Protokoll

über die 5. Sitzung des Ausschusses 3

am 16. Dezember 2003

im Parlament, Lokal IV

 

Anwesende:

 

Ausschussmitglieder (Vertreter):

            Univ.Prof. Dr. Gerhart Holzinger          (Vorsitzender)

            Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer         (stellvertretende Vorsitzende)

            Dr. Johannes Schnizer              (Vertretung für Dr. Maria Berger)

            Univ.Prof. Dr. Wilhelm Brauneder       (Vertretung für Dr. Jörg Haider)

            Johann Hatzl

            Prof. Herwig Hösele

            Dr. Peter Kostelka

            DDr. Karl Lengheimer

            Univ.Prof. DDr. Heinz Mayer

            Dr. Robert Hink                                  (Vertretung für Helmut Mödlhammer)

            Dr. Christian Buchmann                       (Vertretung für Mag. Siegfried Nagl)

            Dr. Madeleine Petrovic                        (zeitweise vertreten durch Dr. Eva Glawischnig)

            Dr. Michaela Pfeifenberger

            Bernd Vögerle

 

Weitere Teilnehmer:

 

            Mag. Ronald Faber                             (Büro Univ.Prof. Dr. Heinz Fischer)

            Mag. Bernhard Peer                            (Büro Univ.Prof. Dr. Andreas Khol)

            Mag. Bernhard Rochowanski              (Büro Dr. Dieter Böhmdorfer)

            Dr. Wolfgang Steiner                           (Büro Angela Orthner)

           

Büro des Österreich-Konvents:

 

            Dr. Clemens Mayr                               (fachliche Ausschussunterstützung)

            Brigitte Birkner                        (Ausschusssekretariat)

 

 

Beginn:           10.00 Uhr

Ende:              18.00 Uhr

Tischvorlagen:

·        Tagesordnung

·        Terminvorschläge für eine weitere Sitzung des Ausschusses 3

·        Positionspapier der Bundesjugendvertretung

·        Positionspapier der Plattform Kinderwahlrecht

·        Positionspapier der Österreichischen Liga für Menschenrechte

·        Positionspapier des Österreichischen Seniorenrings

·        Positionspapier des Österreichischen Frauenrings

·        Schreiben BMaA, Wahlrechtsseminar

·        Beitrag Schäffer, Bundesrat

·        Beitrag Salinger, Bezirkshauptmannschaft

·        Beitrag Wolny, Verwaltungsreform

·        Positionspapier des Landes Kärnten

·        Schreiben Ökumenischer Rat der Kirchen in Österreich

·        Schreiben Wutscher, Antwortschreiben Holzinger (Legalitätsprinzip)

·        Forderungsprogramm und Textvorschläge des Österreichischen Städtebundes und des Österreichischen Gemeindebundes betreffend die Art. 115 bis 120 B‑VG samt Begleitschreiben

 

 

Tagesordnungspunkte:

 

1.      Genehmigung des Protokolls der dritten Sitzung

  1. Genehmigung des Protokolls der vierten Sitzung
  2. vertiefte Beratung der Punkte 1.1.1.2. (Wahlen zum Nationalrat), 1.1.1.3. (Organisation des Nationalrates), 1.1.2. (Bundesrat), 1.1.3. (Weg der Bundesgesetzgebung), 1.1.4. (Mitwirkung des Nationalrates an der Vollziehung), 1.2.1. (Bundespräsident), 1.2.2. (Bundesregierung), 2.1. (Legislative der Länder, Landtage) und 2.2. (Exekutive der Länder, Landesregierung) der Struktur der Ausschussberatungen

 

 

Festgelegt wird, dass die nächste Sitzung des Ausschusses am 7. Jänner 2004, von 10.00 bis 18.00 Uhr stattfinden wird. Der Termin am 9. Jänner 2004 wird entfallen.

 

Der Ausschussvorsitzende hält fest, dass ein Antrag auf Verlängerung hinsichtlich der zeitlichen Vorgaben im Mandat nicht in Aussicht genommen wird.

 

 

Tagesordnungspunkt 1

 

Gegen das Protokoll über die dritte Ausschusssitzung werden keine Einwendungen erhoben und es wird somit genehmigt.

 

 

Tagesordnungspunkt 2

 

Gegen das Protokoll über die vierte Ausschusssitzung werden keine Einwendungen erhoben und es wird somit genehmigt.

 

 

Tagesordnungspunkt 3

 

1.1.1.2. Wahlen zum Nationalrat

 

Basierend auf den vom Ausschussvorsitzenden in der Diskussionsgrundlage für die 5. Sitzung vorgelegten Varianten sowie auf einem von Frau Dr. Baumgartner-Gabitzer eingebrachten Wahlrechtsvorschlag werden im wesentlichen die - divergierenden – Positionen vertreten, die bereits in den vergangenen Beratungen zu diesem Thema vorgebracht worden sind.

 

Keine Einigung wird darüber erzielt, ob der gegenwärtige Grad der Detailliertheit des Art. 26 B‑VG im wesentlichen beibehalten werden soll, oder ob die Regelungen zum Wahlrecht im B‑VG auf die Grundsätze beschränkt werden sollen. Von einigen Ausschussmitgliedern wird die Auffassung vertreten, dass die nähere Ausführung der Wahlordnung (wie etwa die Festlegung des Wahlsystems) dem einfachen Gesetzgeber – ohne Erfordernis eines erhöhten Beschlussquorums – übertragen werden soll. Dem gegenüber wird von einer Reihe anderer Mitglieder betont, dass sensible Bereiche des Wahlrechts einer qualifizierten Mehrheit vorbehalten bleiben sollten.

 

Uneinigkeit besteht darüber, ob der Grundsatz der Verhältniswahl weiterhin im Verfassungsrang normiert sein soll. Von einigen Ausschussmitgliedern wird gefordert, dass dieser Grundsatz dahingehend näher determiniert wird, dass allen Parteien, die im Wahlgebiet mehr als eine bestimmte Mindestprozentzahl (als konkrete Werte werden 4 bzw. 5% genannt) der Stimmen erhalten, bei der Verteilung der Mandate zu berücksichtigen sind. Weiters wird verschiedentlich gefordert, dass für den Fall der Zulassung mehrheitsfördernder Elemente diese Elemente bzw. die Grenzen ihrer Zulässigkeit näher determiniert werden müssten.

 

Keine Einigung wird in der Frage der Absenkung des Wahlalters erzielt.

 

Hinsichtlich der Zulassung der Briefwahl bzw. der Einführung von E‑Voting werden verschiedentlich Bedenken vorgebracht, ob diese Arten der Stimmabgabe mit den Grundsätzen der persönlichen, geheimen und freien Wahl in Einklang gebracht werden können. Demgegenüber wird vorgebracht, dass die Abgabe einer eidesstattlichen Erklärung als Garant für die persönliche und geheime Ausübung des Wahlrechts ausreicht. In mehreren Diskussionsbeiträgen wird die Ansicht vertreten, dass die nicht vor einer Wahlbehörde erfolgende Stimmabgabe den Ausnahmefall darstellen sollte. Weitgehende Einigkeit besteht dahingehend, dass bei Wahlen auf Landes- und Gemeindeebene – analog zur derzeitigen Regelung in Art. 26 Abs. 6 letzter Satz B‑VG – die Stimmabgabe außerhalb des jeweiligen Wahlgebietes (als Minimalvariante) ermöglicht werden muss.

 

Keine Einigung wird darüber erzielt, ob die Festlegung der Zahl der Abgeordneten je Wahlkreis im Verhältnis zur Zahl der Staatsbürger, der Wohnbevölkerung oder der Wahlberechtigten erfolgen soll.

 

Uneinigkeit besteht auch darüber, ob den Ländern in einzelnen Bereichen (Festlegung des Wahlsystems oder des Kreises der Wahlberechtigten) ein größerer Regelungsspielraum eingeräumt werden soll oder ob hier einheitliche Vorgaben auf bundesverfassungsrechtlicher Ebene getroffen werden sollen.

 

Erneut angeregt wird, eine einheitliche Wahlrechtsgrundsatzbestimmung zu schaffen, die für Wahlen auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene gleichermaßen maßgeblich ist.

 

Hinsichtlich eines allfälligen Entfalls des Art. 26 Abs. 3 B‑VG wird vereinzelt angeregt, explizit festzuschreiben, dass alle Wahlberechtigten über die für die Stimmabgabe erforderliche freie Zeit verfügen müssen.

 

Vereinzelt wird angeregt, Art. 26 Abs. 5 B‑VG aufzuheben.

 

Angeregt wird weiters, die Reihefolge bei der Anführung der „Männer und Frauen“ umzuändern und somit – entsprechend der alphabetischen Reihung – Frauen vor den Männern zu nennen.

 

 

1.1.1.3. Organisation des Nationalrates

 

Keine Einigkeit besteht darüber, ob die Dauer der Legislaturperiode auf fünf Jahre angehoben oder ob die derzeitige Regelung des Art. 27 Abs. 1 B‑VG (vier Jahre) beibehalten werden soll.

 

Mehrheitlich wird die Ansicht vertreten, dass der Grundsatz der Diskontinuität zwischen zwei Gesetzgebungsperioden hinsichtlich der Behandlung von Volksbegehren aufgehoben werden soll. Vereinzelt wird dazu angeregt, die Behandlung von Volksbegehren im Nationalrat auf andere Weise sicherzustellen.

 

Basierend auf dem von Dr. Kostelka vorgelegten Textvorschlag zu den Art. 27 bis 33 B‑VG sollen die verfassungsrechtlichen Regelungen übe die Organisation des Nationalrates reduziert und einzelne Bestimmungen in das Geschäftsordnungsgesetz des Nationalrates übertragen werden. Mehrheitlich wird die Ansicht vertreten, dass die Regelung der Öffentlichkeit der Nationalratssitzungen im Verfassungsrang bestehen bleiben soll. Vereinzelt wird angeregt, Art. 29 Abs. 3 B‑VG aufzuheben. Festgehalten wird, dass die dienstrechtlichen Befugnisse des Präsidenten des Nationalrates (Art. 30 Abs. 3 B‑VG) einer verfassungsrechtlichen Absicherung bedürfen.

 

 

1.2.2. Bundesregierung: Willensbildung – Geschäftsordnung – Verantwortung

 

Es besteht Konsens darüber, dass die Erlassung einer Geschäftsordnung der Bundesregierung bundesverfassungsgesetzlich vorgesehen werden soll. Verschiedentlich wird gefordert, die Vertretungsregelungen weiterhin dem (Verfassungs-)Gesetzgeber vorzubehalten. Dissens besteht darüber, ob Umlaufbeschlüsse zugelassen werden sollen. Allerdings besteht so weit Einigkeit, dass im Falle der Zulässigkeit von Umlaufbeschlüssen alle Regierungsmitglieder einem Beschluss zustimmen müssen. Angeregt wird vereinzelt, die Sonderregelung betreffend die einstweilige Bundesregierung zur Gänze zu beseitigen. Ebenso wird vereinzelt angeregt, verfassungsrechtlich klarzustellen, dass ein Organwalter, dem vom Nationalrat das Misstrauen ausgesprochen wurde, nicht mit der Fortführung der Amtsgeschäfte betraut werden kann.

 

Vereinzelt wird eine verfassungsrechtliche Regelung hinsichtlich einer Höchstzahl der Regierungsmitglieder gefordert. Von einigen Mitgliedern des Ausschusses wird angeregt, eine Pflicht zur Veröffentlichung von Beschlüssen der Bundesregierung vorzusehen.

 

 

1.1.2. Bundesrat

 

Überwiegend wird die Auffassung vertreten, dass der Bundesrat zu einem früheren Zeitpunkt als bisher in den Gesetzgebungsprozess eingebunden werden soll. Von einigen Mitgliedern wird dazu die gleichzeitige, parallele Befassung beider Kammern mit einer Gesetzesvorlage vorgeschlagen. Das konkrete Mitwirkungsverfahren könnte je nach Materie spezifisch ausgestaltet werden. Das nahezu generelle suspensive Veto nach der Beschlussfassung durch den Nationalrat wird überwiegend als nicht zweckmäßig erachtet. Gegen eine mögliche Ausweitung des absoluten Vetos werden von mehreren Ausschussmitgliedern Bedenken geäußert.

 

Zur Frage der Beschickung wird von mehreren Ausschussmitgliedern die Beschickung mit Landtagsabgeordneten vorgeschlagen. Verschiedentlich wird die Einbeziehung der Landeshauptmänner bzw. weiterer Mitglieder der Landesregierung als zweckmäßig angeregt. Dagegen werden vereinzelt Bedenken im Hinblick auf die Vermischung von Legislative und Exekutive vorgebracht. Vereinzelt wird auf den in der fünften Sitzung als Tischvorlage aufgelegten Diskussionsentwurf von Mag. Freibauer verwiesen.

 

Von mehreren Ausschussmitgliedern wird angeregt, den Bundesrat als das zentrale Organ der Mitwirkung der Länder an der Gesetzgebung des Bundes zu installieren und ihm die Ausübung anderer, derzeit vorgesehener Mitwirkungsmechanismen zu übertragen. Ziel sollte es sein, allenfalls bestehende Doppelgleisigkeiten zu vermeiden.

 

Vereinzelt wird die Einbeziehung von Gemeindevertretern vorgeschlagen.

 

Festgehalten wird, dass die Funktion des Bundesrates auch von den Ergebnissen der Beratungen der Ausschüsse 5 und 6 abhängen wird. Es soll daher in Aussicht genommen werden, dass sich der Ausschuss nach Vorliegen dieser Ergebnisse erneut mit dieser Frage befasst.

 

Angeregt wird die Erstellung eines Rechtsvergleiches über die tatsächliche Dauer des Gesetzwerdungsprozesses in anderen europäischen Ländern.

 

 

1.1.4. Mitwirkung an der Vollziehung

 

Festgehalten wird, dass eine Regelung über Anhörungen im Zusammenhang mit der Mitwirkung des Nationalrates bei der Ernennung von Organen auf verfassungsrechtlicher Ebene nicht erforderlich ist. Ein Änderungsbedarf hinsichtlich des Art. 55 Abs. 4 B‑VG wird nicht vorgebracht.

 

 

1.2.1. Bundespräsident

 

Von einigen Ausschussmitgliedern wird angeregt, die Diskussion über den Bundespräsidenten (im Besonderen über die Befugnis, die Bundesregierung zu bestellen und abzuberufen sowie den Nationalrat aufzulösen) im Hinblick auf die bevorstehende Neuwahl des Bundespräsidenten auf einen Zeitpunkt nach der Wahl zu verschieben. Dem wird von einer Reihe anderer Mitglieder des Ausschusses widersprochen. Die bereits bei der ersten Behandlung dieses Themenbereiches von einigen Mitgliedern geäußerte Ansicht, dass die oben genannten Befugnisse dem Bundespräsidenten weiterhin zukommen sollen, wird aufrecht erhalten. Weitgehender Konsens besteht darüber, dass der Aufgabenkatalog des Bundespräsidenten daraufhin untersucht werden soll, ob bestimmte Befugnisse als antiquiert angesehen werden und daher entfallen können.

 

Seitens des Ausschussvorsitzenden wird folgende Vorgangsweise in Aussicht genommen: Das Präsidium des Österreich-Konvents wird um Klarstellung ersucht, ob das dem Ausschuss erteilte Mandat weiterhin in allen Punkten aufrecht ist. Wenn das Präsidium den Ausschuss nicht von der Behandlung der genannten Bereiche entbindet, werden die Punkte in der nächsten Sitzung am 7. Jänner 2004 beraten und anschließend im Ausschussbericht behandelt werden.

 

 

2.1. Legislative der Länder / Landtage

 

Hinsichtlich der Wahlen auf Landesebene werden im wesentlichen die Aufassungen wiederholt, die zur Wahl zum Nationalrat vorgebracht worden sind. Zum Zustimmungsrecht gemäß Art. 97 Abs. 2 B‑VG wird vereinzelt angeregt, dem Landesgesetzgeber durch eine klarere Regelung mehr Sicherheit zu geben, ob mit einer Zustimmung durch den Bund zu rechnen ist. Hingewiesen wird darauf, dass das Zustimmungsrecht jedenfalls erhalten bleiben muss, wenn es sich um die Mitwirkung von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes handelt. Hinsichtlich der Aufhebung des Art. 98 B‑VG besteht keine Einhelligkeit mehr. Die Neuregelung des Art. 99 B‑VG, wie sie in der Regierungsvorlage 14 BlgNR 20.GP enthalten war, wird vereinzelt begrüßt.

 

 

2.2. Exekutive der Länder / Landesregierung, insbesondere Landeshauptmann

 

Basierend auf der Regierungsvorlage 14 BlgNR 20.GP wird folgendes festgehalten: Die Erlassung einer Geschäftsordnung der Landesregierung wird von mehreren Ausschussmitgliedern befürwortet. Auch die Art. 105 bis 107 B‑VG in der vorgeschlagenen Fassung werden in mehreren Diskussionsbeiträgen grundsätzlich begrüßt, wobei verschiedentlich angeregt wird, insbesondere Art. 106 B‑VG noch weiter zu reduzieren. Keine Einigung wird darüber erzielt, ob die bundesverfassungsrechtliche Verankerung der Landeshauptmännerkonferenz zweckmäßig ist. Kein Konsens besteht darüber, ob die derzeitige Regelung über die Bestellung der Mitglieder der Landesregierung (Art. 101 Abs. 1 B‑VG) bestehen bleiben oder ob diese Frage der Regelungsautonomie der Länder überlassen (und damit die Direktwahl des Landeshauptmannes ermöglicht) werden soll.

 

Kein Konsens besteht auch darüber, ob die Sonderbestimmungen für die Bundeshauptstadt Wien (im Besonderen Art. 108 B‑VG) in der gegenwärtigen Form beibehalten werden oder ob es hier zu Änderungen kommen soll. DDr. Lengheimer übernimmt die Aufgabe, einen Formulierungsvorschlag für eine allfällige Neufassung dieser Bestimmungen vorzulegen.

 

 

 

Der nächste Sitzungstermin ist mit Mittwoch, 7. Jänner 2004, 10.00 bis 18.00 Uhr fixiert. Eine Einladung wird gesondert ergehen.

 

 

 

 

Vorsitzender des Ausschusses 3:                                             Fachliche Ausschussunterstützung:

 

 

 

 

 

Univ.Prof. Dr. Gerhart Holzinger e.h.                           Dr. Clemens Mayr e.h.