Ö s t e r r e i c h - K o n v e n t

 

 

 

Kernanliegen des Österreichischen Städtebundes

(ohne den Bereich Finanzverfassung - Ausschuss 10)

 

 

 

1. Regionale Kooperationen zwischen Gemeinden ("Regionalverbände")

 

2. Übertragung weiterer Kompetenzen auf die Gemeinden (Motto: "Die Gemeinden können das besser")

 

3. Verankerung der Sicherung der Daseinsvorsorge u.a. durch die Gemeinden in der Verfassung

 

4. Erweiterung der Rechtssetzungsbefugnisse der Gemeinden

 

5. Initiativrechte der Gemeinden im Gesetzgebungsverfahren

 

6. Änderung des kommunalen Wahlrechts

 

 


Ad 1)  Regionale Kooperationen:

 

 

Der Österreichische Städtebund fordert neue institutionelle regionale Kooperationen zwischen Gemeinden, insbesondere auch zur Lösung der Probleme zwischen Städten und Umlandgemeinden (Schlagwort: "Regionalverbände").

 

Ausgangsüberlegung für diese Forderung ist u.a. die unter Punkt 2) angesprochene Übertragung von weiteren Kompetenzen auf Städte und Gemeinden. Die Realisierung erfordert, im Hinblick auf die unterschiedliche Leistungskraft der Gemeinden die Instrumente der interkommunalen Zusammenarbeit neu zu gestalten und neue Modelle zu entwickeln.

 

Die Bestimmungen des Art. 116a B-VG über den Zusammenschluss von Gemeinden zu Gemeindeverbänden durch Vereinbarung erweisen sich in der Praxis oftmals als zu wenig flexibel. Dies hat seinen Grund insbesondere darin, dass Gemeindeverbände nur zur Besorgung einzelner Aufgaben des eigenen Wirkungsbereiches gegründet werden dürfen. Ein weiterer Mangel ist darin gelegen, dass Gemeindeverbände der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedürfen und im Hinblick auf die Zuständigkeit der Landesgesetzgebung zur Regelung der Organisation der Gemeindeverbände nicht Bezirks- oder Landesgrenzen überschreitend geschaffen werden können.

 

Regionalverbände sollten daher von der Verfassung derart organisiert werden, dass sich Gemeinden, auch bezirks- und landesübergreifend, zur Besorgung einzelner oder mehrerer sachlich zusammenhängender Angelegenheiten zusammenschließen können.

 

Damit würde die Möglichkeit geschaffen, dass Städte und Gemeinden Aufgaben in einem regionalen Verbund wahrnehmen und dadurch wirtschaftliche Synergieeffekte erzielen können. Diese hätten positive Auswirkungen auf die Kostenstruktur zur Folge, wodurch auch Argumenten, die gegen eine Leistungserbringung durch Gemeinden vorgebracht werden, leichter entgegengetreten werden könnte (siehe Forderung zu Punkt 3).

 

Der Österreichische Städtebund ist der Meinung, dass die Bestimmungen über Regionalverbände an die Stelle der Gemeindeverbände treten sollen, wobei die Zuständigkeit zur Gründung von Landesgrenzen überschreitenden Verbänden auf Basis von Art. 15a B-VG – Vereinbarungen ermöglicht werden könnte (siehe Forderung zu Punkt 5).

 

Die Regionalverbände sollten ihre demokratische Legitimation von den Mitgliedsgemeinden her ableiten, weshalb die Schaffung eigener demokratischer Strukturen entbehrlich erscheint. Weiters sollten an der Verwaltung der Regionalverbände ausschließlich die Gemeinden selbst beteiligt sein; eine Mitwirkung von Landesorganen ist auszuschließen.

 

Im Zusammenhang mit diesen Forderungen sollte ferner überlegt werden, Gemeinden einer bestimmten Region (ebenfalls Bezirks- und Landesgrenzen überschreitend) breitere Aufgabenbereiche (wie Bildung, Gesundheit, Umwelt) im Rahmen von Vereinbarungen zur gemeinsamen Besorgung anzuvertrauen, ohne dass dadurch neue Gebietskörperschaften geschaffen würden ("Fachregionen"). Damit bräuchte nicht jede Gemeinde für die gesamte Infrastruktur zur Erfüllung dieser Aufgaben (Personal- und Sachaufwand) aufkommen, sondern die Gesamtheit der Gemeinden nach einem deren Leistungskraft entsprechenden Verteilungsschlüssel. Jede Gemeinde behielte in einem solchen Verband ihre rechtliche Eigenständigkeit.

 

Ad 2)  Übertragung weiterer Kompetenzen:

 

 

Der Österreichische Städtebund fordert die Übertragung weiterer Kompetenzen auf Städte und Gemeinden, wobei eine Differenzierung nach der Leistungsfähigkeit der Kommunen vorgenommen werden sollte. Alle österreichischen Gemeinden (unabhängig von ihrer Größe) könnten u.a. das Passwesen, die Ausstellung von Führerscheinen, Jagd- und Fischereikarten, die Anmeldung von bestimmten Veranstaltungen sowie andere personenbezogene Verwaltungsangelegenheiten, die mit der Ausstellung von Dokumenten verbunden sind, in Zukunft erbringen.

 

Voraussetzung hiefür ist eine entsprechende finanzielle Ausstattung der Gemeinden, die im Österreich Konvent in den Beratungen des Ausschusses 10 anzustreben sein wird. Hiebei hat der Grundsatz zu gelten, dass diejenige Gebietskörperschaft, die die Aufgabe erfüllt, auch die dazu erforderlichen Mittel zu erhalten hat. Dies wird an dieser Stelle deshalb ausdrücklich betont, weil diesem Grundsatz in der Vergangenheit, insbesondere seitens des Bundes, kaum entsprochen wurde.

 

Durch die Schaffung von "Regionalverbänden" anstelle der bisherigen Gemeindeverbände und "Fachregionen" (siehe die Forderungen zu Punkt 1) ließen sich allenfalls daraus resultierende Ungleichheiten zwischen finanzstärkeren und –schwächeren Gemeinden wirksam ausgleichen.

 

Darüber hinaus sollte allen Gemeinden ab einer gewissen Einwohnerzahl (etwa ab 10 000) ein Rechtsanspruch auf Verleihung eines eigenen Statuts eingeräumt werden, womit die Übernahme der Aufgaben der Bezirksverwaltungsbehörden verbunden ist. Dies würde einen wesentlichen Beitrag zur weiteren Heranführung der Verwaltung an den Bürger leisten.

Dem von manchen Seiten angestrebten Ausbau der Bezirkshauptmannschaften als "allzuständige Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung" erteilt der Österreichische Städtebund eine klare Absage. Durch die im Vorstehenden skizzierte Übernahme von zusätzlichen Aufgaben durch die Gemeinden und die damit Hand in Hand gehende Flexibilisierung der Zuständigkeiten der Gemeinde kann die Qualität der Verwaltung so gestaltet werden, dass sie dem Bürger unmittelbar an seinem Wohnsitz oder seiner Arbeitsstätte zur Verfügung steht (Schlagwort: "Service Center").

 

Als empirischer Beleg für die Berechtigung dieses Konzeptes kann die IFES-Studie zum Thema "Verwaltung und Verwaltungsreform", die dem Österreich-Konvent bereits übermittelt wurde, aus dem Jahr 2003 dienen, der eine bundesweite repräsentative Bevölkerungsbefragung zugrunde liegt. Darin wird klar festgestellt, dass das Service der Gemeindeverwaltungen deutlich am besten abschneidet. Je weiter die Behörde vom Wohnsitz des Bürgers entfernt agiert umso schlechter wird ihre Leistung eingeschätzt, wobei der Vorzug der Gemeinden gegenüber Bezirkshauptmannschaften, Landesregierungen und Bundesbehörden insbesondere in der Bürgernähe gesehen wird.

 

Selbstverständlich ist die Forderung nach einem solchen "Service Center" Gemeinde nur dann gerechtfertigt, wenn dort jene Qualität der Verwaltung angeboten werden kann, die vom Bürger – wie in der genannten Studie belegt – mit Recht erwartet werden kann, ein Umstand, der natürlich auch von der erforderlichen finanziellen Ausstattung der Gemeinden abhängig ist.

 

Zu diesem Punkt sei abschließend auch auf ein Faktum aufmerksam gemacht, das  die Tätigkeit der Gemeinden aufgrund der geltenden Verfassung in nicht unerheblichem Maße beeinträchtigt. Dabei handelt es sich um Doppelgleisigkeiten und Zuständigkeitszersplitterungen zwischen Gemeinden und anderen Gebietskörperschaften, insbesondere im Bereich des Krankenanstaltenwesens (Gemeindeaufsicht!) und des Schulwesens (Schulbehörden des Bundes!).

 

 

Ad 3)  Sicherung der Daseinsvorsorge:

 

 

Der Österreichische Städtebund fordert eine Definition der Daseinsvorsorge und die Verankerung der Erbringung dieser Leistungen durch die öffentliche Hand, allen voran durch die Gemeinden, die einen wesentlichen Teil der kommunalen Tätigkeit bildet, in der Verfassung.

 

Daseinsvorsorge:

 

Leistungen des Daseinsvorsorge sind jene Dienstleistungen, die im öffentlichen Interesse erbracht werden und mit einer Gemeinwohlverantwortung (Leistungen im allgemeinen Interesse) verbunden sind. Die Daseinsvorsorge umfasst solche Aufgaben, die hinsichtlich ihrer Aufgabenerfüllung anderen Gesetzen als denen des Freien Marktes gehorchen sollten und insbesondere Kriterien wie der Versorgungssicherheit, der sozialen Erschwinglichkeit, der Gesundheit oder der Nachhaltigkeit unterliegen. Bei diesen Leistungen muss aus der Sicht des Österreichischen Städtebundes die Sicherung der Erreichbarkeit und die Verbesserung, nicht aber die Gewinnmaximierung im Vordergrund stehen.

 

Bei der Erbringung von Leistungen der Daseinsvorsorge nehmen die Gebietskörperschaften, allen voran die Städte und Gemeinden, eine zentrale Rolle ein. Die Städte und Gemeinden sind neben der tatsächlichen Erbringung von Leistungen der Daseinsvorsorge auch dafür verantwortlich, dass die notwendige Infrastruktur zur Aufgabenerfüllung vorhanden ist.

 

Der Österreichische Städtebund spricht sich dafür aus, das Recht auf eine optimale Versorgung mit den Leistungen der Daseinsvorsorge (Trinkwasserversorgung, Verkehr, Energie, Gesundheits- und Sozialdienstleistungen), verbunden mit der Erhaltung der notwendigen Infrastruktur, in der Bundesverfassung in Form einer Staatszielbestimmung zu verankern.

Damit soll festgelegt werden, dass die öffentliche Hand zum einen nicht gezwungen werden kann, sich ihrem Eigentum an Infrastruktur entledigen zu müssen und zum anderem, dass sie sich aufgrund von steigenden Privatisierungstendenzen dieser Verantwortung zur Leistungserbringung nicht völlig entziehen kann.

Leistungen der Daseinsvorsorge sind Angelegenheiten, die von den Gebietskörperschaften sowohl privatwirtschaftlich als auch hoheitlich (vgl. Wiener Wasserversorgungsgesetz), jedoch auch in Form der Ausgliederung oder Beleihung von Privaten besorgt werden können. Die zuständige Gebietskörperschaft muss je nach Art der Leistung entscheiden, in welcher Form sie hrer Verantwortung gerecht werden kann. Das Spektrum reicht von einer aktiven Leistungserbringung bis hin zu einer reinen Kontrollbefugnis. Durch die Verankerung der Daseinsvorsorge in der Bundesverfassung soll sichergestellt werden, dass die Leistungen der Daseinsvorsorge nicht völlig unabhängig von staatlicher Einflussnahme durch Private in freier Konkurrenzwirtschaft erbracht werden können.

 

In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse auch im EU-Recht bisher eine breite Erwähnung fanden, etwa Art. 16 EG-Vertrag (Vertrag von Amsterdam), Art. 5 EG-Vertrag (Vertrag von Maastricht), Art. 6 Abs.3 EU-Vertrag (Vertrag von Amsterdam) und auch im EU-Verfassungsentwurf des Europäischen Konvents vom 18. Juli 2003, Zl. CONV 850/03, in Art III-6 und Art II-36 weiterhin Erwähnung finden. Die EU gibt somit zu erkennen, dass sie die Leistungen der Daseinsvorsorge als Grundpfeiler des Europäischen Gesellschaftsmodells betreffend die Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit auf hohem Niveau und die finanzielle Verträglichkeit der genannten Dienstleistungen für die Bürger respektiert und fördert.

Die Verankerung der Daseinsvorsorge in der Österreichischen Bundesverfassung soll dieses Bekenntnis ebenfalls zum Ausdruck birngen.

 

Ein weiterer Hintergrund für die Forderung nach Verankerung der Verantwortlichkeit für die Erbringung der Leistungen von allgemeinem Interesse ist auch die Tatsache, dass seit einigen Jahren insbesondere von der Europäischen Union (siehe etwa das Grünbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse) und im Rahmen der GATS-Verhandlungen der Trend zur Privatisierung und Liberalisierung ("Weniger Staat, mehr Markt") mit der Begründung prolongiert wird, dass einerseits die Öffentliche Hand einsparen kann und anderseits das Preisniveau für die Verbraucher gesenkt werden könnte.

Beispiele aus Europa, wie etwa die Privatisierung der Trinkwasserversorung in Großbritannien, zeigen aber, dass Liberalisierungen nur dann zu Einsparungen bzw. Preissenkungen geführt haben, wenn die Definition hoher Qualitätskriterien vernachlässigt wurde.

Die Verankerung der Verantwortlichkeit der öffentlichen Hand für die Erbringung der Leistungen im allgemeinen Interesse als Staatszielbestimmung in der Bundesverfassung soll einerseits ein Signal in Richtung Europäische Union setzen und andererseits auch innerstaatlich ein Bekenntnis zu dieser Verantwortung und auch ein Schutz vor den Nachteilen des immer stärker werdenden Rückzug des Staates von der staatlichen Leistungserbringung darstellen

 

Zu 4)  Rechtssetzungsbefugnisse der Gemeinden:

 

 

4.1. Beseitigung von Defiziten im Bereich des ortspolizeilichen Verordnungsrechts der Gemeinde:

 

Gemäß Art. 118 Abs. 6 B-VG haben die Gemeinden das Recht, ortspolizeiliche Verordnungen zur Abwehr unmittelbar zu erwartender oder zur Beseitigung bestehender, das örtliche Gemeinschaftsleben störender Missstände zu erlassen. Sie dürfen zwar deren Nichtbefolgung zu Verwaltungsübertretungen erklären, sind aber nicht zur Durchführung des Strafverfahrens oder anderer zur Rechtsdurchsetzung erforderlicher Vollzugshandlungen (Beschlagnahme, Festnahme etc.) zuständig.
Ferner stehen ihnen in der Regel nicht die zur effizienten Durchsetzung im öffentlichen Raum erforderlichen Wacheorgane zur Verfügung. Den Gemeinden sind daher die zu einer ordnungsgemäßen Vollziehung der von ihnen erlassenen Normen entsprechenden Instrumente an die Hand zu geben.

 

Der Österreichische Städtebund fordert, den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde dahingehend zu erweitern, dass von diesem auch die erwähnten Akte der Vollziehung erfasst werden. Damit würde es den Gemeinden möglich gemacht, das Instrument der ortspolizeilichen Verordnung im Rahmen der Ordnungsverwaltung effizienter einzusetzen.

 

Die Praxis hat weiters gezeigt, dass die Bindung des ortspolizeilichen Verordnungsrechtes der Gemeinden an das Vorliegen störender Missstände in einer Gesellschaft, in der es bis in die Gemeinden hinein immer komplexere Lebenssachverhalte zu regeln gilt, zu kurz greift. Eine Ausweitung der Zuständigkeit der Gemeinden, ortspolizeiliche Verordnungen im Bereich der gesamten örtlichen Sicherheitspolizei sowie auch in den Angelegenheiten der örtlichen Verwaltungspolizei zu erlassen, die im unmittelbaren Interesse der Gemeinde gelegen sind, würde diesen Mangel beseitigen.

 

Schließlich regt der Österreichische Städtebund an, auf dem Gebiet des übertragenen Wirkungsbereichs der Gemeinde ein Instrument zu schaffen, das der Gemeinde analog zum ortspolizeilichen Verordnungsrecht Raum gibt, selbstständig Anordnungen zu treffen, die einer effizienteren, auf die konkrete Gemeinde bezogenen Vollziehung der maßgeblichen Bundes- und Landesgesetze dienen.

4.2. Durchführungsverordnungen der Gemeinde (Lockerung des Legalitätsprinzips):

 

Im Zusammenhang mit der Erlassung von Flächenwidmungsplänen hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass in raumordnungsrelevanten Fragen die Bindung der Gemeinden an das strikte Legalitätsprinzip des Art. 18 B-VG den Gestaltungsspielraum in einem Maß einschränkt, das zu sinnwidrigen Ergebnissen führen kann.

 

Unter Hinweis auf die von verschiedenen Seiten erhobene Forderung eines generellen Abgehens von der Regelung des Art 18 B-VG und dessen strenger Auslegung in Lehre und Praxis schließt sich der Österreichische Städtebund diesen Überlegungen für den Bereich des Gemeinderechts an und regt eine Lockerung des Legalitätsprinzips in Bezug auf Verordnungen an, mit welchen Flächenwidmungspläne festgesetzt werden. Als Alternative sollte auf eine andere, flexiblere Form der Verfahrensbindung, wie etwa die "finale Determinierung", gegriffen werden.

 

4.3. Gemeinden als Vertragspartner bei Vereinbarungen gemäß Art. 15a B-VG:

 

Schon die Novelle zum B-VG aus dem Jahr 1988, mit welcher die Berufung des Österreichischen Gemeindebundes und des Österreichischen Städtebundes zur Vertretung der Interessen der Gemeinden erfolgt ist, hat gezeigt, dass der Bundesverfassungsgesetzgeber der partnerschaftlichen Kooperation aller drei Ebenen der Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden) eine hohe Bedeutung zumisst.

 

Die Mitwirkung der Gemeinden bei den Instrumenten des Konsultationsmechanismus und des Stabilitätspaktes, welche die Notwendigkeit der verstärkten Einbeziehung der Gemeindeebene in die europäische Zusammenarbeit zeigt, führt in logischer Weiterentwicklung zur Forderung, den Gemeinden, vertreten durch den Österreichischen Städtebund und den Österreichischen Gemeindebund, das Recht einzuräumen, gemeinsam mit Bund und /oder Ländern Vereinbarungen gemäß Art. 15a B-VG zu schließen.

 

An dieser Stelle ist auch auf das im Punkt 1) genannte Kernanliegen, betreffend die Schaffung regionaler Kooperationen zwischen Gemeinden, hinzuweisen. Für die Realisierung sowohl von Länder übergreifenden "Regionalverbänden" als auch für andere Formen der Kooperation zwischen Bund, Ländern und Gemeinden ist die Einbeziehung der Gemeinden als Vertragspartner in Vereinbarungen gemäß Art. 15a B-VG eine unabdingbare Voraussetzung. Diese sollten als "self-executing-Abkommen" mit genereller Transformation und Aufhebungskompetenz durch den Verfassungsgerichtshof ausgestaltet sein.

 

Ad 5)  Initiativrechte der Gemeinden:

 

Auf dem Gebiet der Gesetzgebung fordert der Österreichische Städtebund die Mitwirkung der Städte und Gemeinden bei der Gesetzesinitiative in Form von Gesetzesbegehren und Begutachtungsrechten.

 

 

5.1. Gesetzesinitiativrechte:

 

Aufgrund von gleich lautenden Gemeinderatsbeschlüssen einer bestimmten Anzahl von Gemeinden, die insgesamt eine gewisse relevante Bevölkerungsanzahl repräsentieren, ist jedes Begehren auf Erlassung, Änderung oder Aufhebung von Bundesgesetzen, einschließlich Bundesverfassungsgesetzen, verpflichtend dem Nationalrat zur Behandlung vorzulegen. Die Einbringung in den Nationalrat und die Mitwirkung am Gesetzgebungsverfahren (Vertretung der Initianten) obliegt den Interessenvertretungen der Gemeinden (Österreichischer Städtebund und Österreichischer Gemeindebund).

 

5.2.Begutachtungsrechte:

 

Die Gemeinden sollen von verfassungswegen das Recht erhalten, alle Entwürfe, die auf die Erlassung, Änderung oder Aufhebung von Bundesgesetzen, einschließlich Bundesverfassungsgesetzen, (mit Ausnahme von Volksbegehren) abzielen, zur Begutachtung zu erhalten.

 

Bei Gesetzen, welche die Interessen der Gemeinden (unmittelbar) berühren, sollen diese weiters das Recht haben, in die parlamentarischen Beratungen (im Nationalrat und Bundesrat) eingebunden zu werden.

 

Beide Rechte nehmen die Gemeinden durch ihre Interessenvertretungen, Österreichischer Städtebund und Österreichischer Gemeindebund, wahr.

 

Ad 6)  Kommunales Wahlrecht:

 

6.2.Weitgehende Harmonisierung der Wahlordnungen:

 

Bei der Durchführung der Wahlen auf allen drei Ebenen der Gebietskörperschaften trifft die Gemeinden die organisatorische Hauptlast in personeller und sachlicher Hinsicht. Auch die Führung der Wählerevidenz im übertragenen Wirkungsbereich stellt für die Gemeinden einen erheblichen Aufwand dar. Sind die Wahlvorschriften für die Wahlen des Bundes, der Länder und der Gemeinden in wesentlichen Belangen unterschiedlich, ist die Durchführung von Wahlen für die Gemeinden besonders kostenintensiv.

Der Österreichische Städtebund strebt daher eine möglichst große Einheitlichkeit der Wahlordnungen an. Kosten entlastend für die Gemeinden wäre auch eine Flexibilisierung des Wahlverfahrens, insbesondere was die Bestimmungen über die Einsichtsrechte in die Wählerevidenz  und die Wählerlisten, aber auch die personelle Zusammensetzung der Wahlkommissionen betrifft.

 

6.2.Wahlalter:

 

Einige Gemeindewahlordnungen (Burgenland, Kärnten, Steiermark, Wien) sehen bereits jetzt ein aktives Wahlalter von 16 Jahren vor. Die mit diesen Regelungen bisher gemachten Erfahrungen sind durchwegs positiv. Der Österreichische Städtebund befürwortet daher die Senkung des aktiven Wahlalters auch auf Bundes- und Landesebene auf 16 Jahre. Dadurch würde den jungen Bürgerinnen und Bürgern das Gefühl vermittelt werden, am politischen Leben auf allen Ebenen aktiv mitwirken zu können, wodurch das Demokratieverständnis der nachrückenden Generation gestärkt würde.

 

6.3. Form der Stimmabgabe:

 

Dem Umstand Rechnung tragend, dass die Entwicklung der Wahlbeteiligung gerade bei Kommunalwahlen eine sinkende Tendenz aufweist, sollten Erleichterungen für die Stimmabgabe bei Kommunalwahlen eingeführt werden. Hier könnten vor allem die Zulassung der Briefwahl Abhilfe schaffen.

 

Der Österreichische Städtebund unterstützt Bestrebungen,
E-Government auch im Bereich der Wahlen zum Nutzen der Bürger einzusetzen. Aus diesem Grund sollte in die Bundesverfassung eine grundsätzliche Bestimmung aufgenommen werden, mit der die Stimmabgabe durch E-Voting für zulässig erklärt wird.