Protokoll

über die 4. Sitzung des Ausschusses 4

am 5. November 2003

im Parlament, Lokal IV

 

 

Anwesende:

 

Ausschussmitglieder (Vertreter):

 

Univ.Prof. Dr. Bernd-Christian Funk                       (Vorsitzender)

 

Mag. Bernhard Achitz                                             (Vertretung für Friedrich Verzetnitsch)

Univ.Prof. Dr. Peter Böhm                                      (Vertretung für Herbert Scheibner)

Prof. Christine Gleixner

Univ.Prof. DDr. Christoph Grabenwarter

Mag. Walter Grosinger                                           (Vertretung für Dr. Ernst Strasser)

Prof. Ing. Helmut Mader

Mag. Joachim Preiss                                               (Vertretung für Mag. Herbert Tumpel)

Univ.Prof. Dr. Reinhard Rack

Dr. Johann Rzeszut

Mag. Terezija Stoisits

 

Weitere Teilnehmer/Teilnehmerinnen:

 

Mag. Jochen Danninger                                          (Büro Univ.Prof. Dr. Andreas Khol)

Mag. Ronald Faber                                                (Büro Univ.Prof. Dr. Heinz Fischer)

Dr. Marlies Meyer                                                  (Büro Dr. Eva Glawischnig)

 

Büro des Österreich-Konvents:

 

Mag. Birgit Caesar                                                 (fachliche Ausschussunterstützung)

Monika Siller                                                          (Ausschusssekretariat)

 


Entschuldigt:

 

Dr. Maria Berger

 

 

Beginn:                                  10.00 Uhr

 

Ende:                                     16.00 Uhr

 

 

Tagesordnungspunkte:

 

1.)    Begrüßung und Feststellung der Anwesenheit

2.)    Genehmigung des Protokolls der letzten Sitzung (28. Oktober 2003)

3.)    Beiziehung von Experten

4.)    Fortsetzung der Themenbehandlung in merito: konkrete Vorschläge für einzelne Grundrechte (Eigentumsgarantie, Berufs- und Erwerbsfreiheit, Fundamentalgarantien: Recht auf Leben)

5.)    Allfälliges

 

 

Tagesordnungspunkt 1: Begrüßung und Feststellung der Anwesenheit

 

Der Ausschussvorsitzende begrüßt die Mitglieder des Ausschusses und die weiteren Anwesenden und stellt die Beschlussfähigkeit fest.

 

 

Tagesordnungspunkt 2: Genehmigung des Protokolls der letzten Sitzung

(28. Oktober 2003)

 

Das Protokoll konnte aus terminlichen Gründen erst bei dieser Sitzung als Tischvorlage zur Kenntnis gebracht werden. Die Genehmigung des Protokolls vom 28. Oktober 2003 wird daher bei der nächsten Sitzung am 14. November 2003 behandelt werden.

 

 

Tagesordnungspunkt 3: Beiziehung von Experten

 

Die Mitglieder des Ausschusses 4 kommen überein, aufgrund der beabsichtigten Beiziehung von Interessenvertretern zu Konventssitzungen die Frage der Zuziehung von NGOs zu den Sitzungen des Ausschusses 4 vorläufig zurückzustellen.

 

Im Zusammenhang mit der letzten Ausschusssitzung vom 28. Oktober 2003, bei der beschlossen wurde, an das Präsidium mit dem Ersuchen um Beiziehung von Experten im Sinne einer begleitenden Beratung („Gegenlesen von Textvorschlägen“) heranzutreten, werden folgende Experten genannt:

 

(a) vom Ausschussvorsitzenden:

 

Univ.Prof. Dr. Walter Berka, Universität Salzburg

Univ.Prof. Dr. Michael Holoubek, Wirtschaftsuniversität Wien

HR Dr. Brigitte Hornyik, Leiterin der Judikaturdokumentation im VfGH

Univ.Prof. Dr. Christian Kopetzki, Universität Wien

ao. Univ.Prof. Dr. Manfred Nowak, Ludwig Boltzmann-Institut für Menschenrechte

Univ.Prof. Dr. Theo Öhlinger, Universität Wien

Dr. Ingrid Siess-Scherz, BKA/Verfassungsdienst

Dr. Anna Sporrer, BKA/Verfassungsdienst

Univ.Prof. Dr. Ewald Wiederin, Universität Salzburg

 

(b) von Univ.Prof. DDr. Grabenwarter:

 

Univ.Prof. Dr. Herbert Haller, Wirtschaftsuniversität Wien und Mitglied des VfGH

Univ.Prof. Dr. Johannes Hengstschläger, Universität Linz

Univ.Prof. Dr. Michael Holoubek, Wirtschaftsuniversität Wien

Univ.Prof. DDr. Christian Kopetzki, Universität Wien

Univ.Prof. Dr. Karl Korinek, Präsident des VfGH

Univ.Prof. Dr. Gabriele Kucsko-Stadlmayer, Universität Wien

Univ.Prof. Dr. Georg Lienbacher, Wirtschaftsuniversität Wien

Univ.Prof. DDr. Heinz Mayer, Universität Wien

Univ.Prof. Dr. Franz Merli, Technische Universität Dresden

Hon.Prof. Dr. Rudolf Müller, Hofrat des VwGH und Mitglied des VfGH

Univ.Prof. Dr. Richard Novak, Universität Graz

Univ.Prof. Dr. Theo Öhlinger, Universität Wien

Ass.Prof. Dr. Magdalena Pöschl, Universität Innsbruck

Univ.Prof. Dr. Heinz Schäffer, Universität Salzburg

Univ.Prof. Dr. Manfred Stelzer, Universität Wien

Univ.Prof. Dr. Harald Stolzlechner, Universität Salzburg

Univ.Prof. Dr. Rudolf Thienel, Universität Wien

Univ.Prof. Dr. Ewald Wiederin, Universität Salzburg

 

(c) von Prof. Mader:

 

Dr. Helmut Schwamberger, stv. Landesamtsdirektor von Tirol

 

(d) von Mag. Preiss (Stellvertreter von Mag. Tumpel):

 

Hon.Prof. Dr. Josef Cerny, Direktor der AK-Wien i.R.

 

(e) von Univ.Prof. Dr. Rack:

 

Univ.Prof. Dr. Karl Korinek, Präsident des VfGH

Univ.Prof. Dr. Josef Marko, Universität Graz

Univ.Prof. Dr. Bernhard Raschauer, Universität Wien

 


(f) von Mag. Stoisits:

 

ao. Univ.Prof. Dr. Dieter Kolonovits, Universität Wien

Univ.Prof. Dr. Franz Merli, Technische Universität Dresden

 

Dieser Personenkreis ist nur als vorläufige Expertenliste zu sehen, die nach Bedarf ergänzt wird. Der Ausschussvorsitzende wird mit den genannten Persönlichkeiten Gespräche auf­nehmen und die weitere Vorgangsweise mit dem Präsidium abklären.

 

 

Tagesordnungspunkt 4: Fortsetzung der Themenbehandlung in merito: konkrete Vor­schläge für einzelne Grundrechte (Eigentumsgarantie, Berufs- und Erwerbsfreiheit, Fundamentalgarantien: Recht auf Leben)

 

Der Ausschuss diskutiert zunächst, dass die Vorgangsweise bei der Erarbeitung von Text­vorschlägen für einzelne Grundrechte unterschiedlich ist: einerseits werden eher bestehende Gesetzestexte adaptiert (bspw. bei der „Privatsphäre“), anderer­seits werden eher neue Grund­rechts­texte formuliert (bspw. bei der „Eigentumsgarantie“).

 

Die Ausschussmitglieder stimmen überein, dass die Textvorschläge möglichst knapp zu formulieren sind, auch unter dem Gesichtspunkt einer möglichst großen Unangreifbarkeit. Texte (Textvorschläge) und Erläuterungen sind als Einheit zu verstehen und hängen zusammen.

 

Bei den Ausschussberatungen ist jeweils einzeln festzuhalten, wel­­­­­chen Grad an Überein­stimmung die Ergebnisse aufweisen (z.B. „einvernehmlich“, „über­wiegend“ usw.). Auf Wunsch wird in den Protokollen zu den Ausschusssitzungen namentlich festgehalten, welche Ausschussmitglieder eine abweichende Meinung vertreten.

 

 

(a) Eigentumsgarantie:

 

Der Ausschuss einigt sich darauf, im Textvorschlag zur „Eigentumsgarantie“ die Eigentums- und die Liegenschafts­verkehrs­freiheit zusammenzufassen. „Eigentumsgarantie“ ist nicht als Staatsbürgerrecht, sondern als allgemeines Menschenrecht zu definieren.

 

Nach übereinstimmender Auffassung des Ausschusses lautet der Textvorschlag für die „Eigen­tumsgarantie“ wie folgt (siehe Anlage 1 zum Proto­koll; Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Textentwurf von Univ.Prof. DDr. Grabenwarter sind kursiv hervor­gehoben):

 

(1) Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Eigentums.

 

(2) Eigentum darf nur aus Gründen des öffentlichen Interesses, unter den durch Gesetz vorgesehenen Bedingungen und gegen eine rechtzeitige angemessene Entschädigung entzogen werden.

 

(3) Gesetzliche Regelungen der Benutzung des Eigentums und des Erwerbs von Liegen­schaften sind zulässig, soweit sie für das allgemeine Wohl erforderlich sind.

 

Erläuterungen zur Eigentumsgarantie:

 

Die Erläuterungen zur Eigentumsgarantie von Univ.Prof. DDr. Grabenwarter werden einvernehmlich adaptiert (siehe Anlage 2 zum Proto­koll; Änderungen gegenüber den ursprünglichen Erläuterungen sind kursiv hervor­gehoben).

 

Der dritte Absatz des o.a. Textvorschlages bezieht sich auf die Liegenschaftsverkehrsfreiheit. Eingriffsmöglichkeiten stehen jedenfalls unter dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Ver­trau­ens­­schutz).

 

Univ.Prof. DDr. Grabenwarter erklärt sich bereit, die Erläuterungen zur Eigentumsgarantie ent­sprechend den Erläuterungen zur Berufs- und Erwerbsfreiheit (Hinweis auf Zulässigkeit von Be­schränkungen gegenüber Ausländern im Einklang mit Art. 39 Abs. 4 EGV) zu er­gänzen. Der Vorschlag von Univ.Prof. DDr. Grabenwarter lautet wie folgt:

 

„Das Eigentumsgrundrecht von Ausländern darf beschränkt werden, soweit es den Bedin­gungen für Grundrechtseinschränkungen im Allgemeinen entspricht.“

 

(b) Berufs- und Erwerbsfreiheit:

 

Der Ausschuss vertritt überwiegend die Auffassung, dass die Berufs- und Erwerbsfreiheit als allgemeines Menschenrecht zu kon­zipieren ist. Nach über­einstimmender Ansicht des Aus­schusses ist der Vorbehalt in Art. 39 Abs. 4 EGV („Beschäf­tigung in der öffent­lichen Verwal­tung“) nicht im Verfassungstext abzubilden.

 

Der Ausschuss kommt überein, dass der Textvorschlag für die „Berufs- und Erwerbs­freiheit“ wie folgt lautet (siehe Anlage 1 zum Proto­koll; Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Text­entwurf von Univ.Prof. DDr. Grabenwarter sind kursiv hervor­gehoben):

 

(1) Jede Person hat das Recht, unter den gesetzlichen Bedingungen jede berufliche Ausbildung und jeden Beruf frei zu wählen und den Beruf ihrer Wahl frei auszuüben.

 

(2) Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden. Niemand darf gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten.

Als Zwangs- oder Pflichtarbeit gilt nicht:

a) jede Arbeit, die normalerweise von einer Person verlangt wird, die unter den von Art. [X der Verfassung] vorgesehenen Bedingungen in Haft gehalten oder bedingt freigelassen worden ist;

b) Wehr- oder Ersatzdienst;

c) jede Dienstleistung im Falle von Notständen und Katastrophen, die das Leben oder das Wohl der Gemeinschaft bedrohen;

d) jede Arbeit oder Dienstleistung, die zu den normalen Bürgerpflichten gehört.

 


Erläuterungen zur Berufs- und Erwerbsfreiheit:

 

Die Erläuterungen zur Berufs- und Erwerbsfreiheit von Univ.Prof. DDr. Grabenwarter (siehe Neufassung in Anlage 2 zum Proto­koll) werden einvernehmlich wie folgt ergänzt:

 

   Durch den Textvorschlag zur „Berufs- und Erwerbsfreiheit“ wird keine Präjudizierung in Hinblick auf Leistungsrechte im Bildungsbereich vorgenommen.

 

   Aspekte der Gleichbehandlung im Zusammenhang mit der „Berufs- und Erwerbsfreiheit“ werden in weiterer Folge beim Gleichheitsgrundsatz behandelt.

 

   In Abs. 1 des Textentwurfes wird der Begriff „Erwerbszweig“ gestrichen.

 

   Abs. 2 des Textvorschlages bezieht sich auf neue Formen der Sklaverei oder Leibeigen­schaft wie z.B. den Menschenhandel.

 

   Abs. 2 lit. b des Textvorschlages lautet „Wehr- oder Ersatzdienst“; der Text­baustein „im Sinne des Art. [X der Verfassung]“  wird in Hinblick auf eine allfällige zukünftige Ab­schaffung des Wehrdienstes gestrichen.

 

(c) Fundamentalgarantien: Das Recht auf Leben

 

Der Ausschuss diskutiert den Textentwurf und die Erläuterungen von Univ.Prof. DDr. Gra­benwarter zum Thema „Recht auf Leben“ (siehe Anlage 3 und 4 zum Proto­koll).

 

Der Ausschuss vertritt die Auffassung, dass in Abs. 3 des Textentwurfes keine zusätzliche Ausnahmebe­stimmung für Tötungshandlungen im Falle eines Krieges oder öffent­lichen Notstandes gemäß Art. 15 EMRK aufzunehmen ist. Dem Thema „Kriegsvölkerrecht“ wird sich der Ausschuss noch im Rahmen einer späteren Sitzung widmen.

 

Der Ausschuss kommt überein, aufgrund der besonderen Sensibilität und Komplexität des Themas „Recht auf Leben“ Expertenwissen hinzu zu ziehen und zwei Experten zu Referaten im Rahmen einer Ausschuss­sitzung einzuladen (vorbehaltlich der Zustimmung des Präsi­diums):

 

   Univ.Prof. DDr. Huber, AKH Wien (Vorsitzender der Bioethik-Kommission im BKA)

   Univ.Prof. DDr. Christian Kopetzki, Universität Wien  (Mitglied der Bioethik-Kommission)

 

Der Ausschussvorsitzende wird diesbezüglich mit den beiden Personen in Verbindung treten.

 

 

Tagesordnungspunkt 5: Allfälliges

 

Folgende Ausschussmitglieder erklären sich bereit, Grundrechtsthemen vorzubereiten:

 

   Univ.Prof. DDr. Grabenwarter: „Religionsfreiheit“ (für die nächste Sitzung)

   Univ.Prof. Dr. Rack und Mag. Preiss (Vertreter von Mag. Tumpel): „soziale Grundrechte“

   Mag. Stoisits: “Minderheiten“, „Justizielle Rechte“ und „Gleich­behandlung“

 

Der Ausschussvorsitzende lädt auch die anderen Ausschussmitglieder ein, zusätzliche Inputs zu leisten.

 

Protokoll­anmerkung:

 

Nach Auffassung von Frau Prof. Gleixner sind die ersten beiden Absätze zu Tagesord­nungs­punkt 5 wie folgt zu ändern (dieser Auf­fassung schließen sich auch Univ.Prof. DDr. Gra­ben­warter, Mag. Grosinger als Vertreter von Dr. Strasser und Dr. Rzeszut an):

 

Univ.Prof. DDr. Grabenwarter wird für die nächste Ausschusssitzung am 14. Novem­ber 2003 einen Textentwurf  zum Thema „Religionsfreiheit“ ausarbeiten.

 

Der Ausschussvorsitzende ersucht folgende Ausschussmitglieder, Vorschläge zu Grund­rechts­­­themen vorzubereiten:

 

   Univ.Prof. Dr. Rack: „soziale Grundrechte“

   Mag. Stoisits: “Minderheiten“, „justizielle Rechte“ und „Gleich­behandlung“

 

Univ.Prof. Dr. Rack und Mag. Stoisits stimmen dem Ersuchen des Ausschussvorsitzenden zu. Mag. Preiss (Vertreter von Mag. Tumpel) erklärt sich bereit, bei der weiteren Bear­beitung der Vorschläge zu den „sozialen Grundrechten“ mitzuwirken. Der Ausschussvorsitzende nimmt das Ange­bot von Mag. Preiss an und lädt auch die anderen Ausschussmitglieder ein, zusätz­liche Inputs zu leisten.

 

 

Bei der nächsten Ausschusssitzung  werden die Textvorschläge von Univ.Prof. Dr. Funk über die „Meinungsfreiheit“ und die “Vereins- und Versammlungsfreiheit“ behandelt.

 

Die nächste Ausschusssitzung findet am

 

Freitag, 14. November 2003, von 10.00 bis 16.00 Uhr

 

statt.

 

Der Ausschussvorsitzende dankt den Anwesenden für die konstruktive Mitarbeit und schließt die Sitzung.

 

Vorsitzender des Ausschusses 4:                                             Fachliche Ausschussunterstützung:

 

 

 

Univ.Prof. Dr. Bernd-Christian Funk  e.h.                                Mag. Birgit Caesar e.h.

 

 

 

4 Anlagen