Anwesende:
Ausschussmitglieder
(Vertreter):
Univ.Prof.
Dr. Gerhart Holzinger (Vorsitzender)
Dr.
Ulrike Baumgartner-Gabitzer (stellvertretende
Vorsitzende)
Dr.
Johannes Schnizer (Vertretung
für Dr. Maria Berger)
Univ.Prof.
Dr. Wilhelm Brauneder (Vertretung
für Dr. Jörg Haider)
Johann
Hatzl
Prof. Herwig Hösele
Prof.
Albrecht Konecny
Dr.
Peter Kostelka
DDr.
Karl Lengheimer
Univ.Prof. DDr. Heinz Mayer
Dr. Robert
Hink (Vertretung
für Helmut Mödlhammer)
Dr. Christian Buchmann (Vertretung
für Mag. Siegfried Nagl)
Dr.
Madeleine Petrovic (zeitweise
vertreten durch Dr. Eva Glawischnig)
Bernd
Vögerle
Weitere
Teilnehmer:
Mag.
Ronald Faber (Büro
Univ.Prof. Dr. Heinz Fischer)
Dr.
Marlies Meyer (Büro
Dr. Eva Glawischnig)
Mag.
Bernhard Peer (Büro
Univ.Prof. Dr. Andreas Khol)
Dr.
Wolfgang Steiner (Büro
Angela Orthner)
Büro
des Österreich-Konvents:
Dr. Clemens Mayr (fachliche
Ausschussunterstützung)
Brigitte
Birkner (Ausschusssekretariat)
Beginn: 10.00
Uhr
Ende: 18.30
Uhr
Tischvorlagen:
·
Tagesordnung
·
Stellungnahme zu Art. 23c B‑VG, BMF
·
Einladung Wahlrechtsseminar, BMaA
·
Artikel aus der „Neuen Zürcher Zeitung“, Univ.Prof. Dr.
Esterbauer
·
Vorschläge zum Ö-Konvent, P.J. Abart
·
Die Zukunft der Mitwirkung der Länder an der
Bundesgesetzgebung, Mag. Freibauer
·
Bundesrat neu – Diskussionsentwurf zur Reform und Stärkung
der Länderkammer, Mag. Freibauer
·
Erklärung der Konferenz der Landtagspräsidentinnen und
Landtagspräsidenten vom 7. Februar 2003 samt Begleitschreiben
Tagesordnungspunkte:
1.
Debatte über die Punkte IV. (Bund, Länder und
Gemeinden gemeinsam betreffende Fragen), V. (Verfassungsautonomie – soweit
dieser Punkt noch nicht in der dritten Sitzung am 11. November 2003
behandelt worden ist), VI. (Verhältnis zwischen Gesetzgebung und Vollziehung)
und VII. (Mitwirkung österreichischer Organe an der Ernennung von Mitgliedern
von Organen der Europäischen Union) des Mandates des Ausschusses 3
Tagesordnungspunkt 1
4.1. Zahl der staatlichen Ebenen
Überwiegend
wird die Auffassung vertreten, dass die „Abschaffung“ einer Ebene wohl nicht in
Betracht komme; überhaupt sei das Bild von drei (Bund, Länder, Gemeinden) bzw.
vier (+ Bezirke) Ebenen zu relativieren; wesentlich sei eine möglichst
zweckmäßige Zuweisung der staatlichen Aufgaben zu den einzelnen Ebenen und die
Schaffung möglichst kurzer Instanzenzüge.
Kontroversiell
diskutiert wird die Frage, ob die Gemeinden in der Lage bzw. adäquat
ausgestattet wären, die ihnen zukommenden hoheitlichen Aufgaben (zB Baurecht)
zufriedenstellend zu erfüllen („abstrakte Einheitsgemeinde“ – eine Illusion?).
In diesem Zusammenhang wird auch angeregt, die Aufzählung in Art. 118
Abs. 3 B‑VG (Umschreibung des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde) zu
überarbeiten.
Einigkeit
besteht darüber, dass die Möglichkeiten der interkommunalen Zusammenarbeit
ausgeweitet werden sollen.
Unterschiedliche
Ansichten bestehen hinsichtlich der Bezirksebene: Zum einen wird die Auffassung
vertreten, das Institut der Stadt mit eigenem Statut (Art. 116 Abs. 3
B‑VG) auszubauen (vorgeschlagen werden etwa ein Anspruch auf Erteilung des
Statuts, eine verpflichtende Statutverleihung ab einer bestimmten Größe; eine
Absenkung der Einwohnergrenze auf 10.000; ausreichende Finanzausstattung).
Weiters wird der Ausbau des Instituts des Gemeindeverbandes, etwa auch die
Möglichkeit der Statuterteilung für Gemeindeverbände bzw. die Schaffung einer
„Region mit eigenem Statut“ vorgeschlagen (Dr. Schnizer übernimmt die Aufgabe,
dazu einen Textvorschlag vorzulegen). Auf diese Weise solle sichergestellt
werden, dass auf der untersten Verwaltungsebene – für eine professionelle
Verwaltung – ausreichend große (inter)kommunale Einheiten bestehen. Zum anderen
– und demgegenüber – wird allerdings vorgebracht, dass dadurch die
Verwaltungsorganisation undurchschaubarer werden würde; die
Bezirksverwaltungsbehörden sollten daher in der gegenwärtigen Form beibehalten
und funktionell gestärkt werden. In Frage gestellt wird auch, ob eine (stärkere)
demokratische Legitimierung der untersten Verwaltungsebene überhaupt
wünschenswert ist.
4.2. Neue Formen der Kooperation zwischen Bund, Ländern und
Gemeinden – insbesondere Art. 15a B‑VG – Vereinbarung; gemeinsame
Einrichtungen
Von
mehreren Seiten wird die Meinung vertreten, dass das Regelungsinstrument der
Vereinbarung gemäß Art. 15a B‑VG in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung
eher kompliziert und umständlich zu handhaben ist. Auch wenn ein Bedarf nach
länderübergreifender Kooperation anerkannt wird, wird die Ermöglichung von
sogenannten unmittelbar anwendbaren Vereinbarungen eher skeptisch gesehen
(Probleme hinsichtlich der demokratischen Legitimation sowie der
Kontrollmöglichkeit durch den VfGH). Eine Streichung dieses
Regelungsinstruments soll aber nicht empfohlen werden.
Kontroversiell
diskutiert wird die Frage, ob die Möglichkeit der Schaffung gemeinsamer
Einrichtungen eher zweckmäßig ist oder neue Probleme mit sich bringen würde.
Vereinzelt
wird vorgeschlagen, Gemeinde- und Städtebund als mögliche Vertragsparteien in
das Regelungsregime des Art. 15a B‑VG einzubeziehen. Unterschiedliche
Auffassungen bestehen darüber, ob auch einzelnen Gemeinden das Recht eingeräumt
werden soll, eine derartige Vereinbarung abzuschließen. Betont wird erneut,
dass die Möglichkeiten länderübergreifender Kooperationen zwischen einzelnen
Gemeinden ausgebaut werden sollten.
5. Verfassungsautonomie
Das
diesbezügliche -
weitgehend konsensuale – Ergebnis der Beratungen am 11. November 2003 wird
resümiert. Kontroversiell diskutiert wird die Frage, ob die Sondervorschriften
für Wien überarbeitet werden sollen. Vorgeschlagen wird etwa die Streichung von
Art. 111 B‑VG.
6. Verhältnis zwischen
Gesetzgebung und Vollziehung (Legalitätsprinzip)
Es
besteht Einvernehmen darüber, dass Gesetze in Österreich tendenziell zu
detailliert und kasuistisch ausformuliert sind. Kontroversiell gesehen wird
allerdings die Frage, ob dies ein legistisches Problem ist oder ob eine
Neuformulierung des Art. 18 B‑VG zu einer Behebung dieses Problems
beitragen kann. Gegen eine Lockerung des Legalitätsprinzips wird vorgebracht,
dass mehr Freiräume für die Verwaltung die Vorhersehbarkeit für den einzelnen
beeinträchtigt und somit zu Rechtsunsicherheit führen kann. Probleme können
auch im Zusammenhang mit der Kontrolle des Verwaltungshandelns auftreten.
Hingewiesen wird auch darauf, dass durch eine Lockerung der Gesetzesbindung das
Problem lediglich von der Gesetzesebene auf die Verordnungsebene verlagert
wird. Für eine Lockerung wird der Bedarf der Verwaltung nach flexibler
handhabbaren Regelungen sowie nach schnelleren Anpassungen ins Treffen geführt.
Durch eine Neuformulierung des Art. 18 B‑VG könnte eine Signalwirkung
ausgehen, Gesetze in Hinkunft nicht mehr so kasuistisch auszuformulieren, sondern
sich mehr auf die Vorgabe von Zielen zu beschränken. Dr. Schnizer
übernimmt die Aufgabe, dazu einen Textvorschlag vorzulegen.
Kontroversiell
diskutiert wird die Frage, ob die innerstaatliche Umsetzung von
gemeinschaftsrechtlichen Richtlinien durch Verordnung ermöglicht werden soll.
Dazu werden drei Modelle ventiliert:
·
Der
Gesetzgeber soll in jedem Fall befasst werden, er soll aber die Möglichkeit
erhalten, die Verwaltung zur Umsetzung durch Verordnung zu ermächtigen.
·
Die
Umsetzung durch Verordnung soll dann zulässig sein, wenn die Richtlinie so
determiniert ist, wie dies Art. 18 B‑VG für innerstaatliche Gesetze
fordert.
·
Die
Umsetzung durch Verordnung soll dann zulässig sein, wenn der Hauptausschuss des
Nationalrates gemäß Art. 23e B‑VG mit dem entsprechenden Vorhaben befasst
war und eine Stellungnahme abgegeben hat.
Vorgebracht
wird, dass dem Gesetzgeber die Möglichkeit offen stehen muss, über die in der
entsprechenden Richtlinie enthaltenen Vorgaben hinausgehende Regelungen zu
treffen.
7. Art. 23c B‑VG
Kontroversiell
diskutiert wird die Frage, ob die Regelung in ihrer gegenwärtigen
Detailliertheit bestehen bleiben oder ob eine allgemein gehaltene kürzere
Regelung getroffen werden soll. Die Aufzählung der von der Bestimmung erfassten
EU-Organe soll überprüft und gegebenenfalls durch eine allgemeine Klausel
ersetzt werden. Vereinzelt wird vorgeschlagen, die Mitwirkung der Länder an den
Bundesrat zu übertragen.
Angeregt
wird, auch die Mitwirkung des Nationalrates und des Bundesrates an der
Tätigkeit Österreichs in der Europäischen Union gemäß Art. 23e B‑VG im
Ausschuss zu diskutieren.
Tagesordnungspunkt 2
1.1.1.1. Zahl der Mitglieder des Nationalrates
Der
vom Ausschussvorsitzenden vorgeschlagene Textbaustein für den Ausschussbericht
zu diesem Punkt wird einvernehmlich angenommen. Der Ausschuss wird daher in
seinem Bericht zu diesem Punkt wie folgt Stellung nehmen:
„Die Zahl der Abgeordneten zum Nationalrat ist derzeit
nicht bundesverfassungsgesetzlich, sondern bloß einfachgesetzlich, nämlich in
§ 1 Abs. 1 der Nationalrats-Wahlordnung 1992, geregelt.
Der Ausschuss ist der Auffassung, dass die Zahl der
Mitglieder des Nationalrates auch künftig nicht bundesverfassungsgesetzlich
geregelt werden sollte.
Er lässt sich dabei zum einen davon leiten, dass eine
verfassungspolitische Notwendigkeit, diesen Gegenstand
bundesverfassungsgesetzlich zu regeln, nicht besteht. In der Zweiten Republik
wurde die entsprechende bundesgesetzliche Regelung bloß ein Mal, durch die
Nationalrats-Wahlordnung 1970 im Wege der Anhebung der Zahl der Abgeordneten
des Nationalrates von 165 auf 183, geändert. Im Hinblick auf die allgemeine
Zielsetzung des Konvents, den Text der von ihm auszuarbeitenden Verfassung auf
das verfassungspolitisch Notwendige zu beschränken, empfiehlt sich daher die
Beibehaltung der geltenden Rechtslage, also der Verzicht auf eine
bundesverfassungsgesetzliche Regelung.“
1.1.1.1. Wahlrecht
Die Diskussion über das Wahlrecht geht
eher in die Richtung, dass politisch umstrittene Punkte (wie etwa das
Wahlalter) im B‑VG selbst normiert werden sollten. Kontroversiell diskutiert
wird die Frage, ob die konkrete Ausgestaltung des Wahlsystems dem jeweiligen
Wahlrechtsgesetzgeber übertragen werden soll oder ob der Grundsatz der
Verhältniswahl weiterhin, für alle Ebenen, im B‑VG vorgeschrieben werden soll.
Einigkeit besteht darüber, dass der
Inhalt der Abs. 2 und 6 des Art. 26 B‑VG (nähere Regelungen über die
Wahlkreiseinteilung, die Wahlbehörden und die Stimmabgabe) reduziert werden
soll. Hinsichtlich der Möglichkeiten der Stimmabgabe soll das B‑VG größere
Offenheit signalisieren.
Hingewiesen wird darauf, dass bei einer
allfälligen Änderung der Bestimmungen über das Wahlrecht auch Art. 23a B‑VG
(Wahl der Abgeordneten zum Europäischen Parlament) mitbedacht werden sollte.
Der nächste Sitzungstermin ist mit Dienstag, 16. Dezember 2003, 10.00 bis 18.00 Uhr fixiert. Eine Einladung wird gesondert ergehen.
Vorsitzender des Ausschusses 3: Fachliche
Ausschussunterstützung:
Univ.Prof. Dr. Gerhart Holzinger
e.h. Dr. Clemens
Mayr e.h.