Positionspapier des Österreichischen Alpenvereins zum hearing am 15.12.2003

 im Öster­reich-Konvent

vorgetragen von

Mag. Peter Haßlacher

 

 

1. Der alpine Natur- und Lebensraum ist durch besondere Sensibilität gekennzeichnet, was insbesondere in der am 18. Dezember 2002 in Kraft getretenen Alpenkonvention zum Ausdruck kommt. Österreich bemüht sich seit langem, seinen Alpenraum als sensible Zone anerkannt zu wissen und so einen höheren Schutzstatus zu erreichen. Diese Bemühungen auf euro­päischer Ebene müssen innerstaatlich untermauert werden, will man die Glaubwürdigkeit Österreichs in der europäischen Umweltpolitik verstärken. Die dazu notwendigen Schritte dürfen auch vor dem Verfassungsrecht nicht halt machen. Gerade die Arbeit im Ver­fassungskonvent sollte diesen Aspekt ernst nehmen.

 

2. Das Bekenntnis zum umfassenden Umweltschutz ist bereits jetzt in der Bundesver­fassung verankert. Allerdings sollte dieses Bekenntnis vertieft werden und von der peripheren Stellung eines verfassungsrechtlichen Nebengesetzes in das B-VG selbst transformiert werden.

Diese Vertiefung sollte bei der Aufzählung der Schutzgüter Platz greifen: „Umfassender Umweltschutz bedeutet (auch) den Schutz des alpinen Raums durch eine nachhaltige und umweltschonende Wirtschafts- und Verkehrspolitik“.

Der OeAV ist sich zwar bewusst, dass die Aufwertung des Staatszieles zu einem Bauge­setz der Bundesverfassung wenig realistisch ist, die Platzierung des umfassenden Umwelt­schutzes sollte gleichwohl in einem eigenen Artikel des B-VG im Anschluss an die Bau­gesetze Demokratie, Republik, Bundesstaat und Rechtsstaat erfolgen. Eine bloße Er­wähnung in der Präambel muss mangels einer juristischen Verbindlichkeit der Präambel abgelehnt werden.

 

3. Umfassender Umweltschutz ist nur durch ein Zusammenwirken staatlicher und gesell­schaftlicher Kräfte möglich. Die NGO’s haben sich in den letzten Jahrzehnten zu treiben­den Kräften und innovativen konstruktiven Partnern in der Umweltpolitik entwickelt. Sie sind auch die wichtigsten Kontrollinstitutionen in der österreichischen und europäischen Umweltpolitik außerhalb der Staatsorganisation. Den Umweltorganisationen sollte ein umfassendes Beschwerderecht gegen Staatsakte mit erheblichen Auswirkungen für die Umwelt eingeräumt werden. Durch die Richtlinie über die strategische Umweltprüfung (SUP) wird Österreich verpflichtet, auch Gesetze und Verordnungen mit erheblicher Um­weltauswirkung zusätzlich zu den UVP-pflichtigen Vorhaben im Vorfeld auf ihre Um­weltauswirkungen zu überprüfen. Der OeAV regt daher an, die Verbandsklage nach Schweizer Vorbild bundesverfassungsrechtlich zu verankern. Die bundesverfassungs­rechtliche Einräumung dieses Rechts garantiert auch die Einbeziehung landesgesetzlicher Bereiche in dieses neue Kontrollinstrument und sichert seinen Bestand. Die Bundesver­fassung sollte den (einfachen) Gesetzgeber verpflichten, Umweltorganisationen von bun­desweiter Bedeutung die Beschwerdemöglichkeit an Verfassungs- und Verwaltungs­gerichtshof einzuräumen und die nähere Verfahrensgestaltung vorzunehmen.

Die Erfahrungen in der Schweiz und in Deutschland haben gezeigt, dass diese Rechts­gewährung keinesfalls zu einer Prozessflut und zu Blockierungen notwendiger Ent­scheidungen eingesetzt wird, dass es aber – in wenigen Fällen – doch zu rechtlich ge­botenen und schlimme Umweltsünden verhindernden Korrekturen gekommen ist.

 

4. Der OeAV ist sich zwar bewusst, dass die Bundesverfassung nicht der Ort ist, um die Parteistellung von NGO’s in umweltverfassungsrechtlichen Verfahren detailliert zu re­geln. Sollte sich jedoch der Österreich-Konvent entschließen, eine Rechtswegegarantie nach dem Vorbild des Bonner Grundgesetzes zu installieren, so sollte nach Ansicht des OeAV auch eine Klausel zugunsten der Umwelt und ihre rechtliche Vertretung der Umweltverbände aufgenommen werden. In jedem Fall wird der Österreich-Konvent ersucht, in seinem Schlussbericht die Empfehlung aufzunehmen, in umweltrechtlichen Verfahren NGO-s Parteistellung einzuräumen.