Protokoll

über die 3. Sitzung des Ausschusses 3

am 11. November 2003

 im Parlament, Lokal VIII

 

Anwesende:

 

Ausschussmitglieder (Vertreter):

            Univ.Prof. Dr. Gerhart Holzinger          (Vorsitzender)

            Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer         (stellvertretende Vorsitzende)

            Dr. Maria Berger

            Ing. Georg Griessner

            Univ.Prof. Dr. Wilhelm Brauneder       (Vertretung für Dr. Jörg Haider)

            Johann Hatzl

            Prof. Herwig Hösele

            Prof. Albrecht Konecny

            Dr. Peter Kostelka

            DDr. Karl Lengheimer

            Univ.Prof. DDr. Heinz Mayer

            Helmut Mödlhammer                           (ab 15.45 Uhr vertreten durch Dr. Robert Hink)

            Dr. Madeleine Petrovic

            Dr. Michaela Pfeifenberger

            Bernd Vögerle

 

Weitere Teilnehmer:

 

            Mag. Ronald Faber                             (Büro Univ.Prof. Dr. Heinz Fischer)

            Markus Kroiher                                  (Büro Univ.Prof. Dr. Andreas Khol)

            Dr. Wolfgang Steiner                           (Büro Angela Orthner)

 

Büro des Österreich-Konvents:

 

            Dr. Clemens Mayr                               (fachliche Ausschussunterstützung)

            Brigitte Birkner                        (Ausschusssekretariat)

 

 

Beginn:           10.00 Uhr

Ende:              17.50 Uhr

Tischvorlagen:

·        Tagesordnung

·        Ergänzung Protokoll, Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer

·        Mitgliederliste

·        Geschäftsordnung der deutschen Bundesregierung

·        Auszug aus der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft

·        Schreiben, Auslandsösterreicher-Weltbund

·        Schreiben, Industriellenvereinigung

 

 

Tagesordnungspunkte:

 

1.      Genehmigung des Protokolls der ersten Sitzung

2.      Debatte über die Punkte I.2.b. (Bundesregierung), II. (Länder), III. (Gemeinden), IV. (Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam betreffende Fragen) und V. (Verfassungsautonomie) des Mandates des Ausschusses 3

 

 

Einvernehmlich wird festgelegt, dass jedes Ausschussmitglied in Hinkunft einen Begleiter (ohne Rede- und Stimmrecht) zur Ausschusssitzung mitnehmen kann.

 

 

Tagesordnungspunkt 1: Genehmigung des Protokolls der ersten Sitzung

 

Das Protokoll über die zweite Ausschusssitzung wird mit folgenden Maßgaben genehmigt:

 

In Punkt 1.1.1.2.2. zweiter Absatz lautet der zweite Satz: „Gegen eine Absenkung wird vorgebracht, dass eine Anknüpfung des aktiven Wahlrechts an die Volljährigkeit auf einem objektiven Kriterium beruht.“ Weiters wird diesem Absatz folgender Satz angefügt: „Angesprochen wird die Möglichkeit der Einführung eines Familienwahlrechts.

 

In Punkt 1.1.1.2.3. erster Satz wird das Wort „jedenfalls“ durch das Wort „gegebenenfalls“ ersetzt.

 

In Punkt 1.1.2. Aufgaben des Bundesrates erster Absatz, erster Satz wird das Wort „Überwiegend“ durch die Wortfolge „In mehreren Diskussionsbeiträgen“ ersetzt.

 

 

Tagesordnungspunkt 2: Debatte über die Punkte I.2.b. (Bundesregierung), II. (Länder), III. (Gemeinden), IV. (Bund, Länder und Gemeinden gemeinsam betreffende Fragen) und V. (Verfassungsautonomie) des Mandates des Ausschusses 3

 

 

1.2.2.1. Bestellung der Bundesregierung

 

Zur Frage der Bestellung der Bundesregierung werden die - divergierenden – Auffassungen vertreten, die bereits die Diskussion über die Befugnisse des Bundespräsidenten geprägt haben (Ernennung durch den Bundespräsidenten wie nach geltendem Recht oder Wahl durch den Nationalrat wie nach dem B‑VG idF 1920). Über die Frage, ob es wünschenswert ist, dass die Bundesregierung - in ihrer konkreten Zusammensetzung - auf das Vertrauen zweier Organe angewiesen ist, bestehen unterschiedliche Ansichten. In die Diskussion eingebracht wird auch das Regelungsmodell des Bonner Grundgesetzes, wonach der Bundeskanzler vom Bundestag gewählt wird, die Bundesminister auf Vorschlag des Bundeskanzlers vom Bundespräsidenten ernannt werden. Vorgeschlagen wird in diesem Zusammenhang, den Konfliktlösungsmechanismus für den Fall einer Meinungsverschiedenheit zwischen dem Nationalrat und dem Bundespräsidenten über die Frage der Regierungsbildung einer klareren Regelung zuzuführen.

 

Vereinzelt wird vorgeschlagen, eine positive Vertrauensabstimmung sowie den vom Bundespräsidenten zu erteilenden Regierungsbildungsauftrag verfassungsrechtlich vorzusehen. Weiters wird vorgeschlagen, die Größe der Bundesregierung bzw. die Frage der Bestellung von Staatssekretären verfassungsrechtlich näher zu regeln. Mehrheitlich wird im Ausschuss zu diesen Punkten allerdings die Ansicht vertreten, dass derartige Regelungen auf verfassungsrechtlicher Ebene nicht unbedingt erforderlich sind.

 

Angeregt wird, die Bestimmungen über die Immunität bzw. die Verantwortlichkeit des Bundespräsidenten in den Art. 63 und 68 B‑VG einer Neuregelung zuzuführen.

 

 

1.2.2.2. Bundesregierung: Willensbildung – Geschäftsordnung – Verantwortlichkeit

 

Überwiegend wird die Ansicht vertreten, dass der Bundesregierung durch Verfassungsbestimmung die Möglichkeit eingeräumt werden soll, sich eine Geschäftsordnung zu geben. Es sollte geprüft werden, ob Teile der in den Art. 69 ff B‑VG enthaltenen Bestimmungen in solch eine Geschäftsordnung übertragen werden können. Keine Einigkeit besteht darüber, ob die Frage des Beschlussquorums (gegenwärtig wird - ohne das Vorhandensein einer expliziten verfassungsrechtlichen Regelung - für Beschlüsse der Bundesregierung Einstimmigkeit verlangt) bzw. die Vertretungsregelungen (derzeit in den Art. 69 und 73 B‑VG normiert) im B‑VG selbst normiert oder der Geschäftsordnung überlassen werden sollen. Die Möglichkeit der Erlassung von Umlaufbeschlüssen sollte außer Streit stehen. (Art. 69 Abs. 3 B‑VG sollte daher neu gefasst werden.)

 

Der Ausschuss vertritt die Ansicht, dass auch die einstweilige Bundesregierung gemäß Art. 71 B‑VG der „allgemeinen“ Verantwortlichkeit unterliegt und in diesem Punkt kein Unterschied zu einer gemäß Art. 70 Abs. 1 B‑VG ernannten Bundesregierung besteht.

 

 

2.1. Länder: Legislative/Landtage

 

Die Frage, inwieweit auf bundesverfassungsrechtlicher Ebene Wahlrechtsgrundsätze auch für die Wahlen zu den Landtagen (und Gemeinderäten) vorgesehen werden sollen, wird im Ausschuss kontroversiell diskutiert. Zum einen wird im Sinne einer weitgehenden Homogenität in Wahlrechtsfragen die Ansicht vertreten, dass die im B‑VG normierten Grundsätze für alle Ebenen (Bund, Länder und Gemeinden) gleichermaßen Geltung beanspruchen sollten. In diesem Zusammenhang werden die Forderungen erhoben, den Grundsatz der Verhältniswahl verbindlich auf verfassungsrechtlicher Ebene festzuschreiben bzw. die Vorgaben für die Länder auf bundesverfassungsrechtlicher Ebene noch zu verschärfen (in Richtung einer einheitlichen Mindestprozentklausel). Umgekehrt wird eine Stärkung der Verfassungsautonomie der Länder in diesem Bereich verlangt; den Ländern sollte bei der Festlegung des Wahlsystems, der Umschreibung der Wahlberechtigten oder der Ausgestaltung der Stimmabgabe ein größerer Gestaltungsspielraum zukommen, bundesverfassungsrechtliche Vorgaben sollten daher reduziert werden. Vereinzelt wird angeregt, den Grundsatz der Verhältniswahl zwar beizubehalten, aber insofern zu lockern, als die Einführung einzelner mehrheitsfördernder Elemente ermöglicht werden sollte.

 

Vorgeschlagen wird erneut, die Mandatsverteilung in Hinkunft nach der Zahl der Wahlberechtigten und nicht nach der Zahl der jeweils im Wahlkreis wohnhaften Staatsbürger vorzunehmen.

 

Überwiegend wird die Auffassung vertreten, dass das Einspruchsrecht des Bundes hinsichtlich der Gesetzgebung der Länder in Art. 98 B‑VG gestrichen werden soll. Das in Art. 97 Abs. 2 B‑VG vorgesehene Zustimmungsrecht für den Fall der Mitwirkung von Bundesorganen an der Landesvollziehung soll hingegen beibehalten werden. Vereinzelt wird die Streichung des Art. 100 B‑VG (Möglichkeit der Auflösung eines Landtages durch den Bundespräsidenten) angeregt.

 

 

2.2. Länder: Exekutive/Landesregierung, insbesondere Landeshauptmann

 

Im Ausschuss besteht Konsens darüber, dass das BVG über die Ämter der Landesregierungen als Nebengesetz aufgehoben werden kann und die organisationsrechtlichen Vorgaben für die Landesverwaltung auf bundesverfassungsrechtlicher Ebene zurückgeschraubt werden sollen. Uneinigkeit besteht darüber, ob das B‑VG überhaupt keine Vorgaben mehr für die Ausgestaltung der Landesverwaltung beinhalten soll oder ob es zumindest eine grundsätzliche Bestimmung über das Bestehen eines Amtes der Landesregierung als bürokratischer Apparat enthalten soll.

 

Uneinigkeit besteht auch darüber, ob die Regelung der Bestellung der Landesregierung geändert und insbesondere die Direktwahl des Landeshauptmannes ermöglicht werden soll. Vorgeschlagen wird in diesem Zusammenhang, diese Frage zur Gänze in die Verfassungsautonomie der Länder zu übertragen.

 

Angeregt wird, die Bestimmung des Art. 101 Abs. 4 B‑VG (Angelobung des Landeshauptmannes) dahingehend zu adaptieren, dass die Angelobung auch auf die Landesverfassung erfolgen sollte. Des weiteren wird die Notwendigkeit einer derartigen Regelung auf bundesverfassungsrechtlicher Ebene überhaupt in Frage gestellt.

 

Im Zusammenhang mit der Sonderstellung Wiens wird in mehreren Diskussionsbeiträgen die Forderung erhoben, die Möglichkeiten der (insbesondere länderübergreifenden) Kooperation zwischen den Gebietskörperschaften zu verbessern.

 

 

3. Gemeinden

 

Vereinzelt wird eine verfassungsrechtliche Bestandsgarantie für die bestehenden Gemeinden gefordert. Zu klären wäre diesfalls die Frage, wer einer allfälligen Zusammenlegung von Gemeinden zustimmen muss.

 

In mehreren Diskussionsbeiträgen wird vorgeschlagen, die Bildung von (insbesondere länderübergreifenden) Gemeindeverbänden zu vereinfachen. Vereinzelt wird gefordert, die demokratische Ausgestaltung derartiger Gemeindeverbände zu verbessern.

 

Uneinigkeit besteht darüber, ob es zweckmäßig ist, die Übertragung von Aufgaben der Bezirksverwaltungsbehörden auf Gemeinden bzw. Gemeindeverbände zu erleichtern, wobei sich hier insbesondere die Frage stellt, bei welcher Größe eine Verwaltungseinheit diese Aufgaben am effizientesten erledigen kann. Divergierende Auffassungen bestehen auch darüber, ob die Demokratisierung der Bezirksverwaltungsbehörden als solche überhaupt wünschenswert ist.

 

Uneinigkeit besteht auch darüber, ob die in Art. 116 Abs. 3 B‑VG vorgesehene Grenze für die Verleihung des Stadtrechts von derzeit 20.000 auf 10.000 Einwohner abgesenkt werden soll. Vorgeschlagen wird in diesem Zusammenhang, das dafür vorgesehene Zustimmungsrecht der Bundesregierung zu beseitigen. Ebenfalls vorgeschlagen wird, den Gemeinden - bei Erfüllung bestimmter Voraussetzungen - einen Anspruch auf Erteilung des Stadtrechts einzuräumen.

 

Dr. Hink erklärt sich seitens des Gemeindebundes bereit, einen Textvorschlag hinsichtlich der Art. 115 bis 120 B‑VG auszuarbeiten. Neben einer allfälligen Reduzierung des Verfassungstextes sollen insbesondere folgende Punkte angesprochen werden: Erlassung ortspolizeilicher Verordnungen; Übertragung von Gemeindeaufgaben auf staatliche Behörden; Rechtmäßigkeitskontrolle von im eigenen Wirkungsbereich erlassenen Verordnungen; Angelobung des Bürgermeisters; Möglichkeiten einer (länderübergreifenden) Kooperation zwischen den Gemeinden. Soweit dies möglich ist, soll der zu erstellende Textvorschlag mit dem Österreichischen Städtebund akkordiert werden. Seitens des Ausschussvorsitzenden wird für die Fortsetzung der Beratungen zu dieser Thematik der in der Regierungsvorlage zur Bundesstaatsreform (14 BlgNR 20. GP) dazu enthaltene Textvorschlag vorgelegt werden.

 

 

Der nächste Sitzungstermin ist mit Donnerstag, 20. November 2003, 10.00 bis 18.00 Uhr fixiert. Eine Einladung wird gesondert ergehen.

 

 

 

Vorsitzender des Ausschusses 3:                                             Fachliche Ausschussunterstützung:

 

 

 

 

 

Univ.Prof. Dr. Gerhart Holzinger e.h.                           Dr. Clemens Mayr e.h.