Anwesende:
Ausschussmitglieder (Vertreter):
Univ.-Prof. Dr. Herbert Haller (Vorsitzender)
Univ.-Prof. Dr. Clemens Jabloner (stellvertretender
Vorsitzender)
Univ.-Prof. Dr. Karl Korinek
Dr.
Gerhard Kuras (als „Begleitperson“ von Dr. Johann
Rzeszut)
DDr. Karl Lengheimer
Gerhard Neustifter (für
Mag. Renate Brauner)
Dr. Johann Rzeszut
Experten:
-
Dr. Helmut Hubner, Präsident des Oberlandesgerichts Linz
- Dr. Gerhard Benn-Ibler, Präsident des
Österreichischen Rechtsanwaltskammertags
-
Dr. Bernhard Frizberg, Vizepräsident der Österreichischen Notariatskammer mit
-
Dr. Christian Sonnweber, Geschäftsführer der Österreichischen Notariatskammer
- Mag. Gero Schmied, Vorsitzender der
Vereinigung der Mitglieder der UVS
- Dr. Hans Linkesch, Präsident
des UVS Oberösterreich und Vorsitzender der
Konferenz der Präsidenten und Vizepräsidenten der UVS
Weitere Teilnehmer:
Mag. Ronald Faber (für
Univ.-Prof. Dr. Heinz Fischer)
Mag.
Gerda Marx (für
Univ.-Prof. Dr.
Bernd-Christian Funk)
Mag. Michael Schön (für
BM Dr. Dieter Böhmdorfer)
Mag. Thomas Sperlich (für
Mag. Terezija Stoisits)
Büro des
Österreich-Konvents:
Dr. Gert Schernthanner (fachliche
Ausschussunterstützung)
Sladjana Marinkovic (Ausschusssekretariat)
Entschuldigt:
Univ.-Prof. Dr. Bernd-Christian Funk
BM Elisabeth Gehrer
Univ.-Prof. DDr. Christian
Grabenwarter
Univ.-Prof. Dr. Gerhart Holzinger
Dr. Johannes Schnizer
Mag. Terezija Stoisits
Beginn: 16.00
Uhr
Ende: 18.45
Uhr
Tagesordnungspunkte:
1.)
Begrüßung und Feststellung der Anwesenheit
2.)
Genehmigung des Protokolls über die zweite Sitzung des Ausschusses 9
vom 16.12.2003
3.) Hearings folgender Experten:
Dr.
Helmut Hubner, Dr. Gerhard Benn-Ibler, Dr. Bernhard Frizberg,
Mag. Gero
Schmied, Dr. Hans Linkesch
4.)
Anschließende Diskussion (unter Einbeziehung der angehörten Experten)
5.) Allfälliges
Der Ausschussvorsitzende begrüßt die Teilnehmer der Sitzung des Ausschusses
9 und stellt die Anwesenheit (Umlauf der Anwesenheitsliste) fest.
Tagesordnungspunkt
2: Genehmigung des Protokolls über die zweite Sitzung des Ausschusses 9 vom
16.12.2003
Das Protokoll über die zweite
Sitzung des Ausschusses 9 vom 16.12.2003 wird ohne Änderungen genehmigt.
Der Ausschussvorsitzende teilt
mit, dass die heute durchzuführenden Expertenhearings (mit anschließender
Diskussion) zum Generalthema „Ordentliche Gerichtsbarkeit/
Gerichtsorganisation“ auf der Grundlage der schon für die Ausschusssitzung am
16.12.2003 zur Verfügung gestellten Dokumente bzw. Unterlagen sowie auf der
Grundlage des zusätzlich eingegangenen Schreibens des Präsidenten des
Oberlandesgerichts Linz vom 12.12.2003 mitsamt einer Stellungnahme der
Präsidenten der Oberlandesgerichte zum Konzept für eine neue
Gerichtsorganisation durchgeführt werden.
[Anmerkung der Verfasser
dieses Protokolls: Im Folgenden werden zunächst die Stellungnahmen der
ersten drei Experten zum Thema „Ordentliche Gerichtsbarkeit“ – in
chronologischer Reihenfolge – und die sich daran anschließende Diskussion
zusammengefasst; danach werden die Stellungnahmen der beiden letztgenannten
Experten zum Thema „Einführung der (Landes-)Verwaltungsgerichtsbarkeit“
ebenfalls unter Einschluss der sich daran anknüpfenden Diskussion dargestellt.]
1. Dr. Helmut Hubner, Präsident des Oberlandesgerichts
Linz:
Präsident Dr. Hubner verweist
zunächst auf die dem Ausschuss bereits vorgelegte, schriftlich erstattete
Stellungnahme der Präsidenten der Oberlandesgerichte zum Konzept des BMJ für
eine neue Gerichtsorganisation vom Dezember 2003 sowie weiters auf eine kurze
schriftliche Ergänzung dieser Stellungnahme und auf einen schriftlich
erstatteten Vorschlag der Standesvertretungen der Richter und Staatsanwälte für
Oberösterreich zur (damals) geplanten Gerichtsreorganisation aus dem Jahr 1976;
die beiden zuletzt genannten Papiere legt er dem Ausschuss unter einem vor.
Inhaltlich
führt Präsident Dr. Hubner aus, dass eine dreigliedrige Gerichtsorganisation
mit Eingangsgerichten, bundesländerübergreifenden Rechtsmittelgerichten und
einem Obersten Gerichtshof ein zukunftsweisendes Modell sei, wobei die Gerichte
1. Instanz auch in Zukunft unterschiedliche Zuständigkeiten haben könnten.
Historisch seien als Rechtsmittelgerichte ursprünglich – wie auch aus der
ergänzenden schriftlichen Stellungnahme hervorgehe – länderübergreifende
Oberlandesgerichte vorgesehen gewesen. Erst viel später seien – aus föderativen
Überlegungen – Rechtsmittelgerichte bei den Landesgerichten geschaffen worden.
Präsident Dr. Hubner plädiert nachdrücklich dafür, die derzeit bestehenden
Oberlandesgerichte als Rechtsmittelgerichte zu erhalten; solche Rechtsmittelgerichte
bedürften einer gewissen „kritischen Größe“, um neben den allgemeinen
Rechtsmittelsachen auch genügend Spezialisierung zuzulassen, zumal die Bildung
von Fachsenaten nur in größeren Einheiten möglich sei. Dem in der Diskussion zu
erwartenden Gegenargument der mangelnden Bürgernähe könnte mit der Bildung
eigener Fachsenate und der dislozierten Abhaltung von Berufungsverhandlungen
begegnet werden. So hätten etwa die Oberlandesgerichte Graz und Linz eine
jahrzehntelange Erfahrung mit der Abhaltung von Berufungsverhandlungen in
Klagenfurt und Salzburg. Denkbar sei etwa der Einbau von Salzburger
Rechtsmittelrichtern in speziell für den Sprengel Salzburg zuständige
Fachsenate als Bestandteile des Oberlandesgerichts Linz. Hingegen sei eine zu
starke Institutionalisierung solcher Senate – etwa in Form von förmlichen
Außensenaten der jeweiligen Oberlandesgerichte – nicht erstrebenswert. Was den
Vorwurf betreffe, dass auf diese Weise sehr große Rechtsmittelgerichte
entstünden, könne dieser Vorwurf ernsthaft nur gegen ein zukünftiges
Oberlandesgericht Wien erhoben werden; doch auch dort würden verschiedene
Senate zu Senatsgruppen (etwa für Straf- und Zivilsenate) zusammengefasst
werden können und so überschaubare Einheiten bilden. Schließlich solle auch die
Justizverwaltung bei den bestehenden Oberlandesgerichten konzentriert bleiben;
eine Zersplitterung der Justizverwaltung unter die zuvor dargestellten
Verwaltungsgrößen würde zu erheblichen Nachteilen kleinerer Einheiten, zu einem
verstärkten Zentralismus und zu deutlich höheren Verwaltungskosten führen.
2. Dr.
Gerhard Benn-Ibler, Präsident des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags:
Präsident
Dr. Benn-Ibler betont zunächst grundsätzlich, dass die Gerichtsbarkeit eine
Kernaufgabe des Staates sei, die nicht privatisierbar bzw. ausgliederbar sei.
Die Gerichtsbarkeit solle – wie nach derzeitiger Rechtslage – in Gesetzgebung
und Vollziehung Bundessache bleiben. Die derzeitige Verfassungsrechtslage mit
den Art. 82 bis 94 B-VG stelle eine ausreichende Determinierung für den
einfachen Gesetzgeber dar; dies gelte auch für die Frage der
Gerichtsorganisation, die keine verfassungsrechtliche Frage sei, sondern
vielmehr – wie bisher – auf einfachgesetzlicher Ebene zu regeln sei, nicht
zuletzt deshalb, um die notwendige Flexibilität zu wahren und auf Änderungen im
Faktischen entsprechend rasch reagieren zu können. Was die – auf
einfachgesetzlicher Ebene zu regelnde – Gerichtsorganisation in inhaltlicher
Hinsicht betreffe, warnt Präsident Dr. Benn-Ibler vor einer allzu schematischen
Betrachtungsweise, die auf bundesländerweise und regionale Besonderheiten nicht
genügend Rücksicht nehme. So wäre es beispielsweise nicht zweckmäßig, ein so
großes Gebiet, wie etwa das Außerfern im Bundesland Tirol, ohne Bezirksgericht
(oder Eingangsgericht) zu belassen. Vielmehr sei jeweils eine Einzelbeurteilung
im konkreten Fall notwendig.
Hinsichtlich
der erörterten Rechtsmittelzuständigkeiten müsse es jedenfalls ein
Rechtsmittelgericht pro Bundesland geben. Hingegen sei es nicht notwendig, bei
jedem Erstgericht ein Strafgericht einzurichten. Spezielle Rechtsmaterien
könnten so bei einigen Gerichten konzentriert werden. An die Größe der
zukünftigen Bezirksgerichte (oder Eingangsgerichte) sollten keine allzu großen
Anforderungen gestellt werden; auch ein Gericht mit z.B. 5 Richtern ließe nur
bedingt einen höheren Grad an Spezialisierung zu. Richtig sei zwar, dass gerade
bei den Rechtsanwälten gegenwärtig ein gewisser Konzentrationsprozess zu
beobachten sei; doch seien daraus Schlüsse für die Gerichtsorganisation nur
bedingt zulässig, zumal der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit doch wesentlich
größer als jener der richterlichen Tätigkeit sei. Wichtig sei jedenfalls bei
allen Reformüberlegungen in Zusammenhang mit der Gerichtsorganisation, dass es
zu keiner „Verdünnung“ der rechtlichen Position der rechtsuchenden Bevölkerung
komme, vielmehr ein bundesweit flächendeckendes Angebot weiterhin gewährleistet
sei. Zur Erreichung dieses Ziels könnten nicht nur die modernen Mittel der
Technik (z.B. E-Goverment) eingesetzt werden, sondern würden sich dafür
insbesondere auch die Rechtsanwälte als „Informationsdrehscheibe“ anbieten.
Während
er die ordentliche Gerichtsbarkeit nach derzeitiger Rechtslage als
verfassungsrechtlich hinreichend determiniert ansieht, ortet Präsident Dr.
Benn-Ibler bei der Schiedsgerichtsbarkeit ein gewisses Defizit: diese solle
ausdrücklich verfassungsrechtlich verankert werden.
Schließlich
tritt Präsident Dr. Benn-Ibler nachdrücklich für die verfassungsrechtliche
Verankerung des Rechts jedes Staatsbürgers auf unabhängige, verschwiegene und
von Interessenkollisionen freie Vertretung ein; dieses Recht solle zwar nicht
nur im Strafrechtsbereich (als Verteidigungsrecht), sondern noch allgemeiner
verankert werden; dennoch sei der Gedanke der „Waffengleichheit“ gerade im
Strafprozess (gegenüber den Staatsanwälten) das „Herzstück“ und wichtigste
Argument für eine solche verfassungsrechtliche Verankerung. Es wäre schließlich
eine sachlich nicht zu rechtfertigende Asymmetrie, einerseits die Staatsanwälte
in ihrem Bestand verfassungsrechtlich abzusichern, andererseits aber auf die
Rechtsanwälte schlichtweg zu vergessen. Klarzustellen sei schließlich, dass
dieses Recht auf Vertretung nicht mit einem „verfassungsgesetzlich verankerten
Recht auf Verfahrenshilfe“ zu verwechseln sei; dazu führt Präsident Dr.
Benn-Ibler näher aus, dass es im letzten Jahr ca. 20.000 Verfahrenshilfefälle
gegeben habe, was gegenüber dem Vorjahr eine Steigerung um etwa 7 % bedeute.
3. Dr.
Bernhard Frizberg, Vizepräsident der Österreichischen Notariatskammer:
Vizepräsident
Dr. Frizberg entschuldigt das Fernbleiben von Präsident Dr. Woschnak; dieser
habe einen unaufschiebbaren Auslandstermin wahrzunehmen. Vizepräsident Dr.
Frizberg unterstreicht zunächst die Rolle des Notars als eines stets der
Objektivität verpflichteten Organs der Rechtspflege, das im Zuge der
anstehenden großen Verfassungsreform auch in der Verfassung verankert werden
solle. Die Notare hätten sich in der Vergangenheit immer als zuverlässige
Partner, als stets offene Ansprechpartner und Rechtsdienstleister erwiesen, sie
hätten in der Vergangenheit sämtliche Gerichtsorganisationsreformen, wie etwa
die Auflassung zahlreicher kleinerer Bezirksgerichte im ländlichen Raum in den
beiden letzten Jahren, mitgetragen und würden gerade an den Standorten von
aufgelassenen Gerichten weiterhin im Interesse der rechtsuchenden Bevölkerung
ihre Dienste anbieten. Gerade auch im außerstreitigen Bereich würden die Notare
Beachtliches leisten und damit auch die Gerichte entsprechend entlasten.
Notwendigen Änderungen in der Gerichtsorganisation und Vereinfachungen im
Gerichtsaufbau würden sich die Notare nicht verschließen, insbesondere wenn
diese zu entsprechenden Verfahrensbeschleunigungen führten.
Die
Notare würden daher – ebenso wie die Rechtsanwälte – die Verankerung eines
allgemein (nicht nur eingeschränkt auf Rechtsanwälte) formulierten
Vertretungsrechts in der Verfassung fordern. Darüber hinaus sei auch die
verfassungsrechtliche Verankerung der beruflichen Verschwiegenheitspflicht
notwendig; hier bestünden derzeit Defizite, die Bestimmungen des
Datenschutzgesetzes 2000 seien nicht ausreichend.
Dem
stimmt auch Präsident Dr. Benn-Ibler zu, der betont, dass die
unterschiedlich ausgeprägten Niveaus der Verschwiegenheitspflichten für
einzelne Berufsgruppen (etwa Rechtsanwälte und Steuerberater) auch
Zusammenschlüsse solcher Berufsgruppen in einer Kanzlei bzw. unter einem Dach
verhindern würden.
Vizepräsident
Dr. Frizberg und Dr. Sonnweber betonen abschließend, dass die verfassungsrechtliche
Verankerung der Verschwiegenheitspflicht für Notare und Rechtsanwälte gerade
auch vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen, wie internationalem Terror,
organisierter Kriminalität und Geldwäsche, besonders notwendig wäre.
Der
Ausschussvorsitzende dankt allen drei Experten für ihre Stellungnahmen und
unterstreicht die zunehmende Bedeutung der Spezialisierung in der Diskussion um
die geplante Gerichtsorganisation.
Der
stellvertretende Ausschussvorsitzende betont zur Frage
der Reform der Gerichtsorganisation den Umstand, dass man in der Vergangenheit
mit relativ wenigen Bestimmungen auf Verfassungsebene (Art. 82 und 92 B-VG, § 8
Abs. 5 lit. d) und 28 Übergangsgesetz 1920 [wobei man § 8 Abs. 5 lit. d) ÜG
1920 aufzuheben beabsichtige]) gut ausgekommen sei. Für mehr Bestimmungen über
die Gerichtsorganisation in der Verfassung sehe er weder eine Notwendigkeit
noch einen Bedarf, zumal Fragen der Gerichtsorganisation Gegenstand der
Justizpolitik seien und einfachgesetzlich geregelt werden sollten. Dass die
ordentliche Gerichtsbarkeit als Kernfunktion des Staates nicht ausgliederbar
sei, stehe seiner Ansicht nach außer Streit. Bei dem sowohl von den Anwälten
als auch von den Notaren geforderten verfassungsrechtlich verankerten Recht auf
Vertretung stelle sich für ihn die Frage, ob es sich dabei nicht eigentlich um
ein Grundrecht handle, dessen Behandlung dem Ausschuss 4 des
Österreich-Konvents vorbehalten sei. Auch von anderer Seite wird die Frage
aufgeworfen, ob sich in der von den Rechtsanwälten und Notaren erhobenen
Forderung nach verfassungsrechtlicher Verankerung eines allgemeinen
Vertretungsrechts des Bürgers nicht eigentlich der Wunsch dieser Berufsgruppen
nach einer gewissen Bestands- bzw. Institutionsgarantie in der Verfassung
widerspiegle.
Präsident
Dr. Hubner führt – auf entsprechende Fragen – noch ergänzend aus, dass
die im OLG-Sprengel Wien gepflogene Praxis, Zivilrichter an den Gerichtshöfen
sowohl als Einzelrichter (Cg) als auch als Rechtsmittelrichter (R) einzusetzen,
in Linz nicht Usus sei. Er sehe vielmehr das Problem, dass lang gediente
BG-Richter sich nicht auf die Gerichtshöfe bewerben würden, weshalb dort zum
Teil ganz junge Richter – oft auch in Rechtsmittelsenaten – tätig seien. Von
den (derzeit knapp 40) Richtern des OLG Linz stammten nur etwa 5 Richter aus
dem Bundesland Salzburg.
Fortsetzung der Tagesordnungspunkte 3 und 4
4.
Mag. Gero Schmied, Vorsitzender der Vereinigung der Mitglieder der UVS:
Mag.
Schmied stellt zunächst kurz die Vereinigung der Mitglieder der UVS vor, die im
Jahr 1993 gegründet worden sei und der mittlerweile bereits 188
Senatsmitglieder (das sind 90 %) angehörten.
Grundsätzlich
sei die geplante Einrichtung von Landesverwaltungsgerichten und eines
Bundesverwaltungsgerichts 1. Instanz zu begrüßen, freilich stecke „der Teufel
im Detail“. Die UVS seien ursprünglich durch die B-VG-Novelle 1988 eingerichtet
worden, um die Anforderungen der EMRK („civil rights“) zu erfüllen. Der
Tätigkeitsbereich der UVS sei im Wesentlichen auf das Verwaltungsstrafrecht und
auf die so genannten „Maßnahmenbeschwerden“ gegen verfahrensfreie Akte
behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt beschränkt gewesen. Die vom
Verfassungsgesetzgeber in Art. 129a B-VG sowohl dem Bund als auch den Ländern
eingeräumte Möglichkeit, die UVS auch in anderen Rechtsbereichen als
Berufungsinstanz vorzusehen, sei bis etwa Mitte der 90iger Jahre nur sehr
zögerlich aufgegriffen worden. Erst durch das Verwaltungsreformgesetz 2001
seien die UVS in wesentlichen Bereichen der mittelbaren Bundesverwaltung als Berufungsinstanzen
eingesetzt worden. Was die dienstrechtliche Stellung der UVS-Mitglieder
anbelange, hätten im Jahr 1991 – mit Ausnahme Oberösterreichs – alle Länder
eine bloß befristete Bestellung der Senatsmitglieder auf 6 Jahre mit der
Möglichkeit der Wiederernennung vorgesehen. In der Zwischenzeit sei jedoch
(gestützt auf ein Erkenntnis des VfGH aus dem Jahr 1997) in allen Ländern – mit
Ausnahme Tirols, wo dies jedoch ebenfalls in Bälde (Februar 2004) vorgesehen
werde – die unbefristete Ernennung von Senatsmitgliedern gesetzlich verankert.
Die Mitglieder des Unabhängigen Bundesasylsenats (UBAS) seien von Anfang an (ab
1999) auf unbestimmte Zeit ernannt worden und hätten daher eine den
Justizrichtern angenäherte dienstrechtliche Stellung inne.
Was
den derzeitigen Aufgabenbereich der UVS betreffe, habe auch das
Verwaltungsreformgesetz 2001 kaum etwas daran geändert, dass der Großteil des
quantitativen Arbeitsanfalls (ca. 80 %) nach wie vor auf
Verwaltungsstrafverfahren entfalle. Allein in Wien komme es jährlich zu etwa
10.000 bis 11.000 Berufungen gegen erstinstanzliche Straferkenntnisse. Dies
würde wohl auch in Zukunft nicht anders sein.
Die
derzeitigen Defizite der UVS bestünden vor allem in der mangelnden Personal-
und Sachausstattung der Verwaltungssenate; ein Problem sei auch, dass die – bis
zu einem gewissen Grad bereits verwirklichte – innere Unabhängigkeit nach außen
nicht wahrnehmbar sei. So seien die UVS für Wien oder Salzburg etwa in den
Amtsräumen der Ämter der Landesregierungen untergebracht, die Zimmer von
Verwaltungsrichtern und „normalen“ Landesbeamten würden einander abwechseln. In
Wien gebe es derzeit 56 UVS-Mitglieder; durchschnittlich würde ein UVS-Richter
in Wien an 4 Tagen pro Woche verhandeln, dennoch gebe es lediglich 2
Verhandlungssäle, sodass die Verhandlungen zumeist in den Richterzimmern
durchgeführt werden müssten, was wiederum die „äußere Unabhängigkeit“
beeinträchtige. In organisations-, dienst- und disziplinarrechtlicher Hinsicht
sei die Stellung der UVS-Mitglieder sehr stark an jene der Justizrichter bzw.
an jene des VwGH angenähert; so habe sich mittlerweile bei den UVS-Mitgliedern
auch bereits eine Art von richterlichem Selbstverständnis entwickelt.
In der
Vergangenheit habe es schon wiederholt Bestrebungen gegeben, in Österreich
Verwaltungsgerichte 1. Instanz einzurichten. So habe etwa der Initiativantrag
von Khol/Kostelka aus dem Jahr 1995 betreffend „ein
Bundesverfassungsgesetz zur Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit“
vorgesehen, dass die auf unbestimmte Zeit ernannten Mitglieder der UVS Anspruch
auf Ernennung zu Mitgliedern der zukünftigen Landesverwaltungsgerichte hätten.
Dieser Initiativantrag habe keine Notwendigkeit für eine Neugründung als
Landesverwaltungsgerichte gesehen. Sollte dennoch eine Neugründung der Landesverwaltungsgerichte
politisch gewünscht sein, könne vor dem Hintergrund bisheriger Erfahrungen im
Zusammenhang mit dienst- und organisationsrechtlichen Neuerungen nicht
ausgeschlossen werden, dass eine solche Neugründung dazu missbraucht werde, in
der Vergangenheit als unangenehm oder missliebig aufgefallene UVS-Mitglieder
loszuwerden. Es stelle sich in diesem Zusammenhang die Frage, wer über die
Bewerbungen zu zukünftigen Landesverwaltungsrichtern letztlich entscheiden
solle; dabei sei zu bedenken, dass die Landesregierungen insofern parteiisch
seien, als sie in der Vergangenheit selbst Parteien in Verfahren gewesen seien,
die von nunmehr zur Diskussion stehenden UVS-Mitgliedern geführt worden seien.
Wenn in diesem Zusammenhang immer wieder der Vorwurf der mangelnden Qualität
von Entscheidungen der UVS erhoben werde, sei dem entgegenzuhalten, dass
einerseits gegen UVS-Entscheidungen in der Vergangenheit nur sehr selten (in
nicht einmal 1% der Fälle) Amtsbeschwerde bei den Höchstgerichten erhoben worden
sei; zum anderen sei zu bedenken, dass ein Großteil der heute in den
Bundesländern tätigen Senatsmitglieder ursprünglich für eine befristete
Funktionsperiode ernannt worden sei und in der Zwischenzeit nach einem
neuerlichen Bestellungsverfahren, bei dem das Land die Möglichkeit gehabt
hätte, das UVS-Mitglied loszuwerden, wieder ernannt worden sei.
Ein
spezielles Problem im Zusammenhang mit der Transformation der derzeitigen UVS
zu zukünftigen Landesverwaltungsgerichten stelle das Übergangsrecht dar. Hier könne
er schon jetzt, wo über rechtspolitische Erwägungen zur Einführung von
Landesverwaltungsgerichten in den Medien noch nicht allzu viel zu hören sei,
eine gewisse Verunsicherung in der Kollegenschaft feststellen. Es sei darauf
hinzuweisen, dass mit der unbefristeten Ernennung zum UVS-Mitglied die
Definitivstellung als Bundesbeamter wegfalle und daher kein Rückkehrrecht in
die vorige Verwendung bestehe. Dies sei jedenfalls der Rechtsstandpunkt der
Wiener Landesregierung, den die Standesvertretung der UVS-Mitglieder jedoch
nicht teile. Eine diesbezügliche Beschwerde sei vom VwGH mangels
Feststellungsinteresse zurückgewiesen worden.
Abschließend
sei für den UVS Wien zu sagen, dass dieser schon jetzt aus 56 Mitgliedern
bestehe und ihm mehr Verfahren zu Entscheidung zugewiesen seien als anderen
UVS; der UVS Wien sei dementsprechend bereits jetzt überlastet. Im Fall der
Errichtung von Landesverwaltungsgerichten würde ein Landesverwaltungsgericht
Wien schätzungsweise 70 bis 100 Richter benötigen. Um überschaubare
Organisationsgrößen zu gewährleisten, könnten – zumindest in Wien – ein
Landesverwaltungsgericht für Strafsachen und ein solches für
Administrativsachen eingerichtet werden. Was schließlich die Einbindung von
Justizrichtern in die zukünftigen Landesverwaltungsgerichte angehe, sei diese
zwar wünschenswert, doch bestehe die Möglichkeit schon jetzt, sie werde nur von
den Justizrichtern kaum genützt. Um dies in Zukunft zu ändern, müsste der Job
eines zukünftigen Landesverwaltungsrichters sowohl prestige- als auch
gehaltsmäßig attraktiver gemacht werden.
5. Dr.
Hans Linkesch, Präsident des UVS Oberösterreich und Vorsitzender der Konferenz
der
Präsidenten
und Vizepräsidenten der UVS:
Präsident
Dr. Linkesch stellt sich zunächst als Präsident des UVS Oberösterreich vor, der
in dieser Funktion derzeit auch den Vorsitz über die Konferenz der Präsidenten
und Vizepräsidenten der UVS inne hat.
Er
vertritt die Auffassung, dass die UVS, die es seit nunmehr 13 Jahren gebe, sich
im Wesentlichen gut bewährt hätten, was auch daraus zu erkennen sei, dass sich
ihre Zuständigkeiten im Laufe der Jahre stets erweitert hätten, zuletzt
insbesondere durch das Verwaltungsreformgesetz 2001 des Bundes und die
Verwaltungsreformgesetze der Länder. Diese hätten für den UVS Oberösterreich
beispielsweise im vergangenen Jahr eine Zunahme der Rechtssachen um 60%
bewirkt. Das Problem bei diesen ständigen Zuständigkeitsübertragungen sei
jedoch, dass diese keinem klar erkennbaren Konzept folgten und so weder die
Zuständigkeiten noch die Instanzenzüge in der rechtsuchenden Bevölkerung (ja
sehr oft nicht einmal in der Anwaltschaft) bekannt seien. Das führe dazu, dass
die UVS heute immer noch als eine Art „Zwitter“ bzw. als Provisorium angesehen
würden, das irgendwo zwischen Verwaltung und Gerichtsbarkeit angesiedelt sei.
Vor diesem Hintergrund seien die UVS einhellig der Auffassung, dass die
Einführung einer echten Landesverwaltungsgerichtsbarkeit als eine unabhängige
Einrichtung der Rechtssprechung ein klarer und deutlicher Fortschritt sei; dies,
obwohl die derzeit bestehenden UVS schon jetzt den Anforderungen der EMRK an
ein „Tribunal“ entsprechen würden. Ein Problem dabei sei aber, dass die
unbefristete Bestellung von UVS-Richtern nach wie vor nicht in allen
Bundesländern garantiert und im Übrigen nur einfachgesetzlich (und nicht auf
Verfassungsebene) normiert sei.
Ein
Hauptproblem auf dem Weg zu einer Landesverwaltungsgerichtsbarkeit scheine die
Bestellung der künftigen Richter zu sein; hier sollten die Regelungen über das
Bestellungsorgan (dies werde wohl die Landesregierung sein), über die
Voraussetzungen und das Verfahren der Bestellung bundeseinheitlich sein. Dabei
solle insbesondere auf eine bestimmte Dauer einer Berufspraxis, auf die
erfolgreiche Ablegung einer Prüfung und nach Möglichkeit auf die Ausbildung bei
den Landesverwaltungsgerichten selbst Bedacht genommen werden. Jedoch sei die
Forderung, alle Richter – sowohl jene der ordentlichen Gerichtsbarkeit als auch
jene der zukünftigen Verwaltungsgerichtsbarkeit – in gleicher Weise auszubilden,
um hier eine völlige Durchlässigkeit der Systeme zu erzielen, übertrieben;
sowohl die Art als auch der Umfang des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts
sprechen für eine inhaltlich differenzierte, jedoch qualitativ gleichwertige
Ausbildung. In diesem Fall wäre dann aber auch nicht mehr einsehbar, dass –
ähnlich wie bei den Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag nach Art. 133
Z 4 B-VG – einer oder mehrere aus der Justiz kommende Richter gewissermaßen als
Qualitätssicherung für die künftigen Verwaltungsgerichte erforderlich sein
sollten. Was die Ausbildung im Detail anbelange, gebe es hier verschiedenste
Modelle, etwa das in Bayern ausgeübte Modell des „Richters auf Probe“ oder des
„Richters kraft Auftrags“. Dagegen schaue das in Oberösterreich derzeit
praktizierte Bestellungssystem so aus, dass nach der Anhörung der in Frage
kommenden Bewerber die Vollversammlung des UVS einen – relativen bindenden –
Dreiervorschlag an die Landesregierung erstatte und diese dann zu entscheiden
habe. Was die Beteiligung von Justizrichtern anbelange, könne er aus seiner
13jährigen Erfahrung beim UVS Oberösterreich berichten, dass sich nur ein
einziges Mal ein Bezirksrichter für die Stelle als UVS-Mitglied interessiert
habe, sein Interesse jedoch nach Bekanntwerden der Besoldung abrupt erloschen
sei.
Die
UVS sprechen sich dafür aus, dass auch die künftigen Landesverwaltungsgerichte
organisatorisch Einrichtungen des Landes werden, dass jedoch die Organe der
Landesverwaltungsgerichte, die Aufgaben der Justizverwaltung und die Regelung
des Disziplinarverfahrens sowie schließlich das Dienst-, Besoldungs- und
Pensionsrecht nach bundeseinheitlichen Grundsätzen festgelegt werden solle.
Ein
besonderes Problem stelle sicherlich die Übergangsphase auf dem Weg zur Landesverwaltungsgerichtsbarkeit
bzw. die Ersternennung seiner Mitglieder dar. Hier werde es – schon aus
praktischen Gründen – so sein (müssen), dass der größte Teil der derzeitigen
UVS-Mitglieder in die künftigen Landesverwaltungsgerichte übernommen werde. Durch
geeignete Übergangsregelungen sei insbesondere sicher zu stellen, dass die
derzeitigen UVS-Mitglieder weiterhin unabhängig entscheiden und nicht – quasi
in „vorauseilendem Gehorsam“ – allzu behördenfreundlich judizieren.
Was
den Umfang der zukünftigen Zuständigkeiten betreffe, gebe es zwar keine
einhelligen Präferenzen; überwiegend werde jedoch die Meinung vertreten, dass
die Aufgaben der Unabhängigen Finanzsenate nicht auf die
Landesverwaltungsgerichte übertragen werden sollten. Ein besonderes Bundesverwaltungsgericht
1. Instanz erscheine für bestimmte Angelegenheiten gerechtfertigt. Zu warnen
sei jedoch davor, mit der Einbeziehung einiger bisheriger Sonderbehörden einen
spürbaren Einsparungseffekt erzielen zu können. Einsparungen könnten
langfristig nur durch inhaltliche und/oder verfahrensrechtliche Vereinfachungen
erzielt werden. Jedenfalls solle es für alle Landesverwaltungsgerichte ein
bundeseinheitliches Verfahrensrecht geben. An Sonderbehörden könnte man etwa
die Grundverkehrs- und Agrarbehörden in die zukünftigen
Landesverwaltungsgerichte eingliedern. Für besondere Materien könnte man durch
Bildung entsprechender Fachsenate die Mitwirkung von sachverständigen Laien
sicherstellen.
Abschließend
nennt Präsident Dr. Linkesch schlagwortartig noch einige ihm besonders wichtig
erscheinende Punkte: Die zukünftigen Landesverwaltungsgerichte sollten nur als
nachprüfende Berufungsbehörden eingerichtet werden. Großer Wert sei auf die
Übergangsbestimmungen und –fristen, insbesondere hinsichtlich der anhängigen Verfahren,
zu legen. Die bestehende Abgrenzung zwischen Einzelmitglied und
Kammerzuständigkeit solle beibehalten werden. Die Entscheidungsbefugnis der
Landesverwaltungsgerichte solle grundsätzlich – in Anlehnung an den derzeit
geltenden § 67h AVG – eine meritorische sein. Um Verfahren zukünftig in
angemessener Zeit erledigen zu können, sei die Bereitstellung einer ausreichend
hohen Zahl von Sachverständigen notwendig. Zu überlegen sei die Einführung von
– den Rechtspflegern bei Gericht nachempfundenen – nichtrichterlichen Organen
im Bereich der Landesverwaltungsgerichtsbarkeit. Schließlich sollten
Rechtshilfeverfahren unter Verwaltungsrichtern eingeführt und das Zustellungs-
und Vollstreckungsrecht – auch länderübergreifend – effizienter ausgestattet
werden.
Der
Ausschussvorsitzende dankt beiden Experten für ihre Ausführungen und
erklärt die Diskussion für eröffnet.
Auf
die vom stellvertretenden Ausschussvorsitzenden gestellte Frage nach den
Auswirkungen des Verwaltungsreformgesetzes 2001 antwortet Mag. Schmied,
dass diese weniger stark gewesen seien als ursprünglich erwartet. Insbesondere
die anlagenrechtlichen Verfahren hätten keine größeren Probleme gebracht, zumal
die Großverfahren nur selten „streitig“ werden und die vor dem UVS Wien zu
verhandelnden Verfahren eher kleinere Anlagen, wie Gastronomiebetriebe, Hotels
und Cafes, betreffen. Außerdem habe der UVS Wien neue Mitglieder mit
Erfahrungen im Anlagenrecht dazu bekommen. Von anderen Auswirkungen weiß
Präsident Dr. Linkesch aufgrund seiner Erfahrungen in Oberösterreich zu
berichten: Hier sei es zu einem größeren Anstieg gekommen, insbesondere bei
betriebsanlagenrechtlichen Verfahren, Vergaberechts- und
Führerscheinentzugsverfahren (diese allein würden ca. 500 Verfahren pro Jahr
ausmachen). Dazu sei aber zu bemerken, dass der UVS Oberösterreich nicht nur
die Auswirkungen des Bundesverwaltungsreformgesetzes 2001, sondern auch jene
des OÖ Landes-Verwaltungsreformgesetzes gespürt habe. Der Unterschied zu Wien
erkläre sich auch daraus, dass es dort für das Vergaberecht eigene
Behördezuständigkeiten gebe.
Auf
die Frage, ob die Durchführung der (neu hinzugekommenen) Vergaberechtsverfahren
sehr problematisch sei, zumal es sich dabei doch um eine relativ
zivilrechtsnahe bzw. verwaltungsrechtsferne Materie handle, antwortet Präsident
Dr. Linkesch, dass es in der Tat große Probleme mit dem Vergaberecht
gebe, weil in diesem Bereich die Spezialisierung besonders schwierig und die
Fristen besonders kurz seien. Insbesondere die sehr oft beizuziehenden
Sachverständigen hätten große Probleme, diese kurzen Fristen einzuhalten. Auch
hätten die getroffenen Kostenregelungen keine prohibitive Wirkung gezeitigt.
Die „Anfechtungsdichte“ sei weniger vom Schwellenbereich (Oberschwellen- oder
Unterschwellenbereich) als vielmehr von der gerade herrschenden
wirtschaftlichen Lage abhängig. In wirtschaftlich angespannten Zeiten seien der
Wettbewerb noch schärfer, die Vergaberechtsverfahren noch umstrittener und die
„Anfechtungsdichte“ noch größer.
Auf
entsprechende Fragen seitens des Ländervertreters antwortet Präsident Dr.
Linkesch, dass das Ausmaß der notwendig werdenden Erhöhung der Zahl der
Mitglieder der zukünftigen Landesverwaltungsgerichte (im Vergleich zu den
derzeitigen UVS) primär davon abhänge, welche Senate man in die zukünftigen
Landesverwaltungsgerichte integrieren wolle. Wenn man – zumindest anfangs –
lediglich die bestehenden UVS in die Landesverwaltungsgerichte überführen
wolle, werde es keinen wesentlich erhöhten Personalbedarf geben. Wenn man
jedoch viele und auch größere – derzeit unabhängig bestehende Senate -
integrieren wolle (wie etwa den Umweltsenat), werde wohl ein markant erhöhter
Personalbedarf entstehen. Hinsichtlich des zu erwartenden Personalbedarfs
könnte unter Umständen auf Untersuchungen der Ämter der Landesregierungen und
des Bundeskanzleramts/ Verfassungsdienst zurückgegriffen werden, die vor
Inkrafttreten des Verwaltungsreformgesetzes 2001 angestellt worden seien. Was
den für die Umstellung notwendigen Zeitraum anbelange, komme es entscheidend
darauf an, ob man die derzeit tätigen UVS-Mitglieder quasi pauschal übernehme
oder aber jede einzelne Stelle ausschreibe. In letzterem Fall müsse mit
wesentlich mehr Zeit gerechnet werden, zumal schon in der Vergangenheit die
Rekrutierung von UVS-Mitgliedern manchmal schwierig gewesen sei. Hinsichtlich
des Übergangsrechts sei jedenfalls darauf zu achten, dass bereits anhängige
Verfahren unbedingt noch von den UVS erledigt werden sollten. Die Frage des
Ermessens sei für den UVS Oberösterreich in der Vergangenheit kein Problem
gewesen.
Ähnlich
wie Präsident Dr. Linkesch äußert sich auch Mag. Schmied zu den drei
gestellten Fragen: Die Frage, um wie viele Mitglieder die zukünftigen
Landesverwaltungsgerichte aufgestockt werden müssten, sei für Wien insbesondere
davon abhängig, ob man auch das Baurecht in die Zuständigkeit des zukünftigen
Landesverwaltungsgerichts Wien einbeziehe. Um überschaubare Organisationsgrößen
zu gewährleisten, erscheine es sinnvoll, zumindest in Wien neben einem
Landesverwaltungsgericht für Strafsachen auch ein solches für
Administrativsachen einzurichten. Die Frage nach dem für das Übergangsrecht
notwendigen Zeitraum hänge davon ab, ob man sich politisch für eine „en
bloc-Übernahme“ oder eine völlige Neugründung der Landesverwaltungsgerichte
entscheide. Die Ermessensfrage sei auch für den UVS Wien in der Vergangenheit
kein Problem gewesen.
Das
vom stellvertretenden Ausschussvorsitzenden in kurzen Zügen vorgestellte
(personelle) Überleitungsregime, wonach die derzeit tätigen UVS-Mitglieder
grundsätzlich zu Richtern der neuen Landesverwaltungsgerichte ernannt werden
sollten, jedoch ausnahmsweise – bei einer negativen Prognose – auch
ausgeschieden werden könnten, in diesem Fall jedoch ein rechtsstaatliches
Verfahren stattfinden müsste (Erlassung eines Bescheids mit
Prognoseentscheidung, Bekämpfbarkeit des Bescheids vor dem VwGH durch
Beschwerde mit aufschiebender Wirkung), wäre für Mag. Schmied
grundsätzlich vorstellbar. Es müsste jedoch sichergestellt werden, dass die
solcherart „ausgesiebten“ UVS-Mitglieder existenziell abgesichert werden, d.h.
in den Landesdienst zurückkehren können und dort eine vergleichbare
Berufsstellung mit ähnlichem Gehalt wie bisher bekommen sollten.
Präsident
Dr. Linkesch weist darauf hin, dass eine sofortige unbefristete Ernennung
von Landesverwaltungsrichtern nicht nur Vorteile (größere Unabhängigkeit),
sondern auch Nachteile habe („Amok judizierende“ Richter könnten nur mehr
schwer entfernt werden).
Beide
Experten halten fest, dass die Übergangsvorschriften zum Verwaltungsreformgesetz
2001 keine größeren Probleme aufgeworfen hätten; diese könnten daher
gewissermaßen als Vorbild für die anstehenden Reformen dienen.
Hinsichtlich
der Eingliederung der zahlreichen Art. 133 Z 4 B-VG-Behörden wird abschließend
darauf hingewiesen, dass diese sehr heterogen seien und sich viele Behörden
nicht für eine pauschale Überführung in die zukünftigen
Landesverwaltungsgerichte eignen würden, wie etwa die Wahlbehörden, die
Schiedskommissionen (im Krankenanstaltenrecht) oder auch die Behörden im
Dienst- und Disziplinarrecht. In diesem Zusammenhang fordert Präsident Dr.
Benn-Ibler, dass etwa die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission für
Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter unbedingt als selbständige Behörde
aufrecht zu erhalten sei.
Der
Ausschussvorsitzende dankt abschließend allen Experten und allen
Teilnehmern an der heutigen Ausschusssitzung für ihr Kommen und für ihre rege
Mitarbeit.
Vorsitzender des
Ausschusses 9: Fachliche
Ausschussunterstützung:
Univ.-Prof. Dr. Herbert Haller e.h. Dr. Gert Schernthanner e.h.