Protokoll

über die 2. Sitzung der „kleinen Arbeitsgruppe“

des Ausschusses 9

am 15. Dezember 2003, im Parlament, Lokal V

 

 

Anwesende:

 

Ausschussmitglieder (Vertreter):

 

Univ.-Prof. Dr. Herbert Haller             (Vorsitzender)

Univ.-Prof. Dr. Clemens Jabloner                    (stellvertretender Vorsitzender)

Mag. Heribert Donnerbauer                            (als Vertreter für BM Elisabeth Gehrer)

Univ.-Prof. DDr. Christoph Grabenwarter

Dr. Gerhard Kuras                                                      (als „Begleitperson“ von Dr. Johann Rzeszut)

DDr. Karl Lengheimer

Dr. Johann Rzeszut

Dr. Johannes Schnizer

Dr. Kurt Stürzenbecher                                   (als Vertreter für Mag. Renate Brauner)

 

 

Weitere Teilnehmer:

 

Dr. Helmut Epp                                               (für Univ.-Prof. Dr. Andreas Khol)

            Mag. Thomas Sperlich                         (für Mag. Terezija Stoisits)

            Mag. Wolfgang Steiner                                    (für LT-Präsidentin Angela Orthner)

 

Büro des Österreich-Konvents:

 

Dr. Gert Schernthanner                                   (fachliche Ausschussunterstützung)

Sladjana Marinkovic                                       (Ausschusssekretariat)

 

Entschuldigt:

 

Univ.-Prof. Dr. Bernd-Christian Funk

BM Elisabeth Gehrer

Univ.-Prof. Dr. Gerhart Holzinger

Univ.-Prof. Dr. Karl Korinek

Mag. Terezija Stoisits

 

Beginn:                                  08.00 Uhr

 

Ende:                                     10.00 Uhr

 

 

Tagesordnungspunkte

 

1)      Begrüßung und Feststellung der Anwesenheit

2)      Genehmigung des Protokolls über die 1. Sitzung der „kleinen Arbeitsgruppe“ des Ausschusses 9 am 21.11.2003

3)      Weitere Termine ?

4)      Fortsetzung der Diskussion über die Einführung der Landesverwaltungsgerichts-barkeit (insbesondere Nomination der Richter der zukünftigen Landesverwaltungs-gerichte)

 

Tagesordnungspunkt 1: Begrüßung und Feststellung der Anwesenheit

 

Der Ausschussvorsitzende begrüßt die Mitglieder des Arbeitskreises und stellt die Anwesenheit fest.

 

 

Tagesordnungspunkt 2: Genehmigung des Protokolls über die 1. Sitzung der „kleinen Arbeitsgruppe“ des Ausschusses 9 am 21.11.2003

 

Das Protokoll über die 1. Sitzung der „kleinen Arbeitsgruppe“ des Ausschusses 9 am 21.11.2003 wird mit der Maßgabe der nachfolgenden Berichtigungen genehmigt:

 

- Auf Seite 5 des Protokolls unter Diskussionspunkt 6 haben die beiden ersten Sätze wie folgt zu lauten:

„Grundsätzlich herrscht in der Arbeitsgruppe Konsens darüber, dass es ein bundeseinheitliches Verfahrensrecht für alle Landesverwaltungsgerichte und das Bundesverwaltungsgericht 1. Instanz geben solle; zur Erlassung dieses Verfahrensrechts solle der Bundesgesetzgeber zuständig sein. Jedoch wird die Frage, wer für die Erlassung jener Regelungen zuständig sein solle, mit denen die einzelnen Materien bzw. Angelegenheiten den Landesverwaltungsgerichten bzw. dem Bundesverwaltungsgericht 1. Instanz zugewiesen werden (der Bundesgesetzgeber als Materiengesetzgeber oder die Landesgesetzgeber als Organisationsgesetzgeber?), unterschiedlich beantwortet.“

 

- Auf Seite 6 hat unter „Nächster Diskussionspunkt: Stellung der Richter“ im 2. Absatz der 3. Satz richtig zu lauten:

„Zum Teil wird die Meinung vertreten, dass die Beteiligung von Berufsrichtern als eine Soll-Bestimmung in den Verfassungstext eingefügt werden solle.“

 

- Auf Seite 8 des Protokolls unter Diskussionspunkt 10 wird zwischen dem vorletzten Satz und dem letzten Satz folgender (neuer) Satz eingefügt:

„Mehrheitlich wird die Meinung vertreten, dass dann, wenn man es der Bundeshauptstadt Wien auch in Zukunft ermögliche, eigene Sondergerichte zu haben, dieses Recht auch allen anderen Bundesländern eingeräumt werden müsse, um auf diese Weise einerseits ein einheitliches Rechtsschutzniveau in allen Bundesländern zu erreichen und andererseits der Bundeshauptstadt Wien einen Verlust an Rechtsstaatlichkeit (im Vergleich zum derzeitigen Niveau) zu ersparen.“

 

- Schließlich wird ebenfalls auf Seite 8 unter Diskussionspunkt 10 im letzten Satz der Klammerausdruck „... (Landeshauptstadt oder Bundesland oder beides?) ...“ gestrichen.

 

 

Tagesordnungspunkt 3: Weitere Termine ?

 

Der Ausschussvorsitzende teilt mit, dass der Verfassungsgerichtshof am 22.1.2004 um 16.00 Uhr eine Sondersitzung anberaumt habe, sodass er anrege, die Ausschusssitzung um eine Stunde vorzuziehen, sodass die Sitzung um 09.30 Uhr beginnen und um 15.30 Uhr enden solle. Dieser Vorschlag findet im Ausschuss allgemeine Zustimmung.

 

Der Vertreter von Frau Abg.z.NR Mag. Stoisits ersucht, die für 22.1.2004 im „Gelben Salon“ des VwGH anberaumte Sitzung des Ausschusses 9 vom VwGH in das Parlament zu verlegen, da an diesem Tag eine Sitzung eines Unterausschusses des Justizausschusses zur StPO-Reform stattfinde und Frau Abg.z.NR Mag. Stoisits beide Termine unbedingt wahrnehmen wolle. Der Ausschussvorsitzende teilt mit, dass diesem Wunsch nach Möglichkeit entsprochen werden wird.

 

Es findet daher die nächste Sitzung der „kleinen Arbeitsgruppe“ des Ausschusses 9

am 22.1.2004, 09.30 Uhr bis 15.30 Uhr,

Parlament, 1017 Wien, Ausschusslokal V

statt.

 

 

Tagesordnungspunkt 4: Fortsetzung der Diskussion über die Einführung der Landesverwaltungsgerichtsbarkeit (insbesondere Nomination der Richter der zukünftigen Landesverwaltungsgerichte)

 

Der Ausschussvorsitzende schlägt – selbstverständlich unpräjudiziell – vor, dass für die Bestellung der zukünftigen Richter der Landesverwaltungsgerichte, je nachdem ob diese aus dem Beamtentum (Ämter der Landesregierungen) oder aus der Richterschaft kommen, zunächst vom Landesverwaltungsgericht selbst und in weiterer Folge vom VwGH (für die Beamten) bzw. vom OGH (für die Berufsrichter) jeweils ein Dreier-Vorschlag erstattet werden solle, um auf diese Weise die Qualität der zukünftigen Verwaltungsrichter zu sichern. Diese Dreier-Vorschläge sollten den Landesregierungen vorgelegt werden, die letztlich zu entscheiden hätten. Mit einer solchen Regelung könne einerseits eine gewisse Qualitätskontrolle (der jeweiligen Landesverwaltungsgerichte durch VwGH bzw. OGH) gesichert, andererseits aber auch die wünschenswerte Einheitlichkeit gewährleistet und schließlich den einzelnen Landesregierungen ein entsprechender Spielraum eingeräumt werden. Dieser Vorschlag gelte analog auch für das neu einzurichtende Bundesverwaltungsgericht 1. Instanz: Auch hier seien Dreier-Vorschläge durch das Verwaltungsgericht 1. Instanz und in weiterer Folge durch den VwGH (oder OGH) zu erstatten und sei die Letztentscheidung durch die Bundesregierung zu fällen.

 

Der stellvertretende Ausschussvorsitzende stimmt diesem Vorschlag grundsätzlich zu, weist aber darauf hin, dass der VwGH keinen Personalsenat habe, die dienst- und disziplinarrechtlichen Entscheidungen vielmehr von der Vollversammlung getroffen werden. Hinsichtlich der Erstattung des Dreier-Vorschlags müsse man sich daher für den VwGH etwas Besonderes überlegen; es wäre jedenfalls nicht zweckmäßig, einen solchen Dreier-Vorschlag von der Vollversammlung erarbeiten zu lassen. Die Frage der Rekrutierung der zukünftigen Richter der Landesverwaltungsgerichte sei aber eine ganz zentrale Frage und müsse im Ausschuss 9 diskutiert werden. Grundsätzlich könne es jedenfalls nicht so sein, dass allein die Verwaltung die zukünftigen Richter der Landesverwaltungsgerichte auswähle und bestelle, ansonsten würde nicht nur den Landesverwaltungsgerichten, sondern langfristig auch dem VwGH ein empfindlicher Qualitätsverlust drohen.

 

Von einer Seite wird angeregt, die derzeit bestehenden Außensenate bei den Oberlandesgerichten zum Vorbild für die zukünftigen Personalsenate der Landesverwaltungsgerichte zu nehmen. Es wird die Frage aufgeworfen, ob die Form der Selbstergänzung – wie sie derzeit insbesondere beim VwGH praktiziert werde – tatsächlich die bestmögliche Form der Rekrutierung sei. Dem wird jedoch entgegen gehalten, dass die Tätigkeit des VwGH – wie auch die des OGH – eine weit weniger politische sei als etwa jene des VfGH, weshalb die Selbstergänzung durchaus ihre Berechtigung habe. Von mancher Seite wird Skepsis darüber geäußert, dass – nach dem Vorschlag des Ausschussvorsitzenden – letztlich verschiedene Organe über Bewerber aus unterschiedlichen Berufsgruppen urteilen müssten; wichtig wäre ein einziges Organ, das über die Ernennung letztlich entscheide.

 

Von den Vertretern der ordentlichen Gerichtsbarkeit wird darauf hingewiesen, dass sich aufgrund der derzeitigen Kompetenzverteilung (Gerichtsbarkeit als ausschließliche Bundessache) die Vorschläge der Personalsenate immer nur an die Bundesregierung richteten, während sie sich in Zukunft – bei der Ernennung von aus dem Richterstand kommenden Landesverwaltungsrichtern – an die Landesregierungen richten müssten.

 

Insbesondere von Länderseite wird darauf hingewiesen, dass gegen das – derzeit vom VwGH praktizierte – Modell der Selbstergänzung grundsätzlich nichts einzuwenden sei, da dieses eine jahrzehntelange Tradition habe und Qualität und Kontinuität sichere. Wichtig sei zu entscheiden, was eigentlich bei der Erstattung der Vorschläge berücksichtigt bzw. bei der Auswahl der Bewerber geprüft werden solle. Dies müssten neben juristischen Kenntnissen wohl insbesondere auch Kenntnisse der regionalen Besonderheiten und auch der Praktikabilität von gewissen Verfahrensabläufen sein. Wenn die Zugänge für die Qualitätssicherung – aufgrund unterschiedlicher Vorschläge von unterschiedlichen Gremien – unterschiedlich seien, werde es auch Probleme bei der Qualitätssicherung geben. Wichtig sei vor allem, die Unabhängigkeit der zukünftigen Richter der Landesverwaltungsgerichte zu garantieren. Im Anschluss daran wird vereinzelt die Meinung vertreten, dass eine bundesweit einheitliche Regelung nicht unbedingt erforderlich sei, sondern dass man es vielmehr den Landesgesetzgebern (als Organisationsgesetzgebern) überlassen könne, entsprechende Regelungen zu treffen. In der ordentlichen Gerichtsbarkeit gebe es einen länger dauernden Auslese- und Aufnahmeprozess und sei bereits eine gewisse Tradition der Qualitätssicherung entstanden; in den Ländern habe sich dagegen eine solche Tradition noch nicht entwickeln können. Die Qualitätssicherung sei jedenfalls nur durch entsprechende Regelungen für den Aufnahmeprozess zu erreichen, hinsichtlich dieses Prozesses sei den politischen Entscheidungsträgern ein gewisses Mitspracherecht einzuräumen; nach der Ernennung der Richter sei jedoch deren Unabhängigkeit zu wahren und zu garantieren.

 

Vereinzelt wird die Meinung vertreten, dass das Anhörungsverfahren, wie es derzeit vor der Vollversammlung des VwGH praktiziert werde, dort zwar funktioniere, grundsätzlich aber antiquiert sei, kein taugliches Vorbild für die zukünftigen Landesverwaltungsgerichte sein könne und im Übrigen auch ein nicht zu rechtfertigendes Ausmaß an Misstrauen gegenüber den (bestellenden) politisch Verantwortlichen darstelle. Viel wichtiger wären die Durchführung von Hearings, die Erzielung von mehr Transparenz und die Einführung einer Begründungspflicht für die letztlich getroffenen Personalentscheidungen. Konkret wird als eine erste Eingangshürde auf dem Weg zum (Landesverwaltungsgerichts-) Richter die Einrichtung eines Concours-Verfahrens vorgeschlagen, auf dessen Grundlage die besten Leute auszuwählen seien. Die nun diskutierte Einführung der Landesverwaltungsgerichtsbarkeit solle zum Anlass genommen werden, sozusagen eine „zweite Einfallspforte“ für die Richterlaufbahn zu eröffnen (also neben den Richtern in der ordentlichen Gerichtsbarkeit in der Zukunft auch „Landesverwaltungsrichter“).

 

Der stellvertretende Ausschussvorsitzende stellt klar, dass auch er sich dessen bewusst sei, dass das derzeit vom VwGH gepflogene System der Selbstergänzung nicht ideal sei (schon allein deshalb, weil es ein „ideales“ System überhaupt nicht gebe), dass es aber immer noch besser als alle anderen vorgeschlagenen und diskutierten Modelle geeignet sei, die Qualität der zukünftigen Richter zu sichern (weil dies ja im ureigensten Interesse der Auswählenden, also der schon im VwGH tätigen Richter sei) und politische Einflussnahmen hintan zu halten. Er glaubt, dass die Ersternennung der zukünftigen Verwaltungsrichter (im Zuge der Einführung der Landesverwaltungsgerichtsbarkeit) das schwierigere Problem sei; wenn das System erst einmal etabliert und „eingespielt“ sei, werde die spätere Ernennung von weiteren Verwaltungsrichtern kein so großes Problem mehr darstellen. Er hege zwar grundsätzlich kein Misstrauen gegen die Landesregierungen; er sei jedoch skeptisch, ob es tatsächlich im Interesse aller Landesverwaltungen sei, ihre besten Leute an die zukünftigen Landesverwaltungsgerichte sozusagen „zu verlieren“.

 

Insbesondere von den Vertretern der ordentlichen Gerichtsbarkeit wird darauf hingewiesen, dass der Vorteil des derzeit in der ordentlichen Gerichtsbarkeit praktizierten Systems der Richterauswahl darin bestehe, dass man die Leute sehr gut kenne, da sie jahrelang – zunächst als Rechtspraktikanten im Rahmen des „Gerichtsjahres“, später als „Verlängerte“ und als Richteramtsanwärter – am Gericht arbeiten und auf diese Weise die verschiedensten Stationen durchlaufen und auch ständig von den zugeteilten Richtern beurteilt würden. Auf diese Weise blieben (sowohl fachliche als auch menschliche) Fehler bzw. Schwächen nur äußerst selten unentdeckt. Im Übrigen habe sich auch die Einbindung der Oberlandesgerichte in die Personalentscheidungen des OGH bewährt; dies könne auch Vorbild für die Bestellung von Landesbeamten zu zukünftigen Mitgliedern der Landesverwaltungsgerichte sein.

 

Im weiteren Verlauf der Diskussion wird von einer Seite angeregt, anstatt des Modells von kombinierten Dreier-Vorschlägen verpflichtend zwei Gutachten einholen zu lassen (eines durch den VwGH und eines – wenn der Bewerber aus der Richterschaft kommt – vom OGH), die der letztentscheidenden Landesregierung als Grundlage dienen sollten. Die Landesregierungen sollten zwar nicht an die Gutachten gebunden, jedoch verpflichtet sein, ihre Entscheidungen transparent zu begründen.

 

Von Länderseite werden zwar ebenfalls gewisse Zweifel am Modell der Selbstergänzung des VwGH gehegt, es stelle sich jedoch die Frage, ob die nunmehr neu erstatteten Vorschläge spürbar besser seien als die bisher praktizierten Modelle. Dafür liege die „Beweislast“ bei jenen, die diese neuen Vorschläge in die Diskussion einbrächten. Es sei jedenfalls klar, dass die Länder als Organisationsgesetzgeber mitentscheiden müssten, zumal sie ja den Großteil der (aus der Landesverwaltung kommenden) Bewerber am besten kennen. Schließlich werde auch die Frage der Bezahlung eine wichtige Rolle spielen, wenn man tatsächlich die „besten Köpfe“ für die zukünftigen Landesverwaltungsgerichte gewinnen wolle.

 

Es wird die Frage aufgeworfen, ob man auch andere (juristisch gebildete) Bewerber zu Richtern der zukünftigen Landesverwaltungsgerichte bestellen könne, etwa Rechtsanwälte, Professoren oder auch aus der Privatwirtschaft kommende Juristen. Es wird eine gewisse Skepsis geäußert, inwieweit die derzeit bei den Höchstgerichten eingerichteten Personalsenate überhaupt in der Lage seien, insbesondere bei der Erstbestellung so viele zukünftige Landesverwaltungsrichter vorzuschlagen bzw. deren Qualifikationen zu überprüfen. Überhaupt stelle sich die Frage, ob man nicht zwischen der Erstbestellung (bei Einführung der Landesverwaltungsgerichtsbarkeit) und späteren Bestellungen differenzieren müsse.

 

Der Ausschussvorsitzende unterstreicht, dass dem Modell der Selbstergänzung durch die Dreier-Vorschläge der zukünftigen Landesverwaltungsgerichte Rechnung getragen werden solle, dass es darüber hinaus ein Korrektiv durch die höchstgerichtlichen Dreier-Vorschläge (oder Gutachten) geben solle, jedoch die letztlich bindende Entscheidung der Landesregierung vorbehalten bleiben müsse. Auch er sehe die Gefahr, dass die Länder geneigt sein könnten, ihre „besten Köpfe“ in der Landesverwaltung zu halten. Als „Datenschutzrechtler“ trete er zwar grundsätzlich für möglichst viel Transparenz beim Bestellungsvorgang ein, gebe aber zu bedenken, dass etwa nicht alle Bewerber für einen bestimmten Posten mit der Veröffentlichung ihrer Namen einverstanden seien, insbesondere jene, die letztlich nicht genommen werden.

 

Der stellvertretende Ausschussvorsitzende betont die Wichtigkeit der Mobilität und der Föderalisierung der neu einzurichtenden Verwaltungsgerichte dergestalt, dass das zukünftig zu entwickelnde System ein möglichst durchlässiges sein solle, d.h. dass sowohl im Verhältnis zwischen den einzelnen Ländern als auch im Verhältnis zwischen einzelnen Berufsgruppen ein Wechsel der Berufsstellung durchgehend möglich sein müsse. Auch im Hinblick auf den – momentan sehr „Wien-lastigen“ – VwGH wäre eine stärker föderalistische Ausgestaltung wünschenswert, doch werde dies derzeit durch besoldungsrechtliche Hürden blockiert. Hinsichtlich der vereinzelt geforderten Einführung von Gutachten zur Erleichterung der Entscheidungsfindung sei er skeptisch.

 

Es wird die Frage aufgeworfen, ob nach dem vom Ausschussvorsitzenden vorgeschlagenen System (Dreier-Vorschläge durch die Landesverwaltungsgerichte, danach Dreier-Vorschläge oder Gutachten durch die Höchstgerichte, Entscheidung durch die Landesregierungen) die von den Gerichten erstatteten Dreier-Vorschläge bindend sein sollten. Insofern damit eine absolute Bindung gemeint sei, wird diese Frage mehrheitlich verneint; hinsichtlich einer relativen Bindung ist das Meinungsbild noch uneinheitlich. Von Länderseite wird betont, dass die Endentscheidung der jeweiligen Landesregierung vorbehalten bleiben müsse.

 

Es wird darüber hinaus die Frage erörtert, ob das vorgeschlagene Korrektiv in Form eines Dreier-Vorschlags (oder eines Gutachtens) der beiden Höchstgerichte im B-VG geregelt werden müsse oder aber dem einfachen (Landes-)Gesetzgeber vorbehalten bleiben oder unter Umständen auch als eine blosse Soll-Bestimmung formuliert werden könne.

 

Weiters wird die Frage diskutiert, welche Ernennungsvoraussetzungen in fachlicher Hinsicht gelten sollten, d.h. ob man die Landesverwaltungsgerichte für alle Juristen (mit abgeschlossenem Diplomstudium) öffnen sollte (also etwa auch für Juristen aus der Privatwirtschaft oder von nichtstaatlichen Organisationen) oder ob man auch in Zukunft eine Berufsstellung über einen bestimmten Mindestzeitraum (von etwa 5 Jahren) fordern solle, für die der Abschluss der rechts- und staatswissenschaftlichen Studien zwingend vorgeschrieben ist (vgl etwa Art. 134 Abs. 3 B-VG). Es herrscht jedenfalls ein gewisser Konsens darüber, dass die Frage der notwendigen Ausbildung eine ganz wichtige strukturelle Frage sei, die zumindest in ihren Grundzügen im B-VG geregelt werden müsse.

 

Von Länderseite wird die Notwendigkeit gewisser Mindestvoraussetzungen für die Ernennung betont; es müsse eine Ausbildungsphase mit einer abschließenden Prüfung geben. Die von den Gerichten erstatteten Dreier-Vorschläge dürften nicht bindend sein. In diesem Zusammenhang sei davor zu warnen, dass ganz junge Juristen zu Richtern der Landesverwaltungsgerichte ernannt werden könnten, die dann glauben, sich gegenüber der Verwaltung „wohl verhalten“ zu müssen, um später – nach einem Wechsel zurück in die Verwaltung – Karriere machen zu können.

 

Es wird eingewendet, dass ein – von mancher Seite vorgeschlagenes – eigenes Ausbildungsverfahren für zukünftige Landesverwaltungsrichter nur schwer vorstellbar sei und auch der zukünftigen Mobilität, die ja in beide Richtungen gehen müsse, abträglich sei. Es sei auch fraglich, ob Dreier-Vorschläge (oder Gutachten) von Höchstgerichten tatsächlich erforderlich seien. Von anderer Seite wird ebenfalls die Notwendigkeit der Durchlässigkeit des Systems sowie die Wichtigkeit betont, dass auch Bewerber von außen (also nicht aus dem Verwaltungsbereich) die Möglichkeit haben sollten, zukünftige Landesverwaltungsrichter zu werden. Die Möglichkeit, sich aus der Verwaltung in die Landesverwaltungsgerichtsbarkeit (und zurück) zu bewerben, sei wünschenswert und solle eröffnet werden.

 

Dem Vorschlag nach Einführung eines Concours-Verfahrens wird insbesondere von den Vertretern der ordentlichen Gerichtsbarkeit große Skepsis entgegengebracht. Ein solcher Concours, der nur ein paar Stunden (vielleicht auch einige wenige Tage) dauere, sei kein adäquater Ersatz für das derzeit in der ordentlichen Gerichtsbarkeit praktizierte Verfahren, bei dem „verlängerte“ Rechtspraktikanten und Richteramtsanwärter alle zwei bis drei Monate einer anderen Gerichtsabteilung zugeteilt und von dem dort tätigen Richter beschrieben würden. Dazu kämen noch zahlreiche Tests im Rahmen der Übernahme sowie die schwierige Richteramtsprüfung am Ende der Ausbildungszeit, die nach dem derzeitigen System mindesten 4 Jahre dauere (gerechnet vom Beginn des „Gerichtsjahres“) und in der die Ausbildung sehr stark forciert werde. Aus Sicht der ordentlichen Gerichtsbarkeit sei es daher unbedingt erforderlich, entweder – nach dem Vorbild des VwGH – die Beteiligung eines Richterquorums („Richterdrittels“) verfassungsrechtlich zu verankern oder zumindest den OGH in die Richterauswahl maßgeblich einzubinden. Dabei sei jedoch zu bedenken, dass der OGH letztlich nur „seine eigenen Leute“ seriös beurteile könne, während die Beurteilung von Bewerbern aus den Ämtern der Landesregierungen praktisch unmöglich sei. In diesem Zusammenhang sei die Schaffung eines neuen, bundesweit tätigen Organs zu überlegen. Insgesamt sei aber die Beteiligung von Berufsrichtern – insbesondere dort, wo es um Grundrechtseingriffe gehe – unerlässlich, zumal diese eine längere Ausbildung und eine grössere (auch innere) Unabhängigkeit hätten und deren Entscheidungen in der Bevölkerung auf größere Akzeptanz stießen. Der Vorschlag eines einheitlichen Richterbilds und einer einheitlichen Richterausbildung (für Richter der ordentlichen Gerichtsbarkeit und der zukünftigen Landesverwaltungsgerichte) berge die Gefahr einer schlechteren (weil kürzeren) Ausbildungszeit und somit einer Nivellierung nach unten in sich; dies sei jedoch abzulehnen.

 

Zusammenfassend besteht hinsichtlich der Ausbildung der zukünftigen Richter der Landesverwaltungsgerichte und des Bundesverwaltungsgerichts erster Instanz eine gewisse Einigkeit darüber, dass diese möglichst gut ausgebildet sein sollten (d.h. nicht nur das Diplomstudium der Rechtswissenschaften abgeschlossen, sondern nach Möglichkeit zusätzliche Qualifikationen erworben haben sollten [Doktorat; Ablegung der Richteramts-, Rechtsanwalts- oder Notariatsprüfung; Mitarbeit und Schriftführertätigkeit an einem Höchstgericht; Tätigkeit als Universitätsassistent etc.]) und dass die Ausbildungsphase mit einer (Art von Dienst-) Prüfung abgeschlossen werden sollte. Die Beteiligung von Berufsrichtern sollte jedenfalls als Soll-Bestimmung in das B-VG aufgenommen werden. Die Frage, welche Ernennungsvoraussetzungen in fachlicher Hinsicht im Detail aufgestellt werden sollten, ob man insbesondere – wie etwa derzeit in Art. 134 Abs. 3 B-VG für die Mitglieder des VwGH vorgesehen – auch für die zukünftigen Landesverwaltungsrichter die Ausübung einer Berufsstellung über einen bestimmten Mindestzeitraum (z.B. von 5 Jahren) fordern sollte, für die der Abschluss der rechts- und staatswissenschaftlichen Studien zwingend vorgeschrieben ist, ist noch nicht abschließend beantwortet. Auch die gegen Ende der Sitzung noch kurz angeschnittene Idee, eine Art von „Landesverwaltungs-Richteramtsanwärtern“ einzuführen, also von jungen Juristen, die den zukünftigen Landesverwaltungsgerichten etwa zwei Jahre zugeteilt und auf diese Weise ausgebildet werden (etwa indem sie dort als Schriftführer fungieren oder konzeptive Arbeiten durchführen), bedarf noch einer eingehenderen Erörterung im Ausschuss.

 

Hinsichtlich der Ernennung der zukünftigen Richter der Landesverwaltungsgerichte und des Bundesverwaltungsgerichts erster Instanz zeichnet sich ein gewisser Konsens dahingehend ab, dass die Gerichte (Landesverwaltungsgerichte, Bundesverwaltungsgericht erster Instanz und Höchstgerichte) zur Versachlichung der Entscheidungsfindung durch das Recht auf Erstattung von Dreier-Vorschlägen in das Auswahlverfahren eingebunden werden sollten; diese enge Einbindung sei vor allem für die Ersternennung der zukünftigen Verwaltungsrichter im Zuge der Einführung der (Landes-)Verwaltungsgerichtsbarkeit unabdingbar (schon deshalb, um Benachteiligungen von in der Vergangenheit „unbequemen“ UVS-Mitgliedern hintan zu halten, die in der ersten Phase wohl das Gros der neuen Verwaltungsrichter bilden werden), für die spätere Ernennung von weiteren Verwaltungsrichtern sei sie ebenfalls wünschenswert. Die Frage, ob die zu erstattenden Dreier-Vorschläge insoweit bindend sein sollten, als einer der drei vorgeschlagenen Bewerber auch tatsächlich von der Landes- oder Bundesregierung ernannt werden muss (relative Bindung), ist zwar noch nicht endgültig entschieden, wird aber mehrheitlich bejaht.

 

Abschließend dankt der Ausschussvorsitzende allen Teilnehmern für die rege Mitarbeit und teilt mit, dass die Diskussion über die Rekrutierung und Stellung der Richter der zukünftigen Landesverwaltungsgerichte und des Bundesverwaltungsgerichts erster Instanz in der nächsten Sitzung der „kleinen Arbeitsgruppe“ am 22.1.2004 fortgesetzt werden wird.

 

 

 

 

Vorsitzender des Ausschusses 9:                                             Fachliche Ausschussunterstützung:

 

 

 

 

Univ.-Prof. Dr. Herbert Haller e.h.                                                      Dr. Gert Schernthanner e.h.