Anwesende:
Ausschussmitglieder (Vertreter):
Univ.-Prof. Dr. Herbert Haller (Vorsitzender)
Univ.-Prof. Dr. Clemens Jabloner (stellvertretender
Vorsitzender)
Mag. Heribert Donnerbauer (für
BM Elisabeth Gehrer)
Univ.-Prof. DDr. Christoph Grabenwarter
Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Karl Korinek
DDr. Karl Lengheimer
Dr. Johann Rzeszut
Dr. Johannes Schnizer
Dr. Kurt Stürzenbecher (für
Maga. Renate Brauner)
Weitere Teilnehmer:
Mag. Ronald Faber (für
Dr. Peter Kostelka)
Dr.
Gerhard Kuras (als „Begleitperson“ von Dr. Johann
Rzeszut)
Mag. Thomas Sperlich (für Maga. Terezija Stoisits)
Büro des
Österreich-Konvents:
Dr. Gert Schernthanner (fachliche
Ausschussunterstützung)
Sladjana Marinkovic (Ausschusssekretariat)
Entschuldigt:
Maga. Renate Brauner
Univ.-Prof. Dr. Bernd-Christian Funk
BM Elisabeth Gehrer
Univ.-Prof. Dr. Gerhart Holzinger
Maga. Terezija Stoisits
Beginn: 10.00 Uhr
Ende: 15.30 Uhr
Tagesordnungspunkte:
1. Begrüßung, Feststellung der
Anwesenheit, Genehmigung des Protokolls über die neunte Sitzung am 7. Juni 2004
2. Besprechung
des vom Präsidium in der Zwischenzeit beschlossenen ergänzenden Mandats und der
daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen; Diskussion über die weitere
Vorgangsweise; Entscheidung darüber, an wen die laut ergänzendem Mandat zu
erstellenden (zum Teil ja bereits – als Entwurf – vorliegenden) Textvorschläge
zur Ausarbeitung bzw. Überarbeitung übertragen werden sollen
3. Fixierung
von etwa 3 bis 5 weiteren Sitzungsterminen im September 2004 (nach dem bereits
für 1. September 2004 beschlossenen Sitzungstermin; laut ergänzendem Mandat
sollte der schriftliche ergänzende Ausschussbericht bis Anfang Oktober 2004
vorliegen)
5. Einführung der
Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz: Inhaltliche Detailberatung des
gemeinsamen Textvorschlags Grabenwarter/Jabloner unter besonderer
Berücksichtigung der Trennung von verfassungsrechtlich Notwendigem und
Erläuterungen sowie Aufnahme von Regelungen in das Übergangsrecht und unter
Berücksichtigung der im ergänzenden Mandat unter I. C. ausdrücklich genannten
Punkte
6. Allfälliges
Der Ausschussvorsitzende begrüßt die Teilnehmer des Ausschusses 9 und
stellt die Anwesenheit (Umlauf der Anwesenheitsliste) fest. Er teilt vorab mit,
dass das Präsidium in seinen Sitzungen vom 28. Mai und 9. Juni 2004 das
ergänzende Mandat für die weiteren Beratungen des Ausschusses 9 beschlossen und
darin dem Ausschuss sehr umfangreiche „Arbeitsaufträge“ erteilt habe.
Das Protokoll über die neunte Sitzung des Ausschusses 9 vom 7. Juni 2004
wird ohne Änderungen genehmigt.
Tagesordnungspunkt 2.: Besprechung des vom Präsidium
beschlossenen ergänzenden Mandats und der daraus zu ziehenden
Schlussfolgerungen; Diskussion über die weitere Vorgangsweise; Entscheidung
darüber, an wen die laut ergänzendem Mandat zu erstellenden Textvorschläge zur
Ausarbeitung bzw. Überarbeitung übertragen werden sollen
Zu Punkt I. A) Ordentliche
Gerichtsbarkeit:
Der Vorsitzende teilt mit, dass an der Erstellung des vom Präsidium in Auftrag gegebenen internationalen Rechtsvergleichs über die Organisationen der Spitzen der Justizverwaltung derzeit gearbeitet werde und dieser Rechtsvergleich in Bälde vorliegen werde. Darüber hinaus werde er zu den Themen „Leistungsanreize für Richter und Leistungskontrolle von Richtern“ gleich lautende Anfragen an das Bundesministerium für Justiz einerseits und an die Standesvertretungen der Richter und Staatsanwälte andererseits stellen. In der Frage des Sprengelrichtereinsatzes sei etwa eine maßvolle Erhöhung der derzeit in Art. 88a B-VG verankerten 2%-Klausel bei gleichzeitiger zeitlicher Beschränkung des Einsatzes als Sprengelrichter denkbar.
In der Frage der Laiengerichtsbarkeit habe man sich im Wesentlichen darauf geeinigt, dass diese im Prinzip ebenso aufrecht erhalten werden solle wie der derzeitige Art. 91 B-VG. Diesbezüglich habe man sich auf einen neuen Absatz 1 in der Fassung eines von Sektionschef Dr. Miklau präsentierten und in der letzten Sitzung adaptierten Entwurfs geeinigt (verfassungsrechtliche Absicherung der Laienbeteiligung, z.B. im Handels- und Arbeitsrecht sowie in der Jugendgerichtsbarkeit); ansonsten sollten die derzeit geltenden Absätze 2 und 3 des Art. 91 B-VG beibehalten werden. Vor dem Hintergrund der Aufrechterhaltung und textlichen Adaptierung des Art. 91 B-VG könne § 28 des ÜG von 1920 aufgehoben bzw. in den Art. 91 B-VG integriert werden.
Hinsichtlich des Themenkomplexes „Weisungsrecht
des Bundesministers für Justiz“ sollten – wie im ergänzenden Mandat
aufgetragen – zwei Textvorschläge ausgearbeitet werden: einerseits ein
Vorschlag zur Verbesserung der Kontrolle und Transparenz des Weisungsrechts
durch einen eigenen parlamentarischen Ausschuss, unter Umständen einen
ständigen Unterausschuss gemäß Art. 52a B-VG, etwa nach Vorbild des derzeit schon
bestehenden „Stasi-Unterausschusses“; ein diesbezüglicher Textvorschlag wird
von der Ausschussbetreuung ausgearbeitet werden; andererseits seien zur
Einrichtung eines weisungsfreien Bundesstaatsanwalts bereits „Textvorschläge“,
etwa die Initiativanträge der Sozialdemokratischen Parlamentsfraktion (329/A
XXI. GP, 126/A XXII. GP), ausgearbeitet und im Ausschuss
bereits behandelt worden; diese Textvorschläge könnten von Dr. Schnizer
überarbeitet und dem Ausschuss neuerlich zur Beratung vorgelegt werden.
Das Problem des Einsichtsrechts in
schriftliche Weisungen gehöre thematisch zu der Frage der Verbesserung der
Kontrolle und Transparenz des Weisungsrechts und sollte daher im Textvorschlag
über die Errichtung eines eigenen parlamentarischen Ausschusses mitbehandelt
werden. Mit dieser Frage könnte auch SChef Dr. Miklau noch befasst
werden.
Hinsichtlich des geplanten Entfalls des § 8
Abs. 5 lit. d) des Übergangsgesetzes 1920 gebe es Überlegungen, das
derzeitige Zustimmungsrecht der Landesregierungen durch ein bloßes
Stellungnahme- bzw. Anhörungsrecht – allenfalls auch im Wege des Bundesrats –
zu ersetzen; diesbezüglich sagt DDr. Lengheimer zu, seine Überlegungen
in schriftlicher Form dem Ausschuss vorzulegen.
I. B) Gerichtshöfe öffentlichen Rechts – Höchstgerichte:
Zum gesamten Themenkomplex „Konzentration der
Verwaltungsgerichtsbarkeit – Umdrehung der Sukzessivbeschwerde –
Subsidiarantrag – Urteilsbeschwerde“ sollten zwei Textvarianten – unter
Berücksichtigung der Frage der Erweiterung der Vorlagepflicht an den VfGH gemäß
Art. 89 Abs. 2 B-VG auf alle Gerichte, also auch jene 1. Instanz –
ausgearbeitet werden: und zwar einerseits ein Textvorschlag zur Einrichtung
eines Subsidiarantrags, wie er im Ausschussbericht bereits beinhaltet
ist (siehe S. 46 ff); dieser „Erstvorschlag“ sollte von Präsident Univ.-Prof.
Dr. Jabloner und Univ.-Prof. DDr. Grabenwarter unter
Berücksichtigung der vom BMJ entwickelten Idee der Einbeziehung der
Generalprokuratur als Antragstellerin überarbeitet und ergänzt werden.
Andererseits sollte auch ein Textvorschlag zur
Einrichtung einer so genannten Urteilsbeschwerde (inkl. ausgeprägtem
Ablehnungsrecht und bei gleichzeitigem Entfall des Art. 144 Abs. 1 1.Fall B-VG)
ausgearbeitet werden; diesbezüglich seien bereits Vorarbeiten von Univ.-Prof.
Dr. Holzinger geleistet worden; diese Vorarbeiten könnten gemeinsam mit
Dr. Schnizer noch überarbeitet werden. In der sich daran anschließenden
Diskussion wird insbesondere darauf hingewiesen, dass eine Urteilsbeschwerde
gegen alle „letztinstanzlichen gerichtlichen Entscheidungen“ (so der Auftrag in
ergänzenden Mandat) automatisch zu einer Verlängerung der Rechtswege und damit
der Verfahrensdauer führen würde. Eine durchgehende verfassungsgerichtliche
Kontrolle der ordentlichen Gerichtsbarkeit würde nämlich voraussetzen, dass mit
der Behauptung einer Verfassungsverletzung entweder stets der OGH angerufen
werden könnte oder aber Verfassungsbeschwerde gegen letztinstanzliche
Entscheidungen auch untergeordneter Gerichte zulässig zu sein hätten: Die erstgenannte
Variante hätte zur Folge, dass die in der ZPO vorgesehenen
Berufungsbeschränkungen und Revisionsgrenzen zu Fallen hätten, ferner sämtliche
Beschränkungen des Rechts zur Erhebung von Rekursen und Revisonsrekursen; die
letztgenannte Variante – Anrufbarkeit des VfGH unmittelbar nach dem derzeit
zuständigen Gericht (auch OLG oder LG) – würde zu einer beträchtlichen
Mehrbelastung des VfGH mit entsprechenden Auswirkungen auf seine Organisation
führen.
Den vom Präsidium verlangten Textvorschlag für
die Möglichkeit einer „dissenting
opinion“ (eingeschränkt auf den VfGH)
könnten der Ausschussvorsitzende und der Ausschussbetreuer ausarbeiten.
Zum
Thema „Organstreitverfahren vor dem VfGH“ wird festgehalten, dass dieses
vom Ausschuss 8 in dessen Ausschussbericht nur einmal kurz gestreift worden sei
(vgl. AB 08, S. 18), dass darüber aber im Ausschuss 9 noch nicht diskutiert
worden sei. Es wird darauf hingewiesen, dass dies ein äußerst komplexes Thema
mit weit reichenden Auswirkungen auf das gesamte Verfassungsrechtsgefüge sei
und dass man vor der Ausarbeitung eines Textvorschlags eine Grundsatzdiskussion
darüber führen müsste, ob man ein solches Organstreitverfahren überhaupt
einführen wolle. Diesbezüglich könnte man auf die Erfahrungen in Deutschland
zurückgreifen (Art. 93 des Bonner Grundgesetzes i.V.m. den Bestimmungen des
deutschen Bundesverfassungsgerichtsgesetzes). Festgehalten wird schließlich,
dass es zu diesem Thema einer Koordination der Ausschüsse 8 und 9 bedürfe und
dass eine Diskussion über dieses Thema in der ersten Sitzung des Ausschusses 9
nach der Sommerpause (also am 1. September 2004) geführt werden solle.
I.
C) Verwaltungsgerichtsbarkeit in den Ländern bzw. Verwaltungsgerichtsbarkeit 1.
Instanz:
Der Vorsitzende teilt mit, dass über dieses
Thema – auf der Grundlage des von Univ.-Prof. DDr. Grabenwarter und
Präsident Univ.-Prof. Dr. Jabloner ausgearbeiteten gemeinsamen
Textvorschlags – noch einmal unter besonderer Berücksichtigung der Trennung von
verfassungsrechtlich Notwendigem und bloßen Erläuterungen sowie der Aufnahme
von Regelungen in das Übergangsrecht und der im Mandat ausdrücklich genannten
Punkte diskutiert werden solle. Diese Diskussion solle schon im Laufe dieser
Sitzung beginnen, sodass die beiden Autoren dieses Textvorschlags bereits
aufgrund der heutigen Diskussionsergebnisse ihren gemeinsamen Textvorschlag
über die Sommermonate zu adaptieren beginnen könnten. Zur Frage der möglichen
„Abschlankung“ der Art. 129 ff B-VG wird festgehalten, dass es einer guten
österreichischen Tradition entspreche, die wesentlichen Bestimmungen über die
Höchstgerichte, insbesondere die Gerichtshöfe öffentlichen Rechts, in der
Verfassung zu verankern.
Hinsichtlich der möglichen Erweiterung des
Katalogs der Anfechtungsgegenstände und der Formulierung eines Katalogs
neuer Formen (z.B. des Verwaltungsvertrags) wird auf die vom Präsidium in
dessen Sitzung vom 9. Juni 2004 eingesetzte Expertengruppe zum Thema
„Handlungsformen der öffentlichen Verwatung“ verwiesen, die Fragen der Handlungsformen,
insbesondere die Einführung des öffentlich rechtlichen Vertrags, sowie des
Rechtsschutzes (Aufgabe des Typenzwangs? Einführung eines allgemeinen
Verwaltungsakts oder Typenfestlegung durch den einfachen Gesetzgeber als
Anknüpfungspunkt für den Rechtsschutz? Einführung neuer
Rechtsschutzinstrumente?) diskutieren solle. Dieser Expertengruppe wird
Univ.-Prof. Dr. Holoubek vorsitzen und werden Univ.-Prof. Dr. Thienel,
Univ.-Prof. Dr. Merli,
Univ.-Prof. Dr. Schramm,
der oberösterreichische Landesamtsdirektor Dr. Pesendorfer und Dr. Schnizer
angehören. In der sich daran anschließenden Diskussion wird einerseits darauf
hingewiesen, dass das Thema „Handlungsformen der öffentlichen Verwaltung“ unter
besonderer Berücksichtigung der Privatwirtschaftsverwaltung eine
ausschussübergreifende (vor allem die Ausschüsse 6, 7, 9 betreffende)
Querschnittsmaterie sei, sodass die Einsetzung einer eigenen Expertengruppe
gerechtfertigt erscheine; andererseits wird von manchen Mitgliedern des
Ausschusses auch Verwunderung und Unmut über die Einsetzung einer – in der
Geschäftsordnung des Österreich-Konvents in dieser Form nicht vorgesehenen –
Expertengruppe geäußert.
In der Diskussion wird festgehalten, dass über
einige der im ergänzenden Mandat geäußerten Punkte im Ausschuss bereits Konsens
erzielt worden sei: So habe man sich bereits auf ein Modell „9 + 1“ mit
der Möglichkeit einer entsprechenden Erweiterung auf das Modell „9 + x“
(9 Landesverwaltungsgerichte und mehrere Verwaltungsgerichte des Bundes 1.
Instanz, insbesondere im Hinblick auf die Finanzgerichtsbarkeit) geeinigt. Die
Normierung des VwGH als Revisionsgericht und die Einführung des Zulässigkeitsmodells
seien ebenso konsentiert wie die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts
des Bundes 1. Instanz für die unmittelbare Bundesverwaltung und jene der
Landesverwaltungsgerichte für die mittelbare Bundesverwaltung. Auch solle es
ein bundesweit einheitliches Verfahrensrecht für alle
Verwaltungsgerichte 1. Instanz geben, wobei dieses durch den Bundesgesetzgeber
erlassen werden solle. Hinsichtlich der Übernahme der derzeitigen
UVS-Mitglieder zu Richtern der zukünftigen Verwaltungsgerichte habe man
sich darauf geeinigt, dass es eine grundsätzliche, jedoch keine automatische
Übernahme und für die auf diese Art „Übergangenen“ einen wirksamen Rechtsschutz
geben solle (mittels Erlassung eines Bescheids, der vor dem VwGH bekämpfbar
ist). Weiters habe man sich auf eine Richterquote in Form einer
„Soll-Bestimmung“ und auf eine bestimmte Mindestberufszeit als fachliche Voraussetzung
für die Ernennung geeinigt.
Was das Problem der (teuren) Sachverständigen
und die damit verbundene Frage der Sicherstellung des „Zugangs zum Recht“
betreffe, stellten manche die Frage, ob es sich dabei wirklich um eine – im
Rahmen des Ausschusses 9 zu diskutierende – Verfassungsfrage handle. Andere
betonten, dass vor dem Hintergrund der ins Auge gefassten meritorischen
Entscheidungsbefugnis auch die zukünftigen Verwaltungsgerichte 1. Instanz
Sachverständige beiziehen müssten, die jedoch keine Amtssachverständige seien
und wohl auch nicht mit den von der Verwaltungsbehörde beigezogenen
Sachverständigen ident sein dürften (weil sonst ein Problem im Verhältnis zu
Art. 6 EMRK entstehen könnte). Insofern sei tatsächlich eine Verdoppelung der
Sachverständigen und in der Folge eine Verteuerung der Sachverständigenkosten
zu erwarten und stelle sich die Frage, wer diese Mehrkosten tragen solle.
Letztlich kann zu dieser Frage zumindest insoweit Konsens erzielt werden, als
sie zwar keine ausdrückliche Verfassungstextfrage sei, jedoch andererseits in
die weiteren Beratungen und auch in den Endbericht des Ausschusse 9 einfließen
sollte; insbesondere solle die Frage im Zusammenhang mit der konkreten
Ausgestaltung des Verfahrensrechts diskutiert werden; die „Eckpfeiler“ eines
solchen neuen Verfahrensrechts könnten darin bestehen, dass es sich um ein
einheitliches Verfahren, um ein dem AVG angenähertes Verfahren und schließlich
um ein nicht zu teueres Verfahren handeln sollte.
Zum Problem der Säumnis der zukünftigen
Verwaltungsgerichte 1. Instanz wird von manchen Ausschussmitgliedern ein Konnex
mit der ordentlichen Gerichtsbarkeit hergestellt. Diesbezüglich sollten auch
die Vorschläge der Österreichischen Richtervereinigung abgewartet werden.
Was die Frage der Einbeziehung der Finanzgerichtsbarkeit
in die zukünftige Verwaltungsgerichtsbarkeit 1. Instanz betreffe, besteht
Kosens darüber, dass kurzfristig die selben rechtsstaatlichen Standards in der
Finanzgerichtsbarkeit erreicht werden sollen und diese justiziell weiter
entwickelt werden solle; eine organisatorische Einbeziehung der
Finanzgerichtsbarkeit komme aber – auch vor dem Hintergrund der Stellungnahme
des UFS zum Bericht des Ausschusses 9 vom 13.5.2004 – zum derzeitigen Zeitpunkt
zu früh. Von manchen Ausschussmitgliedern wird diesbezüglich gefordert, dass
sich der Ausschuss klar deklarieren möge, ob und – bejahenden Falls, wann – die
Finanzgerichtsbarkeit in die Verwaltungsgerichtsbarkeit 1. Instanz
eingegliedert werden sollte.
Hinsichtlich der Art und des Umfangs der Entscheidungsbefugnis
habe man sich im Ausschuss bereits auf eine grundsätzlich reformatorische
Entscheidungsbefugnis mit der Möglichkeit zur Kassation und zur Zurückweisung
geeinigt, wobei noch gesondert geprüft werden sollte, inwieweit diese
Regelungen auf verfassungsgesetzlicher Ebene notwendig oder auf
einfachgesetzlicher Ebene möglich seien.
Hinsichtlich der Frage der Möglichkeit der
Landesregierungen zur Erhebung von Amtsbeschwerden gegen Entscheidungen
der Landesverwaltungsgerichte beim VwGH kann vorerst kein Konsens erzielt
werden: Während die einen darauf hinweisen, dass man im Ausschuss bereits einen
Konsens über ein 2-Parteien-Verfahren erzielt habe, weshalb es keine
Amtsbeschwerde mehr geben könne (sondern lediglich ein Eintrittsrecht der
sachlich übergeordneten Behörde), stellen die anderen die Frage, ob nicht ein
Bedarf nach einer Amtsbeschwerde bestehe, wenn etwa die Länder nicht Parteien
des Verfahrens seien. Dies führe jedoch wiederum zu der Frage, was die Länder
in einem solchen Fall geltend machen könnten: wohl nur objektive Rechte bzw.
die Wahrung der Gesetzmäßigkeit, was wiederum eine Änderung des Art. 131 B-VG
nach sich ziehen würde. Letztlich kann zumindest ein gewisser Konsens darüber
erzielt werden, dass man vor folgender Alternative stehe: entweder man richtet
die in 1. Instanz entscheidende Verwaltungsbehörde als „Partei des Verfahrens“
ein oder man räumt den Landesregierungen die Möglichkeit zur Erhebung einer
Amtsbeschwerde ein; hinsichtlich der zuletzt genannten Variante wird einerseits
darauf hingewiesen, dass diese wohl besser (weil systemkonformer) sei;
andererseits wird jedoch zu bedenken gegeben, dass bei Verwirklichung dieser
Variante das Einsparungspotenzial bei den Ämtern der Landesregierungen nur sehr
gering sei, weil man dann erst recht wieder Experten bräuchte, die alle
relevanten Fälle prüfen und im Einzelfall auch entsprechende Amtsbeschwerden
erheben müssten.
I. D) Sondersenate:
Diesbezüglich besteht grundsätzlich Konsens
darüber, dass möglichst viele Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag
(Art. 133 Z. 4 B-VG-Behörden) und sonstige weisungsfreie Verwaltungsbehörden
und -organe in die zukünftigen Verwaltungsgerichte 1. Instanz eingegliedert
werden sollten. Die Diskussion sollte auf der Grundlage der in der Zwischenzeit
eingelangten Stellungnahmen der jeweils zuständigen Gebietskörperschaften, also
einerseits der Ämter der Landesregierungen und andererseits der zuständigen
Bundesministerien, geführt werden (vgl. dazu auch die an alle Ausschussmitglieder
versendete Übersicht, Stand: 18. Juni 2004).
I. E) Rechtsschutz:
Zum Thema einer allfälligen
verfassungsrechtlichen Verankerung der Staatshaftung bei Verletzung von
Gemeinschaftsrecht wird grundsätzlich betont, dass materiell-rechtliche
Regelungen vor dem Hintergrund des sich sehr stark im Fluss befindlichen
EU-Rechts zum derzeitigen Zeitpunkt nicht sinnvoll seien. Hinsichtlich der
Verletzung von Gemeinschaftsrecht aufgrund von Fehlern des Gesetzgebers (legislatives
Unrecht) soll es bei der bisherigen Rechtslage bleiben.
Was die Verletzung von
Gemeinschaftsrecht aufgrund fehlerhafter Entscheidungen von Höchstgerichten (judikatives
Unrecht) anbelange, wird von manchen Ausschussmitgliedern ein Konnex zur
Urteilsbeschwerde hergestellt und darauf hingewiesen, dass diese nicht nur
schwerwiegende europarechtliche Probleme aufwerfen, sondern auch dazu führen
würde, dass der VfGH viel öfter als bisher angerufen werden würde und die
Geltendmachung eines staatshaftungsrechtlichen Anspruchs auf Grund eines (behaupteten)
fehlerhaften VfGH-Erkenntnisses nur eine Frage der Zeit sei und sich dann erst
recht wieder das Problem des „Richters in eigener Sache“ stelle. Dem wird von
anderen Mitgliedern entgegen gehalten, dass der VfGH auch im Fall der
Einführung einer Urteilsbeschwerde die Behandlung des überwiegenden Großteils
aller Beschwerden ablehnen würde, sodass sich das Problem des „Richters in
eigener Sache“ kaum stellen würde. In diesem Zusammenhang wird – unter Berufung
auf Punkt II. des ergänzenden Mandats (Punkte III)3) und III)4) des
ursprünglichen Mandats: Mitwirkungsrechte der Länder bei der Bestellung der
Spitzen und der Zusammensetzung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts;
Bestellungsvorgang – Transparenz – Hearing) – auch die Frage der Haupt- bzw.
Nebenberuflichkeit von VfGH-Richtern angesprochen, die sich nach Meinung
mancher Ausschussmitglieder im Fall der Verwirklichung des Konzepts der
Urteilsbeschwerde neu stellen würde.
Was das Problem der Staatshaftung
bei Verletzung von nationalem (Verfassungs-) Recht bzw. der Säumnis des
einfachen Gesetzgebers bei Umsetzung von nationalem Verfassungsrecht anbelange,
wird festgehalten, dass dies ein Anliegen der SPÖ und der Grünen sei,
insbesondere im Zusammenhang mit der geplanten Einführung von sozialen
Grundrechten; diesbezüglich
sei auch auf die Ergebnisse des Ausschusses 4 Rücksicht zu nehmen. Dr. Schnizer
bietet an, darüber einen Textvorschlag auszuarbeiten. In der anschließenden
Diskussion wird darauf hingewiesen, dass der im Säumnisverfahren als letzte
Instanz anzurufende VfGH nur ein feststellendes Erkenntnis treffen könne, weil
ansonsten die Gefahr bestünde, den VfGH zu einer Art von „zweitem Gesetzgeber“
zu machen. Es wird zu bedenken gegeben, dass sich das Problem der mangelnden
Umsetzung von verfassungsrechtlichen Vorgaben durch den einfachen Gesetzgeber
auch schon derzeit im Zusammenhang mit den „klassischen Grundrechten“ stellen
könne. Darüber hinaus wird von manchen Ausschussmitgliedern das noch
grundsätzlichere Problem aufgeworfen, was passieren solle, wenn der Gesetzgeber
nicht nur punktuell bei der Umsetzung von bestehendem nationalem
Verfassungsrecht säumig werde, sondern die Regelung eines bestimmten
Rechtsgebiets überhaupt verweigere. Über das Problem der Säumnis des einfachen
Gesetzgebers wird im Anschluss daran anhand von Beispielen aus dem
Sozialversicherungsrecht eine ausführliche Diskussion geführt. Dabei wird auch
die Meinung geäußert, mit expliziten gesetzlichen Regelungen jedenfalls solange
zuzuwarten, bis das Problem der Staatshaftung auf europarechtlicher Ebene näher
geklärt sei, jedenfalls aber solange, bis konkrete Ergebnisse des Ausschusses 4
vorlägen. An Dr. Schnizer, der einen diesbezüglichen Textvorschlag
ausarbeiten wird, ergeht die Bitte, diesen Text spätestens einen Woche vor dem
relevanten Sitzungstermin an das Büro des Österreich-Konvents zu übersenden.
Zu den Fragen der Anfechtungslegitimation
(Erweiterung des Kreises der Beschwerde- und Anfechtungsberechtigten vor den
Gerichtshöfen öffentlichen Rechts im Hinblick auf Verbände, Amts- und
Kontrollorgane) und zur Einführung einer Beschwerde der Volksanwaltschaft
„zur Wahrung des Gesetzes“ (offenbar als Ausgleich für den Verlust an
Prüfungskompetenz, den die Volksanwaltschaft im Fall der Ersetzung einer
Verwaltungsbehördenebene durch die Einführung der Verwaltungsgerichte 1.
Instanz erleiden würde; vgl. AB 08, S. 40) erklärt sich Mag. Sperlich
bereit, Überlegungen in schriftlicher Form vorzulegen, wobei zur Frage der
Anfechtungslegitimation bereits auf die Punktation der Grünen vom 15. März 2004
und auf die Stellungnahme von AbgNR Maga. Stoisits zur
„Erweiterung des Kreises der Anfechtungsbefugten“ vom 4. Juni 2004 verwiesen
wird.
Schließlich erklärt sich Präsident Univ.-Prof.
Dr. Dr. h. c. Korinek bereit, zur Frage eines allfälligen
Änderungsbedarfs bei der Regelung über die Exekution von Erkenntnissen des VfGH
gemäß Art. 146 B-VG gemeinsam mit Maga. Martin eine
Arbeitsunterlage vorzubereiten.
Als Termine für die nächsten Sitzungen des
Ausschusses 9 werden
- der 1. September 2004, 09.00 Uhr bis
16.00 Uhr, im VwGH,
- der 15. September 2004, 09.00 Uhr bis
16.00 Uhr, im VwGH (Vorsitz: Präsident
Univ.-Prof. Dr. Jabloner),
- der 22. September 2004, 10.00 Uhr bis
17.00 Uhr, im Parlament, Lokal IV und allenfalls
- der 23. September 2004, 09.00 Uhr bis
16.00 Uhr, ebenfalls im Parlament, Lokal IV
festgelegt.
Der Vorsitzende ersucht alle
Ausschussmitglieder (insbesondere die gerade mit der Ausarbeitung von
Textvorschlägen „beauftragten“ Ausschussmitglieder), ihre jeweiligen Vorschläge
nach Möglichkeit bis spätestens Mittwoch, 25. August 2004, an das Büro
des Österreich-Konvents zu übersenden.
Tagesordnungspunkt 4.: Allgemeine und grundlegende Prüfung, inwieweit
der Abschnitt „B. Gerichtsbarkeit“ des Dritten Hauptstücks des B-VG,
also die Art. 82 bis 95 B-VG über die ordentliche Gerichtsbarkeit, gestrafft
werden könnte
Als Ergebnis der eher kurzen Diskussion wird festgehalten, dass die Art. 82 bis 95 B-VG über die ordentliche Gerichtsbarkeit schon jetzt eher „spartanisch“ seien und daher kein großes Einsparungspotential gegeben sei. Lediglich Art. 91 B-VG sollte – dem adaptierten Entwurf von SChef Dr. Miklau entsprechend – in seinem Abs. 1 geändert werden und Art. 85 B-VG („Die Todesstrafe ist abgeschafft.“) sollte in den Grundrechtskatalog überführt werden. Die Bestimmung des Art. 88a B-VG über die „Sprengelrichter“ wird zwar einerseits als sehr detailliert kritisiert; andererseits aber wird gerade diese Detailliertheit – aufgrund des sensiblen Spannungsverhältnisses zum Grundsatz der Unversetzbarkeit der Richter – als notwendig qualifiziert.
Instanz: Inhaltliche
Detailberatung des gemeinsamen Textvorschlags
Grabenwarter/Jabloner
Zur weiteren Vorgangsweise kann im Ausschuss
grundsätzlich Konsens darüber erzielt werden, dass über den vorliegenden
gemeinsamen Textvorschlag Grabenwarter/Jabloner sowohl in der heutigen
Sitzung als auch in der übernächsten Sitzung (am 15. September 2004, wenn beide
Autoren des Textvorschlags wieder anwesend sein werden) diskutiert werden
solle. Der Ausschussvorsitzende fasst einzelne Punkte des bisher im Ausschuss
erzielten Konsenses zusammen und hält fest, dass man sich auf ein bundesweit
einheitliches und grundsätzlich reformatorisches Verfahrensrecht für alle
Verwaltungsgerichte 1. Instanz geeinigt habe, wobei die Möglichkeit zur
Kassation und zur Zurückweisung bestehen solle. In 1. Instanz solle
grundsätzlich die Verwaltungsbehörde, in 2. Instanz das Verwaltungsgericht
entscheiden. Eine Amtsbeschwerde zur Wahrung der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung
solle – in irgendeiner Form – möglich sein, eine Anpassung des Art. 144 Abs. 1
B-VG werde notwendig werden.
In der sich nun anschließenden allgemeinen
Diskussion über den gemeinsamen Textvorschlag Grabenwarter/Jabloner kann
zunächst Konsens über die – in Z. 2 des Entwurfs verankerte –
Kompetenzgrundlage im neuen Art. 11 Abs. 1 Z. 8 B-VG erzielt werden.
Hinsichtlich des Parteienbegriffs in Art. 133 Abs. 3 des Entwurfs („Gegen
die Entscheidung eines Verwaltungsgerichts kann von den Parteien des
verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wegen Rechtswidrigkeit Revision eingelegt
werden, ...“) wird die Frage diskutiert, ob ein Eintrittsrecht der sachlich
zuständigen Behörde in das Verfahren innerhalb der vom Beschwerdeführer
gezogenen Grenzen eingeführt werden solle. Diesbezüglich wird die Meinung
vertreten, dass hier keine andere Situation geschaffen werden würde, als sie
schon heute vor dem unabhängigen Verwaltungssenaten bestehe. Eine Neuerung
könnte sich jedoch insofern ergeben, als der Beschwerdeführer vor dem VwGH in
Zukunft behaupten könnte, dass das Verwaltungsgericht 1. Instanz im Rahmen
seiner meritorischen Entscheidung zu Unrecht in das Ermessen der belangten
Behörde eingegriffen habe; diesfalls müsste – sollte sich diese Behauptung als
zutreffend erweisen – der VwGH die Entscheidung des Verwaltungsgerichts
aufheben und die Sache an das Verwaltungsgericht zurück verweisen.
Der Ausschussvorsitzende fasst die Ergebnisse
der bisherigen Diskussion dahingehend zusammen, dass ein einheitliches
Verfahrensrecht für alle Verwaltungsgerichte 1. Instanz geschaffen und ein
wirksamer vorläufiger Rechtsschutz (Schutz gegen die Untätigkeit der Behörde)
garantiert werden müsse, der auch europarechtskonform sein müsse. Das
Eintrittsrecht der sachlich zuständigen Behörde solle in die Erläuterungen
aufgenommen werden.
Nunmehr wird der gemeinsame Textvorschlag Grabenwarter/Jabloner
– Artikel für Artikel und Absatz für Absatz – einer eingehenden Prüfung
unterzogen:
Zu Art. 129 Abs. 2:
Hier wird von machen Ausschussmitgliedern zunächst
eine sprachliche Straffung bzw. Bereinigung gefordert. Vereinzelt wird die
Meinung vertreten, dass die Einrichtung besonderer Verwaltungsgerichte auf
bestimmte Materien beschränkt bleiben solle und diesbezüglich einzelne
Fallgruppen gebildet werden sollen, wie etwa besondere sachliche Rechtfertigung
(z.B. Vergaberecht), Finanzgerichtsbarkeit, Behörden, die keine reinen Behörden
sind (z.B. Wahlbehörden) und abschließend geregelte Schiedsverfahren (wie etwa
im Dienst- und Disziplinarrecht). Zum Teil wird auch die Meinung geäußert, dass
nicht auf bestimmte Materien, sondern vielmehr auf bestimmte Kriterien,
wie etwa Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit abzustellen sei.
Von manchen wird eine Kombination von bestimmten Materien und bestimmten
Kriterien gefordert. Andere verweisen auf die schon erzielten und im
Ausschussbericht vom 26. März 2004 dokumentierten Ergebnisse und sind der
Meinung, dass das Problem bereits ausdiskutiert sei und dass insbesondere
bereits bestehende Behörden, wie etwa im Abgabewesen sowie im Bau- und
Dienstrecht, nicht angetastet werden sollen. Andere vertreten die Meinung, dass
man der Bildung von zu vielen und daher zu kleinen Verwaltungsgerichten
vorbeugen solle, zumal ein Gericht eine gewisse Größe und eine gewisse
„Schwungmaße“ brauche, um der Bildung von „Fachbruderschaften“ vorzubeugen.
Wieder andere sind der Meinung, dass man insbesondere auf die große Anzahl von
Fällen abstellen solle, die die Einrichtung eines besonderen
Verwaltungsgerichts erforderlich machen könne. Schließlich wird auch die
Meinung vertreten, dass man auf die Bedarfskompetenz des Art. 11 Abs. 2 B-VG
abstellen könnte, sodass ein neu formulierter Art. 129 Abs. 2 B-VG wie folgt lauten könnte:
“(2) In jedem Land besteht ein Verwaltungsgericht des Landes. Darüber hinaus können die Länder für Angelegenheiten, in denen dies insbesondere aufgrund der hohen Zahl der zu entscheidenden Fälle und unter Berücksichtigung der Kriterien der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zur Wahrung des Rechtsschutzes erforderlich ist, sowie für sonstige Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde besondere Verwaltungsgerichte einrichten.“
Zu Art. 129 Abs. 3:
In diesem Punkt wird einerseits die jetzige
Textierung des Entwurfs als zu eng kritisiert und andererseits eine
Zusammenlegung der Absätze 2 und 3 vorgeschlagen. Vor diesem Hintergrund könnte
Art. 129 Abs. 3 B-VG wie folgt lauten:
„(3) In Angelegenheiten, in denen organisatorische Bundesbehörden, mit Ausnahme der Bundespolizeibehörden, entscheiden, bestehen Verwaltungsgerichte des Bundes 1. Instanz.“
Zu Art. 130 Abs. 1:
Generell wird zu den Art. 130 und 131 des
Entwurfs die Meinung vertreten, dass diese quasi „umgedreht“ werden sollten,
zumal Art. 131 des Entwurfs (Zuweisung der Beschwerdegegenstände an Bund und
Länder) thematisch an Art. 129 des Entwurfs anschließe.
Zur Frage der Erweiterung des Katalogs des
Handels- und Rechtssatzformen wird einerseits die Meinung vertreten, dass Art.
130 Abs. 1 Z. 4 des Entwurfs geöffnet und um Verwaltungsverträge und allgemeine
Verwaltungsakte erweitert werden solle, zumal diesbezüglich derzeit eine
Rechtsschutzlücke bestehe. Dem wird von anderen Ausschussmitgliedern
entgegengehalten, dass eine solche Rechtsschutzlücke nicht erkennbar sei, die Z.
4 vielmehr eine klare Trennung der Rechtswege (Verwaltungsrechte einerseits,
Privatrechte andererseits) gewährleiste. Wenn überhaupt, sei lediglich eine
behutsame Erweiterung des Rechtssatzformenkatalogs denkbar, dies müsse aber
durch den Gesetzgeber bzw. durch den Verfassungsgesetzgeber als „Herrn der
Rechtssatzformen“ geschehen. Eine Öffnung um sämtliche Privat- und Naturrechte
mit der Konsequenz, dass die Verwaltung vollständig unter gerichtliche
Kontrolle gestellt würde und sämtliche Akte andauernd anfechtbar wären, sei
nicht erstrebenswert. Diesbezüglich wird – als eher abschreckendes Beispiel –
auch auf Deutschland verwiesen, wo sich die Verwaltung in der Vergangenheit
sukzessive durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit zurückdrängen haben lassen. Im
Übrigen könne man der Untätigkeit der Behörden sehr gut mit den Mitteln des
(Amts-) Haftungsrechts begegnen.
Zu Art. 130 Abs. 3:
Hier wird an der derzeitigen Formulierung im
Entwurf kritisiert, dass dadurch das im Ausschuss konsentierte
Regel-Ausnahme-Verhältnis (in der Regel meritorische Entscheidung;
ausnahmsweise Kassation oder Zurückweisung) nicht deutlich genug zur Geltung
komme, zumal die Anordnung, dass das Verwaltungsgericht in der Sache selbst zu
entscheiden habe, an einen Konditionalsatz geknüpft wird („..., wenn die
Rechtsfrage geklärt ist und ...“). Außerdem wird die sich auf die
Angelegenheiten des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 des Entwurfs beziehende Ausnahme in
Frage gestellt. Von manchen Ausschussmitglieder wird eine „Abschlankung“ des
Abs. 3 – unter gleichzeitigem Einbau der derzeitigen Formulierungsvariante in
die Erläuterungen – gefordert. Andere Ausschussmitglieder treten für die
Beibehaltung der derzeitigen Formulierung ein und weisen darauf hin, dass diese
eine lange, mehrjährige Vorlaufzeit habe und das Problem der Art und des
Umfangs der Entscheidungsbefugnis jahrelang in der Diskussion ein derartiger
„Knackpunkt“ gewesen sei, dass man sich nunmehr im Entwurf explizit dazu äußern
sollte. Vereinzelt wird auch vorgeschlagen, den Abs. 3 nach Vorbild des § 496
Z. 3 ZPO zu formulieren.
Der Ausschussvorsitzende fasst die Diskussion
dahingehend zusammen, dass neben der derzeit bestehenden Textierung für Art.
130 Abs. 3 als Variante eine „abgeschlankte“ Bestimmung ausgearbeitet werden
könnte, die lediglich normiere, dass das Verwaltungsgericht in den
Angelegenheiten Abs. 1 Z. 1 grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden
habe, und dass der Rest des derzeitigen Regelungsinhalts des Abs. 3 in die
Erläuterungen abgedrängt werden könnte.
Zu Art. 131:
Es wird einerseits darauf hingewiesen, dass in
Art. 131 Abs. 1 Z. 3 und Abs. 2 (Einleitungssatz) jeweils „die
Verwaltungsgerichte des Bundes“ (also der Plural) genannt sind und Vorsorge
dafür getroffen werden solle, dass auch die Einrichtung nur eines Verwaltungsgerichts
des Bundes 1. Instanz verfassungskonform wäre. Andererseits könnten – vor dem
Hintergrund des zu Art. 129 des Entwurfs Gesagten – die Z. 1 bis 3 des Art. 131
Abs. 2 gestrichen werden.
Dr. Stürzenbecher erklärt, die Sitzung
verlassen zu müssen, und gibt ausdrückliche Vorbehalte zur derzeitigen Regelung
des Revisionsrechts der Landesregierungen (Art. 133 Abs. 3 des Entwurfs) und
der Bestellung der Mitglieder der zukünftigen Landesverwaltungsgerichte 1.
Instanz (Art. 134 des Entwurfs) ab.
Zu Art. 132:
Zu Art. 132 Abs. 1 Z. 1 des Entwurfs wird die
Frage aufgeworfen, inwieweit die Wortfolge „nach Erschöpfung des
Instanzenzugs“ noch notwendig bzw. zweckmäßig sei, zumal vor der Anrufung
des Verwaltungsgerichts 1. Instanz in Zukunft nur noch eine Verwaltungsbehörde
entscheiden sollte und insofern nur schwerlich von einem „Instanzenzug“
gesprochen werden könne. Dem wird jedoch entgegengehalten, dass der Begriff des
„Instanzenzugs“ auch in Zukunft, etwa im Bereich der Gemeindeselbstverwaltung,
noch eine Rolle spielen könnte.
Zu Art. 132 Abs. 1 Z. 2 wir die Frage
aufgeworfen, inwieweit die Verweise auf die Art. 11, 12, 14 Abs. 2 und 3 und
14a Abs. 3 und 4 noch praktische Bedeutung hätten. Festgehalten wird, dass für
den Fall des Wegfalls der mittelbaren Bundesverwaltung (wobei sich aufgrund des
derzeitigen Diskussionsstands ein solcher Wegfall nicht abzeichnet) der
Weiterbestand der Z. 2 jedenfalls notwendig sei. Eingeräumt wird, dass die
Verweise auf die Angelegenheiten der Art. 12, 14 und 14a B-VG keine praktische
Bedeutung mehr hätten, sehr wohl jedoch der Verweis auf die Angelegenheiten des
Art. 11 B-VG (z. B. Forstrecht).
Zu Art. 133:
Zu diesem Punkt wird einerseits die Meinung
vertreten, dass das Wort „kassatorisch“ im Einleitungssatz des Art. 133
Abs. 1 des Entwurfs wegfallen sollte und stattdessen Abs. 5 ergänzt werden
sollte, sodass dieser etwa lauten könnte:
„(5) Der Verwaltungsgerichtshof hebt die angefochtene Entscheidung auf oder weist die Beschwerde oder die Revision gemäß Abs 1 Z 1 ab. Er kann die Behandlung von Beschwerden und von Revisionen ablehnen, wenn keine der Voraussetzungen des Abs 4 Z 1 oder 2 gegeben ist.“
Zum Abs. 3 des Art. 133 des Entwurfs wird auch
die Meinung vertreten, dass dieser – mit Ausnahme des letzten Satzes – überflüssig
sei und weggelassen werden könnte.
An dieser Stelle (bis inkl. Art. 133 des
Entwurfs) wird die Diskussion über den gemeinsamen Textvorschlag Grabenwarter/Jabloner
vorläufig beendet. Der Ausschussvorsitzende bittet abschließend noch einmal
alle „beauftragten“ Ausschussmitglieder, ihre Textvorschläge nach Möglichkeit bis
spätestens 25. August 2004 an das Konventsbüro zu übersenden.
Der Ausschussvorsitzende bedankt sich
bei allen erschienenen Ausschussmitgliedern und Vertretern für deren rege und
konstruktive Mitarbeit und wünscht allen einen schönen Sommer und einen
erholsamen Urlaub.
Vorsitzender des Ausschusses 9: Fachliche Ausschussunterstützung:
Univ.-Prof. Dr. Herbert Haller e.h. Dr. Gert Schernthanner e.h.