, dass zur einfach
Beschlussfassung über einen Schulversuch bis zu 51 stimmberechtigte und 62
beratende Mitglieder des Kollegium zusammenkommen müssen, wie es beispielsweise
in Wien der Fall ist. Aber selbst bei einer Zahl von 40 Mitglieder kann von konstruktiven Diskussion gar nicht die
Rede sein. (Vorarlberg hat es hier als einziges Bundesland geschafft, dieses
Gremium mit maximal 26 Mitgliedern klein und somit effizient zu halten)
o
In
keinem Bundesland verfügen Vertreter der „Hauptdarsteller“ der Schule,
die Schüler, über ein Stimmrecht.
Mancherorts verfügen sie zwar über 3 Sitze mit Sitze mit beratender
Stimme, in Tirol (kein Schülervertreter im LSR-Kollegium), Vorarlberg und
Salzburg (jeweils 1 Schülervertreter/ LSR-Kollegium) gibt es für Schüler so gut
wie kein Mitspracherecht.
o
In
den entsprechenden Landesgesetzen ist zwar immer wieder von Eltern- und
Lehrervertretern die Rede, dieser Umstand täuscht aber, weil sie in jedem Fall
parteipolitisch sind und nur den verlängerten Arm der im jeweiligen Landtag
vertretenen Parteien darstellen.
o
Schulpolitische
Entscheidungen auf Landesebene sollen in Zukunft von drei Lehrer-, drei Eltern
und drei Schülervertretern unter Moderation des Landesschulratspräsidenten
getroffen werden.
o
Die
Kompetenzen der LSR-Kollegien werden zeitgemäß neu definiert bzw. im Vergleich
zum Ist-Zustand im Sinne des Subsidiaritätsprinzipes ausgebaut
o
Das
Plenum umfasst dann nurmehr 17 Mitglieder mit beschließender Stimme, etwa 10
Mitglieder mit beratender Stimme
o
Die
Arbeitsgruppen des LSGA umfassen so 7 Mitglieder mit beschließender Stimme,
beliebig viele Mitglieder mit beratender Stimme
o
Durch
die Verkleinerung und Entpolitisierung des LSGA entsteht ein schlagkräftiges,
dynamisches, unbürokratischeres Gremium, das dem allgemeinen Wunsch
der Bevölkerung, die Schaffung einen schlanken Verwaltungssystems, entspricht
o
Steigerung
der Effizienz durch Beseitigung von Doppelgleisigkeiten (Abschaffung der
mittelbaren Bundesverwaltung)
o
Ein
stärker regionaler Ansprechpartner für Schüler, Lehrer und Eltern
o
Stärkung
der Partizipation der Schulpartner als aktive Ausprägung der Bürgergesellschaft
o
finanzielle
Vorteile (weniger Spesenzahlungen an die LSGA-Mitglieder)
4. Gesamtevalutation
Durch die Schulautonomie gewinnt die
Qualitätssicherung und –entwicklung stark an Bedeutung. Es bedarf daher einer
neuen Definition der Schulaufsicht und andererseits muss die Durchlässigkeit
des Bildungssystems und –angebotes gesichert werden.
Feedbackkultur, wohl die wichtigste
Teilfacette von Gesamtevaluation der Qualitätsentwicklung, sollte unserer
Ansicht nach schon in der Volksschule geschaffen werden. Die Kinder sollten
dort lernen, ihren Klassenkameraden Feedback zu geben. Für alle weiterführenden
Schulen – AHS, BMHS und BS, fordern wir nicht nur Feedback, sondern eine
verpflichtende Gesamtevaluation. Schülerinnen und Schüler sollen Lehrern,
Eltern der Schule, Lehrerinnen und Lehrer dem Direktor und der Direktor
schließlich dem Landesschulrat Feedback geben. Dies alles geschieht
verpflichtend.
Es ist unbedingt notwendig, dass den
Betroffenen, bei schlechtem Feedback, früher oder später Konsequenzen drohen.
(wie beispielsweise ein klärendes Gespräch mit dem Direktor oder die Teilnahme
an einer Fortbildungsveranstaltung)
Vielen Lehrerinnen und Lehrern ist es noch
unangenehm, von Schülern „beurteilt“ zu werden. Manche glauben beispielsweise,
dass Schülerinnen und Schüler, die sie nicht mögen, eine negative Stimme
abgeben werden. Diese und ähnliche Vorurteile sollen während einer
Übergangsphase abgebaut werden. Man muss auch den Lehrerinnen und Lehrern die
Möglichkeit geben, sich an die neue Sache (Feedback) zu gewöhnen. Wird es
nämlich auch von ihnen unterstützt, kann es erst Erfolg.
Vorteile: Feedback wird zu einem fixen und
von jedem akzeptierten Bestandteil des Schullebens. Es wird zu einem
wesentlichen Faktor für die Qualitätsverbesserung, da in allen Bereichen
(Lehrer, Direktor und Landesschulrat) evaluiert wird.
Weitere Facetten der Gesamtevaluierung sind
regelmäßige Qualitätsberichte der Direktoren an die übergeordnete Behörde und
die Entwicklung wie Etablierung von Leistungsstandards.