Anwesende
Ausschussmitglieder:
Univ.Prof. DDr. Heinz
Mayer (Vorsitzender)
Univ.Prof. Dr. Bernhard Raschauer (Stellvertretender
Vorsitzender)
Univ.Prof. Dr.
Bernd-Christian Funk
Mag. Oliver
Henhapel (
Vertretung für Elisabeth Gehrer)
Mag. Ulrike Schebach-Huemer (Vertretung
für Dr. Michael Häupl)
Mag. Christopher Drexler (Vertretung
für Waltraud Klasnic)
Dr. Evelin
Lichtenberger
Univ.Prof. Dr.
Reinhard Rack
Dr. Leo Specht
Dr. Richard
Leutner (Vertretung
für Friedrich Verzetnitsch)
Dr. Günter Voith
Dr. Peter
Wittmann
Dr. Klaus Wutte
Entschuldigt:
Mag. Rüdiger Schender (Vertretung
für Mag. Herbert Haupt)
Univ.Prof. Dr.
Theo Öhlinger
Manfred Dörler
Weitere
Teilnehmer:
Markus Kroiher (für
Univ.Prof. Dr. Andreas Khol)
Dr. Marlies Meyer (für
Dr. Eva Glawischnig)
Mag. Ronald Faber (
für Dr. Heinz Fischer )
Büro des Österreich-Konvents
Dr. Renate
Casetti (fachliche
Ausschussunterstützung)
Birgit Mayerhofer (Ausschusssekretariat)
Beginn: 14.30
Uhr
Ende: 18.00
Uhr
Tagesordnungspunkte:
·
Textvorschlag
Soziale Sicherheit und Arbeit („Existenzschutz“)
·
Staatsziel
Umfassender Umweltschutz
·
Neuformulierung
Textvorschlag „Daseinsvorsorge“
Der Vorsitzende begrüßt die Mitglieder und stellt die
Anwesenheit fest. Er teilt den Mitgliedern mit, dass das Präsidium den
Expertenvortrag von Herrn MR Mag. Lödl genehmigt hat.
Tagesordnungspunkt 2: Genehmigung des Protokolls der sechsten
Sitzung
vom 10.11.2003
Das
Protokoll wird mit folgender Änderung genehmigt (Seite 4; kursiv
hervorgehoben):
2. Der
gesundheitliche Aspekt bei der Leistungserbringung soll in die
Formulierung integriert werden.
1. Staatsziel „Umfassender
Umweltschutz“
2. Textvorschlag zur „Sozialen
Sicherheit“ und
3. Textvorschlag zur „Arbeit“
ad1) Die verfassungsgesetzliche Formulierung lautet
(BGBl. Nr.491/1984):
§1 (1) Die Rupublik Österreich (Bund, Länder und
Gemeinden) bekennt sich zum umfassenden Umweltschutz.
(2) Umfassender Umweltschutz ist die Bewahrung der
natürlichen Umwelt als Lebensgrundlage des Menschen vor schädlichen
Einwirkungen. Der umfassende Umweltschutz besteht insbesondere in Maßnahmen zur
Reinhaltung der Luft, des Wassers und des Bodens sowie zur Vermeidung von
Störungen durch Lärm.
Diskutiert wird dazu:
- Die
Entstehungsgeschichte des Staatszieles Umweltschutz ( Reaktion auf
Konrad-Lorenz-Volksbegehren, Hainburg)
- Die
derzeitigen Wirkungen des seit ca 20 Jahren bestehenden Staatszieles
(Judikatur)
- Die
Änderung des Begriffsverständnis hinsichtlich Umwelt und Naturschutz und die
Frage der Aktualisierung des Staatszieles Umfassender Umweltschutz
- Die
Wünsche bzw die Notwendigkeit, zusätzliche Inhalte festzuschreiben , zB
Forderungen aus den Volksbegehren, Gentechnik und Biotechnologie ( auch mit
begrifflichen Abgrenzungen )
- Was
soll bzw kann geschützt werden und ist es ausreichend abgrenzbar? Angeführt
wurden: Die Funktionsfähigkeit ökologischer Systeme, der Schutz der
Artenvielfalt, der Begriff „Lebensgrundlage“, das Vorsorgeprinzip und der
Begriff der Nachhaltigkeit
- Die
Beibehaltung oder die Integration des Atom-BVG
- Die
Position des Gemeinschaftsrechts zum Umweltschutz, sowie deren Praxis (
Beispiel Kyoto-Protokoll )
- Die
durch die Natura 2000 und die Umweltverträglichkeitsprüfung auf
gemeinschaftsrecht-licher Ebene gegebenen Gestaltungsschranken
- Der
Zusammenhang mit und die Behandlung als Grundrechte(n) ( Ausschuss 4)
Allgemein wurde diskutiert:
- Das
Verfassungsverständnis und die Frage, was einer verfassungsgesetzlich
Verankerung bedarf sowie die Frage der Wertneutralität
- Dürfen
gemeinschaftsrechtliche Regelungen auf nationaler Ebene dupliziert (wiederholt)
werden? Umfang der Verfassungsautonomie der Mitgliedsstaaten
- Die
Fragen der Aktualisierungsnotwendigkeit der Verfassung aufgrund
gesellschaftlichen Wandels
- Die
Wichtigkeit der Balance der Staatsziele
- Die
Frage des normativen Gehaltes ( gewährleisten, anstreben oder bekennen) und
ihre Folgen
- Die
normativen Wirkungen eines Systems von Staatszielen und ihre Entwicklung
Die Mitglieder erzielen Konsens, dass
Umweltschutz als Staatsziel in der Verfassung bleiben soll.
Die Mitglieder kommen mehrheitlich ( eine Gegenstimme)
überein, dass
aus der bestehenden Formulierung des Staatsziels
Umweltschutz die Wörter „natürlichen“ und „als Lebensgrundlage des
Menschen“ zu streichen sind.
Diese Formulierung soll mit einer Erläuterung zur
Vermeidung von Einschränkungen und zur dynamischen Interpretation versehen
werden. Im Ausschussbericht soll aufgenommen werden, dass eine Integration oder
zumindest ein Fortbestehen des Atom-BVG anzustreben sei. Wie weit die
Gentechnik in die Formulierung aufgenommen wird, ist noch offen.
Der Vorsitzende ersucht Univ.Prof. Dr.Raschauer, bis
zur nächsten Sitzung einen diesbezüglichen Formulierungsvorschlag
auszuarbeiten.
(1) Österreich ist ein Wohlfahrtsstaat und bekennt
sich zu sozialer Gerechtigkeit und zur Sicherstellung eines hohen sozialen
Schutzes.
(2) Diese Verantwortung umfasst insbesondere
- die
solidarische Absicherung bei Krankheit, Unfall, Alter, Arbeitslosigkeit,
Behinderung, Pflegebedürftigkeit und Mutterschaft;
- die
Herstellung von Chancengleichheit;
- die
Verbesserung der allgemeinen Lebens- und Arbeitsbedingungen;
- die
Bekämpfung sozialer Ungleichheit, Armut, Ausgrenzung und Diskriminierung
- die
Förderung der Gleichstellung von Mann und Frau sowie des gesellschaftlichen
Zusammenhalts.
Diskutiert wird dazu:
- Die
Prämisse, dass der Textierungsvorschlag ein öffentlich-rechtliches
Sozialver-sicherungssystem voraussetzt und keine anderen Formen der
institutionellen Absicherung vorsieht (basiert auf Grundrechtskommission 1988)
- Der
Begriffsinhalt der Formulierung, zB Anreize für den AG, Behinderte
einzustellen; ihre Abgrenzbarkeit ( zB „solidarische Absicherung“), ihre
Erwerbszentriertheit ( Frage der Integration der „working poor“, der
Scheinselbständigen und die Zuschusspflichtigen), Einbezug gesellschaftlicher
Trends ( zB „Vaterschaft“)
- Der
Umfang der Formulierung: Wäre ein Schutz des Staates bei existenzieller
Gefährdung ausreichend ? Fragen der Armutsdefinition ; vorhersehbare und
unvorhersehbare Risiken; Einbezug ökonomischer Kriterien
- Der
diesbezüglich notwendige verfassungsgesetzliche Regelungsbedarf; soll die
„Soziale Sicherheit“ allgemeiner oder ausdifferenzierter formuliert werden?
- Der
Vorschlag zur Aufnahme eines „ausgewogenen Wirtschaftswachstums“ in die
Verfassung
- Die
Möglichkeit einer staatlichen Leistung oder Transferleistung
- Ein
Grundrecht für Soziale Sicherheit: Historische Gründe für Nichtexistenz,
Notwendigkeit für Grundrecht
Allgemein wird dazu diskutiert:
- Die
Empfehlung, in Bezug auf einen Staatszielkatalog „minimalistisch“ zu denken
- Das
Staatsziel „Soziale Sicherheit“ gleichrangig mit Bildung und Umweltschutz zu
berücksichtigen
Die Mitglieder erzielen Konsens, dass
die Soziale Sicherheit in den Katalog von Staatszielen aufzunehmen sei.
Folgende Formulierungsvorschläge werden dazu
konzipiert:
„ Österreich bekennt sich zu einem hohen Standard an
Sozialer Sicherheit und strebt soziale Gerechtigkeit an.“
„ Österreich bekennt sich zur Sicherstellung eines
hohen sozialen Standards auf solidarischer Grundlage.“
Da noch kein Konsens hinsichtlich des Textvorschlages
zur „Sozialen Sicherheit“ besteht, ersucht der Vorsitzende die Mitglieder, über die
Formulierungen bis zur nächsten Sitzung nachzudenken.
(1) Österreich bekennt sich zur Bedeutung der
menschlichen Arbeit als Mittel zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur
Entfaltung der Persönlichkeit der Menschen.
(2) Diese Verantwortung umfasst insbesondere
-
die Ausrichtung der Sozial- und Wirtschaftspolitik am
Ziel der Vollbeschäftigung unter Berücksichtigung hoher Qualität der Arbeit;
-
die Bereitstellung unentgeltlicher Arbeitsvermittlung,
Berufsberatung und sonstiger Maßnahmen zur Wiedereingliederung in das
Arbeitsleben;
-
die Gewährleistung sicherer, gesunder, gerechter und
den menschlichen Bedürfnissen auch sonst entsprechender Arbeitsbedingungen,
sowie deren wirksame Kontrolle;
-
die Förderung des sozialen Dialogs auf betrieblicher
und überbetrieblicher Ebene.
Diskutiert wird dazu:
- Die
Frage nach den Begriffsinhalten der Formulierung ( grundsätzlich sind die
Erwerbs-zentriertheit, die Absicherung und die Arbeitsbedingungen enthalten):
Ist nicht nur ein Recht, sondern auch eine Pflicht zur Arbeit beinhaltet? Frage
des Schutzes und der Ent-faltungsmöglichkeiten; wird zwischen Menschen mit und
ohne Arbeit unterschieden? Was heißt „Hohe Qualität der Arbeitsbedingungen“?
- Der
Begriffsumfang der Arbeit an sich; ihren Stellenwert für den Menschen; die
Summe der insgesamt vorhandenen Arbeit; die Möglichkeit, Arbeit zu teilen
- Die
Änderungsvorschlage für die vorliegende Formulierung: „Gesunde
Arbeitsbeding-ungen“ als Pendant zur Gesundheit? Der Soziale Dialog auf betrieblicher
und überbetrieb-licher Ebene ist Aufgabe der Sozialpartner; Kein Bekenntnis zur
Arbeit, sondern zur Vollbeschäftigung ( Gemeinwohl als Optimum?)
- Die
Wirkungen der Formulierung: Wird das ArbVG durch das B-VG zementiert? Der erste
Absatz präferiert ein Menschenbild
- Die
Regelungen der EU zum Sozialen Dialog – Verhältnis zur Sozialpartnerschaft
- Der
Abstimmungs- und Informationsbedarf über die Grundrechte (Ausschuss 4),
„Arbeit“ sollte eher ein Staatsziel sein, da der Arbeitnehmerschutz eine staatliche
Aufgabe ist
- Wäre
die Gewährleistung der Grundrechte als Staatsziel definieren?
Die Mitglieder sind sich einig, dass
Arbeit kein subjektives Recht, sondern eine
Verpflichtung des Staates ist. Demjenigen, der arbeiten muss oder will, soll
die Möglichkeit zur Arbeit geboten werden. Dabei sollte für menschenwürdige
Bedingungen gesorgt sein.
Folgende Formulierungsvorschläge werden dazu
konzipiert:
„Der Staat hat zu gewährleisten (ist dafür
verantwortlich), dass Erwerbsarbeit unter menschlichen Bedingungen möglich
ist.“
„Der Staat strebt nach Vollbeschäftigung unter
Berücksichtigung sicherer, gesunder und menschenwürdiger Bedingungen.“
„Der Staat hat die (Voll)beschäftigung unter
Berücksichtigung hoher Qualität der Arbeitsbedingungen zu fördern.“
Da noch kein Konsens hinsichtlich der
Ausdifferenzierung der Textvorschlages zur „Arbeit“ besteht, ersucht der Vorsitzende die
Mitglieder, über die Formulierungen bis zur nächsten Sitzung nachzudenken.
Die Stellungnahme zur Aufnahme eines „Wirtschaftlichen
Staatszieles“ und der Text-vorschlag zur Daseinsvorsorge sollen das nächste Mal
gemeinsam diskutiert werden.
Es
erfolgen keine Wortmeldungen.
Vorsitzender
des Ausschusses 1: Fachliche
Ausschussunterstützung:
Univ.Prof. DDr. Heinz Mayer Dr.
Renate Casetti