Protokoll über die zwölfte Sitzung des Ausschusses Nr. 2

    

 

Anwesende Ausschussmitglieder:

 

                  Univ.Prof. Dr. Karl Korinek, Vorsitzender

                  Univ.Prof. Dr. Ewald Wiederin, stv. Vorsitzender

                  Univ.Prof. Dr. Peter Böhm

                  Dr. Matthias Germann (Vertreter für Dr. Herbert  Sausgruber)

                  Univ.Prof. Dr. Clemens Jabloner

                  Univ.Prof. Dr. Theo Öhlinger

                  Univ.Ass. Dr. Klaus Poier

                        Dr. Johannes Schnizer                                                                                    Dr. Klaus Wejwoda (ständiger Vertreter für Ök.Rat Rudolf  Schwarzböck)

 

Entschuldigt:

                 

                        Dr. Peter Kostelka

                  Dr. Elfriede Mayrhofer

 

                 

Weitere Teilnehmer:

 

                        Mag. Bernhard Rochowanski (Beob. für BM Dr. Dieter Böhmdorfer)

                                Mag. Andrea Martin (ständige Expertin)

                                Dr. Karl Megner (Mitarbeiter des Büros des Österreich-Konvents)

Brigitte Birkner (Mitarbeiterin des Büros des Österreich-Konvents)

 

 

Datum:             24. Mai 2004

Beginn:             10.10 Uhr

Ende:               15.45 Uhr

 


5 Tischvorlagen 

 

Korinek, Karl: Vorkehrungen zu Sicherung der Überschaubarkeit der Bundesverfassung

(Diskussionsgrundlage, 10.5.2004, 1 Blatt)

 

Öhlinger, Theo: Neufassung der Art 9 Abs 2 und 50 B-VG zur Lösung des Problems
der Verfassungsbestimmungen in Staatsverträgen (
Stand 11. Mai 2004, 6 Seiten)

Öhlinger, Theo: Neuformulierung der verfassungsrechtlichen Regelungen über Bundes- und Landesgrenzen  (Konsensual beschlossene Änderungen der Fassung vom 26. April 2004 ; 5 Seiten)

 

Schnizer, Johannes: Information zur Staatsgrenze (erstmals aufgelegt: 8. Sitzung, 30.03.2004)

 

Schnizer, Johannes: Vorschlag zur Regelung der „Staatsgrenze“ (8 Seiten)

Anhang 1: Gesamtvorschlag Art. 2 und 3 B-VG [mit Varianten] (1 Blatt)

Anhang 2: Gesamtvorschlag Art. 2 und 3 B-VG ohne Varianten (1 Blatt)

 

 

T A G E S O R D N U N G  

 

 

 

 1.)

Genehmigung der Protokolle der Sitzungen vom 22., 26. April  und 10. Mai 2004

 

 2.)

Offene Punkte aus den letzten Sitzungen

1.) Schriftverkehr / zitiert nach Martin, Expertenarbeit

 

II VFB 077 bis 79 (Europäisches Patent-Übereinkommen, Bundesminister schließt Staatsverträge) .

II VFB 260, Zollrechts-Durchführungsges. - ZollR-DG § 120 Abs 3,
(falls die vom BM für Finanzen für Mitte bis Ende Mai in Aussicht gestellte neuerliche Antwort eingelangt ist).

III Vfbstv 363 und 370, GATT.

III Vfbstv 10, Accordino

2.) Allfällige weitere offene Punkte

 

3.)

a.) Fortsetzung: Bundes- und Landesgrenzen – Kodifikation des Ist-Zustandes im Übergangsrecht  (Arbeitsunterlage Dr. Schnizer)

 

 

b.) Fortsetzung: Bundes- und Landesgrenzen – überarbeitete Vorschläge zu Art 2 und 3 B-VG  (Arbeitsunterlage Prof. Öhlinger)

 

4.)

Vorkehrungen zu Sicherung der Überschaubarkeit der Bundesverfassung

 

5.)

Künftige Regelung von Vereinbarungen zwischen Bund und Länder

 

6.)

Ergänzung des Mandats (Präsidium)

1.  Staatssymbole

Besteht hinsichtlich der Verankerung der Staatssymbole in der Verfassung (Art. 8a B‑VG) ein Änderungsbedarf?

2.  Einheitliches Währungs-, Wirtschafts-, und Zollgebiet

Besteht hinsichtlich der Verankerung des einheitlichen Währungs-, Wirtschafts- und Zollgebietes in der Verfassung (Art. 4 B‑VG) insbesondere im EU-Kontext ein Änderungsbedarf?

 

7.)

Allfälliges

 

 

 

Der Vorsitzende begrüßt die Teilnehmer und eröffnet die Sitzung.

 

 

Tagesordnungspunkt 1

 

 

9. Sitzung (22.4.2004): Protokoll 5. Seite, 3. Punkt. Zu streichen ist der Satz:Art. 10 Abs. 3 sowie Art. 50 Abs. 1 B‑VG geben den Ländern ausreichende Mitwirkungsmöglichkeiten.“

 

10. Sitzung (26.4.2004): Das Protokoll wird ohne Änderungen genehmigt.

 

11. Sitzung (10.5.2004): Protokoll 6. Seite. „Weiters“ ist zu ändern in „In gleicher Weise.“

 

1. Artikel 9 Absatz 2 B-VG hat zu lauten:

Durch Gesetz oder Staatsvertrag können einzelne Hoheitsrechte auf zwischenstaatliche Einrichtungen oder fremde Staaten übertragen werden. Weiters In gleicher Weise kann die Tätigkeit von Organen zwischenstaatlicher Einrichtungen oder fremder Staaten im Inland sowie die Tätigkeit österreichischer Organe im Ausland geregelt werden.

 

 

Tagesordnungspunkt 2

 

 

1.) Offene Fragen zu einzelnen Normen

 

II VFB 077 bis 79 (Europ. PatentÜ, BM schließt StV)

 

     Zit.                    Inhalt                                    Norm                                     zuständig              Beschluss A02                                                                                                                                                                              

II VFB 077

Patentverträge-Einführungsgesetz - PatV-EG
§ 14

BGBl 1979/52
Ermächtigung des zuständigen BM zum Abschluss von StV

Fällt in die Zuständigkeit des BM für Verkehr, Innovation und Technologie

F 11

II VFB 078

Patentverträge-Einführungsgesetz - PatV-EG
§ 18 Abs 1,3,4

BGBl 1979/52
Ermächtigung des zuständigen BM zum Abschluss von StV

Fällt in die Zuständigkeit des BM für Verkehr, Innovation und Technologie

F 11

II VFB 079

Patentverträge-Einführungsgesetz - PatV-EG
§  26 Abs 1

BGBl 1979/52
Derogation?

Fällt in die Zuständigkeit des BM für Verkehr, Innovation und Technologie

F 11

 

 

 

II VFB 260, Zollrechts-Durchführungsges. - ZollR-DG § 120 Abs 3,
Das BM für Finanzen hat eine neuerliche Antwort für Mitte bis Ende Mai in Aussicht gestellt.

Antwort noch offen.

 

 

III Vfbstv 363 und 370, GATT.

 

     Zit.            Inhalt                                    Norm                                     zuständig       Beschluss A02         

III Vfbstv 363

Übereinkommen zur Auslegung und Anwendung der Art. VI, XVI, XXIII - Zoll und Handeslabkommen

 

Zitiertitel „GATT-Tokiorunde 1979“

GATT
BGBl 1980/323
Art. 6 Abs. 7

BmWA

F 11

III Vfbstv 370

Übereinkommen zur Auslegung und Anwendung der Art. VI, XVI, XXIII - Zoll und Handeslabkommen

GATT
BGBl 1980/323
Art. 4 Abs 1 lit ii

BmWA

F 11

 

Anmerkung: Gemeinschaftskompetenz – Vertrag nicht verfassungsrelevant.

Angeregt wird die Prüfung, ob dieses Abkommen insgesamt obsolet geworden ist (F 21).

III Vfbstv 10, Accordino

 

   Zit.              Inhalt                                    Norm                                     zuständig       Beschluss A02         

 

III Vfbstv 10

Accordino

BGBl 1957/125
Art. 1-9

LReg. Tirol

vertagt

III Vfbstv 10

Accordino

BGBl 1957/125
Art. 1-9

LReg Vorarl-
berg

vertagt

III Vfbstv 10

Accordino

BGBl 1957/125
Art. 1-9

BmaA

vertagt

 

Laut mündlicher Mitteilung schließt sich der LH von Vorarlberg der Meinung des LH von Tirol an. Der Brief des LH von Tirol ist in sich etwas widersprüchlich.

Der Ausschuss erzielt Konsens, dass das „Accordino“ derzeit nicht relevant ist (EU-Mitgliedschaft Österreichs und Italiens). Es wird daher kein Grund für den Beibehalt des gegenwärtigen Verfassungsranges gesehen, weil der Inhalt der Norm durch EU-Recht überlagert wird. Ursprünglich stand das Accordino nicht im Verfassungsrang.

Der Konnex mit Art. 4 B-VG wird besprochen (Accordino als lex specialis dazu); ebenso wird auf die historisch-politische und emotionale Dimension der Frage hingewiesen.

 

Es wird mehrheitlich F 11 mit der Anmerkung vorgeschlagen: „wird derzeit nicht vollzogen.“ Damit wird die Frage der Gültigkeit des Vertrages in keiner Weise berührt.

Die Alternative zu F 11 wäre die Trabantenlösung.

 

Vertagung bis zur nächsten Sitzung.


2.1.) Der Ausschuss 9 möchte die dem Ausschuss 6 zugewiesene Norm II Lfde Z. 10 (§ 8 Abs. 5 lit. d) ÜG 1920 idF BGBl 1925/368) ebenfalls beraten.

 

2.2.) Der Ausschuss 10 hat hinsichtlich der ihm vom Ausschuss 2 zur materiellen Beurteilung zugewiesenen Normen die Meinung vertreten, dass nicht er, sondern die fachlich zuständigen Ressorts befasst werden sollten. Der Vorsitzende des Ausschusses 2 wird versuchen, das dieser Auffassung zugrunde liegende Missverständnis aufzuklären.

 

2.3.) Dem Ausschuss 5 ist mitzuteilen, dass es bei einigen vom ihm zu behandelnden Normen nicht um Fragen der Gesetzgebung oder Vollziehung an sich geht, sondern um die Regeln, die sich auf die Vollziehung auswirken. Daher bleibt die Zuteilung aller Normen an den Ausschuss 5 aufrecht. Auch hier wird der Vorsitzende des Ausschusses 2 versuchen, das Missverständnis aufzuklären.

 

 

Tagesordnungspunkt 3

 

Dr. Schnizer liest seine Unterlage „Vorschlag zur Regelung der ‚Staatsgrenze’“ vor.

Nach einer Diskussion resümiert der Vorsitzende:

 

1.      Änderung des Bestandes der Länder (Art. 2 Abs 1 und 2). Hier bestehen im Ausschuss drei unterschiedliche Auffassungen:

·        Es bedarf keiner Änderung der derzeitigen Rechtslage.

·        Volksabstimmung bei Änderungen sowohl auf Bundes- wie auch auf der jeweiligen Landesebene.

·        Kompromisslösung Arbeitsunterlage Öhlinger :

 

Art 2 B-VG:

(1) … (wie bisher)

(2) … (wie bisher)

(3) Veränderungen im Bestand der Länder oder wesentliche Änderungen
      eines Landesgebietes bedürfen einer Neuerlassung des Absatz 2 und
      verfassungsgesetzlicher Regelungen der betroffenen Länder.

 

  1. Es ist zwischen Änderungen der Landesgebiete und bloßen Grenzänderungen zu unterscheiden. Hier wird grundsätzlicher Konsens festgestellt - die Wege zu einer legistischen Lösung werden jedoch (noch) unterschiedlich gesehen (Unterlage Schnizer – Unterlage Öhlinger). Die Änderung eines Landesgebietes erfordert auch das Tätigwerden des Bundesgesetzgebers. Hier bietet sich das Instrument der qualifizierten (2/3) Mehrheit an.

  2. Verbindliche Kodifikation des Ist-Zustandes des Grenzverlaufs. Vorschlag: In die Norm wird lediglich die Bestimmung aufgenommen, dass eine staatliche Stelle den Bundesgrenzbestand nach den normativen Regelungen kundzumachen hat (nicht konstitutive, sondern deklarative Wirkung).

 

In der Diskussion werden folgende Meinungen vertreten:

 

1.) Der im Papier Öhlingers enthaltene, in der letzten Sitzung erörterte, Vorschlag Art. 2 B-VG Abs 3 - Neuerlassung - wird von vielen abgelehnt.

 

2.) Es ist eine sinnvolle Regelung für die in der Praxis vorkommenden Grenzänderungen zu schaffen („Korrekturen“, „technische Grenzbereinigungen“); einhellig.

 

3.) Das Problem ist mit der bloßen Entkleidung des Verfassungsranges nicht gelöst. Besser wäre eine Aufhebung der betreffenden Normen, verbunden mit einem Verweis auf die bestehende Grenzlage. Aufgrund des gegenwärtigen Art. 3 Abs 2 könnte nämlich die  - irrige - Meinung entstehen, dass die jetzt bestehenden Verfassungsgesetze den Verlauf der Staatsgrenze eindeutig festlegen.

Es sollte eine größere Transparenz für den Bürger gegeben sein. Daher wäre mittels Anlagen eine klare Aussage zu treffen, aus welchen Normen der Verlauf der Staatsgrenzen ersichtlich ist (vereinzelt).

 

4.)  Die bloße verfassungsrechtliche Entkleidung beziehungsweise die Aufhebung der paktierten Gesetzgebung löst bundesstaatstheoretische Fragen sowie die Frage der Unübersichtlichkeit der Normen hinsichtlich des Grenzverlaufes nicht. Die Frage der Inkorporation auf der verfassungsrechtlichen Ebene der Landesgesetzgebung bliebe zudem offen (vereinzelt).

 

 

Hinsichtlich der bestehenden Grenzen („Transparenz für den Bürger“) resümiert der Vorsitzende:

Einige Mitglieder des Ausschusses empfinden es als zweckmäßig, den Normunterworfenen die derzeit bestehenden Grenzen ersichtlich zu machen, wobei zwei Wege denkbar sind:

·        normative Festlegung, Auftrag zur Information (staatliche Dienststelle)

·        Verfassungsbegleitgesetz  (allenfalls reicht eine einfachgesetzliche Grundlage aus).

           

Im Laufe von weiteren Diskussionen werden folgende Vorschläge präsentiert:

 

Künftig soll es für Grenzbereinigungen (Korrekturen) jedenfalls keine Verfassungsnormen geben. Als Konsequenz könnten auch die bestehenden verfassungsrechtlichen Normen zunächst auf die einfachgesetzliche Ebene gestellt werden.  Sodann kann eine Rechtsbereinigung durch den einfachen Gesetzgeber erfolgen.

 

Angeregt wird die klare Trennung in: Bestandsänderung / Gebietsänderung / technische Grenzbereinigungen. Letztere können mittels einfacher Gesetzgebung aller beteiligten Gebietskörperschaften erfolgen. Bei Bestandsänderungen und Gebietsänderungen wird bundesseitig eine qualifizierte Mehrheit gewährleistet: Bestandsänderungen mittels Änderung des B-VG, eventuell Volksabstimmungspflicht; Gebietsänderungen bundesseitig mit qualifizierter Mehrheit (einfaches Gesetz). Die Qualität der landesseitigen Kodifikation sollte den Ländern überlassen werden.

 

Alternativvorschlag: „Versteinerung“ des jetzt bestehenden Grenzverlaufes, ausgenommen bloße technische Grenzbereinigungen.

 

Der Vorsitzende resümiert:

 

Die Bundesverfassung ist Gesamtstaatsverfassung und Verfassung des Bundes. Im vorliegenden Zusammenhang kommen zwei Funktionen zusammen: Element der Gesamtstaatsverfassung ist, dass beide – Bund und Länder – zustimmen müssen. Die Art der Zustimmung des Bundes ist ein Element der Bundesverfassung; es ist nicht nötig, auf Ebene des B-VG das Agieren der Länder auf der Ebene der Landesverfassungen zu regeln. Bei der Formulierung des Art. 3 ist hierauf Bedacht zu nehmen.

 

Nach dem erarbeiteten Konzept ist zu beachten:

·        Änderungen im Bestand der Bundesländer bedeutet Gesamtänderung der Bundesverfassung.

·        Gebietsänderungen (auf Bundesebene 2/3-Gesetze.

·        Grenzbereinigungen. Künftig einfachgesetzliche Zustimmungserfordernisse

der Länder.

Daher ist die Entkleidung der Normen vom Verfassungsrang mit dem geltenden Bundesrechtsbestand vereinbar.

 

Poier wird einen Vorschlag auf der Basis der Arbeitsunterlage Öhlinger und der erfolgten Diskussion erstellen.


 

[Dieser Vorschlag, Fassung 24.5.2005, lautet:

 

Neuformulierung der verfassungsrechtlichen Regelungen
über Bundes- und Landesgrenzen

Art. 2 B-VG

 

(1)    Österreich ist ein Bundesstaat.

(2)    Der Bundesstaat wird gebildet aus den selbständigen Ländern: Burgenland, Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Tirol, Vorarlberg, Wien.

(3)    Veränderungen im Bestand der Länder oder eine Verminderung der in Art. 3 vorgesehenen Mitwirkungsrechte der Länder stellen eine Gesamtänderung gemäß Art. 44 Abs. 3 B-VG dar und bedürfen überdies der Zustimmung aller Länder.

 

Art. 3 B-VG

 

(1)    Das Bundesgebiet umfasst die Gebiete der Bundesländer.

 (2)   Völkerrechtliche Verträge, mit denen die Bundesgrenzen geändert werden, bedürfen der Zustimmung der betroffenen Länder.

 (3)   Grenzänderungen innerhalb des Bundesgebietes bedürfen übereinstimmender Gesetze oder Verträge des Bundes und der beteiligten Länder.

(4)    Sofern es sich nicht bloß um Grenzbereinigungen handelt, sind bei Grenzänderungen gemäß Abs. 2 und 3 im Nationalrat die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erforderlich.

 

Die Begründungen folgen in einer Tischvorlage für die nächsten Sitzung]

 

 

 

Tagesordnungspunkt 4

 

Der Vorsitzende erläutert die vom ihm erstellte Unterlage. Zu den einzelnen Punkten ist folgendes Ergebnis der Diskussion festzuhalten:

 

Gesamt-/ Teiländerung:

Die Regeln hinsichtlich der Gesamt- bzw. Teiländerung der Bundesverfassung sollen nach überwiegender Ansicht bestehen bleiben. Die Verpflichtung, eine Volksabstimmung bei jeder Verfassungsänderung vorzusehen, erscheint als nicht zweckmäßig. Über eine neue Bundesverfassung ist jedenfalls aus politischen Gründen, unbeschadet der Frage, ob sie eine Gesamt- bzw. Teiländerung darstellt, eine Volksabstimmung zu erwarten.

 

Vereinzelt blieb die Ansicht, dass künftig keine Differenzierung zwischen Gesamt- bzw. Teiländerungen bestehen soll. Die Bestimmungen des Art 44 Abs 3 B-VG sollten zum Standardfall werden, falls es gelingt, eine Verfassungsurkunde zu erarbeiten, die sich auf die Konstituierung der Grundordnung - die Baugesetze der Verfassung - beschränkt (hingegen operatives Verfassungsrecht in Verfassungsbegleitgesetzen und dergl.).  

 

Relatives Inkorporationsgebot:

Das relative  Inkorporationsgebot sollte positiv formuliert werden: Die formalen Erzeugungsbedingungen von Verfassungsrecht sind genau zu definieren. (Keine Verfassungsbestimmungen in einfachen Gesetzen mit Staatsverträgen, Trabanten, keine Sammelgesetze beziehungsweise kein Verfassungsrecht in Sammelgesetzen.) Die Erläuterungen müssten klarstellen, dass Normen, die im Gegensatz zu den definierten Erzeugungsbedingungen stehen, nicht in der Lage sind, Verfassungsrecht zu werden. [Ab ovo Nichtigkeit (vereinzelt) oder Vernichtbarkeit  durch den VfGH (Mehrheitsmeinung)]. Dies sollte als Schutz des relativen Inkorporationsgebotes ausreichen.

Änderungen des B-VG denkbar lediglich durch:

·        Änderung der Verfassungsurkunde selbst

·        Ergänzung der Liste der im Art 149 B-VG angeführten Gesetze

 

 

In materieller Hinsicht ist es schwierig, Systemgefährdungen des relativen Inkorporationsgebotes gänzlich zu verhindern (zum Beipiel Gefahr von Verweisungen auf externe Normen – neuerlich verstreutes Verfassungsrecht). Hinweis auf die Schweizer  Verfassung: Verfassungsänderungen dürfen den Grundsatz der Einheit der Materie nicht verletzen. (Hier sind allerdings interpretative Differenzen in der Judikatur möglich.)

 

Hinsichtlich der Trabanten wird u.a. vorgeschlagen, dass sie nur rezipiert oder abgeschafft, nicht jedoch geändert werden dürfen. Diskussion des Vorschlages, dass nur „ganze“ Gesetze Trabanten werden dürfen.

 

Alle Grundrechte sowohl quantitativ wie auch qualitativ in der Verfassungsurkunde zu kodifizieren wird als schwierig, teilweise als nicht lösbar gesehen.  Die Judikatur des VfGH sollte hinsichtlich der Grundrechte weiterhin Richtschnur sein.

 

Es soll vorgesehen werden, dass  Sammelgesetze den Grundsatz der Einheit der Materie wahren soll. Ebenso die verpflichtende Einschaltung des Verfassungsausschusses vor der Erzeugung von Verfassungsrecht (Empfehlung für die Aufnahme in die Geschäftsordnung des NR).

 

 

Tagesordnungspunkt 5

 

In die TO der nächsten Ausschuss-Sitzung ist die Frage der Art 15a B-VG-Vereinbarungen aufzunehmen:

·        rechtliches Schicksal der 4 Verfassungsbestimmungen, die 15a-Verträge sind und die aufgrund des Mandats im Ausschuss 2 behandelt wurden. (III lfde Z 572-574)

·        Der Ausschuss 2 wurde mit der Befassung dieser Materie nicht ausdrücklich betraut (in anderen Ausschüssen bereits behandelt, allerdings ohne Konsens). Der Ausschuss 2 wäre bereit, diese Thematik nach dem Vorliegen von Ergebnissen in den anderen Ausschüssen in formalrechtlicher Hinsicht zu bearbeiten.

 

Konsens:

Der Ausschuss 2 teilt dem Ausschuss 5 mit, dass dieser hinsichtlich der 15a-Verträge eine Lösung  ohne Verfassungsbestimmungen finden sollte. Gliedstaatsverträge sind nicht unmittelbar anwendbar, daher war bisher der Verfassungsrang nur eine Krücke, auf Seite des Bundes jene parlamentarischen Mehrheiten zu sichern, die zur Änderung der Verfassung benötigt werden. Hier sind andere Lösungen denkbar (qualifizierte Mehrheiten).

 

 

Tagesordnungspunkt 6

 

1. Zur Frage des Präsidiums, ob Art 8a B-VG ergänzungsbedürftig ist (Hymne), überregulierend ist (Wappen) oder so bestehen bleiben kann:

 

Konsens (Textvorschlag):

„Die Farben der Republik Österreich sind Rot-Weiß-Rot. Das Nähere über die Flagge, das Wappen, das Siegel und die Hymne sind in einem Bundesgesetz zu regeln, das erhöhten Erzeugungsbedingungen unterliegt.“

 

2. Hinsichtlich der Frage des einheitlichen Währungs-, Wirtschafts- und Zollgebietes (Art. 4 B‑VG) ist der Ausschuss 2 der Ansicht, dass sie zentrales Anliegen des Ausschusses 5 ist (eventuell Mitbefassung des Ausschusses 10).

Aktuell ist die Frage überhaupt nur mehr bezüglich des einheitlichen Wirtschaftsgebietes.

Konsens:

Die Frage des einheitlichen Währungs- und Zollgebietes ist durch die EU-Mitgliedschaft  Österreichs hinfällig. Die Frage des einheitlichen Wirtschaftsgebietes ist von Ausschuss 5 zu behandeln (Kompetenzen), der Ausschuss 10 ist mitzubefassen (§ 8 Abs 4 F-VG).

 

 

Tagesordnungspunkt 7

 

 

1.) Weitere Sitzungstermine:     1. Juli  2004, 9 - 16 Uhr

                                               6. Juli 2004, 14 - 17.30 Uhr

 

 

2.) Tischvorlage: Öhlinger, Theo: Neufassung der Art 9 Abs 2 und 50 B-VG zur Lösung des Problems der Verfassungsbestimmungen in Staatsverträgen (Stand 11. Mai 2004, 6 Seiten)

 

Konsens:

Wie bei TO Punkt 1 festgelegt, wird in Art 9 Abs 2 „Weiters“ ersetzt durch : „In gleicher Weise.“

 

Einzelne Mitglieder des Ausschusses schlagen vor, dass sich der Nationalrat und/oder der Bundesrat ihr Genehmigungs- bzw. Zustimmungsrecht bei Staatsverträgen vorbehalten können. Daher wird in der zit. Tischvorlage die Formulierung Art 50 Abs 2a ergänzt: „oder der Bundesrat.“ Nach Ansicht der Mehrheit der Ausschussmitglieder ist dieses Genehmigungs- bzw. Zustimmungsrecht des NR und BR jedoch aus den in den Erläuterungen der Tischvorlage anzuführenden Gründen nicht zweckmäßig, weshalb diese Anregung in Klammern zu setzen sein wird.


Es wurde vereinzelt auch die Meinung vertreten, dass in den Fällen, in denen Angelegenheiten des selbstständigen Wirkungsbereiches der Länder betroffen sind, der NR sich die Genehmigung vorbehalten müsse (sodann Mitwirkung des BR).

 

Die Unterlage wird in der nunmehr endgültigen Form (revidierte Fassung, Stand 25. Mai 2004) in der Sitzung am 1. Juli 2004 als nicht mehr zu behandelnde Tischvorlage neu aufgelegt.

 

 

 

Der Vorsitzende dankt den Teilnehmern und schließt die Sitzung.

 

 

Nächste Sitzung: 1. Juli 2004,  9:00 Uhr

 

Schriftführung: Dr. Karl Megner

Brigitte Birkner

 

Vorsitzender: Präs. Univ.Prof. Dr. Karl Korinek

 

 

Anlagen im Originalprotokoll: Anwesenheitsliste,  5 Tischvorlagen