Anwesende:
Ausschussmitglieder
(Vertreter):
Univ.Prof.
Dr. Bernd-Christian Funk (Vorsitzender)
Mag.
Bernhard Achitz (Vertretung
für Friedrich Verzetnitsch)
Univ.Prof.
Dr. Peter Böhm (Vertretung
für Herbert Scheibner)
Prof.
Christine Gleixner
DDr.
Karl Lengheimer (Vertretung
für
Univ.Prof.
DDr. Christoph Grabenwarter)
Prof.
Ing. Helmut Mader
Mag.
Joachim Preiss (Vertretung
für Mag. Herbert Tumpel)
Dr.
Johann Rzeszut
Dr.
Johannes Schnizer (Vertretung
für Dr. Maria Berger)
Mag.
Terezija Stoisits
Dr.
Theodor Thanner (vormittags)/ (Vertretung
für Dr. Ernst Strasser)
Mag.
Walter Grosinger (nachmittags)
Weitere Teilnehmer/Teilnehmerinnen:
Mag. Jochen Danninger (Büro
Univ.Prof. Dr. Andreas Khol)
Mag. Ronald Faber (Büro
Univ.Prof. Dr. Heinz Fischer)
Mag. Katharina Peschko-Gruber (vormittags)/ (Büro Herbert
Scheibner/Dr. Dieter
Mag. Bernhard Rochowanski (nachmittags) Böhmdorfer)
Dr. Rosi Posnik (Büro
Dr. Claudia Kahr)
Univ.Doz. Dr. Hanspeter Hanreich (beigezogen
von
Univ.Prof.
Dr. Reinhard Rack)
Dr. Raoul Kneucker (beigezogen
von Prof. Christine Gleixner)
Mag. Gerda Marx (beigezogen
von
Univ.Prof.
Dr. Bernd-Christian Funk)
Dr. Claudia Rosenmayr-Klemenz (beigezogen
von
Univ.Prof.
DDr. Christoph Grabenwarter)
Mag. Thomas Sperlich (beigezogen
von Mag. Terezija Stoisits)
Büro des
Österreich-Konvents:
Mag.
Birgit Caesar (fachliche
Ausschussunterstützung)
Monika
Siller (Ausschusssekretariat)
Entschuldigt:
Mag. Herbert Haupt
Univ.Prof.
Dr. Reinhard Rack
Beginn: 10.00
Uhr
Ende: 16.00
Uhr
Tagesordnungspunkte:
1.)
Begrüßung und Feststellung der Anwesenheit
2.)
Genehmigung des Protokolls der letzten Sitzung
3.)
Berichte
4.)
Behandlung des Themas „Verbot der Tötung auf Verlangen“ auf Basis einer
zusammenfassenden Darstellung von Univ.Prof. DDr. Grabenwarter und
Dr. Schnizer
5.)
Behandlung des Positionspapiers von Univ.Prof. Dr. Funk zu den sozialen
Grundrechten
6.)
Fortsetzung der Themenbehandlung in merito: konkrete Vorschläge für
einzelne Grundrechte (soziale
Grundrechte)
7.) Allfälliges
Der Ausschussvorsitzende begrüßt die Mitglieder des
Ausschusses 4 und die weiteren Anwesenden und stellt die Beschlussfähigkeit
fest.
Tagesordnungspunkt 2: Genehmigung des Protokolls
der letzten Sitzung
(27. April 2004)
Das
Protokoll der siebzehnten Sitzung vom 27. April 2004 wird mit folgender
Anmerkung genehmigt (Ergänzung wurde bereits eingearbeitet):
Zu
Tagesordnungspunkt 4, Pkt. 1.2 „Folterverbot“ (auf Seite 4):
Zum
Vorschlag, die Rechtsquellen durch eine verfassungsrechtliche Berücksichtigungsklausel
in einen Bezug zum Grundrechtskatalog zu stellen, wird angeregt, diese Frage
dem Aus-
schuss 2
(Legistische Strukturfragen) des Österreich-Konvents zuzuweisen.
Der Ausschussvorsitzende berichtet
über einen neuen Textentwurf mit Erläuterungen zu den sozialen Rechten
von Prof. Ing. Mader/Univ.Prof. Dr. Rack (Anlage 1 zum
Protokoll), über einen überarbeiteten Textentwurf zu den sozialen Rechten
vom Sozialdemokratischen
Grundrechtsforum (Anlage 2 zum Protokoll) und über neue
externe Schreiben.
Tagesordnungspunkt
4: Behandlung des Themas „Verbot der Tötung auf Verlangen“ auf Basis einer
zusammenfassenden Darstellung von Univ.Prof. DDr. Grabenwarter und Dr. Schnizer
Der Ausschuss behandelt ein von Univ.Prof. DDr. Grabenwarter
und Dr. Schnizer gemeinsam erstelltes Papier, in welchem die bei der
letzten Ausschusssitzung vertretenen Positionen zum „Recht auf Leben“
zusammengefasst wurden (Anlage 3 zum Protokoll).
Als Ergebnis der Beratungen einigt sich der Ausschuss
auf folgenden Text, der in den Bericht des Ausschusses 4 aufzunehmen ist
(Änderungen gegenüber dem Papier von Univ.Prof. DDr. Grabenwarter und
Dr. Schnizer werden in blauer Farbe wiedergegeben):
---------------------------------------
Ausgehend davon, dass Einverständnis darüber besteht,
das Recht auf Leben und das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit
jeweils getrennt mit eigenen Gesetzesvorbehalten zu regeln, kommt der Ausschuss
zunächst zu dem Konsens, dass der Grundtatbestand als solcher mit folgender
Formulierung verankert werden sollte:
„Das Recht jedes Menschen auf Leben wird gesetzlich
geschützt.“
Einigkeit besteht im Ausschuss darüber, dass diese
Formulierung lediglich die Rechtslage nach dem bestehenden Art. 2 EMRK
wiedergibt. Dies bedeutet insbesondere, dass sowohl mit dieser Formulierung als
auch mit den sonstigen Formulierungen in diesem Kontext die bestehende
verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Fristenregelung unberührt bleibt. Der
vorgeschlagene Artikel bezieht sich – wie schon Art. 2 EMRK (in der Rechtsprechung des VfGH und des Europäischen
Gerichtshofs für Menschenrechte) – auf das geborene Leben.
Das Verbot der Todesstrafe soll folgendermaßen lauten:
Ob die Formulierung des Art. 85 B-VG zusätzlich
beibehalten werden soll, wäre im Zuge der Debatte über die Bestimmungen zur
ordentlichen Gerichtsbarkeit zu klären.
Konsens besteht weiters darüber, dass der
Gesetzesvorbehalt zum Recht auf Leben so wie im Entwurf von Univ.Prof. DDr. Grabenwarter
exklusive der lit. c (Niederschlagung eines Aufruhrs oder Aufstandes)
formuliert werden soll.
Eine Verankerung des Verbots aktiver Sterbehilfe
findet überwiegend Zustimmung.
Diesbezüglich enthält der Entwurf von Univ.Prof. DDr. Grabenwarter
eine ausdrückliche Regelung.
Art. 2 Abs. 1 Satz 2 dieses Entwurfs lautet:
„Tötung
auf Verlangen ist gesetzlich zu verbieten.“
Damit
soll ein Verbot „aktiver Sterbehilfe“ erreicht werden. In diesem Zusammenhang
wird auf den Entschließungsantrag des Gesundheitsausschusses des Nationalrates
betreffend Beibehaltung der ablehnenden Haltung gegenüber der „aktiven
Sterbehilfe“, Ausbau der Hospiz- und Palliativversorgung sowie Verwirklichung
der Karenz zur Sterbebegleitung, der am 13. Dezember 2001 mit den Stimmen
aller vier im Parlament vertretenen Parteien angenommen wurde (XXI. GP, 115/E),
verwiesen. Unabhängig von einem
verfassungsrechtlichen Verbot der Tötung auf Verlangen muss nach einhelliger Auffassung im Ausschuss 4 des Österreich-Konvents
auch das Recht auf Sicherstellung der Voraussetzungen für einen
würdevollen Tod verankert werden. Dazu gehören ein flächendeckender Ausbau der Hospiz- und
Palliativversorgung, die einen leichten und leistbaren Zugang gewährt, bestmögliche
Schmerzbehandlung, die Sicherstellung von mobiler und stationärer
Hospizversorgung, Palliativpflege und –betreuung, die Ermöglichung der
Betreuung durch Angehörige, wobei diese Rechte unabhängig vom Einkommen
gewährleistet sein müssen (z.B. etwa durch finanzielle Absicherung Angehöriger
während einer Karenz zur Sterbebegleitung). Dies könnte durch einen ergänzenden Satz
im Verfassungstext (unter Hinweis insbesondere auf Hospizversorgung, palliative
care) sowie entsprechende Erläuterungen geschehen.
Zur Diskussion wird folgender Text gestellt:
„Jeder Mensch hat das Recht, in Würde zu
sterben. Tötung auf Verlangen ist
unter Strafe zu stellen. […]“
Ein
weiterer Satz zur Konkretisierung staatlicher Leistungspflichten im
Zusammenhang mit dem Recht, in Würde zu sterben, ist erforderlich und soll in
Abstimmung mit Garantien für den Gesundheitsschutz angefügt werden. Zur
Diskussion wird folgender Text gestellt:
„Dies schließt jedenfalls
das Recht auf bestmögliche Schmerzbehandlung ein. Die Betreuung durch Angehörige
ist unabhängig vom Einkommen zu gewährleisten.“
Die Diskussion über derartige Formulierungen konnte im Ausschuss
nicht abgeschlossen werden.
Vereinzelt
wird ein verfassungsrechtliches Verbot der Sterbehilfe prinzipiell abgelehnt.
Zwar werden die Kommerzialisierungstendenzen in diesem Bereich strikt
abgelehnt, doch ein solches Verbot führe zu einer Diskriminierung zwischen
Personen, die aus Eigenem ihrem Leben ein Ende setzen könnten und jenen, die
dazu nicht mehr in der Lage seien und hiefür auf fremde Hilfe angewiesen seien.
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Der Ausschussvorsitzende dankt
Univ.Prof. DDr. Grabenwarter und
Dr. Schnizer für ihre Ausarbeitungen.
Tagesordnungspunkt
5: Behandlung des Positionspapiers von Univ.Prof. Dr. Funk zu den sozialen
Grundrechten
Der
Ausschuss berät ein Positionspapier von Univ.Prof. Dr. Funk über allgemeine
Erwägungen zu sozialstaatlichen Gewährleistungen und sozialen Grundrechten,
welches bei der letzten Ausschusssitzung vorgelegt wurde. Bei
der letzten Sitzung wurde hiezu kritisch angemerkt, dass der Vorschlag zu
Ziffer 9 eingehender zu prüfen sei und dass die Erwägungen zur Erweiterung der
verfassungsgerichtlichen Befugnisse (Ziffer 11) mit Vorbehalt zu sehen seien.
Gleiches wurde zu den Fragen des Rechtsschutzes (Ziffer 10) angemerkt.
Ein Schreiben von Univ.Prof. DDr. Grabenwarter
mit Anmerkungen zum Positionspapier des Ausschussvorsitzenden liegt als
Tischvorlage auf.
Als Ergebnis der Beratungen einigt sich der Ausschuss
auf folgenden Text, der in den Bericht des Ausschusses 4 aufzunehmen ist
(Änderungen gegenüber dem Papier von Univ.Prof. Dr. Funk werden in
blauer Farbe wiedergegeben):
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Sozialstaatliche
Gewährleistungen und Soziale Grundrechte
Allgemeine
Erwägungen und Vorschläge zu deren Aufnahme
in
einen neuen Grundrechtskatalog
1. Eine erneuerte
österreichische Bundesverfassung sollte sozialstaatliche Gewährleistungen
enthalten. Bereits die geltende Bundesverfassung ist keine „Spielregelverfassung“,
sondern enthält Leitwertbekenntnisse in Form von sog. Baugesetzen,
Staatszielbestimmungen, Gesetzgebungsaufträgen und vor allem grundrechtlichen
Garantien. Darunter finden sich auch Gewährleistungen
sozialpolitischen Inhalts und sozialpolitischer Relevanz, z.B. in Form von Diskriminierungsverboten, Gleichbehandlungspflichten
und Förderungsverpflichtungen. So ist etwa das „Recht
auf Bildung“ bereits geltendes Verfassungsrecht. Die vorhandenen
Regelungen sind allerdings unsystematisch und unvollständig.
2. Konkrete Vorschläge für eine Kombination
von sozialstaatlichen Ziel- und Aufgabenbestimmungen und individuellen Rechten
sind bislang nicht angenommen worden. Nach den Vorstellungen des für Grundrechte zuständigen Konvent-Ausschusses 4 sollte
eine etwaige verfassungsrechtliche Verankerung sozialstaatlicher
Verantwortung in einem neuen Grundrechtskatalog primär
in Form von individuell durchsetzbaren Gewährleistungen erfolgen.
3. Bei der Anhörung und
Aussprache vom 19. April 2004 sind unter den eingeladenen Experten zum Thema
sozialstaatlicher Gewährleistungen unterschiedliche Auffassungen vertreten
worden. Der Bogen reicht von der dezidierten Forderung nach sozialen
Grundrechten bis zu einer zurückhaltenden Auffassung, die für eine Parallelführung
mit der europäischen Rechtsentwicklung eintritt. Eine unbedingte Ablehnung
solcher Verfassungsgarantien ist nicht vertreten worden. Von allen Experten wurde die Grundrechte-Charta der
Europäischen Union zum Bezugspunkt ihrer Überlegungen gemacht.
4. Dem Ausschuss 4 sind
verschiedene Vorschläge für sozialstaatliche Gewährleistungen übermittelt
worden. Die Vorschläge des Sozialdemokratischen Grundrechtsforums und der
Ökumenischen Expertengruppe enthalten Kataloge subjektiver Rechte. Der
Vorschlag Prof. Grabenwarter enthält staatliche
Gewährleistungspflichten im Arbeits- und Sozialrecht, die durch Gesetz
umzusetzen sind. Sie alle enthalten in unterschiedlicher
Ausprägung Vorschläge für individuelle Rechte. Die Bandbreite reicht von umfassenden
Katalogen sozialer Grundrechte bis zu Vorschlägen, die eher auf Gesetzgebungsaufträge
hin ausgerichtet sind.
5. Der Ausschuss 4 hat
sich mit allgemeinen Fragen der Verankerung sozialstaatlicher Gewährleistungen
in einer künftigen Bundesverfassung beschäftigt. Eine Spezialdebatte über
Einzelheiten konnte noch nicht nur teilweise
geführt werden.
6. Der Ausschuss 4 ist
der Auffassung, dass eine künftige Bundesverfassung sozialstaatliche
Gewährleistungen enthalten soll. Ein Rückschritt hinter die europäische Verfassungsentwicklung
(derzeit noch in Form der EU-Grundrechte-Charta) sollte vermieden werden. Dazu
kommt, dass nach herrschender, durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs
für Menschenrechte und staatlicher Gerichte geprägter Rechtsauffassung in
Abwehr-Grundrechten staatliche Schutz- und Gewährleistungspflichten
eingeschlossen sind, durch welche die konfrontierende Gegenüberstellung von
(klassischen) Abwehrrechten und (neuen) Leistungsansprüchen bereits nach geltender
Verfassungsrechtslage relativiert wird. Solche Ansprüche werden überdies durch
Diskriminierungsverbote garantiert, die schon jetzt Bestandteil der Verfassung
sind und weiter ausgebaut werden sollen, wobei
darüber aus Zeitgründen noch nicht diskutiert werden konnte.
7. Der Ausschuss 4 ist
weiters der Auffassung, dass sozial- und leistungsstaatliche Verfassungsgarantien
in differenzierter und kombinierter Form eingeführt werden sollten. In Betracht
kommen Staatszielbestimmungen – Gesetzgebungsaufträge – institutionelle
Garantien – Grundrechte mit individuellem und kollektivem Garantiegehalt. Ein
künftiger Grundrechtskatalog sollte für sämtliche Möglichkeiten offen sein.
Vorschläge für die konkrete Ausgestaltung wären in fortgesetzter Ausschussarbeit
zu suchen. Ein solches Vorgehen würde allerdings einen politischen Grundkonsens
in diese Richtung voraussetzen, der vom Ausschuss nicht erzeugt werden kann.
8. Entsprechend den
Überlegungen und Vorschlägen von Univ.Prof. Dr. Holoubek tritt der Ausschuss
4 für eine möglichst konkrete Fassung sozial- und leistungsstaatlicher Verfassungsgarantien
als Grundrechte „im technischen Sinne“ ein. Formulierungen
Sprachlich diffuse Formen, wie ein „Recht auf Gesundheit“
sollten daher als ausschließliche Gewährleistungen
vermieden und in genaue, rechtlich geschützte Positionen, z.B. ein Recht
auf Zugang zur Gesundheitsvorsorge oder einen Anspruch auf medizinische Notfallversorgung
übersetzt und durch diese ergänzt werden.
9. Dabei wären Eein allgemeines
Missbrauchsverbot sowie Gesetzesvorbehalte vorzusehen,
die den Staat davor schützen, zur Leistung von „Unerfüllbarem“ verpflichtet zu
sein. Die wären als Schranken wären vorzusehen, jedoch so zu
gestalten, dass Mindeststandards nicht unter Berufung auf nicht vorhandene
Mittel unterschritten werden können.
10 9. Nach Überzeugung des
Ausschusses 4 sollte das rechtliche Instrumentarium zur Durchsetzung sozial-
und leistungsstaatlicher Verfassungsgarantien ebenso differenziert gestaltet
sein wie die Verankerung solcher Garantien. Vorhandene Ansätze in der juristischen
Dogmatik sind zu nutzen, zu entwickeln und auszubauen, neue Instrumente bereit
zu stellen.
Keine allgemeine Zustimmung
finden die folgenden weitergehenden Überlegungen zu Ziffer 9, die aus
Zeitgründen nicht ausreichend diskutiert werden konnten:
Eine Rechtsdurchsetzung, die
ausschließlich oder vorwiegend auf dem Wege der auf individuelle
Eingriffsabwehr zugeschnittenen Grundrechtsbeschwerde bei den Unabhängigen Verwaltungssenaten
und beim VfGH erfolgte, wäre unzureichend. Mechanismen kollektiver
Rechtsdurchsetzung werden zusätzlich zu schaffen sein. Der Gerichtsbarkeit in
Zivil-, Arbeits-, Sozialrechts- und Strafsachen werden wesentliche Funktionen
bei der Effektivierung sozial- und leistungsstaatlicher Verfassungsgarantien
zufallen. Hier besteht bereits ein flexibles dogmatisches Instrumentarium an
argumentativen Mustern, insbesondere in Form des Grundsatzes der
verfassungskonformen Gesetzesauslegung und von teleologischen Operationen
(Reduktion oder Extension). In einer neu zu schaffenden Verfassungsklausel
sollte die Grundrechtspflichtigkeit sämtlicher Staatsfunktionen ausdrücklich
klargestellt werden.
11 10. Nach Auffassung des Ausschusses 4 wird
die Aufnahme von sozial- und leistungsstaatlichen Verfassungsgarantien
Folgewirkungen in den Bereichen der Normenkontrolle und des Staatshaftungsrechts
haben müssen.
Keine allgemeine Zustimmung
finden die folgenden weitergehenden Überlegungen zu Ziffer 10, die aus
Zeitgründen nicht ausreichend diskutiert werden konnten:
Das traditionelle Kassationsprinzip in
der verfassungsgerichtlichen Normenkontrolle stößt schon jetzt auf Grenzen der
Handhabbarkeit. Bei den neuen Gewährleistungen werden Überlegungen in die
Richtung begrenzter Normsetzungsbefugnisse des VfGH anzustellen sein. Das
bestehende Privileg des Ausschlusses von außervertraglicher Staatshaftung
gegenüber rechtswidrigem Verhalten von Legislativorganen wird in Frage zu
stellen sein.
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Tagesordnungspunkt 6: Fortsetzung der Themenbehandlung
in merito: konkrete Vorschläge für einzelne Grundrechte (soziale Grundrechte)
Der Ausschuss berät das „Recht auf soziale Sicherheit“
und das „Recht auf Arbeit“ (Teilsynopsen D-29 und D-32, Anlagen 4 und 5
zum Protokoll).
Hiezu
liegen Textentwürfe von Univ.Prof. DDr. Grabenwarter, von der Ökumenischen
Expertengruppe, von Prof. Ing. Mader/Univ. Prof. Dr. Rack,
von Univ.Prof. Dr. Rack,
vom Sozialdemokratischen Grundrechtsforum und von Mag. Stoisits/Grüner
Parlamentsklub vor.
DDr. Lengheimer (als Vertreter von Univ.Prof.
DDr. Grabenwarter) ist der Auffassung, wie bereits in der Sitzung vom
19. April 2004 vom Vorsitzenden ausgeführt wurde, dass aus Zeitgründen eine
Diskussion über die einzelnen sozialen Grundrechte nicht sinnvoll sei und dass
jedenfalls für die Sitzung am 3. Mai 2004 die Rechte der Volksgruppen und des
Gleichheitssatzes in Aussicht genommen wurden. Dazu ist festzuhalten, dass der Ausschuss am
27.
April 2004 aufgrund einer Abstimmung mehrheitlich beschlossen hat, bei der
Sitzung am 3. Mai 2004 die sozialen Grundrechte zu beraten.
1. Die Frage individueller
Befindlichkeit („selbstverschuldete Not“) kann über den Hilflosigkeitsvorbehalt
aufgelöst werden. Unterhaltspflichten sind auf der Grundlage der Verhältnismäßigkeit
und des Vorbehaltes gesetzlicher Regelungsmöglichkeiten zu berücksichtigen,
ebenso wie allfällige Regresspflichten.
2. Zur Frage des Rechtsschutzes und
der Durchsetzbarkeit (Art. 2 Abs. 2 des Entwurfes der Ökumenischen
Expertengruppe und Art. 32 Abs. 2 des Entwurfes des Sozialdemokratischen
Grundrechtsforums):
Bereits nach
bestehender Rechtslage gibt es gesetzlich gewährleistete Rechte im Bereich der
Sozialhilfe, die im Wege des öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen
Rechtsschutzes geltend gemacht werden können. Als eine weitere Möglichkeit
käme – auch für den Fall des Fehlens gesetzlicher Gewährleistungen – die
Einräumung klagbarer Positionen gegen den Staat in Betracht (Modell Art.137
B-VG; Staatshaftungsrecht).
Bei den Beratungen wurde noch keine
Lösung erzielt. Die aus den Textentwürfen ableitbaren unterschiedlichen
Positionen werden im Ausschussbericht dargestellt.
In der nächsten Ausschusssitzung wird der
Berichtsentwurf des Ausschussvorsitzenden beraten.
Montag, 10. Mai
2004, von 10.00 bis 16.00 Uhr
statt.
Der Ausschussvorsitzende dankt den Anwesenden für die
konstruktive Mitarbeit und schließt die Sitzung.
Vorsitzender
des Ausschusses 4: Fachliche
Ausschussunterstützung:
Univ.Prof. Dr. Bernd-Christian Funk e.h. Mag.
Birgit Caesar e.h.