Anwesende:
Ausschussmitglieder (Vertreter):
Univ.-Prof. Dr. Clemens Jabloner (Vorsitzender)
Univ.-Prof. Dr. Bernd-Christian Funk (bis ca. 13.00 Uhr)
Univ.-Prof. DDr. Christoph Grabenwarter (bis ca.
11.30 Uhr)
Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Karl Korinek
DDr. Karl Lengheimer
Gerhard Neustifter (für
Maga. Sonja Wehsely)
Dr. Johann Rzeszut
Dr. Johannes Schnizer (ab
ca. 12.30 Uhr)
Maga. Terezija Stoisits (ab
ca. 11.00 Uhr)
Weitere Teilnehmer:
Mag. Ronald Faber (für
Dr. Peter Kostelka; ab ca. 12.30 Uhr)
Dr. Gerhard Kuras (als Begleitperson von
Dr. Johann Rzeszut)
Maga.
Claudia Marik (für
Dr. Claudia Kahr)
Maga.
Andrea Martin (als
Begleitperson von
Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Karl
Korinek)
Mag.
Michael Schön (für
Herbert Scheibner)
Mag. Thomas Sperlich (als
Begleitperson von Maga. Terezija Stoisits)
Mag. Dr. Wolfgang Steiner (für
LT-Präsidentin Angela Orthner)
Büro des
Österreich-Konvents:
Dr. Gert Schernthanner (fachliche
Ausschussunterstützung)
Brigitte Birkner (Ausschusssekretariat)
Entschuldigt:
Mag. Heribert Donnerbauer
BM
Elisabeth Gehrer
Univ.-Prof. Dr. Herbert Haller
Univ.-Prof. Dr. Gerhart Holzinger
Maga. Sonja Wehsely
Beginn: 10.15 Uhr
Ende: 16.15 Uhr
Tagesordnungspunkte:
1. Begrüßung, Feststellung der Anwesenheit,
Genehmigung des Protokolls über die elfte Sitzung am 1. September 2004
2. Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz auf der Grundlage des zwischenzeitlich überarbeiteten gemeinsamen Textvorschlags Grabenwarter/Jabloner (dieser überarbeitete Textvorschlag wurde als Anlage an alle Ausschussmitglieder versendet)
3. Einführung der Gesetzesbeschwerde auf der Grundlage des gemeinsamen Textvorschlags Jabloner/Grabenwarter/Rzeszut samt Erläuterungen (auch dieser Textvorschlag wurde als Anlage an alle Ausschussmitglieder versendet)
4. Einführung der Urteils- bzw. „Verfassungsbeschwerde“ (diesbezüglich vorliegende Textvorschläge, u. a. von AbgNR Maga. Stoisits und Dr. Schnizer, wurden als Anlagen ebenfalls an alle Ausschussmitglieder versendet)
5. Allfälliges
Der Ausschussvorsitzende begrüßt die Teilnehmer des Ausschusses 9 und
stellt die Anwesenheit (Umlauf der Anwesenheitsliste) fest.
Das Protokoll über die elfte Sitzung des Ausschusses 9 vom 1. September
2004 wird ohne Änderungen genehmigt.
Zu den in der 10. Sitzung des Ausschusses
9 vom 2. Juli 2004 in Auftrag gegebenen Textvorschlägen wird festgehalten,
-
dass
hinsichtlich der Forderung nach Einführung eines weisungsfreien
Bundesstaatsanwalts (vgl. Protokoll über die 10. Sitzung, S. 3) die
seinerzeitigen Initiativanträge der Sozialdemokratischen Parlamentsfraktion
nicht neuerlich überarbeitet werden (Information von Mag. Faber nach
Sitzungsende nachgereicht);
-
dass
hinsichtlich der Forderung nach Einführung eines Organstreitverfahrens vor dem
VfGH (vgl. Protokoll über die 10. Sitzung, S. 4 f, und Protokoll über die 11.
Sitzung, S. 5 f)
schriftliche Überlegungen von AbgNR Maga. Stoisits am Montag,
dem 20.9.2004, vorgelegt werden;
-
dass
hinsichtlich der Problematik der Staatshaftung bei Verletzung von nationalem
(Verfassungs-)Recht bzw. der Säumnis des einfachen Gesetzgebers bei der
Umsetzung von nationalem Verfassungsrecht (vgl. Protokoll über die 10. Sitzung,
S. 8 oben) ein Textvorschlag von Dr. Schnizer zu gegebenem Zeitpunkt
erstattet werde (Information von Mag. Faber);
-
dass
hinsichtlich der Forderung nach Einführung einer Beschwerdemöglichkeit der
Volksanwaltschaft „zur Wahrung des Gesetzes“ (vgl. Protokoll über die 10.
Sitzung, S. 8 Mitte)
noch nicht abschließend geklärt sei, ob von AbgNR Maga. Stoisits
diesbezüglich noch ein Textvorschlag vorgelegt werde, und
-
dass
hinsichtlich der Frage eines allfälligen Änderungsbedarfs bei der Regelung über
die Exekution von Erkenntnissen des VfGH (vgl. Protokoll über die 10. Sitzung,
S. 8 unten) Präsident Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. Korinek und Maga.
Martin allenfalls noch (schriftliche) Überlegungen anstellen werden.
Zusätzlich zu den schon per E-Mail
ausgesendeten Dokumenten weist der Ausschussvorsitzende noch auf die erst
unmittelbar vor Beginn der Sitzung vom Land Wien (Gerhard Neustifter)
vorgelegte Stellungnahme zum gemeinsamen Textvorschlag Grabenwarter/Jabloner
für die Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz hin.
Tagesordnungspunkt 2.: Diskussion über die Einführung der
Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz auf der Grundlage des
zwischenzeitlich überarbeiteten gemeinsamen Textvorschlags Grabenwarter/Jabloner
Der
Ausschussvorsitzende stellt den von Univ.-Prof. DDr. Grabenwarter und
ihm selbst überarbeiteten und am 8. September 2004 an alle Ausschussmitglieder
versendeten gemeinsamen Textvorschlag für die Einführung der
Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz zur Diskussion.
Im
Folgenden wird dieser gemeinsame Textvorschlag – Artikel für Artikel und
Absatz für Absatz – diskutiert:
Zu
Art. 89:
Der
Ausschussvorsitzende weist darauf hin, dass aufgrund des Art. 89 Abs. 2
des Entwurfs in Zukunft allen „Gerichten“, also sowohl allen ordentlichen
Gerichten als auch allen Verwaltungsgerichten (des Bundes und der Länder)
erster Instanz und auch dem VwGH, die Befugnis eingeräumt werden solle,
rechtswidrige generelle Rechtsvorschriften (Verordnungen, Gesetze,
Staatsverträge und Wiederverlautbarungen) beim VfGH anzufechten. Damit solle
rechtspolitisch jener Weg zu Ende geführt werden, der im Jahr 1929
(Einräumung dieser Befugnis an den OGH und den VwGH) begonnen und im
Jahr 1975 (Ausweitung dieser Befugnisse auf die Gerichte zweiter Instanz)
fortgesetzt worden sei.
Festgehalten
wird, dass gemäß Art. 89 Abs. 1 des Entwurfs die Prüfung der
Gültigkeit gehörig kundgemachter genereller Normen – wie schon
bisher – den Gerichten nicht zustehe.
Hingewiesen
wird schließlich darauf, dass sich in dem gemeinsamen Textvorschlag von AbgNR
Maga. Stoisits und Dr. Schnizer zur
Einführung einer „Verfassungsbeschwerde“ und zur Erweiterung der
Anfechtungslegitimation auch eine Neutextierung des Art. 89 B-VG finde,
die inhaltlich im Wesentlichen dasselbe aussage wie der vorliegende
Textvorschlag, jedoch sprachlich besser sei. Die Autoren des vorliegenden
Entwurfs werden gemeinsam mit der Ausschussbetreuung den Art. 89 des
Entwurfs in sprachlicher Hinsicht allenfalls adaptieren; in inhaltlicher
Hinsicht kann jedenfalls Konsens über den derzeitigen Art. 89 des Entwurfs
erzielt werden.
Zu
Art. 129:
Zu Abs. 1:
Es
wird die Forderung erhoben, den Ausdruck „Gesetzmäßigkeit“ durch den weiter
gehenden Begriff „Rechtmäßigkeit“ zu ersetzen. Damit würde man sowohl
europarechtlichen Entwicklungen als auch der ständigen Judikatur des VfGH
besser entsprechen. Jedenfalls müsse vermieden werden, dass durch die
Verwendung des Worts „Gesetzmäßigkeit“ ein Rückschritt hinsichtlich des
Prüfungsumfangs der Verwaltungsgerichte und des VwGH eintrete. Letztlich kann
diesbezüglich aber Konsens erzielt werden, den Ausdruck „Gesetzmäßigkeit“ im
Text des Entwurfs zu belassen, jedoch in den Erläuterungen ausdrücklich
klarzustellen, dass das Wort „Gesetzmäßigkeit“ auch der Abgrenzung von der
Sicherung der „Rechtmäßigkeit“ durch den VfGH diene und in dem durch die
Judikatur des VfGH entwickelten, erweiterten Umfang zu interpretieren und zu
verstehen sei.
Zu Abs. 2:
Hier
wird insbesondere der zweite Satz („Darüber hinaus können die Länder
für bestimmte Angelegenheiten besondere Verwaltungsgerichte einrichten, ...“)
einer eingehenden Prüfung unterzogen. Es wird die Forderung erhoben, die Worte
„die Länder“ durch die Wortfolge „die Landesgesetzgeber“ zu ersetzen, um
klarzustellen, dass auch der einfache Landesgesetzgeber (und nicht nur der
Landesverfassungsgesetzgeber) berechtigt sei, besondere Verwaltungsgerichte
einzurichten. Immerhin handle es sich um die Einrichtung weisungsfreier und
unabhängiger besonderer Gerichtsbehörden, die sonst nur dem
Verfassungsgesetzgeber vorbehalten sei. Insbesondere stelle sich das Problem
bei schon bestehenden weisungsfreien Behörden, die aufgrund der jetzigen
Textierung des Entwurfs neuerlich – auf Verfassungsebene – geschaffen
werden müssten. Es wird diesbezüglich auch vor der Gefahr einer Blockade
gewarnt und darauf hingewiesen, dass zu diesem Rechtsproblem in den meisten
Landesverfassungen, etwa in der Wiener Landesverfassung, keine Sonderregelungen
bestünden, sondern die Verfassungen dazu vielmehr schweigen würden.
Gegen
diese Forderung werden jedoch mehrere Einwände erhoben: Einerseits wird unter
Hinweis auf Art. 99 B-VG argumentiert, dass eine Regelung, wonach die Einrichtung
neuer Verwaltungsgerichte der Länder zwingend durch einfaches Landesgesetz
vorgesehen werden müsste, legistisch schwierig und vor allem ein massiver
Eingriff in die Verfassungsautonomie der Länder wäre. Andererseits wird darauf
hingewiesen, dass eine solche „Öffnung“ zugunsten des einfachen
Landesgesetzgebers mit den diesbezüglich im Ausschuss 2 bereits angestellten
Überlegungen in geradezu diametralem Gegensatz stünde. Schließlich sei die
jetzige Formulierung „die Länder“ ohnedies so offen gewählt, dass es letztlich
in der Verfassungsautonomie der Länder liege, ob man neue Verwaltungsgerichte
mit einfachem Landesgesetz oder mit Landesverfassungsgesetz einrichten wolle;
insofern könnte die jetzt im Text gefundene Formulierung beibehalten und eine Klarstellung
in den Erläuterungen getroffen werden. Man fasst schließlich ins Auge, die
Fortführbarkeit von bisherigen weisungsfreien Kollegialbehörden als zukünftige
Verwaltungsgerichte der Länder im Übergangsrecht ausdrücklich zu regeln.
Zum
zweiten Halbsatz („..., soweit dies im Sinne der Sparsamkeit,
Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit für notwendig erachtet wird.“) wird
festgehalten, dass es sich dabei um eine subjektive Bedarfskompetenz der Länder
handle, dies aber politisch so gewollt gewesen sei.
Zu
Art. 130:
Zu
Abs. 1:
Zur Z.
1 des Abs. 1 (in Verbindung mit Abs. 2) wird kritisch vorgebracht, dass diese
Bestimmung das bisherige wesentlich unsubstanziiertere Berufungsrecht gegen
Bescheide der Verwaltungsbehörden auf „Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit“
einschränke und daher schon auf der ersten Anfechtungsebene ähnlich strenge
Maßstäbe anlege, wie sie bisher nur für die VwGH-Beschwerde gegolten hätten.
Anfechtungen von Ermessensentscheidungen seien somit – außer beim
Ermessensexzess außerhalb jeglichen gesetzlichen Rahmens – gar nicht mehr
möglich. Zwar könne man an ein Landesverwaltungsgericht derart hohe
Anforderungen stellen; in Wahrheit wäre mit einer solchen Regelung aber eine
ganz wesentliche Einschränkung des Rechtsschutzes gegenüber der geltenden
Rechtslage verbunden, was sehr kritisch zu hinterfragen sei.
Weiters
wird (im Papier Schnizer) die Forderung erhoben, den zweiten Satz der Z.
4 des Abs. 1 zu streichen,
weil den Ländern keinesfalls ein Zustimmungsrecht in jenen Angelegenheiten eingeräumt
werden könne, die sie im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung vollziehen;
diese Forderung entspreche nicht nur dem in der 10. Ausschusssitzung vom
2. Juli 2004 gefundenen Konsens, sondern auch dem Ergänzungsmandat für den
Ausschuss 9 vom 25. Juni 2004.
In der
anschließenden Diskussion wird darauf hingewiesen, dass aufgrund des
Art. 130 Abs. 1 des Entwurfs die neu einzurichtenden Verwaltungsgerichte
lediglich an die Stelle der bisherigen Berufungsbehörden, insbesondere der
Unabhängigen Verwaltungssenate, treten. Gegenüber der bisherigen Zuständigkeit
der Unabhängigen Verwaltungssenate enthalte vor allem die Z. 1 eine wesentliche
Erweiterung, weil nunmehr gegen alle Bescheide der Verwaltungsbehörden
Beschwerde erhoben werden könne. Richtig sei aber, dass die Worte „wegen
Rechtswidrigkeit“ in der Z. 2 des Abs. 1 missverständlich seien, sodass man
sich letztlich – in Anlehnung an den jetzt geltenden Art. 129a Abs. 1
Z. 2 B-VG über die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern – auf
folgende Textierung einigt:
„2.
gegen die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt durch
Verwaltungsbehörden wegen einer behaupteten Rechtsverletzung;“
Zur Z.
4 des Entwurfs wird darauf hingewiesen, dass diese deshalb erforderlich sei, um
in verfassungskonformer Weise Rechtsmittel an die Unabhängigen
Verwaltungssenate, die sich weder gegen Bescheide noch gegen die Ausübung
unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt richten, als Beschwerden an die
Verwaltungsgerichte beibehalten zu können. Diesbezüglich wird jedoch
kritisiert, dass diese Ziffer unzureichend sei, weil sie zu wenig weit gehe und
sich überhaupt das gesamte Rechtsschutzsystem noch immer an den Formen und
nicht an den Wirkungen orientiere. Im Übrigen sei – im Sinne der Ausführungen Schnizers
– der letzte Satz der Z. 4 missverständlich, weil er nicht klar genug zum
Ausdruck bringe, dass er sich lediglich auf die „Angelegenheiten“ der Z. 4
beziehe. All diesen Bedenken wird insofern Rechnung getragen, als im Ausschuss
– nach langer und eingehender Diskussion – Konsens über folgende Neutextierung
der Z. 4 erzielt werden kann:
„4. ansonsten,
wenn die die einzelnen Gebiete der Verwaltung regelnden Bundes- oder
Landesgesetze den Verwaltungsgerichten die Zuständigkeit übertragen, über
Beschwerden anderer Art zu entscheiden; den Verwaltungsgerichten der Länder
dürfen solche Angelegenheiten durch Bundesgesetz nur mit Zustimmung der
Länder zugewiesen werden.“
Zu
diesem letzten Halbsatz wird ergänzend darauf hingewiesen, dass dann, wenn
seitens der Länder eine solche Zustimmung nicht erteilt wird, die Regelung des
Art. 131 Abs. 2 Z. 3 des Entwurfs greife, wonach in solchen Fällen eine
Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts (der Verwaltungsgerichte) des Bundes
begründet werde.
Zu
Abs. 2:
Diese
Bestimmung wird insofern kritisiert, als sie entweder eine
Selbstverständlichkeit oder aber den Versuch einer prohibitiven Kontrolle
darstelle. Jedenfalls sei mit dieser Bestimmung die Gefahr einer ganz
wesentlichen Einschränkung des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes
verbunden; Anfechtungen von Ermessensentscheidungen seien in Zukunft kaum mehr
möglich.
Dieser
Kritik wird jedoch entgegen gehalten, dass man sich nun bereits in einer
relativ späten Phase des Konvents- bzw. Diskussionsprozesses befinde und die
Ermessensproblematik, mit der man in der Vergangenheit im Übrigen ganz gut
„gelebt“ habe, in der Kürze der noch zur Verfügung stehenden Zeit nicht lösbar
sei. Es wird davor gewarnt, hinter den derzeitigen, mühsam erarbeiteten Konsens
wieder zurückzufallen. Der diesbezüglich sehr berechtigten Kritik wird aber
insofern Rechnung getragen, als man den Umfang des behördlichen Ermessens gemäß
Abs. 2 des Entwurfs dadurch einschränkt, dass man die Rechtswidrigkeit auf die
Fälle des Abs. 1 Z. 1 (Bescheide von Verwaltungsbehörden) einschränkt. So kann
im Ausschuss Konsens darüber Konsens erzielt werden, in Abs. 2 nach dem Wort
„Rechtswidrigkeit“ die Wortfolge „im Sinn des Abs. 1 Z. 1“ einzufügen,
wobei von mancher Seite hinzugefügt wird, dass dies aus legistischer Sicht gar
nicht notwendig wäre, zumal in den 4 Ziffern des Abs. 1 nur mehr in Z. 1 von
der „Rechtswidrigkeit“ ausdrücklich die Rede sei. Aus Gründen der Klarheit und
Verständlichkeit einigt man sich aber dennoch auf den zitierten Einschub.
Im Zusammenhang mit Art. 130 Abs. 1 und 2 des
Entwurfs wird auch die Frage des vorläufigen Rechtsschutzes diskutiert: Von
einer Seite wird die Forderung nach ausdrücklicher Verankerung des vorläufigen
Rechtsschutzes erhoben und in diesem Zusammenhang die Meinung vertreten, die
Wortfolge „... die einzelnen Gebiete der Verwaltung ...“ in Abs. 1 Z. 4
wegzulassen. Dem wird jedoch mehrheitlich entgegen gehalten, dass diese
Wortfolge aufrecht belassen werden sollte, zumal selbst dann, wenn man einen
vorläufigen Rechtsschutz verankern wollte, dies jeweils im Einzelfall
gesetzlich vorgesehen werden müsste. Ansonsten sollte das Problem des
vorläufigen Rechtsschutzes auf einfachgesetzlicher Ebene geregelt werden; in
die Erläuterungen zum Textentwurf sollte der Hinweis aufgenommen werden, dass
der vorläufige Rechtsschutz – als Annex zum jeweiligen Materiengesetz – in
diesem jeweils mitzuregeln ist. Das Verfahrensrecht müsse dazu komplementäre
Regelungen enthalten.
Zu Abs.
3:
Es wird einerseits – im Sinne der Stellungnahme
des Landes Wien – kritisiert, dass es der Abs. 3 des Entwurfs den
Verwaltungsgerichten in Zukunft besonders leicht machen würde, statt
reformatorisch bloß kassatorisch (und an die Verwaltungsbehörde
zurückverweisend) tätig zu werden. Hier solle eine wesentlich stärkere
Anlehnung an das jetzige Verhältnis zwischen § 66 Abs. 2 AVG und § 66 Abs. 4
AVG erfolgen und eine kassatorische bzw. zurückverweisende Entscheidung des
Verwaltungsgerichts nur dann zulässig sein, wenn ein äußerst lückenhaftes
Ermittlungsergebnis auf Verwaltungsebene vorliege. Den Verwaltungsgerichten
solle die Zurückverweisung nur dann gestattet werden, wenn die gebotene
Vervollständigung des Ermittlungsverfahrens nach den Grundsätzen der Raschheit,
Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis vom Verwaltungsgericht – etwa
im Zuge einer Verhandlung – nicht durchgeführt werden könne.
Darüber hinaus wird – im Sinne der Anmerkung Schnizers
– kritisiert, dass die jetzige Textierung des Abs. 3 nicht jenes
Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen Reformatorik und Kasstorik zum Ausdruck
bringe, auf das man sich im Ausschuss, insbesondere in der 10. Sitzung vom
2. Juli 2004 (vgl. Protokoll, S. 11) geeinigt habe.
Vor diesem Hintergrund sprechen sich manche
Ausschussmitglieder für die Einfügung des Worts „grundsätzlich“ im ersten Satz
des Abs. 3 aus, manche Ausschussmitglieder schließen sich der in eckiger
Klammer stehenden Alternativvariante Grabenwarter an. Zu dieser
Alternativvariante Grabenwarter wird jedoch auf die
Entwicklungsgeschichte dieses Problems hingewiesen und festgehalten, dass der
Streit über die (reformatorische oder kassatorische) Entscheidungsbefugnis der
Verwaltungsgerichte jahrelang der „springende Punkt“ in der politischen
Auseinandersetzung insbesondere zwischen Bund und Ländern gewesen sei und man
daher nunmehr ausdrücklich – und zwar auf Verfassungsebene – Stellung beziehe
müsse. Einig ist man sich im Ausschuss darüber, dass es zu keiner Verlagerung
der Arbeit von der Verwaltungsbehörde auf das zukünftige Verwaltungsgericht
kommen dürfe; dies schon aufgrund der damit verbundenen Gefahr einer steigenden
Kostenbelastung. Ausdrücklich zur Diskussion gestellt wird auch die im jetzigen
Text festgelegte Differenzierung zwischen Administrativverfahren
(„grundsätzlich“ reformatorisch) und Verwaltungsstrafverfahren („jedenfalls“
reformatorisch), wobei letztlich Konsens darüber besteht, diese Differenzierung
aufrecht zu belassen.
Letztlich kann im Ausschuss folgender Konsens
erzielt werden:
a) Die jetzige Textierung des Abs. 3 bleibt mit
der Maßgabe aufrecht, dass der letzte Satz wie folgt zu lauten hat: „In den Verfahren
wegen Verwaltungsübertretungen hat das Verwaltungsgericht jedenfalls in der
Sache selbst zu entscheiden.“
b) Die schon im jetzigen Entwurf in eckiger
Klammer stehende Alternativvariante Grabenwarter bleibt unverändert
aufrecht.
c) Zu dieser ersten Alternativvariante wird –
auch im Sinne der Anmerkungen Schnizers – noch eine weitere gemeinsame
Alternativvariante Jabloner/Funk hinzugefügt, die wie folgt lautet:
„(3) In den Angelegenheiten des Abs. 1 Z. 1 hat
das Verwaltungsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, außer der Sacherhalt
steht noch nicht fest und kann auch nicht im Interesse der Beschleunigung der
Erledigung oder einer erheblichen Kosteneinsparung – insbesondere im Rahmen
einer mündlichen Verhandlung – festgestellt werden. In den Verfahren wegen
Verwaltungsübertretungen hat das Verwaltungsgericht jedenfalls in der Sache
selbst zu entscheiden.“
Zu
Art. 131:
Hier wird – im Sinne der Anmerkungen Schnizers
– in dreierlei Hinsicht Kritik geübt: Erstens solle im Abs. 1 aus Gründen der
Übersichtlichkeit und leichteren Verständlichkeit die Hauptzuständigkeit der
zukünftigen Verwaltungsgerichte der Länder, nämlich die Entscheidung über
Bescheide, aus der Bestimmung der Z. 3 herausgelöst und als neue Z. 1 an den
Beginn der Aufzählung der Zuständigkeiten gestellt werden.
Zweitens solle in Abs. 2 Z. 3 des Entwurfs die
Textierung wie folgt geändert werden:
„Über sonstige Beschwerden in Angelegenheiten
des Art. 130 Abs. 1 Z. 4, die ihnen durch Bundesgesetz zugewiesen werden.“ Dazu wird ergänzend ausgeführt,
dass es für den rechtssuchenden Bürger nicht ersichtlich (und letztlich auch
nicht von Bedeutung) sei, ob die Länder einer Übertragung zugestimmt hätten
oder nicht, sodass diese Wortfolge im Verfassungstext nicht vorkommen solle.
Drittens wird die Forderung erhoben, den Abs. 3
zur Gänze entfallen zu lassen, zumal es im Sinne einer Parität nicht
vorstellbar sei, dass die Länder einseitig die Möglichkeit haben, in
(unmittelbarer) Bundesverwaltung vollzogenen Angelegenheiten des Bundes vor
ihre Gerichte abzuzielen.
Nach ausführlicher Diskussion kann im Ausschuss
Einigung darüber erzielt werden, einerseits die Reihenfolge der bisherigen Abs.
1 und 2 quasi umzudrehen, sodass im neuen Abs. 1 die Kompetenzen des
Verwaltungsgerichts (der Verwaltungsgerichte) des Bundes und im neuen Abs. 2
die Kompetenzen der Verwaltungsgerichte der Länder geregelt werden; andererseits
kommt man überein, den Abs. 3 ersatzlos zu streichen.
Der
Ausschussvorsitzende legt folgende Neutextierung des Art. 131 B-VG vor:
„Artikel 131. (1) Die Verwaltungsgerichte des
Bundes erkennen:
1. über Beschwerden in Angelegenheiten, die –
unbeschadet des Abs. 3 – von Bundesbehörden vollzogen werden; in Verfahren
wegen Verwaltungsübertretungen jedoch nur, soweit es sich um Finanzstrafsachen
des Bundes handelt;
2. über
Beschwerden gegen einvernehmliche Bescheide der zuständigen Landesbehörden und
Bescheide eines Bundesministers nach Art. 15 Abs. 7;
3. über Beschweren
in Angelegenheiten des Art. 130 Abs. 1 Z. 4, sofern die Länder der Zuweisung
der Angelegenheit durch Bundesgesetz nicht zustimmen.
(2) In allen übrigen Angelegenheiten erkennen die
Verwaltungsgerichte der Länder.
(3) Die Verwaltungsgerichte der Länder erkennen
weiters über Beschwerden in Angelegenheiten der Sicherheitsverwaltung [?],
soweit es sich nicht um Bescheide des Bundesministers handelt.“
Über diesen Textvorschlag wird im Ausschuss
eingehend diskutiert; die beiden ersten Absätze können konsentiert werden;
hinsichtlich des Abs. 3 wird zunächst folgende Formulierung vorgeschlagen:
„(3) Die Verwaltungsgerichte der Länder
erkennen weiters über Beschwerden gegen Bescheide der Sicherheitsbehörden des
Bundes mit Ausnahme solcher des Bundesministers.“
Da auch diese Version des Abs. 3 nicht die
Zustimmung aller Ausschussmitglieder findet, einigt man sich letztlich und
abschließend auf folgende Formulierung des Abs. 3:
„(3) Die Verwaltungsgerichte der Länder
erkennen weiters über Beschwerden in Angelegenheiten, die ihnen durch
Bundesgesetz mit Zustimmung der Länder zugewiesen werden.“
Hingewiesen wird in diesem Zusammenhang auch
darauf, dass eine streng organisatorische Anknüpfung bei der
Zuständigkeitsverteilung – insbesondere in den Fällen der Beleihung von
Körperschaften – zu Missverständnissen führen könne; darauf solle in den
Erläuterungen ausdrücklich hingewiesen werden. Einig ist man schließlich auch
darüber, dass die im gegenständlichen Art. 131 des Entwurfs vorgenommene
Kompetenzverteilung zwischen den Verwaltungsgerichten des Bundes einerseits und
jenen der Länder andererseits sehr eng mit der – noch nicht abschließend
entschiedenen – Frage des zukünftigen Schicksals der mittelbaren
Bundesverwaltung (Art. 102 B-VG) zusammenhänge.
Zu
Art. 132:
Zu Abs.
1:
Wie schon in der
10. Sitzung des Ausschusses 9 am 2. Juli 2004 (vgl. Protokoll, S. 12)
kommt man letztlich überein, die Wortfolge „nach Erschöpfung des
Instanzenzugs“ in Z. 1 aufrecht zu belassen, um damit bestimmte Fälle bzw.
Konstellationen, in denen es auch in Zukunft einen Instanzenzug innerhalb der
Verwaltung geben solle (etwa im Bereich der Gemeindeselbstverwaltung),
verfassungsrechtlich abdecken zu können. Gedacht ist insbesondere auch an eine
„Berufungsvorentscheidung“.
Zu Abs.
2:
Ebenso wie in Art. 130 Abs. 1 Z. 2 des Entwurfs
soll auch – darüber besteht im Ausschuss Konsens – in Art. 132 Abs. 2 des
Entwurfs die Wortfolge „wegen Rechtswidrigkeit“ ersatzlos entfallen.
Zu
Art. 133:
Zum gesamten Art. 133 wird – wie schon
schriftlich – vorgebracht, dass das Rechtsmittel gegen Entscheidungen des
Verwaltungsgerichts erster Instanz nicht als „Revision“, sondern als „Berufung“
bezeichnet werden solle, weil dieser Ausdruck auch für Nichtjuristen
verständlich sei. „Revision“ heiße das Rechtsmittel vor dem OGH nur deshalb,
weil es sich bereits um die Revision gegen eine Berufungsentscheidung handle.
Dies sei aber bei den zukünftigen Verwaltungsgerichten nicht der Fall, weil
diese erstinstanzlich entscheiden würden. Dem wird jedoch entgegen gehalten,
dass dann, wenn man die in erster Instanz entscheidende Verwaltungsbehörde in
den Instanzenzug einbeziehe, das Verwaltungsgericht erster Instanz eigentlich
in zweiter Instanz entscheide und der VwGH in dritter Instanz tätig werde,
deshalb die Bezeichnung als „Revision“ sehr wohl seine Richtigkeit habe.
Letztlich kann im Ausschuss kein Konsens für den Gebrauch des Worts „Berufung“
erzielt werden.
Zu Abs.
3:
Im Sinne der schriftlichen Anmerkungen Schnizers
wird die Forderung erhoben, den ersten Satz des Abs. 3 zu streichen: Einerseits
handle es sich dabei um eine verfahrensrechtliche Regelung, die keinen Platz in
der Verfassung habe; andererseits sei eine solche Regelung auch in inhaltlicher
Hinsicht abzulehnen, weil sie nicht rechtsschutzfreundlich sei und in Wahrheit
nur Rechtsanwälte davon abschrecken solle, Zulässigkeitsentscheidungen zu
bekämpfen. Es solle den Beschwerdeführern selbst überlassen bleiben zu
entscheiden, ob sie die Zulässigkeitsentscheidung allein oder gemeinsam mit
der Ausführung der Revision bekämpfen wollen. Die jetzige Textierung würde die
Beschwerdeführer quasi „in die Revision zwingen“.
Dem wird jedoch von mehreren
Ausschussmitgliedern entgegen gehalten, das dieser Vorschlag und die damit
verbundene strikte Trennung zwischen der Bekämpfung des Zulässigkeitsausspruchs
(durch Beschwerde) einerseits und der Bekämpfung der inhaltlichen Entscheidung
(durch Revision) andererseits einen erheblichen Mehraufwand – sowohl für den
Beschwerdeführer als auch für den VwGH – sowie eine zusätzliche Kostenbelastung
des Beschwerdeführers und eine weitere Verfahrensverzögerung mit sich brächte.
Es wird mehrheitlich die Meinung vertreten, dass der Verzögerungsnachteil
schwerer wiege als der allfällige Rechtsschutzvorteil. Eine gewisse Zustimmung
erhält der Vorschlag jedoch insofern, als es durchaus fraglich sei, ob eine
derartige – doch eher verfahrensrechtliche – Frage tatsächlich in der
Verfassung geregelt werden müsse. Dem wird jedoch andererseits entgegen
gehalten, dass das derzeitige Ablehnungsrecht des VwGH ebenfalls
verfassungsrechtlich (in Art. 131 Abs. 3 B-VG) verankert sei, sodass man auch
in Zukunft dazu auf Verfassungsebene ausdrücklich Stellung beziehen müsse. Die
zwingende Verknüpfung der Beschwerde gegen den Zulässigkeitsausspruch und der
Revision gegen die Sachentscheidung habe auch den Vorteil, dass den zuständigen
Richtern des VwGH die inhaltlichen Ausführungen in der Revision – als
Verbreiterung der sachlichen Grundlagen für die Entscheidung über den
Zulässigkeitsausspruch – unter einem zur Kenntnis gelangen.
Trotz intensiver Diskussion kann in dieser
Frage keine Einigung erzielt werden. Ein möglicher Kompromiss könnte sich
dahingehend abzeichnen, dass man zwar einerseits von der verfassungsrechtlichen
Verankerung des Zulassungsmodells absieht, jedoch andererseits eine
Gleichzeitigkeitsregelung (bezüglich der Erhebung der Beschwerde gegen den
Zulässigkeitsausspruch und der Revision gegen die Sachentscheidung) im
einfachen Verfahrensgesetz (VwGG) trifft, die zunächst auch befristet (etwa für
die Dauer von fünf Jahren) erlassen werden könnte.
Wie schon in der 10. Sitzung des Ausschusses 9
am 2. Juli 2004 wird neuerlich Kritik am Parteibegriff und insbesondere am
Revisionsrecht der zuständigen Landesregierungen und Bundesminister in Abs. 3
geübt. Der Ausschussvorsitzende kündigt an, dieser Kritik durch Vorlage eines
Textvorschlags für einen neuen Absatz 3 bei der nächsten Ausschusssitzung
Rechnung zu tragen.
Dieser Textvorschlag könnte wie folgt lauten:
„(3) [Mit der Beschwerde gegen die
Nichtzulassung der Revision ist zugleich die Revision auszuführen.] Unter den
Bedingungen des Abs. 4 kann die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde auch
dann Revision einlegen, wenn sie nicht Partei ist.“
Zu Abs.
5:
Von einer Seite wird gefordert, den letzten
Satz des Abs. 5 ersatzlos zu streichen, zumal diese Bestimmung die
Zulässigkeitsentscheidung der Verwaltungsgerichte erster Instanz mit einem
Ablehnungsrecht des VwGH kumuliere. Im Ausschuss habe jedoch Einigkeit darüber
bestanden, dass der VwGH als reines Revisionsgericht fungieren und ein
Zulässigkeitsmodell eingeführt werden solle; nicht aber, dass zu den ohnedies
sehr eng gehaltenen Zulässigkeitsvoraussetzungen zusätzlich ein
Ablehnungsrecht des VwGH festgelegt werden solle.
Dem wird jedoch von anderer Seite entgegen
gehalten, dass der VwGH – ebenso wie der OGH – nicht an den
Zulässigkeitsausspruch der Verwaltungsgerichte erster Instanz gebunden sein
solle. Darauf habe man sich im Ausschuss geeinigt: So sei im Bericht des
Ausschusses ausdrücklich festgehalten, dass die nachprüfende Kontrolle des
Zulässigkeitsausspruchs durch den VwGH gewährleistet sein müsse
(Ausschussbericht, S. 24). In diesem Sinne werde auch in den Erläuterungen zum
gemeinsamen Textvorschlag Grabenwarter/Jabloner auf die
korrespondierende Bestimmung des § 508a ZPO hingewiesen, wonach bei der Prüfung
der Zulässigkeit der Revision das Revisionsgericht (OGH) an den Ausspruch des
Berufungsgerichts nach § 500 Abs. 2 Z. 3 ZPO gerade nicht gebunden sei (vgl.
Ausschussbericht, S. 64).
Zu
Art. 134:
Zu Abs.
2:
Im letzten Satz ist zwischen den Worten „der
Länder“ und „entnommen werden“ ein Beistrich einzufügen.
Zu Abs.
3:
Im Sinne der Anmerkung Schnizers ist im
letzten Satz das Wort „womöglich“ ersatzlos zu streichen.
Zu den
Abs. 3 und 4:
Von mehreren Seiten wird kritisiert, dass die
Ernennung von Richtern der zukünftigen Verwaltungsgerichte erster Instanz,
soweit es sich nicht um die Stellen der Präsidenten oder Vizepräsidenten
handelt, aufgrund von Dreiervorschlägen des Verwaltungsgerichts erfolgen solle.
Dieser Vorschlag weiche ohne ersichtliche sachliche Rechtfertigung von der
Formulierung des Art. 86 B-VG für die ordentliche Gerichte ab. Er entspreche in
keiner Weise dem im Ausschuss wiederholt vorgebrachten Standpunkt der Länder,
wonach es eine wesentliche Bedingung sei, dass Dreiervorschläge zwar einzuholen
seien, die Landesregierung daran aber nicht gebunden sein solle, sondern von
diesen – wenn auch unter Begründungspflicht – sozusagen als „ultima ratio“
abweichen können solle.
Dieser Vorschlag findet im Ausschuss
mehrheitlich Zustimmung, sodass die jeweils zweiten Sätze in den Abs. 3 und 4
des Art. 134 wie folgt zu lauten hätten:
„Die Bundesregierung [Die Landesregierung]
hat, soweit es sich nicht um die Stelle des Präsidenten oder Vizepräsidenten
handelt, Dreiervorschläge [Besetzungsvorschläge] des jeweiligen
Verwaltungsgerichts des Bundes [des Landes] einzuholen.“
Zu Abs.
5:
Hier wird der Umfang und die Reichweite der
Unvereinbarkeitsbestimmungen hinsichtlich der Mitglieder der zukünftigen
Verwaltungsgerichte als zu weitgehend kritisiert, sodass man sich im Ausschuss
letztlich auf folgende Textierung einigen kann:
„(5) Dem Verwaltungsgerichtshof können
Mitglieder der Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines allgemeinen
Vertretungskörpers nicht angehören; den Verwaltungsgerichten können
Mitglieder der Bundesregierung, einer Landesregierung, des Nationalrats, des
Bundesrats oder eines Landtags nicht angehören; für Mitglieder solcher
allgemeiner Vertretungskörper, die auf eine bestimmte Gesetzgebungs- oder
Funktionsperiode gewählt wurden, dauert die Unvereinbarkeit dauert die
Unvereinbarkeit auch bei vorzeitigem Verzicht auf das Mandat bis zum Ablauf der
Gesetzgebungs- oder Funktionsperiode fort.“
Zu
Art. 135:
Hier wird – im Sinne der Anmerkungen Schnizers
– gefordert, dass die Entscheidung darüber, ob die Verwaltungsgerichte erster
Instanz in Senaten oder durch Einzelmitglieder erkennen, nicht dem
Organisationsgesetzgeber, sondern vielmehr dem Materiengesetzgeber obliegen
solle, der in Kenntnis der Materien diese Entscheidungen am besten treffen könne.
Im diesen Sinne wäre Abs. 1 zu adaptieren.
Dem wird entgegen gehalten, dass der
Organisationsgesetzgeber diese Entscheidung besser durch die Aufstellung
gewisser Kriterien treffen könne. Vorgeschlagen wird auch, grundsätzlich in
Einzelrichterbesetzung zu entscheiden, jedoch dem zuständigen Einzelrichter die
Möglichkeit einzuräumen, einen Senat einzuberufen. Schließlich könnte auch – in
Anlehnung an die ordentliche Gerichtsbarkeit – dem Beschwerdeführer ein
Antragsrecht auf Entscheidung in Senatsbesetzung eingeräumt werden. In diesem
Zusammenhang wird auch auf die Bestimmung des § 37 ASGG hingewiesen, wonach
dann, wenn über die Richtigkeit der Gerichtsbesetzung Zweifel bestehen, das
Gericht mit (selbständig anfechtbarem) Beschluss auszusprechen hat, in welcher
Gerichtsbesetzung das Verfahren zu führen (bzw. fortzuführen) ist.
Den Art. 136 bis (inkl.) 140 des Entwurfs
(Z. 19 bis 26 des gemeinsamen Textvorschlags Grabenwarter/Jabloner) wird
ohne Änderungswünsche zugestimmt.
Zur Neutextierung des Art. 138 Abs. 1 lit.
b) des Entwurfs, insbesondere zur Verwendung des Singulars („b) zwischen
einem Verwaltungsgericht ...“) wird hervorgehoben, dass nunmehr hinreichend
klargestellt sei, dass für Kompetenzkonflikte zwischen mehreren Verwaltungsgerichten
untereinander nicht der VfGH gemäß Art. 138 Abs. 1 lit. b) des Entwurfs,
sondern vielmehr der VwGH gemäß Art. 133 Abs. 1 Z. 3 des Entwurfs zuständig
sei.
Die Diskussion über die
ursprünglich vorgesehenen Tagesordnungspunkte 3. (Einführung der
Gesetzesbeschwerde auf der Grundlage des gemeinsamen Textvorschlags Jabloner/Grabenwarter/Rzeszut)
und 4. (Einführung der Urteilsbeschwerde auf der Grundlage der
diesbezüglich vorliegenden Textvorschläge, u. a. von AbgNR Maga. Stoisits und Dr. Schnizer)
muss aus Zeitgründen auf die nächste Ausschusssitzung vertagt werden.
Tagesordnungspunkt 5.: Allfälliges – weitere Sitzungstermine
Als Termin für die nächste
Sitzung des Ausschusses 9 steht der 23. September 2004, 9.00 bis 16.00 Uhr,
bereits fest.
Die Sitzung wird jedoch nicht im Parlament, sondern im VwGH, Gelber Salon, stattfinden.
Tagesordnung:
- abschließende Diskussion über die Einführung der
Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz unter Beteiligung von Univ.-Prof.
DDr. Grabenwarter;
- Diskussion über die Einführung der Gesetzesbeschwerde
auf der Grundlage des gemeinsamen Textvorschlags Jabloner/Grabenwarter/Rzeszut;
- Diskussion über die Einführung der Urteils- bzw. „Verfassungsbeschwerde“ auf der Grundlage der diesbezüglich vorliegenden Textvorschläge, u. a. von AbgNR Maga. Stoisits und Dr. Schnizer;
- Diskussion über die Einführung eines Organstreitverfahrens vor dem VfGH auf der Grundlage von bis spätestens 20.9.2004 zu erstattenden Textvorschlägen.
Der Ausschussvorsitzende bedankt sich bei
allen erschienenen Ausschussmitgliedern und Vertretern für deren rege und
konstruktive Mitarbeit.
Stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses 9: Fachliche Ausschussunterstützung:
Präsident Univ.-Prof. Dr. Clemens Jabloner e.h. Dr. Gert Schernthanner e.h.