Österreich-Konvent

TONBANDABSCHRIFT

 

 

6. Sitzung,

Montag, 15. Dezember 2003

 

 

 

 

 

 


 

Tagesordnung

 

 

1.)        Vorschlag des Präsidiums für die Anhörung (Hearing) von Vertretern/Vertreterinnen gesellschaftlicher Organisationen und Interessen-vertretungen am 26. Jänner 2004 (10/PVORL-K)

 

2.)        Anhörung (Hearing) von Vertretern/Vertreterinnen gesellschaftlicher Organisationen und Interessenvertretungen gem. §11 der Geschäftsordnung des Österreich-Konvents am 15. Dezember 2003 (11/PVORL-K)

 


Inhalt

 

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler.............................. 3

Mag. Michaela Moser............................................................................................ 4

Martin Schenk........................................................................................................ 5

Franz Küberl.......................................................................................................... 6

Mag. Michael Chalupka......................................................................................... 8

Mag. Walter Marschitz........................................................................................ 10

Mag. Monika Maier.............................................................................................. 12

Dr. Rainer Bauböck............................................................................................. 13

Elisabeth Paschinger.......................................................................................... 15

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler............................ 16

Erich Fenninger................................................................................................... 16

Mag. Michael Svoboda....................................................................................... 19

Dr. Christina Meierschitz................................................................................... 20

Rita Donabauer.................................................................................................... 21

Mag. Michael Krispl............................................................................................. 23

Mag. Silvia Weißenberg...................................................................................... 25

Hedi Schnitzer..................................................................................................... 27

Mümtaz Karakurt................................................................................................. 29

Mag. Marko Iljic.................................................................................................... 31

Dr. Georg Schoiswohl......................................................................................... 33

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner.. 35

Dr. Wolfgang Neugebauer.................................................................................. 35

Josef Mitterhofer................................................................................................. 36

Martin May............................................................................................................ 38

Helga Pankratz..................................................................................................... 39

Dr. Helmut Graupner........................................................................................... 41

Mag. Christopher Drexler.................................................................................. 42

Mag. Johanna Ettl................................................................................................ 44

Dr. Herbert Haller................................................................................................ 46

MMag. Dr. Madeleine Petrovic.......................................................................... 47

Dr. Kurt Stürzenbecher...................................................................................... 48

Dr. Ewald Wiederin.............................................................................................. 49

Dr. Bernd-Christian Funk................................................................................... 51

Dr. Peter Bußjäger.............................................................................................. 52

Mag. Herbert Schaupp........................................................................................ 52

Dipl.-Ing. Martin Blum......................................................................................... 54

Mag. Erwin Mayer................................................................................................ 55

Thorben Becker.................................................................................................. 57

Mag. Franz Maier................................................................................................. 58

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer..... 60

Andreas Tschuguell............................................................................................ 60

Dipl.-Ing. Gerald Plattner.................................................................................... 60

Mag. Peter Haßlacher......................................................................................... 62

Dr. Regina Binder................................................................................................ 63

Dr. Franz Löschnak............................................................................................. 64

Felix Netopilek..................................................................................................... 66

Robert Bauer....................................................................................................... 67

Mag. Fritz Smoly.................................................................................................. 68

Dr. Peter Kostelka............................................................................................... 70

Dr. Evelin Lichtenberger.................................................................................... 71

Dr. Reinhard Rack............................................................................................... 72

Dr. Bernhard Raschauer.................................................................................... 73

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer..... 74


Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich darf Sie ersuchen, die Plätze einzunehmen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie recht herzlich zur heutigen Sitzung des Österreich Konvents begrüßen. Ich begrüße ganz besonders die für heute geladenen Vertreter der Bürgergesellschaft und darf ganz kurz auf die Tagesordnung eingehen.

Die Tagesordnung umfasst zwei Punkte. Als Punkt eins den Vorschlag des Präsidiums für die Anhörung weiterer Vertreter der Bürgergesellschaft am 26. Jänner 2003 und als Tagesordnungspunkt zwei die Anhörung jener Interessensvertreter, die vom Konvent am 21. November 2003 beschlossen wurden.

Ich komme nun zum Tagesordnungspunkt 1, dem Vorschlag des Präsidiums für die Anhörung der Interessensvertreter am 26. Jänner 2004. Dieser Vorschlag ist Ihnen gemeinsam mit der Einladung zugegangen, und er liegt überdies auf den Pulten auf, so dass Sie auch dort noch Einsicht nehmen können.

Wir kommen zur Abstimmung über diesen Vorschlag des Präsidiums und ich darf jene Mitglieder des Konvents, die mit diesem Vorschlag einverstanden sind, um ein Zeichen der Zustimmung bitten. Die Gegenprobe. Wer ist gegen diesen Vorschlag des Präsidiums? Es gibt keine Gegenstimme. Ich stelle daher die einstimmige Annahme dieses Vorschlags des Präsidiums fest.

Wir gelangen zum Tagesordnungspunkt 2, der Anhörung der Interessensvertreter in der heutigen Sitzung. Auch diesbezüglich liegt Ihnen eine Unterlage vor. Wir werden in der heutigen Sitzung Vertreter aus den Bereichen Soziales, Menschen mit Behinderungen, Minderheiten, Umwelt und Sport hören. Es sind für die einzelnen Vertreter unterschiedliche Redezeiten vorgesehen. Ich darf in diesem Zusammenhang für die Vertreter der Interessensorganisationen Folgendes zur Klarstellung ausführen: Es wird, wenn die Redezeit bis zu fünf Minuten beträgt, eine Minute vor Ablauf der Redezeit die rote Lampe beim Rednerpult aufleuchten. Wenn die Redezeit mehr als fünf Minuten beträgt, dann leuchtet die rote Lampe bereits zwei Minuten vor Ablauf der Redezeit auf, so dass Sie sich daran orientieren können, wie viel Zeit Ihnen noch bleibt. Ich werde vor jedem Redner auch ausführen wie lange die Redezeit im konkreten Fall ist. Wir werden nach der Anhörung der Vertreter der Minderheiten die Möglichkeit haben, dass maximal 18 Diskussionsbeiträge von Mitgliedern des Konvents folgen können, wobei diesbezüglich die übliche Redezeitbeschränkung für Konventsmitglieder von fünf Minuten gelten wird.

Unmittelbar im Anschluss daran wird es zur Anhörung der Vertreter aus dem Bereiche Umwelt kommen. Es findet daher, und darauf möchte ich besonders aufmerksam machen, heute keine Mittagspause statt, sondern es wird durchverhandelt. Im Anschluss an die Anhörung der Vertreter aus dem Bereich Sport wird wiederum die Möglichkeit für maximal 18 Diskussionsbeiträge von Mitgliedern des Konvents mit der Redezeitbeschränkung von fünf Minuten bestehen. Wir haben uns informell vorgenommen, die Sitzung heute spätestens um 16.00 Uhr zu  beenden, was damit zusammenhängt, dass gewisse Veranstaltungen im Parlamentsgebäude stattfinden und wir nicht in Kollision mit diesen geraten wollen.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer:  Es handelt sich um die Weihnachtsfeier des Hauses.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Herr Präsident! Sie bringen das sehr deutlich zum Ausdruck, aber ich wollte es nicht so deutlich sagen. Jedenfalls haben wir uns vorgenommen bis 16.00 Uhr die Sitzung zu beenden.

Ich darf nun den ersten Bereich der Interessensvertretungen, die heute gehört werden, aufrufen. Das ist der Bereich Soziales, und von diesem werden wiederum zwei Vertreter beziehungsweise Vertreterinnen der Armutskonferenz das Wort ergreifen. Als Erste zu Wort gemeldet hat sich Frau Mag. Michaela Moser. – Bitte, Frau Magistra ! Ich mache auf die sechsminütige Redezeitbeschränkung aufmerksam. – Bitte, um ihre Wortmeldung.

Mag. Michaela Moser: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Mitglieder des Konvents! Damen und Herren!

Armut ist Kälte. Arm sein in Österreich bedeutet, sich das Beheizen der eigenen Wohnung nicht leisten zu können, in Wohnungen mit undichtem Dach, Fäulnis oder feuchten Wänden zu leben oder gar keine Wohnung zu haben. Es bedeutet, Schwierigkeit bei der Anschaffung von Kleidern und beim Kauf von Lebensmitteln zu haben.

Armut macht krank. Wer in akuter Armut lebt, ist doppelt so oft krank wie nicht Arme. Mit fallendem Einkommen sinkt auch die Lebenserwartung.

Armut macht einsam. Wer von Armut betroffen ist, hat wenig Möglichkeiten, die für alle Lebensbereiche so notwendigen sozialen Kontakte zu pflegen.

Armut bedeutet einen Mangel an Möglichkeiten. Wenn der Zugang zu Wohnraum, zu Bildung, zum Arbeitsmarkt, zur Gesundheitsvorsorgung eingeschränkt ist, können auch die Rechte und Pflichten als Bürgerinnen und Bürger dieses Landes nur sehr eingeschränkt wahrgenommen werden. Wer arm ist, hat keine Möglichkeiten in angemessenem Ausmaß an zentralen gesellschaftlichen Bereichen teilzuhaben.

Vier Prozent der Bevölkerung, das sind 310 000 Menschen in Österreich, sind von akuter Armut betroffen. Knapp ein Drittel davon sind Kinder und Jugendliche. Fast dreimal so viele Personen, also fast 900 000 Menschen, leben an der Armutsgrenze und damit mit dem ständigen Risiko, in Armut zu fallen. Die Armutskonferenz versteht sich als Lobby dieser Menschen, die keine Lobby haben und deren Stimme normalerweise nicht gehört wird. In diesem Zusammenhang bedanke ich mich für das positive Signal, das dieses Hearing auch darstellt.

Als Zusammenschluss von weit über 20 Organisationen, darunter die Caritas, die Diakonie, die Volkshilfe, SOS-Mitmensch, das Netzwerk der Frauenberatungsstellen, die Schuldnerberatungen und viele mehr, basiert unsere Arbeit auf den unmittelbaren Erfahrungen der Lebensrealität der von Armut betroffenen Kindern, Frauen und Männern sowie auf empirischen und sozialwissenschaftlichen Befunden und Erkenntnissen.

Unser Ziel ist die Verbesserung der Lebenssituation armutsbetroffener und armutsgefährdeter Menschen und der Einsatz für eine sozial integrative Gesellschaft. Dazu braucht es entsprechende Rahmenbedingungen und Verwirklichungschancen für alle Bewohnerinnen und Bewohner dieses Landes, damit deren Möglichkeiten, ein gutes Leben zu führen und das eigene Potential auch im Sinne des Gemeinwohls zu nutzen, steigen.

Der Österreich Konvent hat sich die Aufgabe gestellt, eine Verfassung für das 21. Jahrhundert zu entwerfen. Die dafür notwendige Revision der zentralen Staatsaufgaben braucht Zukunftsvisionen, die realitätsnahe sind und sich der Frage stellen, wie wir in diesem Land miteinander leben wollen und sollen und welcher festgeschriebener Ziele und Werte es dafür bedarf.

Nicht ohne Grund nennt der Entwurf zur Verfassung der Europäischen Union - und dieser Bereich ist unstrittig - die Förderung sozialer Gerechtigkeit und des sozialen Zusammenhalts als wichtiges Ziel der Gemeinschaft und schreibt in der Folge fest, dass diese in all ihren Aktivitäten auch die Bekämpfung von sozialer Ausgrenzung mitzubedenken habe. Österreich darf und kann dem nicht nachstehen und muss folglich auch in der eigenen Verfassung der Bekämpfung und Vermeidung von Armut und Ausgrenzung und der Sicherung des sozialen Zusammenhalts als prioritäre Aufgabe eines Gemeinwesens Rechnung tragen.

Die angestrebte Steigerung der Effizienz staatlichen Handelns muss diesem Ziel zugeordnet sein. Gesamtösterreichisches Interesse, wie es in der Verfassung zum Ausdruck kommt, muss es sein zu verhindern, dass zunehmend mehr Menschen im siebtreichsten Land der Welt in Armut leben. Dazu braucht es ein gelingendes Zusammenspiel aller gesellschaftlich relevanter Sektoren und Akteure. Das sind neben den Institutionen staatlicher Politik auch die Akteure des Marktes, der zivilgesellschaftliche dritte Sektor und die privaten Haushalte, also die Bewohner und die Bewohnerinnen des Landes.

Unabdingbare Aufgabe des Staates ist es, dabei für die notwendigen Rahmenbedingungen zu sorgen und jene sozialen Grundrechte zu sichern, die allen Bewohnerinnen und Bewohnern die Chance geben, das eigene Potential und die vorhandenen Möglichkeiten angemessen nutzen und erweitern zu können und damit zur Sicherung und Zunahme von Lebensqualität beizutragen. Ich danke Ihnen.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke auch, Frau Magistra.  Als nächster zur Wort gemeldet ist Herr Martin Schenk, gleichfalls von der Armutskonferenz. Ich mache auf die sechsminütige Redezeit aufmerksam. Bitte sehr.

Martin Schenk: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!

Wie wir gehört haben, wie Michaela Moser ausgeführt hat, ist Armut eine der existentiellsten Formen des Freiheitsverlustes, des Verlustes von Freiheiten. Armut ist ja nicht nur ein Mangel an Gütern, es geht immer auch um die Fähigkeit, diese Güter in Freiheiten umzusetzen. Was meine ich damit? Güter sind begehrt um der Freiheiten willen, die sie einem verschaffen. Zwar benötigt man dazu Güter, aber es ist nicht allein der Umfang der Güter, der bestimmt, ob diese Freiheit vorhanden ist.

Die Freiheit - zum Beispiel - über Raum und über Mobilität zu verfügen, aus einem heruntergekommenen Bezirk wegzuziehen oder eben nicht wegziehen zu können, oder die Verfügbarkeit über Zeit. Frauen mit Kindern in prekären und unsicheren Beschäftigungsverhältnissen wie Leiharbeit, die nicht entscheiden können, wann sie arbeiten und wann nicht, wann sie die Arbeit beginnen können und wann nicht. Das heißt, die Möglichkeit, seine Vorstellungen von einem guten Leben zu verwirklichen, hängt auch von den gesellschaftlichen Strukturen ab. Von Lebensgewohnheiten, von sozialen Techniken und vom gesellschaftlichen Reichtum.

Armut, und da bin auch dann schon beim Kern, Armut wird deshalb nicht nur und nicht allein durch die Ermöglichung von höheren Einkommen bekämpft, sondern auch zum Beispiel durch eine bessere Gesundheitsversorgung für Einkommensschwache oder durch die Beseitigung feuchter Substandardwohnungen oder wenn die Zukunft nicht von der Herkunft abhängig ist oder wenn Kinder gleiche Bildungschancen haben oder wenn man vom Job, den man hat, auch leben kann, wenn Qualifizierung am Arbeitsmarkt für Benachteiligte möglich und finanzierbar ist.

Das heißt, wer von Armutsbekämpfung spricht, darf zur Armutsvermeidung nicht schweigen. Beides gehört untrennbar zusammen. Wenn Sie sich unsere Gesellschaft vorstellen wie ein Haus mit unterschiedlichen Stockwerken und in diesen Stockwerken sind Lebenschancen, Armut und Reichtum ungleich und unterschiedlichst verteilt, dann brauchen wir zum einen ein Netz nach unten, damit  niemand in den dunklen Keller dieses Hauses fällt. Das ist Existenzsicherung, das ist Armutsbekämpfung. Wir brauchen aber auch Aufzüge und offene Stiegenhäuser nach oben, damit nicht ganze Bevölkerungsgruppen im untersten Stockwerk eingeschlossen bleiben. Das ist soziale Integration.

Beides hat mit der Erhöhung von Verwirklichungschancen zu tun und beides hat mit der Erhöhung von Handlungsspielräumen zu tun und beides hat mit der Erhöhung von Freiheiten für Benachteiligte zu tun. Das heißt, bei der Armutsbekämpfung geht es immer um Existenzsicherung nach unten und um soziale Integration nach oben.

Nun zum Zweiten, zur Armutsvermeidung, die ja untrennbar mit Armutsbekämpfung zusammen gehört. Armutsvermeidung heißt zu verhindern, dass immer mehr Menschen in unserem Haus abstürzen und gar in den dunklen Keller fallen und dort verschwinden. Öffentliche Dienstleistungen beziehen ihre Legitimität und auch ihre Anerkennung daraus, dass sie - von allen finanziert - auch allen in gleicher Qualität und Verfügbarkeit zugänglich sind. Ihre Bereitstellung bildet einen integralen Bestandteil nicht bloß des österreichischen, sondern des europäischen Wohlfahrtsmodells.

Öffentliche Güter und Dienstleistungen gehören also zum Reichtum einer modernen Gesellschaft und sind Ausdruck von Solidarität; einkommensschwache Personen können Dienstleistungen in guter Qualität nicht kaufen. Sie haben keine Wahl. Insofern ist ihre Bereitstellung wesentliches Element einer präventiven Politik gegen Armut. Welche Folgen es für den sozialen Zusammenhalt hat, öffentliche Güter und Dienstleistungen aus dem sozialstaatlichen Aufgabenkatalog auszugliedern, zeigt der Blick auf Länder wie Großbritannien. Dort heißt es „poor services für poor people.“ Also armselige Dienste für arme Leute. Nur allzu schnell verselbstständigt sich nämlich der Trend weg von universellen, sozialen Bürgerrechten hin zur selektiven, unsicheren, almosenhaften Armenfürsorge. Alles Armutsstudien weisen darauf hin. Da gibt es keine Ausnahme europaweit, dass Staaten mit der Absicherung sozialer Risken für eine breitere Bevölkerung und mit solidarisch finanzierten Dienstleistungssystemen die geringsten Armutsquoten haben. Das heißt, diese Systeme wirken offensichtlich stark präventiv. Diese empirischen Befunde möchte ich gern der Arbeitsgruppe Staatsziele und Staatsaufgaben zu bedenken geben.

So braucht es zusammenfassend Maßnahmen, erstens Maßnahmen, die die Betroffenen nicht bevormunden, sondern ihre Freiheitsmöglichkeiten und Handlungsmöglichkeiten erweitern. Es braucht zweitens den Zugang zu sozialen Dienstleistungen und Qualität. Beides zusammen: Dienstleistungen mit Qualität, für alle unabhängig von Einkommen und Herkunft und nicht zuletzt braucht es soziale Grundrechte für alle, statt Almosen für wenige. Vielen Dank.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler:  Danke schön. Als nächster Redner ist Herr Präsident Franz Küberl von der Caritas Österreich vorgemerkt. Bitte sehr, Herr Präsident!

Franz Küberl: Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren Mitglieder des Konvents!

Als Wohlfahrtsorganisation der katholischen Kirche ist die Caritas in nahezu allen sozialen Brennpunkten tätig. Aus zweierlei Gründen ist eine entsprechende Fokussierung im verfassungsrechtlichen Diskurs unverzichtbar. Zum einen: An den Rändern des Lebens ist die Achtung der Menschenwürde in vielfältiger Form in Gefahr und an den Rändern der Gesellschaft ist die Wahrung der Menschenrechte in besonderer Art und Weise gefordert.

Zweitens: Das solidarische Gefüge einer Gesellschaft muss daran gemessen werden, wie mit den Schwächsten - biblisch gesprochen mit den Geringsten - umgegangen wird. Die gegenüber dem Konvent formulierte Grundposition der christlichen Kirchen wird von der Caritas umfassend geteilt. Ein Bezug zu den religiösen Wurzeln und damit zu Gott sei dann gegeben, erläuterte vor kurzem Kardinal Christoph Schönborn, wenn der Mensch, der nach dem Bild Gottes geschaffen ist, in der Mitte steht.

Wir wollen in der Verfassung die Menschenwürde in der Mitte, rundherum die Menschenrechte und die großen Staatsziele, die sozialen Parameter. Das soziale Leitbild der Verfassung gibt dem staatlichen Handeln eine Richtung und ist fixer Orientierungspunkt. Die verfassungsrechtlich garantierten Grundrechte stellen ohne Zweifel den Kern dar und Staatszielbestimmungen sind verbindlicher Auftrag an Politik und Judikatur. Den verfassungsrechtlichen Normen ist daher jedenfalls vor einer allfälligen Präambel der Vorzug zu geben. Die Bedeutung einer Präambel im Hinblick auf das Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger wird dabei nicht verkannt, sie ersetzt aber nicht klare und eindeutige Verfassungsbestimmungen zu wesentlichen Fragen der Menschenwürde und des Sozialen.

Daher zu den einzelnen Positionen:

Erstens: Achtung der Menschenwürde. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie ist zu achten und zu schützen, die unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechte sind Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt. Sie sind zu wahren und zu sichern. Ein großer Mangel in der österreichischen Verfassung ist, dass die Achtung und der Schutz der Menschenwürde keine explizite Erwähnung finden. Dies, obwohl die Menschenwürde in vielerlei Hinsicht heute in Gefahr ist.

Zweitens: Grundrecht auf Leben. Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt, die Tötung auf Verlangen wird als Verletzung dieses Artikels betrachtet. Jeder Mensch ist Abbild Gottes und hat ein Recht auf Leben. Das Recht auf Leben soll durch das Verbot der aktiven Sterbehilfe ergänzt und konkretisiert werden. Aufgrund der dramatischen Erfahrungen mit Euthanasieprogrammen im Nazi-Regime und der damit zusammenhängenden historischen Verantwortung Österreichs verlangt die Caritas die Aufnahme dieser Zusatzbestimmung in die Verfassung.

Drittens: Verfassungsbekenntnis zur Gleichheit aller Menschen.

1. Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

2. Männer und Frauen sind gleichberechtigt; der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

3. Die Republik Österreich bekennt sich zur Stärkung des solidarischen Miteinanders der Bürger und Bürgerinnen unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft. Die kulturelle, religiöse, sprachliche und ethnische Vielfalt ist anzuerkennen und zu fördern.

4. Das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit. Österreich ist eine demokratische und dem rechtsstaatlichen Prinzip verpflichtete Republik. Das Rechtsstaatsprinzip als solches ist in der Verfassung nicht ausdrücklich verankert. Seine ausdrückliche Normierung ist anzustreben. Aus Sicht der Caritas hätte sich dieses Prinzip bei zurückliegenden Novellierungen im Bereich Fremdenrecht oder dem Asylrecht eine stärkere Akzentuierung verdient. Zudem ist auch die oft nicht nachvollziehbar lange Dauer der Verfahren vor Gerichten und Behörden im Hinblick auf das Vertrauen der Bevölkerung in das Rechtsschutzsystem äußerst problematisch. Dies kann bei Menschen in finanziell angespannten Situationen zu Notlagen führen, die zu vermeiden wären. Konkret erwähnt seien hier der Vollzug der Sozialhilfe in einzelnen Bundesländern, Delogierungsprobleme, Unterhaltsvorschussverfahren und auch das Fremdenrecht.

5. Bekenntnis zur ökosozialen Marktwirtschaft. Es ist die Aufgabe des Staates, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen und Regulierungen vorzunehmen, um ökonomische, soziale und ökologische Ziele nachhaltig in Einklang zu bringen. Marktwirtschaft und Wohlfahrtsstaat brauchen einander wie der Fisch das Wasser. Daher muss sie auch den sozialen Bedürfnissen der Menschen dienen und Belange der künftigen Generationen und der Umwelt beinhalten.

6. Verankerung des Prinzips des Wohlfahrtsstaates in der Verfassung. Die Republik bekennt sich zur sozialen Verantwortung. Diese umfasst die Vermeidung und Bekämpfung von Armut, die Wahrung der sozialen Sicherheit, die Erhaltung der Gesundheit der Menschen sowie Förderung und Sicherstellung des Zugangs zur Bildung für alle.

7. Grundrecht auf Existenzsicherung. Wer in Not gerät und nicht in der Lage ist, für sich zu sorgen, hat Anspruch auf Hilfe und Betreuung und auf jene Mittel, die für ein menschenwürdiges Dasein unterlässlich sind.

8. Grundrecht auf Asyl. Verfolgte im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention haben ein Recht auf Asyl. Flucht und Verfolgung waren und sind Gegenstand heftigster politischer und rechtlicher Auseinandersetzungen, die grundrechtliche Verbürgerung hätte menschenrechtlichen Signalcharakter und würde den jeweiligen einfachen Gesetzgeber zu einer höheren Sensibilität bei der Ausarbeitung rechtlicher Normen verpflichten – und ein Bekenntnis zur internationalen Solidarität, weil sich die Republik zur aktiven Wahrnehmung der aus dem globalen Solidaritätsgedanken erwachsenden Aufgaben verpflichten muss. Die kurze Redezeit erlaubt es mir nicht, alle Vorschläge der Caritas hier auszuführen. Was die Umsetzung der Kinderrechtskonvention und die Weiterentwicklung des Menschenrechtsbeirates angeht, verweise ich auf die Beiträge von Licht ins Dunkel bzw. Diakonie. Der Konvent wird außerdem eine schriftliche Fassung unserer Vorlagen erhalten.

Sehr geehrte Konventsmitglieder! Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen Augenmass und Mut, Pfiffigkeit und Kreativität beim Zimmern des Zukunftsrahmens unserer Republik. Dankeschön.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Präsident Küberl. Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Direktor Chalupka von der Diakonie Österreich. Bitte sehr; 6 Minuten Redezeitbeschränkung.

Mag. Michael Chalupka: Sehr geehrter Herr Präsident, hohe Konventsversammlung!

Die Diakonie ist eine der fünf großen Wohlfahrtsorganisationen Österreichs. Sie ist bundesweit in allen Bundesländern in den verschiedensten Bereichen der sozialen Arbeit tätig und verfügt deshalb über Erfahrungen über die Handhabung der Wohlfahrt in allen Bundesländern, insbesondere in den Bereichen der Arbeit mit Menschen mit Behinderung, der Pflege kranker und alter Menschen, der Jugendwohlfahrt sowie der Sozialberatung und Unterstützung von Hilfe suchenden Menschen verschiedenster Herkunft. Wir sind dankbar für die Einladung und dankbar, aus dieser Erfahrung heraus einen Beitrag zur laufenden Verfassungsreform leisten zu dürfen.

Die Diakonie tritt zunächst für eine Reihe von Grundrechtsverbürgungen in die neue österreichische Verfassung ein. Von besonderer Wichtigkeit erscheint uns:

-   der Schutz der Menschenwürde und

- die Sicherung und Förderung der Grundfreiheiten und Menschenrechte, einschließlich der sozialen Grundrechte, wie sie in der Sozialcharta des Europarates und in der EU-Grundrechtscharta niedergelegt sind.

Das Prinzip der Achtung der Menschenwürde liegt als allgemeiner Wertungsgrundsatz unserer Rechtsordnung zugrunde, kommt insbesondere in den Freiheitsrechten und in den sozialen Rechten der Verfassung zum Ausdruck. Die Formulierung könnte der EU-Grundrechtscharta folgen:

Die Würde des Menschen ist unantastbar, sie ist zu achten und zu schützen.

Im Zusammenhang mit Grundrechtsfragen weist die Diakonie darauf hin, dass Österreich sowohl bei der Umsetzung der Sozialcharta des Europarates, bei der EU-Grundrechtscharta, wie auch bei der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention säumig ist. Darüber hinaus schließt sich die Diakonie der Empfehlung aller christlichen Kirchen in Österreich an, die Bioethikkonvention des Europarates zu ratifizieren.

Zur Sicherung der unabhängigen Kontrolle der Einhaltung der Menschenrechte durch die Exekutive der Republik Österreich empfiehlt die Diakonie die Unabhängigstellung des Menschenrechtsbeirates, seine Verankerung in der Verfassung sowie die Erweiterung seines Mandats, neben dem Bereich der inneren Sicherheit, auf die Justiz.

Die Diakonie unterstützt weiters den Wunsch aller christlichen Kirchen, dass in der neuen österreichischen Bundesverfassung der staatlichen Tätigkeit klare Ziele gesetzt werden.

Aus unserer Sicht sind das insbesondere Folgende:

- Die nachhaltige gesellschaftliche Entwicklung, Wohlfahrt und Wettbewerbsfähigkeit Österreichs,

- die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts der Solidarität und eines Lebens in Beziehungen,

- die Gewährleistung einer Existenzsicherung für alle

- und im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“ die Gleichbehandlung von behinderten und nicht behinderten Menschen.

- Weiters die Sicherung der für das Verständnis und für die Praxis aller Staatsziele geeigneten Bildung und Weiterbildung,

- Gewährleistung und Förderung der gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrt.

Aus der Tätigkeit und den Erfahrungen der Diakonie ergibt sich ein unmittelbarer Konnex zwischen dem Ziel der Solidarität, dem Gleichheitsgrundsatz und der föderalen Strukturiertheit und Kompetenzaufteilung der Republik Österreich.

Ich möchte das am Beispiel der Gleichbehandlung von Menschen mit Behinderungen zeigen. Der Passus: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Die Republik bekennt sich dazu, die Gleichbehandlung von behinderten und nicht behinderten Menschen in alle Bereiche des täglichen Lebens zu gewährleisten“ findet sich schon heute in der Verfassung.

Maßnahmen, die aus diesem Staatsziel folgen, können ohne Zweifel föderal gegliedert werden, müssen aber dem Gleichheitsgrundsatz unterliegen, denn Behinderungen sind nicht föderal gegliedert. Unserer Erfahrung nach sind derzeit aber die Maßnahmen in den einzelnen Bundesländern weder gleichartig noch gleichmäßig, Quantität und Qualität differieren im großen Maße; das gilt sowohl für eine behindertengerechte Bauweise, wie für das Integrationswohn- oder Therapieangebot.

Dieser Konnex zwischen Solidarität, Gleichbehandlung und föderaler Struktur gilt in gleicher Weise für die Bereiche der Betreuung und Pflege alter Menschen, der Jugendwohlfahrt sowie der Sozialhilfe und Existenzsicherung, bei der neben den Maßnahmen, die weder gleichartig noch gleichmäßig in den einzelnen Bundesländern gestaltet sind, noch dazukommt, dass Existenzsicherung teils auf die Staatsbürgerschaft bezogen wird, obwohl die Geltung des Gleichheitsgrundsatzes unter Migrantinnen nach herrschender Lehre ein Faktum ist.

In ähnlicher Weise gilt dies für das gemeinsam mit den Kirchen vorgeschlagene Staatsziel, das für das Verständnis und die Praxis aller Staatsziele geeignete Bildung und Weiterbildung sicher zu stellen ist. Gerade im Bereich der Aus- und Weiterbildung, im Bereich der Sozialbetreuungsberufe für Menschen mit Behinderung, alte Menschen und Familien kann von gleichartiger oder gleichmäßigen Maßnahmen oder vergleichbaren qualitativen Standards nicht gesprochen werden.

Ein weiteres und schließlich letztes wichtiges Staatsziel erscheint der Diakonie die Gewährleistung und Förderung der gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrt, dies umso mehr, da derzeit auf Ebene der Europäischen Union die Frage, inwieweit soziale Dienstleistungen im Rahmen der Daseinsvorsorge dem europäischen Wettbewerbsregeln unterliegen, noch nicht geklärt ist. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön. Nächster Redner ist Herr Mag. Marschitz, Geschäftsführer des Österreichischen Hilfswerkes. Bitte sehr; 6 Minuten Redezeitbeschränkung

Mag. Walter Marschitz: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Mitgliederinnen und Mitglieder des Konvents! Liebe Kolleginnen aus dem NGO-Bereich!

Wir haben am Wochenende das Scheitern der EU-Bemühungen um eine europäische Verfassung erlebt. Wir hoffen, dass das, was sich auf europäischer Ebene abgespielt hat, hier in Österreich nicht passiert.

Umso wichtiger halten wir daher neben dem Dialog der Institutionen auch eine breite öffentliche Debatte und die Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Konventsdiskussion.

Welche Erwartungen richten wir als Hilfswerk, das als Non-Profit-Organisation mit über 6.000 Mitarbeitern und Mitarbeiterninnen in den Bereichen Soziales, insbesondere Hauskrankenpflege, Gesundheit, Jugend und Familie österreichweit tätig ist, an den Konvent?

Ich möchte drei Punkte herausgreifen.

Erstens: Wir erwarten uns klare Grundrechts- und Staatszielbestimmungen, die auch den sozialen Bereich umfassen.

Wir erwarten uns zweitens eine Vereinfachung der Rechts- und Kompetenzordnung, die nicht nur uns die Arbeit erleichtert, sondern auch verhindert, dass die Verantwortung in gesellschaftlich wichtigen Bereichen von einer Gebietskörperschaft zur anderen hin und her geschoben wird.

Wir erwarten uns drittens eine effiziente Verwaltung, die Aufgaben dort lokalisiert, wo sie am besten und effizientesten bewältigt werden können und finanzielle Spielräume für die dringendsten Zukunftsaufgaben unseres Landes, wie Altenpflege, Gesundheit, Ausbildung und Forschung schafft.

Lassen Sie mich diese Punkte etwas explizieren.

Zu den Grundrechten und Staatszielbestimmungen: Das Österreichische Hilfswerk unterstützt die explizite Aufnahme von Grundrechten und Staatszielbestimmungen in die neue Verfassungsurkunde und fordert deren direkt-demokratische Legitimierung. Dadurch könnte das unterentwickelte Grundrechtsbewusstsein in Österreich gestärkt werden. Wir wünschen uns dabei neben den klassischen Grundrechten auch die Berücksichtigung von Punkten wie die Bekämpfung von Armut, die Generationengerechtigkeit, die Unterstützung und Förderung von Familien und kleinen zivilgesellschaftlichen Einheiten, die breite Förderung der Teilhaber am gesellschaftlichen Leben, insbesondere auch für Menschen mit besonderen Bedürfnissen, das Recht auf adäquate Gesundheitsversorgung und das Recht auf ein menschenwürdiges Altern und Sterben.

Wir glauben - und damit bin ich schon beim zweiten Punkt - nicht, dass der Staat die zur Erfüllung der Staatsziele notwendigen Dienstleistungen selbst erbringen soll, im Gegenteil, der Staat soll sich als Dienstleister aus allen Bereichen zurück ziehen, die private oder zivilgesellschaftliche Institutionen genau so gut erbringen können.

Der Staat muss also beispielsweise weder Pflegeheime noch Kindergärten noch Jugendzentren selbst betreiben. Gerade Länder und Gemeinden haben in den letzten Jahrzehnten in den Bereichen Familie, Soziales und Gesundheit massiv Dienstleistungsbetriebe errichtet und ausgebaut, denen sie oft einseitige Vorteile gegenüber privaten oder zivilgesellschaftlichen Einrichtungen einräumen.

Wenn sich die öffentliche Verwaltung auf klare Auftragserteilung und Qualitätssicherung sowie die individuelle Förderung der Betroffenen konzentriert, können nicht nur beträchtliche Mittel eingespart werden, die freie Wahl der Dienste könnte für die Bürger zu nachfrageorientierter Vielfalt und höherer Qualität führen.

Wir fordern daher die konsequente Entflechtung von Stellen, die Zuweisungs- und Anweisungsrechte wahrnehmen, von Auftraggebern und Auftragnehmern, oder um es in der Sportsprache auszudrücken: der Staat darf nicht gleichzeitig Sponsor, Trainer und Schiedsrichter sein.

Wir sehen in der europäischen Diskussion über die Daseinsvorsorge die Chance, den Wettbewerb und die Schaffung von Vielfalt in unserem Bereich zu verstärken. Wir glauben aber auch, dass es notwendig sein wird, die Spielregeln und Grundprinzipien für diesen Bereich auch in der österreichischen Rechtsordnung zu verankern.

Zur Vereinfachung der Rechts- und Kompetenzordnung: Im Rahmen eines EU-Projekts mussten wir einen Vergleich der Ausbildungsvorschriften für Tagesmütter in Österreich erstellen. Um dies tun zu können, ist es nicht nur notwendig, hunderte Seiten mit Rechtsvorschriften durchzuarbeiten, es zeigt sich auch, dass die Ausbildungsvorschriften der Länder zwingende Ausbildungen der Tagesmutter zwischen 30 und 300 Stunden - also das zehnfache - vorsehen. Ob Kinder in der Steiermark zehn Mal so schwierig zu behandeln sind wie in Niederösterreich, sei dahingestellt.

Das Ergebnis solcher Regelungen ist, dass die Ausbildung in einem Bundesland nicht zur Berufsausbildung in einem anderen Bundesland berechtigt. Andere Beispiele gibt es auch in anderen Sozialbereichen. Die Zersplitterung der Kompetenzen ist gerade in unserem Tätigkeitsbereich besonders ausgeprägt. Mit der Pflege sind allein auf Bundesebene fünf Regierungsmitglieder befasst. Das führt zu beachtlichen Fehlallokationen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei der Konventsdiskussion geht es um mehr als eine neue Verfassungsurkunde. Es geht um Weichenstellungen für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes, wo gerade im Sozial- und Gesundheitsbereich ungeheure Herausforderungen auf uns zukommen. Wir bitten Sie, aus dem Beispiel der EU zu lernen.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön. Nächste Rednerin ist Frau Mag. Maier von der ARGE Selbsthilfe Österreich. Bitte sehr. Ich darf Sie auf 6 Minuten Redezeitbeschränkung aufmerksam machen.

Mag. Monika Maier: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Mitglieder des Österreichkonvents! Ich bedanke mich für die Möglichkeit, Ihnen die Anliegen der Selbsthilfe im Zusammenhang mit dieser neuen Verfassung darstellen zu dürfen.

Ein wesentliches Anliegen der Selbsthilfe ist die Verankerung in der Verfassung. Selbsthilfe bezeichnet im weiteren Sinne das selbstorganisierte Tätigwerden  mit anderen. Im engeren Sinne die gegenseitige Hilfe von Personen, die sich auf Grund eines bestimmten Problems zusammengefunden haben, um sozial handlungsfähig zu bleiben, und die Lebens- und Umweltbedingungen zu verbessern.

Das Engagement in der Selbsthilfe ist dabei ein Mittel, die äußere, also die soziale und gesellschaftliche so wie die innere, also die persönliche und psychische Isolation aufzuheben. Die Selbsthilfebewegung ist eine Form des Engagements, das sich aus unmittelbarer Betroffenheit heraus entwickelt und Ausdruck eines neuen Selbstbewusstseins und Selbstverständnisses der Patientinnen und Patienten ist, die in steigendem Maße eine aktive Rolle im Sinne von Verantwortungsübernahme und Beteiligung übernehmen.

Selbsthilfe ermöglicht Information, Kommunikation und Bildungsarbeit. Das stärkt die Kompetenz der Patientinnen und Patienten, und befähigt sie im Sinne des Empowerments.

Die Selbsthilfebewegung in Österreich hat eine Organisationsstruktur, die sich in themenspezifischen Selbsthilfegruppen und Selbsthilfeorganisationen und themenübergreifenden Selbsthilfeunterstützungseinrichtungen ausdrückt.

Derzeit gibt es in Österreich zirka 1200 themenspezifische Selbsthilfegruppen und Organisationen mit mehr als 100.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, und in den einzelnen Bundesländern gibt es themenübergreifende Selbsthilfeunterstützungseinrichtungen.

Die ARGE Selbsthilfe Österreich ist ein Zusammenschluss dieser themenübergreifenden Selbsthilfeunterstützungseinrichtungen Österreichs und Aufgabe der ARGE Selbsthilfe Österreich ist es unter anderem, als Sprachrohr die Anliegen der einzelnen Selbsthilfegruppen und Organisationen in den Bundesländern zu sammeln, zu bündeln und in relevante Gremien einzubringen.

Die Zahl der verschiedenen Formen der Selbsthilfe wird in dem Maße steigen, wie die Bewältigung komplexer Alltagsprobleme, die im Zusammenhang mit chronischer Krankheit, aber auch mit psychosozialen Schwierigkeiten durch professionelle Leistungsangebote nicht mehr angemessen bewältigt werden können.

Die Selbsthilfe muss an patientenrelevanten Entscheidungen beteiligt werden. Die Vertretungsmöglichkeiten müssen allerdings der Struktur, die gekennzeichnet ist durch basisdemokratische Entscheidungen, angemessen sein und es sind auch die Ressourcen zumeist chronisch kranker Menschen zu berücksichtigen. Das drückt sich zum Beispiel aus, dass ein angemessener Zeitraum für die Erarbeitung von Stellungnahmen vorzusehen ist.

Bisher erfolgt die Einbindung der Selbsthilfe, in denen sich chronisch kranke Menschen, beziehungsweise Menschen in schwierigen Lebenssituationen zusammengeschlossen haben, nur punktuell. Und es kann durchaus von bloßem Formalismus gesprochen werden. Es müssen die Mitwirkungsmöglichkeiten und die Vertretung der Interessen der Selbsthilfe gefördert, und auch die notwendigen Rahmenbedingungen bereitgestellt werden.

Die Beteiligung der Selbsthilfe garantiert eine Versorgung, die sich an den Bedürfnissen der Betroffenen orientiert. Selbsthilfegruppen und Selbsthilfeorganisationen haben eine Signalfunktion, d.h., Betroffene können durch ihre Erfahrungskompetenz den Bedarf und die Bedürfnisse aufzeigen, ohne gleichzeitig auch Anbieter dieser Leistungen zu sein, d.h., es stehen keine kommerziellen Interessen dahinter.

Durch das Selbsthilfe-Engagement werden Patientinnen in die Lage versetzt, die Einrichtungen des Sozial- und Gesundheitswesens effizient zu nutzen und damit zu einem effizienten Ressourcenverbrauch beizutragen. Es kann nicht so sein, dass Versicherte immer höhere Beiträge in ein Versorgungssystem aufbringen müssen, deren Weiterentwicklung sie kaum beeinflussen können.

Ein weiteres Anliegen der Selbsthilfe ist die Verankerung der Patientenrechte in der Verfassung. Derzeit gibt es in allen Bundesländern eine Patienten-Charta – außer in Wien –, welche die individuellen Rechte der Patientinnen und Patienten zusammenfasst. Die Praxis zeigt aber, dass die Umsetzung und Durchsetzung dieser Rechte sehr schwierig ist, da kein Rechtsanspruch darauf besteht.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und möchte nochmals mit Nachdruck darauf hinweisen, dass das ehrenamtliche Engagement der Betroffenen in entsprechender Form in diese Verfassung aufgenommen wird. Danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke, Frau Magistra. Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Universitätsprofessor Dr. Bauböck für die Aktion SOS-Mitmensch. Bitte sehr, Herr Professor.

Dr. Rainer Bauböck: Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren. Ich muss zuerst korrigieren: ich bin Universitätsdozent, nicht Universitätsprofessor.

12,5 % der österreichischen Wohnbevölkerung – das ist mehr als eine Million Menschen –, sind im Ausland geboren. 9 % sind ausländische Staatsbürger. Von diesen sind aber wiederum nur ein Siebentel Bürger der Europäischen Union. Österreich hat damit unter den europäischen Einwanderungsländern einen der höchsten Anteile von Drittstaatsangehörigen.

Wie neuere Studien zeigen, ist diese Personengruppe in doppelter Hinsicht benachteiligt: Erstens ist sie besonderer gesellschaftlicher Diskriminierung und hohen Armutsrisiken ausgesetzt. Zweitens ist sie – auch im europäischen Vergleich – im besonderen Maß rechtlich diskriminiert.

Die schlechte Rechtstellung von Migranten und Migrantinnen ist ein gravierendes Hindernis für soziale, kulturelle und politische Integration in Österreich und trägt direkt oder indirekt zu sozialer Ausgrenzung bei.

Die Europäische Union strebt seit dem Europäischen Rat von Tampere im Oktober 1999 einen einheitlichen Rechtsstatus für in den Mitgliedstaaten niedergelassene Drittlands-Ausländer an. Diese sollen vergleichbare Rechte erhalten wie EU-Bürger. In mehreren Mitteilungen seit November 2000 hat die EU-Kommission eine europäische Zivilbürgerschaft vorgeschlagen, die eine umfassende rechtliche Gleichstellung mit Inländern auch ohne Erwerb der Staatsbürgerschaft bewirken würde.

Eine Reform der Österreichischen Verfassung sollte daher erstens rechtliche Integrationsbarrieren abbauen und zweitens mit einem expliziten Grundrechtskatalog den Weg für eine europäische Politik der Gleichstellung ebnen.

Gleichheit vor dem Gesetz ist nämlich laut Artikel 2 des Staatsgrundgesetzes in Artikel 7 des Bundes-Verfassungsgesetzes in Österreich ein Staatsbürger-Privileg. Der Gleichheitsgrundsatz sollte neu formuliert werden– Präsident Küberl hat es schon angesprochen – etwa analog zum Artikel 3 des deutschen Grundgesetzes: Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

Abgesehen von der symbolischen Bedeutung einer solchen Änderung wäre dies auch als Auftrag zu verstehen. Statt von einer grundsätzlichen Ungleichberechtigung von In- und Ausländern auszugehen, müssten rechtliche Unterscheidungen zwischen Inländern und in Österreich wohnhaften Drittstaatsangehörigen jeweils sachlich begründet werden. Damit würden zahlreiche Bundes- und Landesgesetze anfechtbar, welche Drittstaatsangehörige in teilweise willkürlicher Weise von Leistungen ausschließen. Ich nenne hier als Beispiele nur die Verbrechensopferentschädigung oder Unterhaltsvorschüsse.

Auch in einem neuen Grundrechtskatalog wäre sicherzustellen, dass nur in begründeten Ausnahmen Grundrechte an die Staatsangehörigkeit geknüpft werden. Darüber hinaus sollte in der Verfassung ein umfassender Schutz vor Diskriminierung – etwa entsprechend Artikel 21 der EU-Grundrechts-Charta – verankert werden.

Bestimmte Rechte sind für Migranten jedoch von besonderer Bedeutung. Ihre Bedürfnisse sollten in einem erweiterten Grundrechts-Katalog berücksichtigt werden. Dazu zählt: 

erstens die Verankerung des Rechts auf Asyl in der Österreichischen Verfassung, einschließlich des Rechts auf materielle Versorgung für Asylwerber;

zweitens eine Ausgestaltung des Rechts auf Privat- und Familienleben nach Artikel 8 der Europäischen Menschenrechts-Konvention, durch die das Recht auf Familiennachzug für Ehe- und Lebenspartner sowie minderjährige Kinder sichergestellt und Beschränkungen durch Quotenplätze und lange Wartefristen ausgeschlossen werden;

drittens dürfte der Zugang zum Status des niedergelassenen Drittstaatsangehörigen nicht durch unangemessene Bedingungen erschwert werden – diese sind derzeit vor allem die Integrationsvereinbarung und der Nachweis regelmäßigen Einkommens –, sondern sollte lediglich an den legalen fünfjährigen Aufenthalt geknüpft sein;

viertens müssten bestehende Hindernisse für den freien Zugang zur unselbständigen wie selbständigen Beschäftigung beseitigt werden;

fünftens sind Drittstaatsangehörige besonders von Diskriminierung bei sozialpolitischen Transfer- und Dienstleistungen betroffen.

Ich möchte abschließend noch auf einen Punkt besonders hinweisen: Bei der politischen Integration von Drittstaatsangehörigen ist Österreich im europäischen Vergleich Schlusslicht. Politische Integration kann entweder über erleichterten Zugang zur Staatsbürgerschaft erfolgen oder über Erweiterung von Ausländerwahlrechten. In Österreich ist beides derzeit nicht der Fall.

Ich meine daher, dass ein reformiertes Staatsbürgerschaftsgesetz, das vor allem den automatischen Erwerb der Staatsbürgerschaft - anknüpfend an die Geburt im Inland -  verankert, dringend geboten wäre.

Darüber hinaus sollte aber auch Artikel 117 Absatz 2 des Bundesverfassungsgesetzes so reformiert werden, dass jenes Recht, das heute nur EU-Bürgern zusteht, nämlich das kommunale Ausländerwahlrecht, grundsätzlich auch Drittstaatsangehörigen eingeräumt wird. Dies wäre ein wesentlicher Beitrag zur politischen Integration.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe, dass der Verfassungs-Konvent in seinen Arbeiten die Tatsache berücksichtigt, dass Österreich bereits seit mehreren Jahrzehnten Einwanderungsland ist und dass dies in einer neuen österreichischen Verfassungsordnung auch seinen Niederschlag finden wird.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön, Herr Dozent. Nächste Rednerin ist Frau Elisabeth Paschinger vom Sozialstaats-Volksbegehren. Bitte sehr. Ich darf auch sie auf die sechsminütige Redezeitbeschränkung aufmerksam machen.

Elisabeth Paschinger: Werter Herr Präsident, hoher Konvent, verehrte Damen und Herren!

Im April 2002 unterfertigen über 717.000 Österreicherinnen und Österreicher das Volksbegehren Sozialstaat Österreich und stehe ich heute vor Ihnen als deren Sprecherin. Jede und jeder einzelne dieser 717.000 teilen mit ihrer Unterschrift die Überzeugung, dass die Verankerung unseres Sozialstaates in der Österreichischen Bundesverfassung als Staatsziel nicht nur sinnvoll, sondern äußerst notwendig ist. Sie alle demonstrierten eindrucksvoll mit ihrer Unterstützung dieses Volksbegehrens, dass soziale Sicherheit und Chancengleichheit keine leeren Worthülsen bleiben dürfen und Bedarf nach Erhalt und Ausbau des Sozialstaates besteht.

Zur Erinnerung möchte ich nochmals den Text des Volksbegehrens vortragen. Das Begehren selbst wurde ja leider wegen vorzeitiger Auflösung des Nationalrates und anschließender Neuwahl der üblichen parlamentarischen Behandlung entzogen.

Der Text: Österreich ist ein Sozialstaat. Gesetzgebung und Vollziehung berücksichtigen die soziale Sicherheit und Chancengleichheit der in Österreich lebenden Menschen als eigenständige Ziele. Vor Beschluss eines Gesetzes wird geprüft, wie sich dieses auf die soziale Lage der Betroffenen, die Gleichstellung von Frauen und Männern und den gesellschaftlichen Zusammenhalt auswirkt. Sozialverträglichkeitsprüfung. Die Absicherung im Fall von Krankheit, Unfall, Behinderung, Alter, Arbeitslosigkeit und Armut erfolgt solidarisch durch öffentlich-rechtliche Sicherungssysteme. Die Finanzierung der Staatsausgaben orientiert sich am Grundsatz, dass die in Österreich lebenden Menschen einen ihrer wirtschaftlichen und sozialen Lage angemessenen Beitrag leisten.

Dieser Text beinhaltet sämtliche Forderungen, Wünsche und Anregungen, welche Sie, werte Konventsmitglieder, von Vertreterinnen diverser sozialer Organisationen bereits vor mir gehört haben und sicher nach mir auch noch hören werden. Mit diesem Text fordern diese 717.000 Österreicherinnen und Österreicher eine Verankerung des Sozialstaates als Staatsziel in der Österreichischen Verfassung, die verbindliche Durchführung einer Sozialverträglichkeitsprüfung vor Beschlussfassung von Gesetzen, die solidarische Absicherung im Risikofall durch öffentlich-rechtliche Sicherungssysteme, eine gerechte Finanzierung des Sozialstaates, eine Sicherstellung von öffentlichen Einrichtungen sowie die Bereitstellung öffentlicher Güter.

Dass diese Forderungen, dass dieses Begehren des Volkes verfassungskonform dem Verfall preisgegeben wurde, ist eigentlich ein Affront gegen die Demokratie, in der ja das Recht vom Volke ausgeht. Dieser Mangel ist unhaltbar und sollte mit einer neuen Verfassung behoben werden. Freiwilliges, unentgeltliches politisches Engagement der sonst so hoch gelobten Bürger- oder Zivilgesellschaft darf nicht der Ignoranz zum Opfer fallen.

Lassen Sie mich abschließend persönliches hinzufügen: Ich selbst war bis vor kurzem 25 Jahre lang in der öffentlichen Jugendwohlfahrt tätig und habe in den letzten Jahren miterleben müssen, wie immer mehr allein erziehende Mütter gezwungen sind, ihren Kindern ausschließlich Erdäpfel und Nudeln zu kochen. Ja, es muss sogar die öffentliche Jugendwohlfahrt sich eines kleinformatigen Mediums bedienen, um mit Spenden aus der Leserschaft die Existenz arbeitsloser Mütter und deren Kinder zu sichern.

Ich bin nun seit Oktober als Leiterin der neu gegründeten Wiener Pflegeombudsstelle damit konfrontiert, dass pflegebedürftige Menschen aus Kostengründen von privaten Pflegeheimen in städtische Geriatriezentren wechseln müssen, und das bei einer stetig anwachsenden Anzahl von Pflegebedürftigen und bei gleichzeitigem Abbau von Pflegeplätzen in diesen Zentren.

Selbstverständlich sind städtische Pflegeheime verbesserungswürdig – keine Frage. Aber sie sind würdig, verbessert zu werden. Öffentliche Einrichtungen und Hilfen müssen erhalten und ausgebaut werden, damit Menschen in ihrer Bedürftigkeit nicht einem Markt ausgeliefert werden, der ihnen um teures Geld ihre Existenz nicht wie vorgegaukelt sichert, sondern vielmehr bedroht. Soziale Verantwortung des Staates muss verbindlich gemacht werden – kein Charity, kein weihnachtlicher Punschstand für einen guten Zweck können und dürfen soziale Rechte ersetzen.

Werter Konvent! Ich sehe der Notwendigkeit des Sozialstaates tagtäglich ins Gesicht. Daher im Namen von 717.102 Österreicherinnen und Österreichern mein Appell an Sie: Treten Sie ein für unseren Sozialstaat. Jetzt ! Vielen Dank.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön. Ein Gedanke von Ihnen scheint mir ganz besonders bemerkenswert, nämlich, dass in Hinkunft Volksbegehren nicht mehr verfallen sollen, wenn die Legislaturperiode ausläuft. Mir scheint das durchaus sinnvoll zu sein, denn man kann natürlich die Meinung vertreten, in der nächsten Legislaturperiode könnte man ja das Volksbegehren wiederholen. Nur sollte man bedenken, welche Kosten damit verbunden sind. Ich würde meinen, diesen Gedanken sollte der Konvent jedenfalls aufgreifen. Danke sehr.

Die nächste Wortmeldung liegt bei Herrn Erich Fenninger, Bundesgeschäftsführer der Volkshilfe Österreich. Bitte sehr! Sechs Minuten Redezeitbeschränkung.

Erich Fenninger: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Konvents. Erstens bedanke ich mich recht herzlich für die Einladung, heute hier vor Ihnen sprechen zu können, vor den Konventsmitgliedern.

Die Aufgabe der Volkshilfe ist es, Menschen zu helfen, sie zu unterstützen, sie zu begleiten. Das wissen Sie. Ich werde daher versuchen, konkrete Anliegen von den Betroffenen zu artikulieren, deren Hilfe sie hier brauchen und die wir auch unterstützen wollen. Wir kennen die Benachteiligungen, die Bedürfnisse und die Anliegen aus unserer täglichen Arbeit, von mehr als 5.000 Beschäftigten, 100en ehrenamtlichen Helferinnen und 50.000 Betroffenen täglich.

Trotz des Dankes in meiner Einleitung möchte ich auch um Verständnis ersuchen für eine Kritik am Konvent. Die Verfassung ist die Basis unserer Gesellschaft. Sie regelt irgendwo auch das Zusammenleben, sie ordnet die Grundrechte. Die Chance wäre gewesen, noch stärker jene Menschen miteinzubeziehen, für die die Verfassung geschrieben wird, nämlich für die Österreicherinnen und Österreicher. Es ist vergleichbar mit einem Leitbildprozess. Leitbilder sollen nicht nur Bilder der Führenden, Bilder der Manager, der Managerinnen, der Politiker sein, sondern der Menschen, für die die Leitbilder gelten sollen.

Ich hätte mir hier mehr Phantasie in der Abwicklung gewünscht als eine Aneinanderreihung von Debattenbeiträgen, wo wir nur sehr kurz Zeit haben. Ich hätte mir auch gewünscht, dass die Zusammensetzung des Konvents stärker auch auf die Jugend, auf die Frauen insbesondere Wert legt und auch vielleicht stärker die Zivilgesellschaft, die organisierte hereingelassen hätte. Soweit ein wenig zur Kritik.

Zur Verfassung an sich – in aller Schnelle: Für wen soll die Verfassung gelten? Eine Neufassung sollte alle in Österreich lebenden Menschen, nicht nur die österreichischen Staatsbürgerinnen, vor dem Gesetz gleichstellen. Betreffend der staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten treten wir für eine Abkehr des Abstimmungsprinzips ein, hin zum Boden- und Bekenntnisprinzip. In der österreichischen Verfassung soll gewährleistet sein, dass alle völkerrechtlichen Verträge und Bestimmungen tatsächlich eingearbeitet und gewährleistet werden. Insbesondere geht es uns um die schutzsuchenden Menschen, dass sie ein gerechtes Asylverfahren haben, dass ihnen das garantiert wird und dass sie auch Asyl gewährt bekommen – mit dem Ziel, dass niemand in ein Land abgeschoben oder ausgewiesen wird, in dem elementare Menschenrechtsvergehen bestehen, sie an Leib und Leben bedroht sind.

In welchem Kontext steht dieser Konvent? Kollege Marschitz hat ja schon gesagt, man hat am Wochenende leider das Scheitern des EU-Konvents gesehen. Trotzdem glaube ich, dass die Einarbeitung der EU-Grundrechtscharta in die österreichische Verfassung wesentlich ist. Ich glaube auch, dass es wichtig ist, darauf Wert zu legen, dass das österreichische Niveau der Grundrechte ein höheres ist als der gemeinsame Nenner in Europa. Wir sind immer wieder stolz, als Österreicherinnen und Österreicher, wenn wir bessere Standards im Umweltbereich oder in anderen Bereichen haben. Wir sollten uns auch sehr rühmen für höhere Standards im Sozialbereich. Wir sollten weiters auch dabei bleiben, eine eindeutige Verankerung des laizistischen Prinzips der Trennung zwischen Staat und Glaubensgemeinschaften als weiterhin wesentliches Grundprinzip zu integrieren.

Menschen werden an den Rand gedrängt. Engagement für Gerechtigkeit ist wichtig. Menschen werden gerade heute, vielleicht sogar momentan etwas mehr als in den letzten Jahren, wieder ausgegrenzt, wieder diskriminiert, ausgelacht, abgestempelt, mit Vorurteilen versehen, bekommen wenig Chancen. Wir reden von Mehrheiten, aber wir reden auch von Minderheiten. Wir reden von Frauen, von Kindern, wir reden von Menschen mit besonderen Bedürfnissen, von Ausländern, von alten Menschen, von psychisch erkrankten Menschen.

Wir fordern daher in Stichworten ein Diskriminierungsverbot, ein Antidiskriminierungsgesetz in Verfassungsrang als eine Säule der modernen Verfassung. Wir fordern als Volkshilfe auch die tatsächliche Gleichstellung der Frauen, verfassungsmäßige Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Sie haben Anspruch auf Maßnahmen, ihre Benachteiligungen per Gesetz einklagbar zu machen.

Menschen sind im Out. Menschen, die von der Volkshilfe betreut werden, sind oft tatsächlich ohne Existenz, haben ihre Existenzgrundlage verloren. Für viele von uns, die im oberen Bereich der Gesellschaft angesiedelt sind, scheinen gerade diese Schicksale sehr weit entfernt. Aber wir sollten uns hüten vor diesen Meinungen, dass dies weit weg ist und dass das nur bestimmten Menschen passiert.

Ich möchte Sie wirklich ersuchen, sich vorzustellen, heute hier wegzugehen vom Konvent oder nach der Weihnachtsfeier, nach 16:00 oder 17:00 Uhr, ins Auto einzusteigen und es passiert etwas – ein Unfall. Sie sind selbst betroffen, Sie verletzen sich, Sie haben eine chronische Verletzung. Und auf Grund der chronischen Verletzung und auch anderer Beteiligter bekommen Sie Krisen in der Familie, Beziehungsprobleme. Die Beziehung geht in die Brüche. Man verliert den Job, den man innehat. Man bekommt Depressionen. Alkoholmissbrauch ist die Folge. Und Wohnungsverlust und Obdachlosigkeit gehen oft mit dem einher. Und das passiert vielen Menschen innerhalb nur eines Jahres. Das heißt, um an den Rand der Gesellschaft gedrängt zu werden von heute auf quasi morgen, ist ein schnellerer Weg als der Abschluss einer neuen Verfassung in Österreich. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass Sie als Konventsmitglieder das auch mitsehen.

300.000 Österreicherinnen sind von der Armutsgrenze nicht nur bedroht, sondern in dieser drinnen. Wir bitten deshalb auch hier in Stichworten um eine staatliche Selbstverpflichtung zur Existenzsicherung für alle. Die Volkshilfe wünscht sich ein eindeutiges Bekenntnis zum Sozialstaat als Staatszielbestimmung, zum Solidaritätsprinzip in der Sozialversicherung und alle Sozialstaatsvolksbegehren- Vorschläge als Forderungspaket zu übernehmen.

Stichwort: Zu alt und unrentabel. Pflege- und Altenarbeit: Eine Kerntätigkeit der Volkshilfe - Sie wissen es - ist die Pflege und Betreuung von älteren Menschen.

Ich komme zum Schluss. Und hier ist es uns wichtig, dass man nicht nur in Sonntagsreden sagt, man braucht Pflegequalität und stellt sie zur Verfügung, sondern dass auch am Montag von denselben Politikern das angewendet wird und nicht die Budgets gekürzt werden, so wie derzeit in vielen, vielen Bundesländern.

Zusammengefasst der Wunschzettel der Volkshilfe vor Weihnachten:

-      Wir brauchen in der Verfassung weniger schöne Sätze als verankerte Ansprüche,

-      wir brauchen keine Almosen, sondern Rechte,

-      wir brauchen eine Verfassung, wo der Einzelne auch Möglichkeiten der Durchsetzung hat.

-      Wir brauchen keinen Ausverkauf der Dienstleistungen an den freien Markt,

der nicht alles regelt,

-      wir brauchen soziale Dienstleistungen als Aufgabe von gemeinnützigen und nicht gewinnorientierten Organisationen. Der Dienst an der Gesellschaft darf nicht zu pekuniärem Profit führen.

-      Recht auf soziale Dienste.

-      Wir brauchen eine Sozialverträglichkeitsprüfung vor jeder Gesetzeswerdung

Der Schlusssatz ist: Wir bitten Sie, verehrte Damen und Herren des Konvents, im Sinne der Menschen, die Schutz brauchen, sie nicht allein zu lassen und auch die Verfassung dafür zu nützen, diesen ausreichenden Schutz zu gewähren. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Wir haben nun den Bereich Soziales beendet und kommen zur Anhörung der Vertreter aus dem Bereich Menschen mit Behinderungen.

Als Erster zu Wort gemeldet ist diesbezüglich Herr Präsident Mag. Svoboda von der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation. Bitte sehr. Redezeitbeschränkung 6 Minuten.

Mag. Michael Svoboda: Herr Vorsitzender! Hoher Konvent! Geschätzte Damen und Herren!

Menschen mit Behinderungen und der Ausdruck Behinderung waren expressis verbis bis zum Jahr 1997 im österreichischen Bundesverfassungsgesetz nicht zu finden. Erst durch das in diesem Jahr in Artikel 7 verankerte Benachteiligungsverbot behinderter Menschen als Staatszielbestimmung wurden die in allen Lebensbereichen vorkommenden Diskriminierungen von Menschen mit Behinderungen als nicht im Interesse des Staatsganzen verpönt. Auf der Basis dieses Benachteiligungsverbotes Behinderter kam es zwar kurz darauf zu einer Reihe von Gesetzesänderungen, insbesondere auf Bundesebene, jedoch blieb dies insoferne Stückwerk, als eben nur aus Teilen der österreichischen Rechtsordnung diskriminierende Bestimmungen entfernt wurden, und nicht zuletzt wegen des Untätigwerdens oder aus mangelnder Kompetenz des Bundesgesetzgebers sind Gesetzesmaterien, die die unmittelbaren Lebensbereiche behinderter Menschen betreffen, unverändert (und damit weiterhin diskriminierend) geblieben.

Es ergibt sich daher aus der Sicht der Menschen mit Behinderung auf zwei Ebenen des österreichischen Verfassungsrechts Veränderungsbedarf, einerseits im Bereich der (besser) durchsetzbaren Grundrechte der Menschen und andererseits im Bereich der Kompetenzverteilung in Gesetzgebung und Vollziehung zwischen Bund und Ländern.

Zum Ersten. Verankerung und grundsätzliche Ausformulierung des Benachteiligungsverbotes im Grundrechtskatalog: In Entsprechung des übereinstimmenden Willens der politischen Kräfte in unserem Land erscheint es angebracht, das in der österreichischen Bundesverfassung bereits bestehende Benachteiligungsverbot als Grundrecht behinderter Menschen zu formulieren und dem Bund für die notwendige nähere Ausführung, was unter diesem Benachteiligungsverbot zu verstehen ist, die entsprechende Gesetzgebungskompetenz einzuräumen. Dadurch wird sichergestellt, dass das Benachteiligungsverbot für behinderte Menschen von den Betroffenen leichter durchgesetzt werden kann als bisher.

Zum Zweiten. Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern: Das Thema Behinderung findet sich als Querschnittmaterie auf allen Ebenen der österreichischen Rechtsordnung wieder und führt dazu, dass Bestimmungen, die behinderte Menschen betreffen, fast in allen Bundes- und Landesgesetzen zu finden sind  (Steuerrecht, Verkehrsrecht, Sozialrecht, Sozialversicherungsrecht, Bauordnungen, etc.) und wird vom jeweiligen Gesetzgeber, der zuständig ist, wahrgenommen.

„Behindertengesetzgebung“ im traditionellen Sinn als Kernmaterie fällt in die Gesetzgebungskompetenz der Länder. Darüber hinaus hat der Bund in einzelnen Gesetzen durch Verfassungsbestimmung die Kompetenz der Gesetzgebung, Gesetzesänderung und Vollziehung an sich gezogen (Behinderteneinstellungsgesetz, Bundespflegegeldgesetz etc.). Das sich daraus entwickelte System der Gesetzgebung für Menschen mit Behinderungen hat sich grundsätzlich bewährt und sollte Eingang in ein neues Verfassungsgesetz finden und damit beitragen, dass sich die Normadressaten, insbesondere auch in der Zuständigkeit der Vollziehung der für sie betreffenden Gesetze, besser zurecht finden.

Neben diesen grundsätzlichen Anliegen behinderter Menschen bestehen konkrete Einzelanliegen, die in einem Verfassungsgesetz „neu“ Eingang finden sollten:

-          Anerkennung der österreichischen Gebärdensprache durch Verankerung in einer zu Art.8 B-VG korrespondierenden Regelung;

-          Zuordnung (und damit Vereinheitlichung) des Ausweis- bzw. Passwesens für Behinderte in Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenz des Bundes (war bereits Mitte der Neunzigerjahre ein Gegenstand einer beabsichtigten Bundesstaatsreform, über den Einigung zwischen Bund und Ländern erzielt wurde);

-          Verankerung einer (gesetzlichen) Interessenvertretung für Behinderte auf Bundes- und Länderebene;

-     Schutz einwilligungsunfähiger Patienten vor medizinischen und/oder biologischen Forschungseingriffen.

Geschätzte Damen und Herren! Ich darf abschließend Sie ersuchen, dass Sie dem Anliegen behinderter Menschen bei der Erarbeitung einer „Verfassung neu“ entsprechenden Stellenwert geben, sind doch über 10 Prozent der Bevölkerung tatsächlich davon betroffen. Ich danke.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Herr Präsident. Nächste Rednerin der Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation ist Frau Dr. Christina Meierschitz. Bitte sehr. Ich darf auch Sie auf die sechsminütige Redezeit aufmerksam machen.

Dr. Christina Meierschitz:

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Wie wir bereits gehört haben, sind bisher behinderte Menschen in der Bundesverfassung, abgesehen von Artikel 7, nicht erwähnt. Jetzt ist die Chance für eine Veränderung, und wir müssen diese Chance auch ergreifen. Behindertengleichstellung, gleiche Rechte und Chancen für Menschen, unabhängig von ihrer Behinderung, ist derzeit oberstes Ziel der zirka 700 000 behinderten Menschen, Staatsbürgerinnen und Staatsbürger von Österreich. In Amerika wurde diese Forderung bereits umgesetzt und auch in der EU wurden die ersten Schritte gemacht, um endlich Ungleichbehandlung und Nachteile für behinderte Menschen, für zehn Prozent der Bevölkerung, wie wir gerade gehört haben, zu verhindern. Nun ist Österreich gefordert, bundeseinheitlich Garant dafür zu sein, dass Chancengleichheit in allen Bereichen umgesetzt und verwirklicht wird. Behindertengleichstellung ist, wie wir bereits ausgeführt haben, Querschnittmaterie und daher fordern wir ihre Verankerung in der Verfassung. Es müssen auf Verfassungsebene Staatsziele vorgegeben und konkrete Staatsaufgaben festgeschrieben werden. Verfasste Rechte verheißen den Bürgern Dauerhaftigkeit und Verlässlichkeit auch in wechselhaften Zeiten. Unsere Verfassung muss den Bürgerinnen und Bürgern bestimmte Recht zwingend garantieren.

Was heißt nun Chancengleichheit, was heißt Barrierefreiheit, beispielsweise? Ich will Ihnen vorerst eine Definition von Barrierefreiheit geben. Barrierefreiheit bedeutet die gleichberechtigte Möglichkeit der Teilnahme, Zugänglichkeit und Nutzung des gestalteten Lebensraumes in der jeweils für den einzelnen behinderten Menschen notwendigen Weise und unabhängig von der Art seiner Behinderung. Grundsätzlich muss der Zugang derselbe wie für nicht behinderte Menschen sein. Die Nutzung muss selbst bestimmt, ohne besondere Erschwernis und ohne fremde Hilfe erfolgen können.

Ich möchte nun zu Beispielen kommen. Die ÖBB hat zurzeit zwei Zug-Typen für den Nahverkehr, den Talent und den Desiro in Auftrag gegeben, die vom Bund und den Ländern mitfinanziert werden. Diese beiden Fahrzeugtypen sind für behinderte Menschen nicht barrierefrei zugänglich und nicht benutzbar. Es sind dies Neuankäufe. Als Barrierefreiheit ist nicht nur die Beseitigung räumlicher Barrieren für Rollstuhlfahrer und gehbehinderte Menschen zu verstehen, sondern beispielsweise auch die Kommunikation blinder und gehörloser Menschen. Die Bahn muss allen Menschen ein barrierefreies Reisen ermöglichen. Bahnhöfe, Bahnsteige und Züge müssen für jedermann ohne fremde Hilfe, Erschwernisse oder Voranmeldung zugänglich und benutzbar sein.

Ich komme zur Finanzgebarung und Förderungsverwaltung der Gebietskörperschaften. Diese muss ebenfalls an den Grundsatz der Barrierefreiheit geknüpft werden. Es werden mit öffentlichen Mitteln, das heißt, mit Geldern, die von allen Menschen, auch behinderten Menschen, einbezahlt werden, Dinge finanziert oder gefördert, die nicht für alle Menschen, nämlich behinderte Menschen, benutzbar beziehungsweise zugänglich sind.

Das heißt, öffentliche Mittel dürfen nur eingesetzt werden, wenn alle Menschen einen Nutzen davon haben. Förderungen dürfen nur für das gewährt werden, das alle Menschen nutzen können, zum Beispiel müssen Wohnungen barrierefrei zugänglich und benutzbar sein, damit behinderte Menschen dieselben Chancen auf eine Wohnung haben, wie nicht behinderte Menschen. Das muss bundeseinheitlich geregelt sein.

Zurzeit ist das E-Gouvernement-Gesetz geplant, das keine Bestimmung für die Zugänglichkeit der Internetseiten für behinderte Menschen vorsieht. Werden behinderte Menschen jetzt ausgeschlossen sein? Das Internet ist für viele Menschen zum festen Bestandteil des Alltagslebens geworden. Der Zugang zu Websites und deren Inhalte im Internet stellt jedoch Menschen mit Behinderung oft vor eine Vielzahl von Problemen.

Arztpraxen müssen barrierefrei erreichbar und benutzbar sein. Überlegen Sie, welche der Ihnen bekannten Ärzte für einen Rollstuhlfahrer zugänglich sind. Glauben Sie mir, trotz intensivster Recherchen haben wir keinen gefunden, der wirklich für alle Behinderungsarten zugänglich ist, nämlich für Rollstuhlfahrer, aber auch für Blinde und gehörbehinderte Menschen.

Optimale, medizinische Versorgung und Rehabilitation für alle, die sie benötigen, unabhängig von der Ursache ihrer Behinderung, sind Grundrechte, für die der Staat zu sorgen hat und daher in der Verfassung festzuschreiben ist.

Ich komme zum Schluss noch auf das Recht auf umfassende und inklusive Aus- und Weiterbildung: Wir brauchen eine Zielbestimmung, in der sich der Bund zur inklusiven Bildung bekennt und diese in ganz Österreich einheitlich gewährt wird. Inklusive Bildung bedeutet freien Schulzugang mit entwicklungsorientiertem, individuellen Unterricht für alle Schülerinnen und Schüler. Das umfasst sowohl Frühförderung als auch den Kindergarten, die Schulen, aber auch das große Angebot der Erwachsenenbildung.

Wenn wir optimistisch in das 21. Jahrhundert blicken, ist Chancengleichheit für behinderte Menschen in allen Bereichen europaweit umgesetzt und verwirklicht, inklusive Österreich. – Danke vielmals für die Aufmerksamkeit.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke auch. Die nächste Vertreterin der Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation ist Frau Rita Donabauer. Bitte sehr. Auch für Sie gilt die sechsminütige Redezeitbeschränkung.

Rita Donabauer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Mitglieder des Konvents! Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich möchte mich sehr herzlich bedanken für die Möglichkeit hier zu sprechen und die Anliegen der Menschen mit psychosozialen Beeinträchtigungen und der Dienstleistungsorganisationen, die im Bereich der psychischen und sozialen Gesundheit tätig sind, vorzubringen. Ich stehe hier also nicht nur für die ÖAR sondern auch für die pro mente austria mit 17 Mitgliedsorganisationen in den österreichischen Bundesländern.

Ziel der pro mente austria ist die Integration der Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen in allen Bereichen des täglichen Lebens, Hauptanliegen sind daher die Forderung nach einem toleranten Klima in der Gesellschaft, Abbau von Vorurteilen und Beseitigung bestehender Diskriminierungen und damit bin ich beim Thema der österreichischen Verfassung.

Aufgabe des Staates muss es sein, die Grundrechte für alle Menschen in diesem Land zu sichern. Dabei kann aber nicht von den Durchschnittsbürgern und -bürgerinnen ausgegangen werden, sondern es ist auf die Schwächsten in unserer Gesellschaft Rücksicht zu nehmen. Tut man dies nämlich nicht, grenzt man damit schon viele Bevölkerungsgruppen aus. Für Menschen mit Psychiatrieerfahrung sind die Wahrung der Menschenrechte keine leere Floskel, es muss dieser Schutz jeden Tag neu erkämpft werden. Das Recht auf Selbstbestimmung, das Recht auf Wohnen, das Recht auf adäquate medizinische Behandlung, Therapie und Rehabilitation ist nicht so selbstverständlich wie in anderen Bereichen. Sonst wäre es nicht möglich, dass die ersten Zentren für medizinische Rehabilitation in Österreich erst vor einem Jahr entstanden. Sonst wäre es nicht möglich, dass immer noch Wohneinrichtungen für psychisch Kranke in Gemeinden am Widerstand der Umgebung scheitern.

Grundrecht muss aber auch sein, dass die Wohnmöglichkeit frei gewählt werden kann, was voraussetzt, über eine soziale Absicherung und den Zugang zu Dienstleistungen zu verfügen. Wie Gesetzte oder Verordnungen kontraproduktiv sein können, sieht man aus der kürzlich verabschiedeten Änderung des Sozialversicherungsgesetzes, das Teilnehmer und Teilnehmerinnen an Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation aus der Arbeitslosen- und Pensionsversicherung ausschließt und sie daher im Anschluss an die Maßnahme zu Sozialhilfeempfängern mit allen daraus resultierenden Konsequenzen macht.

Gerade Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen ist oft eine volle berufliche Teilhabe am ersten Arbeitsmarkt verwehrt, für Teilnehmer und Teilnehmerinnen an tagesstrukturierenden Maßnahmen ist derzeit aber keine arbeitsrechtliche Absicherung vorgesehen, was dazu führt, dass keine Pensionsansprüche begründet werden.

Ein garantiertes Grundeinkommen ist zu fordern, um die Eigenständigkeit, die Selbstbestimmung und die Wahlmöglichkeit der Lebensform von Menschen mit Beeinträchtigungen zu gewährleisten.

Die Notwendigkeit eines Bundesbehindertengleichstellungsgesetzes und ein entsprechender Diskriminierungsschutz ergeben sich jeden Tag neu. Dies gut und fundiert in einer neuen Verfassung zu verankern, kann nur der Anfang sein. Gleichzeitig muss aber gesagt werden, dass ein Behindertengleichstellungsgesetz und ein Diskriminierungsschutz ohne Sanktionen und einklagbare Rechte ein zahnloses Unterfangen darstellt.

Andererseits kann eine Veränderung im Denken und Handeln nicht durch Gesetz verordnet werden. Nur durch Bildung, Schulung und der Möglichkeit eines Zusammenlebens von Menschen mit und ohne Behinderung kann den Barrieren im Denken, also den Vorurteilen und einer Stigmatisierung der Betroffenen, entgegengewirkt werden.

Den Staat trifft hier eine große Verantwortung, egal wie die Kompetenzen aufgeteilt sind. Der Bund ist gefordert, Rahmenbedingungen durch Bundesgesetze zu schaffen, Ausgestaltungen innerhalb dieses Rahmens können selbstverständlich auch in die Länderkompetenz fallen. Dies läßt sich nicht nur für die Landes-Behindertengesetze bzw. Sozialhilfegesetze sagen, dies trifft auch analog für den Bereich des Bundessozialamtes zu.

Aber: Egal wie die Kompetenzen aufgeteilt sind, die Finanzierbarkeit der Maßnahmen und der Dienstleistungen muss gewährleistet sein. Das heißt: Eine Weitergabe von Kompetenzen kommt nur mit einer gleichzeitigen Weitergabe der Finanzen in Frage.

Der Bund trägt die Verantwortung für die Sicherung der Grundrechte, der Gleichstellung, der Nichtdiskriminierung und der Ermöglichung von Integration von Menschen mit Beeinträchtigungen. Die öffentliche Hand trägt die Verantwortung für die Bereitstellung von Unterstützungsstrukturen, soll aber diese Dienstleistungen nicht selbst anbieten. Das heißt, es erscheint sinnvoller, diese Aufgaben an private Non-profit-Organisationen auszulagern. Damit ist aber auch für die finanzielle Absicherung dieser Dienstleister durch Verträge Sorge zu tragen. Diese Verträge müssen Qualitätsstandards, Art und Umfang der Leistungen und auch den Preis definieren und damit den Organisationen und mit ihnen den Beschäftigten im sozialen Sektor berufliche und finanzielle Sicherheit bieten. Ausschreibungen von Dienstleistungen sind auf Sinnhaftigkeit zu überprüfen, Hauptkriterium für Vergaben kann nicht nur der finanzielle Aspekt sein.

Bei der Definition von Qualitätsstandards, der Festlegung und der Evaluation der Dienstleistungen sind Experten und Expertinnen und Interessensvertretungen von betroffenen Menschen verpflichtend beizuziehen. Diese Interessensvertretungen sind auch gesetzlich und finanziell abzusichern, um ihnen ein Agieren zu ermöglichen.

Zusammenfassend ist zu sagen, die Würde des Menschen in seiner Gesamtheit ist stets in den Vordergrund zu stellen, die Selbstbestimmung und Eigenverantwortung ist anzuerkennen und zu ermöglichen. Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen brauchen klare, überschaubare und transparente Strukturen, das wünsche ich mir auch von einer neuen Verfassung. – Danke schön.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke schön. Nächster Vertreter der Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation ist Herr Mag. Michael Krispl. Bitte sehr.

Mag. Michael Krispl: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Werter Herr Präsident!

Ich möchte noch einmal auf wesentliche behindertenpolitische Forderungen eingehen, die wir als Anforderungen an eine künftige neue Verfassung haben, die den Grundsätzen der Transparenz, Demokratisierung und auch der Bürgernähe verpflichtet sein soll.

Meine Damen und Herren! Die österreichische Behindertenbewegung fordert seit langem die Schaffung eines ausdrücklichen Kompetenz-Tatbestandes, und zwar Bundeskompetenz-Tatbestandes, für den großen und umfassenden Themenbereich der Behindertengleichstellung.

Meine Damen und Herren! Diese Forderung entspricht auch den Zielsetzungen des Österreich-Konvents, wenn es da heißt „Analyse der Staatsaufgaben – Neubewertung der Kompetenzen und Schaffung einer neuen Kompetenzverteilung,“ wie Herr Präsident Fiedler auch betont hatte, mit Mut zur Innovation, mit Mut zur neuen Grenzziehung.

Meine Damen und Herren! Wenn wir uns das Regierungsprogramm der Bundesregierung anschauen und wenn wir uns die behindertenpolitische Linie der Europäischen Union anschauen, dann genießt der Themenbereich Behindertengleichstellung und davon mitumfasst des Diskriminierungsschutzes für Menschen mit Behinderungen wohl hohe Priorität. Trotzdem, und das wurde von meinen Vorrednern bereits betont, findet sich kein ausdrücklicher Kompetenz-Tatbestand, Behindertengleichstellung oder Diskriminierungsschutz in der österreichischen Bundesverfassung.

Behindertengleichstellung ist eine so genannte Querschnittsmaterie, die von allen Gesetzgebungskörpern und Gebietskörperschaften mit zu behandeln ist. Dabei bietet sich aber ein sehr weiter Spielraum, was die Qualität und die Quantität dieser Gleichstellungsmaßnahmen angeht, ja es besteht nicht einmal eine ausdrückliche Verpflichtung, derartige Maßnahmen tatsächlich setzen zu müssen. Das hat dazu geführt, dass das Niveau der Behindertengleichstellung in den verschiedensten Kompetenzbereichen sehr, sehr unterschiedlich ausgefallen ist, dass es mehr oder weniger Maßnahmen der Behindertengleichstellung gibt, manchmal auch gar keine und dass damit ganz legal immer wieder diskriminiert wird.

Meine Damen und Herren! Plakativstes Beispiel ist beispielsweise das Baurecht. Bundeskompetenz, Landeskompetenz, Mitgestaltung auch durch die Gemeinden ist der Alltag im Bereich des Baurechtes. Das hat dazu geführt, dass, je nach kompetenzrechtlicher Anknüpfung und je nach politischer Willensbildung, es zu mehr oder weniger barrierefreiem Bauen und rechtlicher Verankerung des barrierefreien Bauens gekommen ist, dass barrierefreies Bauen völlig unterschiedlich definiert wird, ja teilweise sogar überhaupt keine Maßnahmen des barrierefreien Bauens vorgesehen werden.

Eine ähnliche Situation finden wir im Bereich des Schul- und Ausbildungsrechts, meine Damen und Herren. Auch dort kann es je nach politischer Willensbildung und je nach kompetenzrechtlicher Anknüpfung dazu führen, dass mehr oder weniger Zugang zu Integrativ-Beschulung offen steht, dass mehr oder weniger Zugang zu Ausbildungsgängen wie insbesondere zur Pädagogischen Akademie offen steht.

Auch öffentliche Förderungen, meine Damen und Herren, und der Einsatz öffentlicher Mittel werden nicht immer an den Grundsatz der barrierefreien Zugänglichkeit und Benutzbarkeit der dadurch geförderten Projekte geknüpft. Damit werden Menschen mit Behinderungen durchaus legal immer wieder diskriminiert.

Meine Damen und Herren! Auch die öffentlichen Dienstleistungen, wir haben es heute schon gehört, e-Government zum Beispiel, werden auch nicht einheitlich barrierefrei zugänglich und benutzbar angeboten, ja selbst aktuelle legistische Maßnahmen entbehren offenbar eines ausdrücklichen Bekenntnisses zur Behindertengleichstellung.

Meine Damen und Herren! Das war nur eine kleine Auswahl der aktuellen Diskriminierungen und des aktuellen Ergebnisses der derzeitigen Kompetenzlage im Bereich Behindertengleichstellung. Deshalb fordern wir also einen ausdrücklichen Bundeskompetenz-Tatbestand in Gesetzgebung und Vollziehung für den großen Themenbereich Behindertengleichstellung und Diskriminierungsschutz.

Im Jahr 1997 wurde auch ein Benachteiligungsverbot für Menschen mit Behinderung und das Gleichbehandlungsgebot als Staatsziel in die Verfassung aufgenommen. Wir erwarten uns von der künftig neuen Bundesverfassung, dass ebenfalls das Benachteiligungsverbot und ein Staatsziel der Gleichbehandlung für Menschen mit Behinderungen enthalten ist, wobei dieses Staatsziel auch normative Wirkung haben müsste. Darüber hinausgehend müsste die grundrechtliche Absicherung von Menschen mit Behinderungen in einer künftigen neuen Bundesverfassung aber darüber hinaus gehen und müsste sich vielmehr an jenem Grundrechtsniveau orientieren, das mit der Grundrechtscharta der Europäischen Union vorgegeben worden ist.

Meine Damen und Herren! Wie es erst kürzlich in der Parlamentskorrespondenz geheißen hat, die Verfassungsreform muss allen Bürgerinnen und Bürgern etwas bringen, so auch Bürgerinnen und Bürgern mit Behinderungen und ich appelliere an Sie, meine Damen und Herren des Konvents, diese Forderungen der österreichischen Behindertenbewegung in Ihre Arbeiten einfließen zu lassen. – Danke vielmals.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler:  Danke auch, Herr Magister. Nächste Rednerin für die Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation ist Frau Mag. Silvia Weißenberg. Bitte sehr, Frau Magistra. Auch bei Ihnen gilt die Redezeitbeschränkung von sechs Minuten.

Mag. Silvia Weißenberg: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Konvents!

Ich vertrete die Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation und insbesondere auch die Lebenshilfe Österreich als die Bundesvereinigung für geistig und mehrfachbehinderte Menschen und deren Angehörige. Ich möchte dem Konvent meinen Dank sagen, dass er den Vertreterinnen und Vertretern der Behindertenbewegung die Möglichkeit bietet, durch Präsentation ihrer Beiträge an der Diskussion zur künftigen Verfassung Österreichs mitzuwirken.

Behinderte Menschen sind tagtäglich in ihrer Existenz bedroht. Damit ist nicht nur pränatale Diagnostik, eugenische Indikation und Sterbehilfe gemeint, um ein paar aktuelle Schlagwörter zu nennen. Gemeint ist auch die so genannte Alltags-Euthanasie, das heißt behinderte Menschen sind täglich Diskriminierungen ausgesetzt, die eine chancengleiche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben verhindern. Soziale Ausgrenzung findet im gesellschaftlichen, im rechtlichen und im persönlichen Bereich statt.

Angesichts der vielfältigen Diskriminierungen ist es wichtig, dass bei einer Neuformulierung der Grundrechte eine dem jetzigen Artikel 7 Absatz 1 der Bundesverfassung entsprechende Bestimmung enthalten ist, womit ein Benachteiligungsverbot und ein Bekenntnis der Republik, die Gleichbehandlung von behinderten und nicht behinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten, festgeschrieben wird.

Wir begrüßen in diesem Zusammenhang die Überlegungen des Konvents, Staatszielbestimmungen künftig mit normativer Wirkung auszustatten, und sie sollen somit in Richtung subjektiv durchsetzbarer Grundrechte gehen. Falls jedoch Staatszielbestimmungen auch künftig keine unmittelbare Auswirkung auf das Privatrecht haben, kann das Ziel, Diskriminierungen behinderter Menschen zu verhindern und zu beseitigen, nur mit einem umfassenden Behindertengleichstellungsgesetz erreicht werden. Im Gleichklang mit internationalen Entwicklungen in der Behindertenpolitik könnte somit Transparenz, Rechtssicherheit und schließlich eine erhöhte Selbständigkeit behinderter Menschen realisiert werden.

Ein zentrales Problem stellt dabei die Tatsache dar, dass das Behindertenwesen eine Querschnittsmaterie ist und damit die Zuständigkeit für die verschiedenen Lebensbereiche zwischen Bund und Ländern geteilt ist. Dennoch wäre es wesentlich, dass in dieser zentralen Menschenrechtsproblematik eine österreichweite einheitliche Regelung getroffen wird. Der neue Grundrechtskatalog sollte sich an der Charta der Grundrechte der Europäischen Union orientieren. In Anlehnung zu Artikel 26 der Europäischen Grundrechtscharta und Artikel 23 der Sozialcharta ist ein Anspruch behinderter Menschen auf Maßnahmen zur Gewährleistung ihrer Eigenständigkeit, ihrer sozialen und beruflichen Eingliederung und ihrer Teilnahme am Leben der Gemeinschaft in der Verfassung anzuerkennen.

Wir sind für eine explizite Aufnahme sozialer Grundrechte in die Verfassung. Es geht darum, einen Nachteilsausgleich für jene vorzusehen, die nicht einmal Grundvoraussetzungen erbringen können. Dazu zählt vor allem die Gruppe der geistig behinderten Menschen. Es erscheint uns wesentlich, dass ein soziales Element in der Verfassung verankert wird, das ein Recht auf ein Mindestmaß an sozialer Wohlfahrt und Sicherheit, sowie ein Recht auf vollen Anteil an den gesellschaftlichen und sozialen Errungenschaften garantiert. Ein garantiertes Grundeinkommen wäre eine der Alternativen in der Ausgestaltung der Sozialpolitik.

Geistig behinderte Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf finden zumeist nur eine Beschäftigung in so genannten Beschäftigungstherapien gegen Bezahlung eines kleinen Taschengeldes. Das bedeutet, dass diese Personen aus allen arbeits- und sozialrechtlichen Bestimmungen herausfallen, das bedeutet aber insbesondere auch, dass sie im Alter keine Pensionsansprüche erworben haben und zumeist gänzlich auf die Leistungen der Sozialhilfe angewiesen sind.

Behinderten Menschen wird das Recht auf freie Wohnungswahl verwehrt. Oftmals werden auch schon junge Menschen mit geistiger Behinderung aus Mangel an entsprechenden Einrichtungen in Altersheimen untergebracht. Einen Anspruch auf altersgemäßes Wohnen gibt es noch nicht.

Um soziale Ausgrenzungen und Armut zu bekämpfen, sollte in Anlehnung zu Artikel 34 der Europäischen Grundrechtscharta das Recht auf soziale Unterstützung und Unterstützung für die Wohnung, die allen, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, ein menschenwürdiges Dasein sichern, anerkannt werden.

Als Fundament der Grundrechte ist in der Verfassung der Schutz der Menschenwürde zu verankern. Laut Artikel 1 der Europäischen Grundrechtscharta ist die Würde des Menschen unantastbar. Sie ist zu achten und zu schützen. Das Gebot der Menschwürde muss den anderen Grundrechten vorangestellt sein, was sich unter anderem auch an den Grenzen der Forschungsfreiheit bewahrheiten muss.

-           Die Würde des Menschen ist gerade in der biomedizinischen Forschung und ihren Anwendungsbereichen in jeder Phase zu respektieren. Experimente am menschlichen Leben sind nicht zulässig.

-           Einwilligungsunfähige Menschen (dazu zählen geistig behinderte Menschen, Kleinkinder, Komapatienten) müssen wirksam vor Forschungsuntersuchungen geschützt werden, die ihnen keinen unmittelbaren Nutzen bringen. Biomedizinische Wissenschaft darf einzig dem Ziel verpflichtet sein, die Lebenschancen und die Lebensqualität aller Menschen zu erhöhen. Sie darf sich niemals in den Dienst eugenischer Absichten stellen.

-           Forschungsuntersuchungen dürfen grundsätzlich nur mit der persönlichen Einwilligung des betroffenen behinderten Menschen durchgeführt werden.

In der Verfassung zu verankern ist auch das Recht auf Leben für alle Menschen und das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit. Auf gesellschaftlicher Ebene findet soziale Ausgrenzung behinderter Menschen durch die Normvorstellung der nicht behinderten Gesellschaft statt. Die oder der Abweichende wird als soziales Problem, als Bedrohung betrachtet, stigmatisiert und ausgegrenzt.

Dies beginnt schon vor der Geburt des behinderten Menschen. Es ist in Österreich immer noch erlaubt, einen Fötus bei Verdacht auf eine Behinderung bis zum Tag der Geburt abzutreiben. Die modere Medizin sieht ihre Aufgabe darin, Behinderung zu verhindern. Es findet bereits eine Selektion nach Maß statt. Gefordert ist ein verantwortungsvoller Umgang mit den Möglichkeiten pränataler Diagnostik. Die Präimplantationsdiagnostik muss als reine Selektionsmethode in Österreich verboten bleiben.

Ich richte diesen Appell an Sie, geschätzte Damen und Herren, als Sprachrohr für jene, die nicht für sich selbst sprechen können. Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Danke, Frau Magistra. Die nächste Wortmeldung steht bei der Geschäftsführerin des Österreichischen Zivilinvalidenverbandes, Hedi Schnitzer. Ich darf Sie um Ihre Wortmeldung bitten. Bei Ihnen beträgt die Redezeitbeschränkung zehn Minuten.

Hedi Schnitzer: Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Auch ich möchte mich ganz herzlich bedanken, dass ich hier die Gelegenheit habe, die Forderungen und Anliegen des Österreichischen Zivilinvalidenverbandes, einer österreichweit tätigen Behindertenorganisation, die auch seit vielen Jahren Mitglied der österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation ist, darzulegen.

Eine Staats- und Verfassungsreform mit dem Ziel einer zukunftsorientierten kostengünstigen, transparenten und bürgernahen Verwaltung ist sicherlich jedenfalls zu begrüßen, setzt jedoch meines Erachtens voraus, dass Klarheit über Zielvorstellungen, insbesondere auch was die sozialpolitischen und sozialstaatlichen Ziele betrifft, herrscht und dass einzelne Tatbestände ganz klar definiert werden.

Professor Christoph Badelt hat bereits im Jahr 1999 darauf hingewiesen, dass der österreichische Sozialstaat eher das Produkt von Ad-hoc-Lösungen für unmittelbar anstehende Probleme als das Ergebnis eines sozialpolitischen Gesamtkonzeptes sein dürfte. Ich bin guter Hoffnung, dass dieser Konvent und die ehrgeizigen und umfassenden Ziele, die hier gesetzt wurden, einiges in Richtung eines Gesamtkonzeptes bewirken werden.

Ich bin bei meinen Überlegungen davon ausgegangen, dass der derzeitige Artikel 7 der Österreichischen Bundesverfassung, welcher die Gleichstellung als höchstrangiges Grundrecht darstellt, nicht nur gehalten, sondern gefestigt und ausgebaut werden soll. Ich denke, es ist dabei notwendig, dass wir alle ein Bild davon entwickeln, wie der Mensch mit Behinderung in dieser Gesellschaft zu stehen und auszusehen hat, um diese Gleichstellung und Gleichberechtigung tatsächlich gewährleisten zu können.

Im Anschluss daran ist die Frage zu stellen, welche Leistungen diese unsere Gesellschaft beziehungsweise der Staat erbringen müssen, um den Menschen mit Behinderung die volle und uneingeschränkte Teilhabe zu ermöglichen, beziehungsweise bereits bestehende Ungerechtigkeiten abzubauen. Meines Erachtens hat der Staat die Aufgabe, behinderungsbedingte Nachteile auszugleichen beziehungsweise solchen entgegen zu arbeiten.

Ich denke dabei insbesondere auch an den präventiven Bereich auch im Hinblick auf die Ansprüche unserer Leistungsgesellschaft, denen viele Menschen auf Dauer nicht mehr gerecht werden können. Es geht vor allem auch darum, behinderten Menschen einen Rahmen zu bieten, innerhalb dessen sie ein selbst bestimmtes, eigenständiges Leben führen können, jenseits von jeglichen Missbrauchsdiskussionen und Mitleidsaktionen. Menschen mit Behinderungen brauchen kein Mitleid. Es hat in den letzten Jahren ein Paradigmenwechsel stattgefunden, den ich selbst in der Organisation, die ich hier vertrete, mitverfolgen durfte.

Die Organisation ist entstanden vor mehr als 40 Jahren aus dem Bedürfnis heraus, dass selbst betroffene Menschen anderen Betroffenen Hilfe anbieten. Aus diesem Grundsatz „Hilfe durch selbst Betroffene“ wurde in den letzten Jahren das Thema peercounceling. Der ebenfalls wichtige ÖZIV-Grundsatz „Hilfe zur Selbsthilfe“ hat sich zu dem Schlagwort Empowerment entwickelt, das heute ein ganz wesentlicher Grundsatz für die selbstbestimmte Leben-Entwicklung ist.

Menschen mit Behinderung brauchen geeignete Rahmenbedingungen und Unterstützung, um ihre Fähigkeiten entsprechend einsetzen und leben zu können. Daraus lässt sich aus meiner Sicht folgender Bedarf ableiten:

Erstens zu den Rahmenbedingungen: Es braucht umfassende Zugänglichkeit in allen Lebensbereichen für die Betroffenen.  Diese brauchen finanzielle und teilweise auch inhaltliche Unterstützung auf ihrem Weg zu einem eigenverantwortlichen, selbstbestimmten Leben, auch wenn sie nicht im herkömmlichen Sinne leistungsfähig sind.

Das Angebot muss umfassend qualitativ hochwertig und leistbar sein. Ich möchte hier darauf hinweisen, dass behinderte Menschen Kunden sind, die ein Recht darauf haben, aus einem transparenten Angebot die für sie notwendigen Dinge herauszufiltern.

Um dies alles erreichen zu können, formulieren wir folgende Forderungen: Es muss ein gesichertes Grundeinkommen geben, um den Betroffenen zu ermöglichen, als Kunden aufzutreten und ihre elementaren Bedürfnisse, unabhängig von einem Erwerbseinkommen, zu befriedigen. Auf die Notwendigkeit einer hinreichenden materiellen Sicherung für die finanziellen Folgen klassischer sozialer Notlagen wurde bereits in einer OECD-Studie in den Achtzigerjahren hingewiesen. Dazu kommt meines Erachtens noch der ganz wichtige Aspekt des Selbstwertes, welcher erwiesenermaßen sehr leidet, wenn Menschen auf Dauer zu Transferbeziehern werden und dann meistens kommt es auch zu Folgeerscheinungen mit noch weiteren Folgeproblemen.

Wir haben schon vieles gehört über die Barrierefreiheit insbesondere auch im baulichen Bereich und über das Thema Querschnittmaterie von Behindertenangelegenheiten, sodass auch wir uns dafür einsetzen, dass Behindertenangelegenheiten in Bundeskompetenz fallen sollen. Dies hat nichts mit Föderalismusfeindlichkeit zu tun, sondern soll sicherstellen, dass Klarheit und Transparenz im Sinne der Betroffenen herrschen.

Wir glauben, dass es notwendig ist, insbesondere im Hinblick auf die Größenordnung dieser Personengruppe. Wir haben zuerst gehört, zehn Prozent - wird EU-weit geschätzt -, dass der Anteil der behinderten Menschen ist. Der österreichische Mikrozensus spricht sogar von 30 Prozent. Im Hinblick auf diese Größenordnung halten wir es für erforderlich, dass Menschen mit Behinderung eine anerkannte Interessensvertretung analog dem Seniorenbeirat bekommen.

Ich glaube auch, dass es notwendig ist, vom derzeit herrschenden Kausalitätsprinzip speziell im Versicherungsbereich zu einem Finalitätsprinzip zu kommen und dass Menschen mit Behinderung ungeachtet der Ursache ihrer Behinderung gleichbehandelt werden müssen.

Im Bereich Kompetenzverteilung und Aufgabenbereiche denke ich, dass es nicht der Staat sein sollte, der das direkte Angebot für Menschen mit Behinderungen sicherstellt. Er muss die Betroffenen in die Lage versetzen, das vorhandene Angebot zu überblicken und sich dieses bedarfsgerecht leisten und organisieren zu können. Unsere tägliche Arbeit mit Betroffenen zeigt immer wieder, wie viele Doppelgleisigkeiten und Irrwege es gibt. Diese sollten durch Schaffung eines One-desk-Prinzips endgültig beseitigt werden. In diesem Bereich fällt auch die Notwendigkeit, dass es dazu kommt, dass vorliegende Sachverständigengutachten, die sich damit beschäftigen, in welchem Maße die vorliegenden Behinderungen einschränkend sind, wechselseitig verpflichtend anerkannt werden müssten.

Ich kann hier nur ganz kurz von einem Fall erzählen. Ein Klient, der bei uns ist, kämpft seit zwei Jahren, er bekam einen Bescheid, dass ihm der Führerschein entzogen werden soll, um den Erhalt dieses Führerscheins. Er hat eine Behinderung, die noch immer nicht ausdiagnostiziert ist. Aufs erste Hinsehen schaut er aus, als ob er immer im volltrunkenen Zustand wäre. Er hat eine Sprachstörung, die bei vielen Menschen und leider Gottes auch bei Gutachtern dahingehend interpretiert ist, dass er kognitive und geistige Einschränkungen hat. Und gibt es sehr viele Gutachten, die einander widersprechen und es ist nicht möglich, bei den einzelnen zuständigen Ämtern diese Gutachten anerkennen zu lassen.

Im strukturellen Bereich würde die alleinige Zuständigkeit des Bundes für Behindertenangelegenheiten nicht zuletzt dazu führen, dass es zu einer Gleichbehandlung aller Menschen mit Behinderungen in allen Bundesländern kommt. Wir haben auch hier schon gehört, dass es da sehr viele Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten gibt. Und ich denke, auch das sollte nicht im Sinne dieses Konvents sein.

Ich würde Sie gerne als Abschluss noch an die Sendung „der Volksanwalt“ erinnern. Ich denke, viele von Ihnen haben sie gesehen. Es ging um einen Mann mit Behinderung, der aufgrund eines Tumors auf den Rollstuhl angewiesen ist und auch eine Einschränkung in den oberen Extremitäten hat. Dieser Mann hätte die Chance, in eine Wohngemeinschaft eines Wiener Trägervereins zu kommen mit der Auflage, dass er einen Rollstuhl bräuchte, der mit dem Kinn bedienbar ist, weil er die Hände nicht mehr benutzen kann. Der zuständige Sozialversicherungsträger hat dieses Ansinnen abgelehnt mit der Begründung, dass dieser Mann ohnehin ununterbrochen Hilfe um sich braucht und dass diese Hilfe dann ruhig diesen Mann auch schieben kann. Es ist nicht notwendig, dass er diesen speziellen adaptierten Rollstuhl bekommt. Ich denke mir, das ist ein Fall, wo man schon ganz genau hinschauen muss um zu erkennen, wo die Selbstbestimmung in diesem Leben noch ist. Aber ich denke sogar übers Fernsehen ist sehr deutlich herausgekommen, sie ist vorhanden. Dieser Mann hat noch immer Lebenswillen und er braucht diese Selbstbestimmung, um seine Motivation aufrechterhalten zu können.

Ich würde gerne mit einem Satz abschließen, der mir sehr gut gefällt. „Wenn man den Menschen die Verantwortung nimmt, nimmt man ihnen auch einen wesentlichen Bestandteil ihres Seins.“ Und in diesem Sinne ersuche ich Sie alle, sich dafür einzusetzen, dass das eingangs von mir gezeichnete Bild des behinderten Menschen, des gleichberechtigten Menschen in unserer Gesellschaft zur Wirklichkeit werden kann. Ich danke Ihnen.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke auch. Wir haben mit Ihrer Wortmeldung den Bereich Menschen mit Behinderungen abgeschlossen. Wir kommen nun zum nächsten Bereich, Minderheiten, und ich darf als ersten Vertreter aus diesem Bereich Herrn Mümtaz Karakurt für die ARGE Emigrantinnenberatung Österreich das Wort erteilen. Ich mache aufmerksam, dass bei Ihnen eine Redezeitbeschränkung von sieben Minuten gegeben ist. – Bitte sehr!

Mümtaz Karakurt: Sehr geehrte Mitglieder des Österreich Konvents! Meine Damen und Herren!

Ich möchte mich im Namen der Arbeitsgemeinschaft Migrantinnen- und Migrantenberatung Österreich für die Einladung herzlich bedanken. Die Arbeitsgemeinschaft ist eine österreichweite Dachorganisation der Migrantinnenberatungsstellen.

Ein wachsender Teil der Bevölkerung in Österreich ist entweder nicht in Österreich geboren oder nicht im Besitze der österreichischen Staatsbürgerschaft. Wie auch Walter und Maier im Grundriss der Bundesverfassung feststellen, "zeigt die Rechtsentwicklung der neueren Zeit bezüglich der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte eine deutliche Tendenz, die unterschiedliche Behandlung von Staatsbürger und Staatsbürgerinnen und Ausländern und Ausländerinnen zu beseitigen, was sich besonders in der Schaffung der Menschenrechtskonvention samt Zusatzprotokoll manifestiert".

Eine neue österreichische Verfassung muss sich vom Konzept der Grundrechte als Staatsbürger- und Staatsbürgerinnenrechte verabschieden und stattdessen jenes der Wohnbürgerschaft beziehungsweise der Menschenrechte beinhalten. Bei diesem Konzept steht der Gleichstellung der in Österreich ansässigen Migrantinnen und Migranten und Minderheitengruppe mit Staatsbürgern und Staatsbürgerinnen als Prinzip im Vordergrund.

In Österreich beruht die Diskriminierung unter anderem auf den Artikel VII B-VG, der das Gleichbehandlungsgebot auf Staatsbürgerinnen und Staatsbürger einschränkt. Diese Einschränkung ist eine Form der verfassungsrechtlichen Diskriminierung und hat in einer pluralistisch-demokratischen Verfassung nichts verloren. Das Gleichbehandlungsgebot muss auf alle in Österreich ansässigen Menschen ausgedehnt werden. Die Forderung „Gleichheit der Menschen“ ist nicht nur ein Instrument der Beziehung zwischen In- und Ausländern und Ausländerinnen, sondern ein notwendiger Schritt zur Änderung der Verfassung.

Eine weitere verfassungsrechtliche Hürde für Migranten/Migrantinnen bildet die fehlende Mitbestimmungsmöglichkeit. In Österreich haben nicht EU-Bürger und -Bürgerinnen (=Drittstaatsangehörige) weder auf kommunaler noch auf Landes-, Bundes oder EU-Ebene Wahlrecht. Auch das passive Wahlrecht zum Betriebsrat und zu den Kammern (inklusive der Österreichischen Hochschülerschaft) wird ihnen weiterhin vorenthalten.

Ein wesentliches Kennzeichen und Grundgedanke der gelebten Demokratie ist die Möglichkeit der Mitbestimmung, Mitgestaltung und das Recht, sich frei zu artikulieren.

Um diesen Grundsätzen zu entsprechen, volles Mitbestimmungsrecht und uneingeschränkte Möglichkeit zur freien Artikulation, ist die Einführung des Wahlrechts unumgänglich.

Da die österreichische Verfassung das Wahlrecht auf Staatsbürger und Staatsbürgerinnen einschränkt, kann dieses demokratische Defizit ohne Verfassungsänderung nicht aufgehoben werden.

Weiters möchte ich erwähnen, dass die Umsetzung von Urteilen und Aufforderungen der internationalen Organisation UNO, Menschenrechtskonvention, Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, EU-Kommission in Österreich sehr schleppend umgesetzt wird und hier Reformen dringend notwendig erscheinen.

Obwohl die Bundesregierung zur Umsetzung der Antirassismus-Richtlinie der EU bis 19. Juli 2003 verpflichtet gewesen wäre, wurde diese bis heute nicht umgesetzt. Auch die Frist bis 2. Dezember 2003 für die Umsetzung der EU-Antidiskriminierungsrichtlinie in Beschäftigung und Beruf ist ohne die Verabschiedung entsprechender gesetzlicher Bestimmungen verstrichen. Um den Rassismus wirkungsvoll bekämpfen zu können, sollten ein umfassender Gleichbehandlungsgrundsatz und Regelungen zur Antidiskriminierung in der Bundesverfassung verankert werden.

Eine weitere Ungleichbehandlung von niedergelassenen Drittstaatsangehörigen mit Österreicher und Österreicherinnen findet sich im Zugang zum öffentlichen Dienst. Der gleiche Zugang zu öffentlichen Ämtern besteht nämlich wie der Gleichheitsgrundsatz nur für österreichische Staatsbürger und Staatsbürgerinnen. Um eine möglichst diskriminierungsfreie Behandlung von niedergelassenen Ausländern und Ausländerinnen zu gewährleisten, sollte bei der Ausarbeitung der neuen Verfassung diese Einschränkung auf Bereiche der streng hoheitlichen Aufgaben beschränkt werden.

Angesichts der aktuellen Lage von Asylwerbern und Asylwerberinnen in Österreich wird deutlich, dass die Aufnahme von Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention in den zu schaffenden Grundrechtskatalog der Verfassung und die grundrechtliche Absicherung dieser Rechte dringend notwendig ist.

Meine Damen und Herren! Jede schlechte Stellung oder Behinderung von den in Österreich ansässigen Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Hautfarbe, ethnischer oder kultureller Zugehörigkeit oder Staatsangehörigkeit beim Zugang zu Ressourcen oder bei der Teilhabe an wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Leben ist inakzeptabel und muss durch Antidiskriminierungsbestimmungen in der Verfassung verhindert und durch antirassistische Politik und Praxis verteidigt werden.

Um die historischen Defizite und Ungleichbehandlungen aufzuheben, die Normen der Menschen- und Bürgerinnenrechte auf alle Menschen, die in Österreich ansässig sind, auszudehnen, sind die erwähnten Änderungen unabdingbar. Ich hoffe und ersuche, dass die von mir dargestellten Vorschläge in die zukünftige Verfassung aufgenommen werden. Ich danke für die Aufmerksamkeit. Tesekkürler, Hvala!

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler: Ich danke auch. Nächster Redner ist Herr Mag. Marko Iljic für den Wiener Integrationsfonds. Auch bei Ihnen, Herr Magister, gilt eine Redezeitbeschränkung von sieben Minuten. – Bitte sehr!

Mag. Marko Iljic: Danke schön. Sehr geehrte Damen und Herren!

Die Wiener Integrationskonferenz ist eine Plattform von Selbstorganisationen der Migrantinnen und der im Migrantinnenbereich tätigen Beratungs- und Betreuungseinrichtungen.

Die Diskussion zur neuen Verfassung für Österreich sehen wir als eine wichtige Chance zur Modernisierung des Grunddokuments unserer Gesellschaft. Wir möchten uns im Folgenden auf den Bereich der Grundrechte beschränken, deren Verankerung als Menschen- oder Bürgerinnenrechte Stellung und Schutz von Menschen mit Migrationshintergrund ohne und mit österreichischem Pass grundlegend bestimmen.

Unser wesentliches Anliegen ist es, den in der Verfassung als Staatsbürgerrecht angelegten Gleichheitsgrundsatz vor dem Hintergrund des BVG zur Beseitigung aller Formen von rassistischer Diskriminierung und der darauf beruhenden Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu einem staatsbürgerschaftsunabhängigen Menschenrecht weiter zu entwickeln. Es sollte die neue Verfassung explizit die Gleichheit aller in Österreich lebenden vor dem Gesetz und den Schutz aller Menschen vor Diskriminierung zum Inhalt haben. Art. 7 des BVG sollte daher als Dreh- und Angelpunkt eines umfassenden Antidiskriminierungspaketes lauten: Alle Menschen, die in Österreich leben, sind vor dem Gesetz gleich. Ich wiederhole: Alle Menschen, die in Österreich leben, sind vor dem Gesetz gleich. Weiters sollte dem Art. 13 EGV, dem Vertrag von Amsterdam und den auf Unionsebene bestehenden einschlägigen Antidiskriminierungsrichtlinien auch in der österreichischen Verfassung ein besonderer Stellenwert zugemessen werden, dementsprechend sollte Art. 7 Absatz 1 neben dem Bekenntnis zur tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern beziehungsweise behinderten oder nichtbehinderten Menschen auch allen anderen im Art. 13 EGV erwähnten diskriminierungsgefährdeten Menschen Schutz vor Benachteiligung zusichern und positive Fördermaßnahmen zu faktischen Gleichstellung nicht nur zulassen, sondern als wesentliches Ziel des Staates verankern.

Eine besondere Ausformung des Gleichheitsgrundsatzes sind der Schutz und die Förderungsmaßnahmen, die so genannten autochthonen alteingesessenen Minderheiten in Österreich erfreulicherweise zukommt. Wenn es auch bei der Umsetzung der Schutzbestimmungen aus den Staatsverträgen von Saint-Germain und Wien unter jüngeren Verfassungsbestimmungen viele Defizite gibt, zum Beispiel topographische Verordnungen, Volksgruppengesetz.

Wir sehen eine rechtspolitische Herausforderung der Zukunft darin, dass sich Österreich in ähnlicher Weise - wie im Art. 8 Abs. 2 des BVG eingefügt -  im Jahre 2000 auch zu seinen allochthonen, in jüngerer Zeit zugewanderten neuen Minderheiten bekennt. So sollte neben dem Schutz der alten so genannten autochthonen Minderheiten der Schutz von neuen ethnischen, sprachlichen, religiösen und kulturellen Minderheiten, die auf österreichischen Staatsgebiet leben, in der neuen Verfassung verankert und deren Identität, Sprache und kulturelle Traditionen in ähnlicher Weise geschützt und gefördert werden.

Das Verfassungsprinzip der repräsentativen Demokratie lebt von der Mitsprache aller von Gesetzen und sonstigen politischen Entscheidungen betroffenen in Österreich lebenden Menschen, die politische Mitsprachemöglichkeit von Migrantinnen manifestiert sich primär in der Möglichkeit wählen, um gewählt werden zu können. Das Wahlrecht ist ein Grundrecht und derzeit weitgehend als Staatsbürgerrecht gestaltet.

Mit Ausnahme von EU-Bürgerinnen und so genannten Drittstaatsbürgerinnen mit 5 Jahren Wohnsitz in Wien können Menschen ohne österreichischen Pass derzeit auf keiner Ebene der allgemeinen Vertretungskörper wählen und gewählt werden.

In Hinblick auf diesen Ausschluss zahlreicher Menschen mit Lebensmittelpunkt in Österreich ist die derzeitige Demokratie eine schwerwiegend defizitäre. Um dieses Defizit zu beheben, erachten wir als unerlässlich im Rahmen der neuen Verfassung, Migrantinnen mit anderen als der österreichischen Staatsbürgerschaft das aktive und passive Wahlrecht auf Bezirks-, Gemeinde-, Landes- und Bundesebene einzuräumen beziehungsweise zumindest deren Gleichstellung mit EU-Bürgerinnen vorzusehen.

Die Einräumung des Wahlrechts wäre ein starkes Signal dafür, dass auch die Meinungen und Interessen dieser Menschen wertvoll und zu vertreten sind. Dies wäre ein weiterer Eckpunkt eines Antidiskriminierungspaketes.

Es ist unbestritten, dass nur ein gleichberechtigtes Reden und Handeln von Migrantinnen und Österreicherinnen auf allen gesellschaftlichen Ebenen neu entstehende, aber auch alte bereits bestehende Unklarheiten beseitigen kann. Auch die bestehenden ungleichen Möglichkeiten der politischen Partizipation zwischen den in Österreich lebenden Bürgern der Europäischen Union und den so genannten Drittstaatsangehörigkeit entspricht nicht dem europäischen Geist.

Da der Österreich-Konvent sich zu einer umfassenden Diskussion über die anstehende Verfassungsreform bekennt, möchten wir noch das Thema der Verwendung von kritisch zu hinterfragenden Begriffen einbringen. Als Beispiel sei der in der österreichischen Rechtsordnung verwendete Begriff „Fremde“ - zum Beispiel Datenbestand „Fremdenwesen“ -  zu nennen. Die in der österreichischen Öffentlichkeit häufig diskutierten politischen Maßnahmen zu möglichst guter Integration von Migrantinnen zum Beispiel durch die so genannte „Integrationsvereinbarung“ werden a priori durch die diesen Menschen als unveränderlich zugeschriebene Fremdheit erschwert und dadurch ihrer Ausgrenzung Vorschub geleistet. Wir plädieren daher eindringlich für einen sensiblen Umgang mit Sprache sowie für die Verwendung von Begriffen, die sich auf die Inhalte der Regelung anstelle die von den Regelungen betroffenen Menschen beziehen.

Mit der Hoffnung, dass unsere Vorschläge im weiteren Diskussionsprozess des Österreich Konvents Berücksichtigungen finden werden, bedanke ich mich für die Einladung der Wiener Integrationskonferenz.

Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Franz Fiedler:  Danke schön, Herr Magister. Nächster Redner ist der Herr Dr.  Georg Schoiswohl für den Auslandsösterreicher-Weltbund. Bitte sehr, Herr Doktor.

Dr. Georg Schoiswohl: Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren!

Derzeit leben mehr als 400.000 österreichische Staatsbürger im Ausland. Der Auslandsösterreicher-Weltbund ist Dachverband, Interessensvertretung und Serviceorganisation für die ihm angeschlossenen im Ausland bestehenden Österreichervereinigungen – das sind Vereine, Verbände, Councils, Round Tables etc. - und somit für die im Ausland lebenden Österreicher. Er nimmt als Dachverband deren Interessen als einzige weltweite Vertretungsoranisation wahr. Zurzeit sind etwa 170 Vereine mit Österreichbezug auf allen Kontinenten Mitglied im Auslandsösterreicher-Weltbund.

Der AÖWB hat dem Österreich-Konvent seine Anliegen zu Wahl- und Staatsbürgerschaftsfragen bereits schriftlich übermittelt und dankt für die Möglichkeit, im Rahmen der heutigen Anhörung die Hauptanliegen auch mündlich vortragen zu können.

Eine der Hauptinteressen der Auslandsösterreicher liegt in der Verbesserung bzw. Vereinfachung der Möglichkeit, das Wahlrecht ausüben zu können. Derzeit ist das Wahlrecht per Wahlkarte durch Einschaltung von einem zusätzlichen österreichischen Zeugen oder die Bestätigung der Stimmabgabe durch eine österreichische Vertretungsbehörde im Ausland sehr behindert. Vornehmlich in überseeischen Ländern bestehen oft sehr weite Entfernungen zur nächsten österreichischen Vertretungsbehörde, die zu überbrücken nicht nur einen erheblichen Zeit-, sondern auch Kostenaufwand erfordern. Der Wähler muss sich um die Eintragung in die Evidenz bei der zuständigen Gemeinde in Österreich kümmern. Jeweils nach 10 Jahren muss ein Neueintrag in die Wählerevidenz durch den Wähler beantragt werden, da von Amts wegen nach dieser Frist die Eintragungen gestrichen werden. Weiters muss der Wähler dann noch gesondert zu jeder Wahl schriftlich die Ausstellung einer Wahlkarte beantragen. Das für diesen Antrag notwendige Formular kann über Internet abgerufen werden oder liegt bei den Vertretungsbehörden auf. Es sind also Formulare zu besorgen, Fristen einzuhalten, Zeugen zu finden, Eintragungen zu prüfen usw.

Wir schlagen deshalb vor:

- die Einführung einer echten Briefwahl im Ausland, wie sie schon in einer Reihe anderer europäischer Länder erfolgreich gehandhabt wird, genannt seien hier nur Deutschland oder Italien,

- die amtswegige Information aller in Auslandswählerevidenzen eingetragener österreichischer Staatsbürger über kommende Wahlen und Volksabstimmungen, die automatische Zusendung der Wahlkarten an die in der Wählerevidenz eingetragenen Staatsbürger, ohne zusätzliche schriftliche Anforderung

- bei Ablauf der 10 jährigen Eintragung in die Wählerevidenz die amtswegige und rechtzeitige Information seitens der Gemeinden über die baldige Streichung an die Betroffenen,

- und die Verlängerung und Vereinheitlichung der Fristen für die automatische Aussendung und Rücksendung von Wahlkarten.

- Einführung von  e-Voting im Ausland - zunächst für eine Testphase.

Auch im zweiten für uns wichtigen Bereich, dem Staatsbürgerschaftsrecht, bestehen für Auslandsösterreicher erhebliche Hürden und Probleme. In vielen Ländern ist aus gesetzlichen oder beruflichen Gründen der Erwerb der Staatsbürgerschaft des Gastlandes absolut notwendig. Vielen Österreichern ist dabei nicht klar, dass vor diesem Staatsbürgerschaftserwerb die Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft beantragt und bewilligt werden muss, um diese weiter behalten zu können. Dieser Antrag muss an das Herkunftsbundesland des Österreichers, der Österreicherin gerichtet werden, wobei die Vergabepraxis der Genehmigung der Beibehaltung der Staatsbürgerschaft der einzelnen Bundesländer sehr verschieden sein kann.

Wir schlagen deshalb vor:

- die Einführung des Rechtsanspruchs auf Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft bei Erwerb einer fremden aus Gründen des beruflichen oder sozialen Lebens im Gastland,

- die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Wiedererwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft - ohne Ausscheiden aus dem fremden Staatsverband - sowie erleichterte Bedingungen für den Wiedererwerb,

- einen Rechtsanspruch auf die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft für die Nachkommen von österreichischen Vertriebenen, und

- die Verlängerung beziehungsweise Wiedereröffnung der Frist für jene, die vor dem 1.9.1983 als Kind einer österreichischen StaatsbürgerIn geboren wurden und aus Unkenntnis bzw. Versäumnis der Fallfrist vom 31.12.1988 die Antragstellung versäumt haben,

- und weiters die Schaffung eines Sondererwerbstatbestandes im Staatsbürgerschaftsgesetz, um bei langjährigem rechtmäßigem Besitz einer Staatsbürgerschaftsurkunde auf die Richtigkeit dieser Urkunde vertrauen zu dürfen - und nicht nach Jahren "gutgläubigen Besitzes" der österreichischen Staatsbürgerschaft diese rückwirkend entzogen zu bekommen. Im Übrigen darf ich darauf verweisen, dass die Volksanwaltschaft seit ihrem 7. Bericht (zum Jahre 1983) die Notwendigkeit der Schaffung eines derartigen Sondererwerbtatbestandes betont.

Abschließend glauben wir, dass die Anliegen der Auslandsösterreicher durch eine institutionalisierte Vertretung im österreichischen National- und Bundesrat besser und evidenter behandelt werden sollten. Die weit mehr als 400.000 im Ausland lebenden Österreicher, und diese Zahl wird möglicherweise durch die EU-Erweiterung und weltweite wirtschaftliche Globalisierung eher wachsen, diese 400.000 Auslandsösterreicher sehen ihre speziellen Anliegen nur bedingt in der österreichischen Volksvertretung repräsentiert und sehen mit Interesse, wie andere europäische Staaten, wie Italien, Frankreich und in Kürze auch Spanien, deren Auslandsbürger durch dedizierte Sitze im Parlament direkt in den demokratischen Informations- und Entscheidungsprozess einbeziehen.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, es ist uns bewusst, dass unsere Wünsche nach der Einführung einer echten Briefwahl, nach für uns wesentlichen Anpassungen des Staatsbürgerschaftrechts und nach einer Institutionalisierung einer Vertretung der Auslandsösterreicher im National- und Bundesrat, nicht unbedeutend sind. Wir glauben aber, dass es wichtig und gerechtfertigt ist, auf die Sorgen von nahezu einer halben Million Wähler einzugehen und damit für diese eine noch engere Bindung an ihre Heimat zu ermöglichen.

Ich danke Ihnen herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner   (übernimmt den Vorsitz):  Als nächsten darf ich Herrn Professor Dr. Wolfgang Neugebauer vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes um sein Statement bitten. Bitte.

Dr. Wolfgang Neugebauer: Sehr geehrte Frau Vorsitzende, sehr geehrte Mitglieder des Konvents!

Ich bin sehr dankbar, dass Sie mir Gelegenheit geben, einige Überlegungen und Anmerkungen aus der Sicht des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands vorzutragen. Unser Institut ist eine von ehemaligen Widerstandskämpfern und -kämpferinnen und Verfolgten des NS-Regimes aufgebaute, heute von der Republik Österreich und der Stadt Wien getragene Stiftung, die sich die Bewahrung der Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus und die wissenschaftliche Aufarbeitung von Widerstand und Verfolgung zum Ziel gesetzt hat, aber auch die zeitgeschichtliche Aufklärung und die Auseinandersetzung mit rechtsextremen, rassistischen und antisemitischen Tendenzen zu ihren Arbeitsfeldern zählt. Ohne den österreichischen Widerstand zu überschätzen und ohne die Mitwirkung vieler Österreicher am Nationalsozialismus zu negieren, darf ich doch darauf hinweisen, dass nicht wenige Österreicherinnen und Österreicher unter hohen Risken für die Wiederherstellung eines freien Österreich und einer demokratischen Verfassung eintraten und ihren eigenen Beitrag zur Befreiung zu leisten versuchten, der in der Moskauer Deklaration der Alliierten 1943 von den Österreichern verlangt wurde und auf den im Zuge der Staatsvertragsverhandlungen österreichischerseits stets verwiesen wurde.

Für das Dokumentationsarchiv und die immer dort noch tätigen Widerstandskämpfer und Verfolgten hat daher das am 8. Mai 1945 erlassene Verfassungsgesetz über das Verbot der NSDAP eine besondere Bedeutung. Ist es doch eine von ihnen miterkämpfte historische Errungenschaft. Mit diesem Verfassungsgesetz wurde das inhumane Gedankengut des Nationalsozialismus kriminalisiert und jede Wiederbetätigung in diesem Geiste unter Strafe gestellt. Nicht zuletzt durch die konsequente Rechtssprechung des Verfassungsgerichtshofs, der das Verbotsgesetz als eine Generalklausel der österreichischen Rechtsordnung qualifizierte, wurde dieses Gesetz zu einem effizienten Instrument bei der Bekämpfung von Neonazismus. Insbesondere seit der Novellierung 1992 konnten neonazistische Aktivisten sowie Leugner und Verharmloser des Holocaust in Österreich erfolgreich in die Schranken gewiesen werden.

In diesem Zusammenhang darf ich auch auf die im Verfassungsrang stehenden Bestimmungen des österreichischen Staatsvertrages verweisen, in denen gleichfalls nazistische und minderheitenfeindliche Organisationen verboten und die Rechte der Minderheiten, also der kroatischen und slowenischen Volksgruppe, festgeschrieben werden.

Aus diesen Gründen treten wir mit Nachdruck für die Beibehaltung des Verbotsgesetzes und dessen hohen Stellenwerts in der österreichischen Rechtsordnung ein, wiewohl wir davon ausgehen, dass seitens der Parlamentsparteien an diesen von Univ.-Prof. Dr. Mayer in einer Konventssitzung als Staatsziel definierten Verfassungsgesetz nicht gerüttelt werden wird. Darüber hinaus halte ich es aber für überlegenswert, ob die Kernsubstanz des Verbotsgesetzes und der einschlägigen Verfassungsbestimmungen des Staatsvertrages nicht auch in einer neu formulierten Verfassung ihren Platz finden sollten.

Erlauben Sie mir zum Schluss noch zwei kritische aber keineswegs polemisch gemeinte Anmerkungen: Im Präambelentwurf der ÖVP scheint mir die Formulierung von der Republikgründung nach den Schrecknissen beider Weltkriege ein wenig zu undifferenziert und gleichsetzend zu sein. Wünschenswert wäre eine klare Bezugnahme auf die Auslöschung Österreichs 1938, auf die NS-Herrschaft und auf die Befreiung 1945, die das Wiedererstehen eines freien Österreich und die friedliche, schließlich zur Integration führende Entwicklung in Europa ermöglichte. In dem sozialdemokratischen Grundrechtskatalog vermisse ich die historische Perspektive. Die Grund- und Freiheitsrechte sind nicht 2003 vom Himmel gefallen, vielmehr haben die schmerzlichen Erfahrungen, die Österreich und die anderen Völker Europas im 20. Jahrhundert mit totalitären Diktaturen, mit Krieg und mit Fremdherrschaft gemacht haben, jenen Lernprozess eingeleitet, der zur Akzeptanz und Durchsetzung von Demokratie und Menschenrechten geführt hat.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihren Bemühungen im Interesse unseres Landes viel Erfolg.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke, Herr Professor Neubauer. Ich bitte Herrn Bundesobmann Josef Mitterhofer vom Südtiroler Heimatbund um seine Rede. - Bitte.

Josef Mitterhofer: Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich bedanke mich für die Einladung. Es ist für den Südtiroler Heimatbund eine Ehre, als einzige Vertretung unserer Heimat Südtirol hier sprechen und unser Anliegen vorbringen zu können. Ich stell den Südtiroler Heimatbund (SHB) kurz vor.

Er ist 1974 von den Südtiroler politischen Häftlingen der fünfziger und sechziger Jahre gegründet worden, um die Rehabilitierung der Mitglieder voranzutreiben. Ab 1977, nachdem Italien die UNO-Menschenrechtspakte ratifiziert hatte, hat sich der Heimatbund wieder politisch betätigt.

Ich zitiere aus den Statuten: „Der Südtiroler Heimatbund ist überparteilich. Sein Ziel ist die Durchsetzung des seit 1919 verwehrten Selbstbestimmungsrechtes, das die Entscheidung über die Wiedervereinigung des geteilten Tirol bis zur Salurner Klause zum Gegenstand hat. Die angestrebte Wiedervereinigung soll entweder durch einen einzigen Volksentscheid oder durch schrittweisen Vollzug verwirklicht werden. Der SHB sieht den Weg zur Erreichung dieser Ziele in der Anwendung von friedlichen Mitteln im Allgemeinen und des durch internationale Verträge auch von Italien und Österreich anerkannten Rechtes auf Selbstbestimmung im Besonderen.“ Zitatende

Dieses Ziel haben wir bis heute beibehalten, trotz der vielen Anfeindungen. Sie werden sagen, das gehört der Vergangenheit an. Außerdem habt ihr eine Autonomie, welche in Europa als Modell dargestellt wird.

Meine Damen und Herren, was 1989 beim Fall der Berliner Mauer und in den folgenden Jahren in den osteuropäischen Staaten möglich war, muss auch bei uns durchführbar sein. Italien hat die Schlussakte von Helsinki, welche die Selbstbestimmung zum Inhalt haben, anerkannt und kann deshalb nicht nein sagen, nur hinauszögern.

Felix Ermacora hat vor ca. 15 Jahren in Bozen, bei einer Versammlung gesagt: „Keine Macht der Erde kann einem Volk die Selbstbestimmung auf die Dauer vorenthalten, auch Italien den Südtirolern nicht, aber wollen und verlangen muss man sie!“

Wir politische Häftlinge und viele Kameraden in Nordtirol und Österreich haben 1961 aufgrund der sehr schlechten politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lage zum Sprengstoff gegriffen, um die Weltöffentlichkeit auf das große Unrecht und die Unterdrückung durch Italien aufmerksam zu machen. Wir sind nach der großen  Verhaftungswelle in den Carabinierikasernen von Meran, Eppan, Neumarkt und Brixen schwer gefoltert worden, sodass zwei Häftlinge Franz Höfler und Toni Gostner nach mehreren Monaten an den Folgen gestorben sind. Sepp Kerschbaumer, unser Anführer, ist am 07. Dezember 1964 nach dem großen Sprengstoffprozess in Mailand, wo er die ganze Verantwortung übernommen hat, an Herzversagen im Gefängnis von Verona gestorben. Seine Beerdigung mit über 20.000 Teilnehmern aus ganz Tirol, war eine wahre Kundgebung. Zusammen haben wir über 500 Jahre Gefängnis abgesessen, haben 13 Tote zu beklagen und dazu kommen noch das viele Leid und die Tränen unserer Frauen und Mütter. Ich selbst bin auch gefoltert worden und habe knapp acht Jahre Gefängnis hinter mir und meine Gesundheit ist seither arg angeschlagen. Das gehört zur Geschichte. Was uns aber große Sorgen bereitet, ist die Gegenwart und Zukunft in unserer Heimat.

Trotz Autonomie und Wohlstandes geht es volkstumspolitisch in unserer Heimat bergab. Der Wohlstand hat den Südtirolern den politischen Weitblick getrübt, viele sind nicht mehr bereit, ums Volkstum zu kämpfen. Wir nähern uns der Mentalität der Italiener. Die Assimilierung schreitet schleichend, aber unaufhaltsam fort, ohne dass es bemerkt wird. Dr. Günther Birnbaum, Österreichischer Botschafter in Rom, hat laut Tageszeitung Dolomiten vom 17. Oktober 1997 erklärt: „Den Südtirolern geht es gut und es geht ihnen finanziell besser als den Nordtirolern. Aber jede Minderheit befindet sich in einer delikaten Lage, denn es besteht ein Automatismus zur Assimilierung, auch wenn keine Assimilierungspolitik betrieben wird.“ Auch der italienische Innenminister Bianco hat bei seinem Südtirolurlaub im Sommer 2000 gesagt: “Durch den schnell erworbenen Reichtum laufen die Südtiroler Gefahr, ihre Identität zu verlieren.“

Große Sorge bereitet uns auch die heutige politische Linie der Südtiroler Volkspartei (SVP). Sie ist eine romtreue Partei geworden, deren Hauptziele die Macht und das Geld sind. Sie hat kein Gespür mehr für die Volkstumspolitik. Wenn das so weitergeht, dann waren die vielen großen Opfer des Freiheitskampfes in den Sechzigerjahren umsonst.

Darum stellt sich für uns die Frage: Hat das Vaterland Österreich überhaupt noch ein Interesse an Südtirol? Ist es bereit, den Anspruch zu erheben und Schritte dazu in die Wege zu leiten, welche natürlich viel Geschick und Kraft kosten werden? Ich möchte auf die Erklärung des politischen Ausschusses des auswärtigen Amtes von 1946 verweisen.

Zitat: „Die Haltung Österreichs bedeutet in keiner Weise einen Verzicht auf die unveräußerlichen Rechte unseres Staates auf Südtirol. Der Ausschuss gibt der bestimmten Hoffnung Ausdruck, dass eine geänderte Weltlage in Zukunft den Südtirolern die Möglichkeit der Selbstbestimmung über ihre staatliche Zugehörigkeit geben wird. Er ist der Meinung, dass dieses Prinzip der einzige Weg für eine dauernde Lösung der Südtirolfrage ist, die von Österreich als gerecht und befriedigend angenommen werden könnte.“ Zitatende.

Darum ersucht der SHB den Konvent um Aufnahme eines Südtirol-Paragraphen in die österreichische Verfassung oder in eine Präambel, um zum gegebenen Zeitpunkt mit Einverständnis der Südtiroler Schritte in die Wege zu leiten, welche eine Wiedervereinigung Tirols oder eine Europaregion Tirol, ohne Einfluss Italiens, zum Ziel hat.

Es darf nicht geschehen, dass wir Tiroler südlich des Brenners noch einmal das Opfer der hohen Politik werden. Wir wollen vermeiden, dass unsere Opfer für die Heimat Südtirol umsonst waren und hoffen, dass unsere Nachkommen ihre Tiroler Identität bewahren können! Ich danke vielmals.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke, Herr Bundesobmann.

Als nächsten bitte ich Herrn Ing. Martin May vom Verband der volksdeutschen Landsmannschaften um seine Wortmeldung. Bitte

Martin May: Verehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich vertrete den Dachverband der Volksdeutschen in Österreich. Das waren nach dem Krieg nach den Vertreibungen 350.000 Menschen, also auch von der politischen Bewertung ein ziemlich großer Patzen. Wir freuen uns und danken herzlich für die Einladung. Wir haben es gleich weiter gegeben an unsere interessierten Menschen und die freuen sich, dass eine Verankerung in der Verfassung stattfinden könnte und ich darf jetzt ein paar Dinge vortragen, die vielleicht von Interesse sind.

Auf die Geschichte kann ich nicht eingehen, denn die Volksdeutschen sind die Volksgruppe, der eigentlich seit dem Ersten Weltkrieg am meisten mitgespielt wurde in Europa. Das ist nicht allen geläufig, aber die habsburgische Geschichte ist sicherlich den Herrschaften hier im Raume geläufig, darauf brauche ich nicht einzugehen. Ich darf also nur ein paar Punkte bringen.

Im Dachverband aller deutschen Altösterreicher aus dem Raum der ehemaligen Donaumonarchie sind die Sudetendeutschen, die Donauschwaben, die Siebenbürger Sachsen, zu denen ich gehöre, Karpatendeutschen, Buchenlanddeutschen, Deutsch-Untersteirer und deutsche Beskiden. Diese Menschen wurden zu Ende des Zweiten Weltkriegs zwangsweise vertrieben und 350.000, wie schon gesagt, haben in Österreich eine neue Heimat gefunden. Wer damals nicht flüchten konnte, wurde in Konzentrationslager, die so genannten Todeslager, gesteckt. Nur wenige sind in ihrer Heimat verblieben, wo sie heute in Minderheit leben. Alle diese Menschen, die Vertriebenen, verlangen eine moralische und wirtschaftliche Wiedergutmachung und die Daheimgebliebenen eine volle Anerkennung als autochthone Minderheiten dieser Staaten selbst.

Wir sind einen Schritt weiter gegangen und haben ein Institut gegründet in unserem Dachverband, das Felix-Ermacora-Institut, dem ich die Ehre habe, vorzusitzen, wir haben uns vorgenommen, in den nächsten Jahren diese Frage der Minderheitenrechte in den ehemaligen Donaumonarchie-Raum zu beobachten und ihnen jede Hilfe zu geben, die notwendig ist, um diese Gleichheit zu erreichen.

Denn, Legislative und Exekutive – das sind zwei verschiedene Dinge in manchen Staaten. Die Gesetzgebung ist in Ordnung, aber die Durchführung ist mangelhaft. Und hier werden wir auch das Außenamt kräftig unterstützen mit diesem Instrument.

Warum nennen wir uns Volksdeutsche, und warum sollte sich Österreich für die Volksdeutschen einsetzen? Der Name als solcher spreche eher für die Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland. Doch nicht Deutschland war Jahrhunderte lang die Heimat dieser Völker, sondern Österreich.

Als nach dem Krieg überlegt wurde, die Flüchtlinge deutscher Sprache weiter zu reichen in die Bundesrepublik hat sich etwas Merkwürdiges ergeben. Die Britische Besatzungsmacht hat dagegen protestiert und sie hat Folgendes gesagt: Dass diese Menschen nicht nach Deutschland, sondern dass Österreich für die Aufnahme dieser Bevölkerung verantwortlich sei, weil die vertriebenen Volksdeutschen als Altösterreicher anzusehen waren, die ihre Heimatorte bis 1918 im Raume der Donaumonarchie hatten.

Im Friedensvertrag von Saint-Germain wurde festgelegt, dass die Länder Böhmen, Mähren und Schlesien nach österreichischer Lesart, also diese Sudetenländer, die von 3,5 Millionen Deutschen und ca. 7 Millionen Tschechen bewohnt waren, an die neu gegründete Tschechoslowakische Republik abgetreten wurden. Sie verloren ihre Staatsangehörigkeit des Staates Österreich und ich darf zitieren eine Rede des deutsch-österreichischen Parlamentspräsidenten Karl Seitz, einem Sozialdemokraten, anlässlich der Verabschiedung der sudentendeutschen Regierungen und Vertretungen in Wien am 24. Dezember 1919. Es sind dies ziemlich die stärksten Worte, die ich jemals im Zusammenhang mit unseren Problemen gelesen habe.

Ich zitiere: „Was nur irgend geschehen konnte, um dem deutschen Volk in den Sudentenländern sein geheiligtes Recht auf Selbstbestimmung zu wahren und durchzusetzen, das haben seine Berufenen, von seinem Vertrauen getragenen Vertreter mit einer Pflichttreue, die bis zur Selbstentäußerung geht, getan.  Wenn diesem Werke nicht der angestrebte Erfolg ermöglicht wurde, so liegt das an der höheren Gewalt, der wir uns beugen müssen. Aber ist auch das staatsrechtliche Band, das die deutschen Sudeten mit der Republik Deutsch-Österreich vereinigt hat, zerschnitten. Unzerreißbar sind die Bande des Blutes, der Sprache, der Kultur und der Sitte, die das deutsche Volk südlich und nördlich der Thaya verbinden.“

Sehr geehrte Damen und Herren! Natürlich wollten damals die Parlamentarier helfen. Sie durften aber nicht helfen. Aber Sie, hier im Raum, Mitglieder des Konvents, Sie dürfen uns helfen und wir bitten Sie herzlich, dies zu tun. Ich erspare Ihnen – das Lamperl leuchtet schon intensiv – ich erspare Ihnen weitere Ausführungen. Ich glaube aber, dass Sie unsere Bitte, um folgende Anmerkung:

„Österreich sieht sich verpflichtet, die Interessen der deutschen Alt-Österreicher im In- und Ausland zu schützen und zu vertreten“

erfüllen werden. Ich bedanke mich für Ihre Geduld.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Als nächste darf ich Frau Helga Pankratz, Obfrau der Homosexuellen Initiative Wien, um ihre Ausführungen bitten.

Helga Pankratz: Sehr geehrte Damen und Herren!

Aufgrund der Zeitbeschränkung werden wir uns in unserer Stellungnahme auf spezifisch lesbische und schwule Anliegen konzentrieren, obwohl wir als Teil der Zivilgesellschaft, als der wir uns selbstverständlich verstehen, auch viele andere gesellschaftliche, für diese Verfassungsreform relevante Anliegen unterstützen.

Aus lesbischer, schwuler und auch transgender Sicht ist der wichtigste Punkt für eine neue Verfassung die explizite Aufnahme der Merkmale sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität in den bestehenden Artikel 7. Wir halten die jetzige Aufzählung Geburt, Geschlecht, Stand, Klasse und Bekenntnis für längst nicht mehr ausreichend und nicht auf der Höhe der Zeit. Wichtige, heutzutage brisante Kategorien wie Alter, Hautfarbe, Ethnizität fehlen hingegen und es ist uns wichtig, zu betonen, dass eine reformierte Verfassung den Schutz vor Rassismus explizit garantieren sollte. Wobei der Begriff Rasse, wie er in internationalen Dokumenten vorkommt, ein höchst problematischer ist.

Die Auflistung der Merkmale sollte sich an der EU-Charta der Grundrechte orientieren, aber auch über diese hinausgehen. Wir schlagen – der EU-Charta entsprechend – eine Mindestauflistung vor, die lautet: Geschlecht, Rasse, Hautfarbe, ethnische Herkunft, soziale Herkunft, genetische Merkmale, Sprache, Religion, Weltanschauung, politische oder sonstige Anschauung, Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe oder nationalen Minderheit, Vermögen, Behinderung, Alter, Familienstand sowie eben sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität.

Sexuelle Orientierung, meine Damen und Herren, bezeichnet weit über das Sexualverhalten hinausgehend zwischenmenschliche Zuneigung, Verantwortung und Formen des menschlichen Zusammenlebens, wobei die gleichgeschlechtliche oder bisexuelle Orientierung um nichts weniger natürlich und gesund ist, wie die verschiedengeschlechtliche. Partner- und Partnerinnenschaften, die auf homo- oder bisexueller Orientierung basieren, tragen das gleiche Potential in sich, für die Gesellschaft als Ganzes von hohem Wert und Nutzen zu sein, wie alle Formen des Zusammenlebens zwischen Mann und Frau. Dieses Potential kann der Gesellschaft allerdings nur unter den Bedingungen der Nichtdiskriminierung und wahrhaftiger Gleichberechtigung der Geschlechter und aller geschlechtlichen Orientierungen zugute kommen. Mit der Aufnahme von sexueller Orientierung in den Gleichheitsartikel würde Österreich keineswegs Neuland betreten, sondern bloß internationale Entwicklungen nachvollziehen.

Bereits 1994 hat der UNO-Ausschuss für Menschenrechte in der Entscheidung im Fall Toonen gegen Australien festgestellt, dass sexuelle Orientierung im Begriff Geschlecht, im internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, Artikel 26, implizit enthalten ist. Dasselbe trifft auf die Europäische Menschenrechtskonvention zu. Einerseits aufgrund gängiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, andererseits aufgrund des Zusatzprotokolls 12, das von Österreich bis jetzt noch nicht ratifiziert worden ist.

Einige Staaten haben sexuelle Orientierung bereits in ihre Verfassungen ausdrücklich als Nichtdiskriminierungsgrund aufgenommen, etwa Südafrika, Äquador, Fidschi und auch die Schweiz, wo dies durch die Bezeichnung “Lebensform” erfolgt ist.

Weil sexuelle Orientierung nur Hetero-, Bi- und Homosexualität definiert, werden Transgender-Personen nicht erfasst. Deshalb ist es notwendig, Geschlechtsidentität als eigene Kategorie explizit anzuführen. Ein solches Verbot der Ungleichbehandlung aufgrund der sexuellen Orientierung und der Geschlechtsidentität muss selbstverständlich auch für alle von der Verfassung garantierten Rechte gelten, etwa für das Recht, eine Ehe zu schließen, eine Familie zu gründen.

In diesem Zusammenhang treten wir dafür ein, keine besonderen Rechte vom Familienstand der Ehe abhängig zu machen. Meist geschieht dies unter Hinweis auf die Erziehung von Kindern in der Ehe. Dieses Argument trifft heute aber immer weniger zu. Viele Ehen bleiben kinderlos. Und zweitens werden viele Kinder außerhalb von ehelichen Gemeinschaften großgezogen. Diese Familienformen mit Kindern würden daher gegenüber auch kinderlosen Ehen benachteiligt und diskriminiert.

Wir plädieren weiters, einen Passus in die Verfassung aufzunehmen, der dem Artikel 1 der EU-Charta entspricht, in dem es heißt: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie ist zu achten und zu schützen. Daraus sich ergebende Konsequenzen sind bei der Abwägung von Grundrechten abzuleiten, wenn diese in Konflikt zueinander stehen. Etwa beim Recht auf freie Religionsausübung und Überzeugungsfreiheit. In einer modernen Gesellschaft muss auch Religionsfreiheit dort ihre Grenzen haben, wo unter Berufung auf religiöse Lehren oder unter Hinweis auf jahrtausendealte Glaubensdoktrinen pure Verhetzung gegen bestimmte Gruppen passiert und Menschen in ihrer Würde massiv verletzt werden. Als Beispiel dafür seien die Lesben und Schwulen diskriminierenden Vatikandokumente erwähnt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich danke Ihnen im Namen der Homosexuellen Initiative Wien für Ihre Aufmerksamkeit und Ihren guten Willen und wünsche gutes Gelingen für das Reformvorhaben.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Ich bitte Herrn Dr. Helmut Graupner vom Rechtskommittee Lamda um seine Ausführungen.

Dr. Helmut Graupner: Verehrte Mitglieder des Konvents!

Es war im Jahre 1787, als Josef  II. die Todesstrafe für homosexuelle Kontakte in Österreich aufgehoben hat. Es war damit, man glaubt es kaum, Österreich - unter jenen Staaten der Welt, die jemals ein solches Totalverbot hatten - das erste Land der Welt, das diesen Schritt gesetzt hat.

Auch Josef II. konnte sich allerdings nicht dazu durchringen, homosexuelle Beziehungen zu entkriminalisieren, wie dies zwei Jahre später im Zuge der französischen Revolution und in deren Gefolge in immer weiteren Teilen Europas der Fall war. Österreich ist in diesem Bereich vom fortschrittlichsten Staat der Welt zurück gefallen in einen der rückständigsten.

Josef II. hatte die Strafe auf maximal ein Monat Haft, von der Todesstrafe her, reduziert. Seine Nachfolger haben diese Strafen wieder von einem Monat Haft massiv erhöht. Bis 1971, bis das Totalverbot aufgehoben wurde, war Homosexualität, homosexuelle Kontakte, homosexuelle Beziehungen mit schwerem Kerker von mindestens einem halben Jahr bis zu  fünf Jahren Haft bedroht.

Auch nach Aufhebung des Totalverbots hat Österreich diskriminierende Sonderstrafbestimmungen beibehalten, von denen die letzte, Paragraph 209 Strafgesetzbuch, erst im Vorjahr, im Jahr 2002, aufgehoben worden ist.

In den 21 Jahren seines Bestehens hat allein dieses eine, letzte antihomosexuelle Sonderstrafgesetz seit 1971 nahezu 2.000 homo- und bisexuelle Männer als Opfer gefordert. Paragraph 209 ist auch nicht im Vorjahr ersatzlos aufgehoben worden. Seine Ersatzbestimmung, Paragraph 207 B StGB, unterscheidet zwar im Wortlaut nicht mehr zwischen Homo- und Heterosexualität. Er wird aber unverhältnismäßig oft gegen gleichgeschlechtliche Kontakte angewendet.

50 - 100 Prozent aller neu eingeleiteten Gerichtsverfahren nach dieser neuen Bestimmung, da sind nicht die neuen Verfahren dabei, die nach 209 geführt wurden und jetzt nach der neuen Bestimmung fortgeführt wurden, sondern allein die neuen Verfahren, sind die Hälfte bis 100 Prozent aller dieser Verfahren gegen gleichgeschlechtliche Kontakte. Das hat das Europäische Parlament veranlasst vor kurzem, Österreich ausdrücklich aufzufordern, zumindest in der Vollziehung dieser Bestimmung nicht zu diskriminieren.

Gleichgeschlechtlich liebende Menschen sind, wie es die Parlamentarische Versammlung des Europarates so treffend formulierte, Opfer jahrhundertealter Vorurteile. Homo- und bisexuelle Frauen und Männer gehörten zu den Hauptzielgruppen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Abertausende sind in den Konzentrationslagern wegen ihrer sexuellen Orientierung umgekommen. Die 2. Republik hat diese Verfolgung fortgesetzt, freilich mit anderen Mitteln – mit Strafverfolgung, mit schwerem Kerker, oft genug verbunden mit Vernichtung der bürgerlichen Existenz.

Nach der heute bestehenden Rechtssprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist die sexuelle Selbstbestimmung ein zentrales Schutzgut der Europäischen Menschenrechtskonvention und Diskriminierung auf Grund sexueller Orientierung inakzeptabel.  Der Gerichtshof erachtet solche Diskriminierung als ebenso schwerwiegend wie Diskriminierung auf Grund des Geschlechts, der Religion, der Rasse, der Hautfarbe oder der ethnischen Herkunft. Und er verlangt für Differenzierungen auf Grund der sexuellen Orientierung dementsprechend besonders schwerwiegende Gründe.

Unterschiedliche Regelungen für gleichgeschlechtliche Lebenssachverhalte einerseits und verschiedengeschlechtliche andererseits müssen für die Erfüllung eines legitimen Ziels notwendig sein. Bloße Plausibilität, Vernünftigkeit, Sachlichkeit oder die bloße Eignung, ein Ziel zu erreichen, genügen nicht. Unterscheidungen sind genauso wie bei Geschlecht, Religion, bei Rasse, bei Hautfarbe und ethnischer Herkunft nur dann zulässig, wenn diese Unterscheidungen wirklich notwendig sind für ein legitimes Ziel.

Vorurteile einer heterosexuellen Mehrheit gegenüber einer homosexuellen Minderheit können – und ich zitiere den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof – ebenso wenig eine ausreichende Begründung für Eingriffe in die Rechte homo- und bisexueller Menschen bieten, wie ähnlich negative Einstellungen gegenüber Menschen anderer Rasse, Herkunft oder Hautfarbe.

Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof hat ausdrücklich auch betont, dass der Gesellschaft ein gewisses Maß an Unannehmlichkeiten zuzumuten ist, um dem Einzelnen ein Leben in Würde und im Einklang mit seiner sexuellen Identität zu ermöglichen.

Es ist heute die Aufhebung sämtlicher diskriminierender Bestimmungen gegen homo- und bisexuelle Menschen eine Voraussetzung für die Aufnahme neuer Mitglieder in die Europäische Union und in den Europarat. Die Parlamentarische Versammlung des Europarates hat Diskriminierung auf Grund sexueller Orientierung wiederholt wörtlich als „besonders abscheulich“ und als „eine der abscheulichsten Formen von Diskriminierung“ verurteilt.

Die österreichische Verfassung hingegen kennt bis heute keine Bestimmung, die es dem Staat ausdrücklich verbietet, auf Grundlage der sexuellen Orientierung zu diskriminieren. Privaten jedoch werden durch die geplanten Gleichbehandlungsgesetze ab nächstem Jahr solche Diskriminierungen per Gesetz verboten werden.

Auch in die Diskriminierungsverbote der Bundesverfassung sollte daher sexuelle Orientierung als schutzwürdige Kategorie aufgenommen werden. So wie das bereits in Artikel 13 des EG-Vertrags und in Artikel 21 der EU-Grundrechte-Charta der Fall ist. Das sollte schon aus Gründen der Glaubwürdigkeit erfolgen, damit sich der Staat nicht selbst erlaubt, was er den Rechtsunterworfenen verbietet. Aber es sollte nicht zuletzt auch erfolgen aus Verantwortung vor der eigenen unehrenvollen Geschichte von Verfolgung und Unterdrückung. Ich danke.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke, Herr Dr. Graupner. Mit ihm haben wir den ersten Teil der Anhörung von Vertreterinnen und Vertretern von gesellschaftlichen Organisationen und Interessensvertretungen aus dem Bereich Soziales, Menschen mit Behinderungen und Minderheiten abgeschlossen.

Ich beginne jetzt mit der Diskussion. Hier ist als Erster zu Wort gemeldet Herr Mag. Christoph Drexler. Die Redezeit für alle Diskutanten ist mit fünf Minuten limitiert. - Bitte!

Mag. Christopher Drexler: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Ich darf vorweg allen Damen und Herren, die heute hier gesprochen haben, danken für ihre Beiträge, die, wenn ich das so sagen darf, doch eine sehr große Spannbreite auch gehabt haben, was es jetzt in der Debatte natürlich relativ schwierig macht, auf alles, auf das es wert wäre einzugehen, auch tatsächlich einzugehen. Lassen Sie mich daher nur zu einigen Punkten kommen.

Es ist mehrfach, auch von einigen Vertretern von Organisationen, auf das Thema Staatsziele abgestellt worden und es sind entsprechende Staatsziele eingefordert worden. Wir führen derzeit im Ausschuss 1 des Österreich-Konvents eine sehr intensive Debatte, auch schon eine länger andauernde Debatte über die Schaffung eines Katalogs von Staatszielen in der neuen Bundesverfassung, über einzelne Staatsziele, über deren Notwendigkeit, über deren konkrete Ausformulierung und dergleichen mehr.

Diese Diskussion ist im Laufen. Es ist eine sehr intensive Diskussion. Es lässt sich noch nicht sagen, ob über den einen oder anderen Weg, diese Staatsziele tatsächlich umzusetzen, Konsens erzielt werden kann. Es gibt unterschiedliche Vorschläge, einen Katalog von Staatszielen in die Bundesverfassung aufzunehmen. Es gibt den Vorschlag, Staatsziele in Form einer Präambel zu formulieren und dergleichen mehr. Wir werden sehen. Ich glaube, die Diskussion wird sehr ernsthaft geführt. Ich schaue hier dem Vorsitzenden des Ausschusses sozusagen in die Augen. Die Vorsitzführung in diesem Ausschuss ist schließlich nicht einfach. Aber ich glaube, wir werden über kurz oder lang zu einem sinnvollen Ergebnis kommen.

Was aus meiner Sicht jedenfalls klar ist, und es ist ja heute mehrfach angesprochen worden: Wenn es zu einem Katalog von Staatszielen kommt, egal jetzt in welcher Form der technischen Umsetzung, dann muss es jedenfalls Staatsziele geben, die den Sozialstaat, soziale Gerechtigkeit und soziale Verantwortung - in welcher Formulierung immer - in diesem Staatszielkatalog mit einbringen. Denn alles andere wäre ein unvollständiger Katalog und so wie in der österreichischen Verfassungsgeschichte eher durch Zufall einzelne Staatsziele zueinander gekommen sind, so müsste es bei einer Neuformulierung jedenfalls solche Lücken in diesem Katalog nicht geben, und daher muss es auch solche Sozialstaatsziele geben, ich sage noch einmal, wenn es einen solchen Katalog wirklich gibt.

Aber wenn, dann muss das jedenfalls der Fall sein. Auf einen anderen Punkt darf ich eingehen. Es ist insbesondere, glaube ich, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, von Vertretern von Menschen mit Behinderung mehrfach darauf hingewiesen worden, dass die Kompetenzverteilung dahin gehend geändert werden sollte, dass Einzelnes jedenfalls Bundeskompetenz ist. Ich möchte den Beratungen zur Kompetenzverteilung nicht vorgreifen, aber ich glaube, Ziel muss in jedem Fall sein, als Ergebnis bei der Kompetenzverteilung, dass nach Möglichkeit die adäquate Ebene gefunden wird, die für einzelne Gesetzgebungsmaterien zuständig sein sollen. Und als Vertreter eines Landtages, eines Landesparlaments, muss ich daher zumindest einschränkend sagen, es darf nicht von vornherein gesagt werden, die adäquate Ebene ist in jedem Fall sozusagen die Bundesebene, selbst wenn es bei den heute geschilderten Anliegen möglicherweise so sein sollte. Aber wir müssen hier aufpassen, dass man nach Möglichkeit, wenn man so will, eben die adäquate Ebene findet. Ich glaube nicht, dass man da von vornherein schon sagen kann, das ist die eine oder die andere.

Wie gesagt, das war eine sehr große Spannbreite an Beiträgen, die es heute hier gegeben hat, und ich darf bei meinem unmittelbaren Vorredner, bei Dr. Graupner anschließen, und vielleicht auch noch zum Thema der sexuellen Orientierung in aller Kürze etwas zu sagen: Erstens bedanke ich mich in diesem besonderen – ich sehe ihn jetzt nirgends, gut – in diesem besonderen Fall für die rechtshistorische Darstellung, denn das war mir nicht bewusst, dass sozusagen Josef II. hier eine besonders progressive Rolle in Österreich eingenommen hat. Aber man soll ja bei solchen Anhörungen nicht nur für den Konvents-Prozess sondern darüber hinaus etwas lernen, und dafür bedanke ich mich recht herzlich, und natürlich war es so, dass der § 209 Strafgesetzbuch viel zu lange der österreichischen Rechtsordnung angehört hat, und man mit der Nachfolgebestimmung glücklich sein kann oder nicht.

Die Frage einer Formulierung in der Verfassung, die sexuelle Orientierung als schutzwürdige Kategorie, wie Dr. Graupner, glaube ich, gesagt hat, feststellt, ist jedenfalls eine, die es auch entsprechend zu diskutieren gilt, und ich glaube schon, dass wenn man sich – und ich glaube, das wird jeder in diesem Raum tun – gegen die Diskriminierung auf Grund der sexuellen Orientierung einsetzt, dann wird auch eine solche Formulierung eben Platz finden können. Wenn wir darüber einen Konsens finden könnten, wäre das sicher ein sehr bemerkenswertes Ergebnis dieses Österreichkonvents und wieder ein Beitrag dazu, dass er den Kaffee doch wert ist, der hier getrunken wird, weil das irgendjemand einmal in Abrede gestellt hat vor einiger Zeit. Herzlichen Dank einstweilen.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Als Nächste bitte ich Frau Mag. Johanna Ettl um ihre Wortmeldung.

Mag. Johanna Ettl: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Ich glaube, dass der heutige Vormittag sehr wichtig war für die zukünftige Arbeit des Konvents. Wir wurden mit wichtigen Anliegen und Forderungen von Vertreterinnen sozialer Organisationen, von Minderheitenvertretern und -vertreterinnen, von Behindertenvertretern und Migrantinnen konfrontiert. Die meisten dieser Anliegen zeigen in eine Richtung, und diese Richtung deckt sich mit den Anliegen der österreichischen Arbeitnehmerorganisationen. Wir brauchen endlich in dieser österreichischen Bundesverfassung die Verankerung sozialer Grundrechte. Das ist uns ein wirklich primäres Anliegen. Es geht nicht nur darum, Staatsaufgabe, Staatsziele in Präambeln, wo auch immer, zu verankern, das ist gut so, das soll recht sein, aber wenn die keinen Niederschlag tatsächlich in sozialen Grundrechten finden, dann stehen sie leider nur auf dem Papier.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Gewährleistung von Freiheit und Gleichheit als Grundrechte in diesem Staat, wie es derzeit der Fall ist, reicht nicht aus. Ich wage sogar zu behaupten, dass sie ohne die Garantie sozialer Grundrechte für viele wertlos sind. Denn was nützt den Menschen, die durch Krankheit, Arbeitslosigkeit, Unfall, Behinderung vor den Trümmern ihrer Existenz stehen, dass ihnen der Staat verfassungsrechtlich Freiheit und Gleichheit garantiert? Was nützen diese – und ich sage jetzt, wohlgemerkt – wichtigen Grundrechte alten Menschen, pflegebedürftigen Menschen, wenn sie keinen Anspruch auf Hilfe und Unterstützung haben. Das haben im Übrigen bereits die Protagonisten der Französischen Revolution erkannt, die den Grundsätzen Freiheit und Gleichheit, den Grundsatz Brüderlichkeit an die Seite gestellt haben, heute würden wir sagen: Solidarität.

Es ist also kein Zufall, dass alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit Ausnahme Österreichs und Großbritanniens soziale Grundrechte in ihren Verfassungen verankert haben, ebenso wie die Europäische Union, die bezeichnenderweise auch mit Solidarität überschrieben wird. Dazu zählen etwa das Recht auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen, der Schutz vor ungerechtfertigter Entlassung oder das Recht auf Zugang zu Leistungen der sozialen Sicherheit, aber auch zu anderen wichtigen öffentlichen Dienstleistungen. Nach Auffassung der Arbeitnehmerorganisationen ist es nämlich darüber hinaus dringend erforderlich, den Zugang der Bevölkerung zu öffentlichen Dienstleistungen nicht nur als Verantwortung des Staates in der Verfassung fest zu schreiben, sondern auch als Grundrecht der einzelnen Menschen in diesem Land, mit solchen Gütern in ausreichenden Mengen in ausreichender Qualität zu akzeptablen Bedingungen versorgt zu werden. Ich nenne hier die Bereiche Bildung, Kommunikations- und Informationstechnologie. Ich nenne den Bereich Wasser, öffentlicher Verkehr und so weiter und so fort.

Und ich möchte aus diesem Grund, und weil es gerade einen aktuellen Anlass gibt, ein Beispiel nennen. Dieses Beispiel wurde vor vier Tagen in einer der größten Zeitungen Österreichs publiziert. Und zwar findet sich dort folgende Mitteilung: Strom wird 2004 massiv teurer, und zwar um mindestens 10 Prozent. Als einer der wichtigsten Gründe wird die Liberalisierung des Strommarktes genannt, die zu einer Konzentration der Anbieter geführt habe. Meine Damen und Herren, da fragt man sich doch wirklich – cui bono? Ist Liberalisierung ein Selbstzweck? Wer bekommt nun eigentlich die 10 Prozent, die die Österreicherinnen und Österreicher jetzt unter dem Prätext „Liberalisierung ist so schön“, mehr zu bezahlen haben?

Wenn ich mich nicht irre, wurden von der österreichischen Politik im Zusammenhang mit der Energiemarktliberalisierung massive Preissenkungen versprochen. Das Gegenteil ist eingetreten: ich habe keinen Mucks von der offiziellen Politik vernommen zu dieser Entwicklung. Und wenn man sich anschaut, dass die realen Einkommen der Arbeitnehmerinnen, der Pensionisten in diesem Land in den letzten Jahren nicht nur nicht gestiegen sind, sondern sie sind stagniert, beziehungsweise gesunken, und dann sind sie mit solche Preissteigerungen konfrontiert, die ihr reales Einkommen noch weiter abstürzen lässt, dann fragt man sich, wohin geht die Entwicklung, und darum sind wir der festen Überzeugung, dass es nicht nur notwendig ist, die öffentlichen Dienstleistungen als Aufgabe, als Verantwortung des Staates festzuschreiben, sondern auch sie als in irgendeiner Form als Grundrecht durch die einzelnen Personen einklagbar zu machen.

Zum Abschluss hätte ich ganz gerne noch einige ergänzende Anmerkungen gemacht, zu den Vertretern der Migrantinnen und Migranten in Österreich. Es wurden zwar Prozentzahlen genannt, die absoluten Zahlen sprechen sehr viel mehr: Es leben derzeit in Österreich laut letzter Volkszählung von den etwas mehr als acht Millionen Einwohnern über eine Millionen Menschen, die nicht in Österreich geboren wurden und das sind bitte nicht überwiegend die Kinder von Angehörigen des Diplomatischen Personals, sondern das sind tatsächlich üblicherweise Zuwanderer in Österreich. In dieser Zahl nicht inkludiert sind jene Kinder von Migrantinnen und Migranten, die bereits in Österreich geboren wurden.

 Allein die Arbeiterkammer vertritt österreichweit rund 300.000 Arbeitnehmer, die noch nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen. Was ist das besondere Problem dieser Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer? Ihre Arbeitslosigkeit ist annähernd doppelt so hoch, wie jene der inländischen, österreichischen Arbeitnehmer. Das ist einmal eines der größten Probleme. Und zum Zweiten sind sie natürlich besonders bedroht, durch Maßnahmen, wie überzogene Saisonierregelungen und dergleichen. Das heißt, die derzeitige Politik stellt sehr stark darauf ab, den Konkurrenzkampf bei jenen, die am wenigsten qualifiziert sind, die sich am Arbeitsmarkt am härtesten tun, anzuheizen. Ich glaube, auch da müsste man einen bestimmten Riegel einschieben und sich das sehr viel besser überlegen, was da geschieht. Aus meinem letzten Erfahrungshorizont, es ist auch die Rede von Familienzusammenführung, es geht auch um die Kinder, die nach Österreich kommen. – Ich bin sofort fertig.

Nur ein Beispiel. Wir hatten vor kurzem eine Berufs- und Bildungsinformationsmesse in der Wiener Arbeiterkammer. Es kam eine vierte Klasse Hauptschule aus Floridsdorf. 27 Kinder, vier davon waren des Deutschen mächtig, die anderen 23 sprachen etwa nicht eine Sprache, sondern acht verschiedene Sprachen. Und jetzt sind wir mit dem Problem konfrontiert, dass die Begleitlehrer und Begleitlehrerinnen fehlen. Es ist hier einiges zu tun, in Richtung positiver Diskriminierung. – Ich danke.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Ich bitte Herrn Professor Haller um seine Wortmeldung.

Dr. Herbert Haller: Wir haben heute viele Stellungnahmen gehört, die beeindruckend, ja geradezu bewegend waren. Trotzdem darf ich als Jurist sagen, einige davon haben Themen behandelt, die wir üblicherweise in den Bereich der einfachen Gesetzgebung, Aufgaben für den Gesetzgeber, ja zum Teil auch in einen menschengerechten Vollzug zuordnen würden.

Ich darf, ich habe das schon einmal getan, bitten, dass man nicht aus lauter Freude an einer möglichen neuen Verfassung, ein Misstrauen gegen den einfachen demokratischen Gesetzgeber kultiviert. Demokratie baut auf möglicherweise wechselnden Mehrheiten und diesen jeweiligen Mehrheiten im Parlament muss auch ein Gestaltungsspielraum verbleiben.

Die Stellungnahmen waren trotzdem in keiner Weise unpassend. Ich bin dankbar für sie, denn wenn die Verfassung das Grundlegende behandeln soll, müssen wir informiert sein. Was sind denn die grundlegenden Wertvorstellungen, Ideen, Bedürfnisse? Und unsere Aufgabe wird es sein, zu unterscheiden, was weisen wir in den Verfassungsrang und was bleibt dem einfachen Gesetzgeber.

Zu den Inhalten möchte ich zu zwei Begriffen etwas sagen. Ich hatte das Gefühl, dass bisweilen und ich überpointiere jetzt – ein Angriff gegen die Landesgesetzgebung stattgefunden hat. Wir wollen etwas Einheitliches, wir wollen es einheitlich. Warum denn? Weil es nicht in jedem Land gleich gut ist. Sehen wir es doch anders. Es gibt Länder, eines, mehrere, in denen es besser ist als in den anderen. Das kann Vorbildwirkung haben, das kann ein gutes Beispiel sein. Und wenn es wo schlecht ist, dann werden die anderen diesen Fehler nicht machen.

Es gibt Bereich, in denen es sachbezogen ist, landesgesetzlich zu regeln, weil hier die Nähe da ist, zu den Menschen, die die Regelungen tragen.

Ich möchte zum Begriff der Sachlichkeit noch etwas sagen. Es ist nicht jede Bevorzugung des Staatsbürgers eine Diskriminierung von Nichtstaatsbürgern. Das ist die falsche Sicht. Und es ist nicht jene Jugendförderung eine Diskriminierung der Alten. Es gibt eine Vielzahl von edlen, hehren Zielsetzungen. Ich kann mich, und das ist von der Arbeitsteilung her notwendig, für soziale Anliegen engagieren, für Umweltanliegen, für Jugendförderung, Altenbetreuung, den Rechtsstaat, der auch etwas kostet. Und wir dürfen der Politik nicht den moralischen Vorwurf machen, dass sie nicht alles optimal realisiert, weil die Ressourcen begrenzt sind.

Ich würde meinen, dass wir uns hüten müssen, moralische Verurteilungen auszusprechen, sondern es gibt zwischen diesen idealen Zielsetzungen Abwägungen, die sicherlich von Menschen unterschiedlich getroffen werden.

Und, wenn ich sagen darf, in einem christlichen Land wie diesem, es gibt diese eine Formulierung: Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst. Das heißt, dich selbst darfst du auch ein bisschen lieben. Wer dir der Nächste ist, ob das die Familie ist, ob das die Behinderten im Lande Oberösterreichs sind, ob das die Volksdeutschen sind, oder ob das ein verhungerndes, indisches Kind ist, das hast du selbst zu beurteilen und die eine und die andere Möglichkeit ist, nicht moralisch abzuwerten.

Ich glaube, dass man auch berechtigt ist, die Last der ganzen Welt auf seine Schulter laden zu wollen, weil man dann glücklich ist. Die Frage ist nur, ob eine Gesellschaft das längere Zeit aushalten kann und ob nicht doch eine gewisse Begrenzung, da oder dort, immer mitgedacht werden muss, wenn man verantwortlich politisch arbeitet. Da der Vorsitzende des Konvents dem Rechnungshof angehört, darf ich sagen, natürlich voll verantwortlich mit Mitteln umzugehen, dass wir mehr für alle diese edlen Ziele auch haben.

Ich möchte schließen. Ich war einmal Mitglied der Grundrechtskommission und wir waren nahe daran, ein soziales Grundrecht zu realisieren, nämlich in etwa, wer sich erlaubterweise in Österreich aufhält, dem ist auch der Unterhaltsrechtsanspruch zu gewähren. Es ist gescheitert, am notdürftigen, anständigen, ordentlichen Unterhalt. Darüber konnte man sich nicht einigen. Trotzdem darf ich bitten, wenn wir mit dem Recht utopische Ziele verfolgen, dann ist es richtig. Ein Recht, ohne Utopien, scheint mir nicht richtig. Es basiert ja auf Werthaltungen. Nur das Recht selbst darf nicht utopisch sein, in dem Sinn, dass wir Dinge normieren, versprechen und nicht halten können.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Ich erteile der Frau Abgeordneten Dr. Madeleine Petrovic das Wort. Bitte.

MMag. Dr. Madeleine Petrovic: Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!

Der Österreich-Konvent hat sich entschlossen, Hearings abzuhalten. Es geht eine lange Vorgeschichte voraus, über die Involvierung der Zivilgesellschaft der verschiedenen Institutionen, die verschiedene Anliegen und Aufgabenbereiche vertreten.

Ich persönlich hätte mir eine stärke Involvierung, auch in die Ausschüsse des Konvents gewünscht. Wir haben jetzt diese Form. Ich wende mich hier einmal mehr an das Präsidium und ich werde es auch mit unserem Präsidiumsmitglied, mit Eva Glawischnig, besprechen.

Ich bin überzeugt, dass die Ergebnisse dieser Hearings, keine völlige Unverbindlichkeit haben können, dürfen, sollen, sondern dass der Konvent sich damit auseinander zu setzen hat. Ich denke mir, der Konvent oder die Ausschüsse des Konvents brauchen nicht notwendigerweise alles befürworten, was hier vorgeschlagen wird. Es sind ja auch sehr unterschiedliche Dinge, aber eine Pflicht, sich damit auseinander zu setzen, die möchte ich gerne mitnehmen in die Ausschüsse.

Was ich persönlich für mich heute hier mitnehme, ist einmal mehr die Bedeutung der Bekämpfung von Armut und das Wissen, dass das nie so werden darf, dass man etwas gegen die armen Menschen tun darf, oder sie aus irgendwelchen Bereichen verbannen, aus den Augen, aus dem Blickfeld wegschicken darf, sondern dass eben die Armutsbekämpfung als solche im Mittelpunkt steht und dass Armut etwas Relatives ist, in unserer Gesellschaft etwas anderes als anderswo.

Und dass ein Kind, dass heute beispielsweise über Grundvoraussetzungen der Kommunikation, der Medien, nicht verfügt, auch sehr schnell arm sein kann. Und aus meinen Augen heißt die Antwort, im einfach gesetzlichen Bereich, Grundsicherung und im Verfassungsbereich, soziale Grundrechte. Ich höre auch schon dieses Wort so laut, dass ich glaube, dass der Konvent sich diesen sozialen Grundrechten als einem Recht auf Teilhabe nicht verschließen darf.

Und das heißt natürlich – hier komme ich weiter zu der Gruppe, ich mag das Wort Behinderte nicht, sondern ich denke, jeder und jede hat in irgend einer Form Vor- und Nachteile, starke und schwächere Seiten, und daher spreche ich lieber über individuelle Bedürfnisse. Auch hier ist es eben dringend notwendig, diese individuellen Bedürfnisse zu befriedigen. Das heißt für mich beispielsweise dann auch, auf der einfach gesetzlichen Ebene im Bereich des Pflegegeldes Anpassungen vorzunehmen oder vielleicht auch noch spezifischere Abstufungen hier einzuführen. Im Bereich der Verfassung heißt das für mich eine umfassende Antidiskriminierungsregelung, damit wir nicht in solche Situationen kommen, dass irgendjemand rechtfertigen muss, warum er eine bestimmte Form, eine bestimmte Art von Rollstuhl braucht oder nicht. Das sollte eine menschliche und auch rechtliche Selbstverständlichkeit sein.

Ich komme zu den Anliegen der Auslandsösterreicherinnen und Auslandsösterreicher. Ich finde es sehr schön und bemerkenswert, wenn Leute auch teilweise nach langer beruflicher Abwesenheit im Ausland, hier die Treue zu Österreich und das Interesse an den Vorgängen in Österreich und an der österreichischen innenpolitischen Situation beibehalten, ich gehe aber gerade in dem Punkt davon aus, dass es hier wirklich um reziproke Anliegen geht und ich habe das nie verstanden, warum es Menschen in diesem Lande gibt, die seit vielen, vielen Jahren, teilweise Jahrzehnten, Steuern zahlen, hier einer Erwerbstätigkeit nachgehen, Familie haben und nicht einmal auf der kommunalen Ebene wählen können. Selbstverständlich bin ich für eine Ausweitung des Demokratiegedankens und so wie das die Auslandsösterreicherinnen und die Auslandsösterreicher verlangen, so muss es wohl auch für die in Österreich anwesenden Migrantinnen und Migranten eine Selbstverständlichkeit sein.

Ich komme zu einem allerletzten ganz kurzen Punkt, der mir aber wichtig ist, zum Bereich der Minderheiten. Wie gesagt, die Grünen sind immer für eine umfassende Antidiskriminierung eingetreten, aber gerade im Bereich der ethnischen Minderheiten ist es mir schon sehr wichtig, ganz, ganz wichtig in Österreich zu betonen, hier im Lande und als Verfassungsprinzip haben wir eine Staatsnation, das heißt, es spielt keine Rolle, ob jemand als erste Sprache, als ursprüngliche Sprache Deutsch – ich sage schon fast lieber österreichisch – hat, oder eine andere Sprache. Das ist kein Kriterium des Österreicherinnentums, sondern das ist eine Eigenschaft unter vielen, die auf die meisten Leute hier im Land zutrifft. Und ich sage daher einmal mehr auch zu den Anliegen der Vertriebenenverbände, das Kriterium Deutsch oder nicht Deutsch kann und darf und soll in einer österreichischen Verfassung und in einem Schutzprinzip keine Rolle spielen und ich sage außerdem, dass ich von der Gewichtung der Anliegen her, da müssen wir einfach die österreichische Geschichte präsent halten und sagen, es gab eine Fülle von Rechtswidrigkeiten und Menschenrechtsverletzungen, aber der Ursprung, das Grundunrecht, das in diesem oder im abgelaufenen Jahrhundert gesetzt worden ist, das war der Holocaust, die Shoa. Das Andere waren teilweise auch gravierende Verletzungen, aber wir dürfen hier Ursache und Wirkung nicht verkehren und wir müssen es bei jedem dieser Schritte, die wir tun auch, unter Bedachtnahme auf diese historischen Wahrheiten vornehmen. – Danke.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke.

Als Nächster wird Herr Dr. Kurt Stürzenbecher um seine Wortmeldung gebeten.

Dr. Kurt Stürzenbecher: Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich glaube auch, dass es sehr wichtig war, dass Vertreter von Nichtregierungsorganisationen heute hier ihr Wort ergreifen konnten, und ich hoffe - und bin mir sicher, dass das für alle im Raum zutrifft, - dass das nicht als Alibiveranstaltung gedacht war, sondern dass das, was hier vorgebracht wurde, tatsächlich in die Ausarbeitung einer zukünftigen Verfassung einfließen wird. Denn wie eine Gesellschaft mit ihren Minderheiten umgeht, ist ein wesentlicher Gradmesser für die Qualität dieser Gesellschaft, für die Humanität, die dieser Gesellschaft innewohnt. Dieser Gedanke soll eine wesentliche Leitschnur auch für die Beratungen des Österreich-Konvents sein, sollte in einer neuen Bundesverfassung seinen Niederschlag finden. Dazu gehört insbesondere ein geeigneter Antidiskriminierungsschutz und deshalb sollte im Bereich der Gleichheitsrechte ein moderner Gleichheitsgrundsatz verankert werden, aber auch ein Diskriminierungsschutz, eine Antidiskriminierungsbestimmung. Die könnte in etwa lauten: „Diskriminierung, insbesondere wegen der Geburt, des Geschlechtes, der sexuellen Orientierung, der Rasse, der Hautfarbe, der genetischen Merkmale, einer Behinderung, des Alters, der ethnischen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, der Sprache, der Religion, der Weltanschauung, der politischen oder sonstigen Anschauung, des Vermögens oder der sozialen Stellung, sind verboten“. – Also eine durchaus umfassende Bestimmung.

Als zweites Schlaglicht möchte ich noch auf die Tatsache eingehen, die hier erwähnt wurde, nämlich dass Österreich ein Zuwanderungsland ist. Das bedeutet, dass bestmögliche Voraussetzungen für die Integration von Zuwanderinnen im Allgemeinen und für die politische Integration im Speziellen sollen geschaffen werden. Das heißt, in der Bundesverfassung sollte in diesem Sinn das kommunale Wahlrecht für Drittstaatsangehörige als Möglichkeit vorgesehen werden. Derzeit ist ja nach herrschender Auffassung ein Wahlrecht für Drittstaatsangehörige nur für die Bezirksvertretungen in Wien möglich und im Sinn eines Europa des 21. Jahrhunderts sollte das ausgeweitet werden. Auch hier bringe ich einen Vorschlag, wie es in etwa lauten könnte: „Mit Erreichung des Wahl- und Stimmalters sind berechtigt“ – jetzt nur für die Landes- und Gemeindeebene zähle ich auf – „Bürger und Bürgerinnen eines Landes und durch das Recht der Europäischen Union oder durch Gesetz gleichgestellte Menschen bei der Wahl des Landtages und bei der Teilnahme an Abstimmungen, Befragungen und Begehren des Landesvolkes; Bürger und Bürgerinnen einer Gemeinde und durch das Recht der Europäischen Union oder durch Gesetz gleichgestellte Menschen bei der Wahl des Gemeinderates und der BürgermeisterIn, sofern sie vom Gemeindevolk gewählt wird, sowie bei der Teilnahme an Abstimmungen, Befragungen und Begehren des Gemeindevolkes“. Nebenbei erwähnt, sollte hier auch noch hinzugefügt werden: „Jedenfalls wahl- und stimmberechtigt ist, wer am Tage der Stimmabgabe das 16. Lebensjahr vollendet hat“. In dem Sinne könnten die weiteren Beratungen geführt werden.

Als Drittes möchte ich noch anfügen: In einer neuen Verfassung sollte auch verankert werden, dass alle Menschen das Recht auf Wahrung und Pflege ihrer Sprache und kulturellen Identität haben sollen. Was die autochthonen Volksgruppen betrifft, sollte das Schutzniveau, der Auftrag zur Förderung natürlich nicht hinter jenes der gegebenen Verfassungsrechtslage zurückfallen, zum Beispiel Artikel 8 Absatz 2 B-VG, Staatsvertrag von Saint-Germain, Staatsvertrag von Wien, sondern es sollte das Niveau entsprechend den Gegebenheiten und Erfordernissen des 21. Jahrhunderts ausgebaut werden.

Da mein Licht schon leuchtet, kann ich nicht auf einzelne Wortmeldungen eingehen. Ich würde nur die Wortmeldung eines Vorredners nicht ganz unkommentiert lassen: wir sollten uns einig darüber sein, dass selbstverständlich in einem Europa des 21. Jahrhunderts für die Durchsetzung von Rechten aller Art, auch der Rechte von Minderheiten, ausschließlich gewaltlose, friedliche und legitime Mittel zulässig sein sollten. Das sollte eine Selbstverständlichkeit sein.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke.

Ich bitte Herrn Dr. Ewald Wiederin um seine Wortmeldung.

Dr. Ewald Wiederin: Sehr geehrte Damen und Herren!

Auch ich kann selbstverständlich nicht alle Punkte ansprechen, ich will aber versuchen, einige mir wichtig erscheinenden Aspekte aufzugreifen.

Ein erstes Stichwort ist Armut. Österreich ist ein hoch differenzierter Sozialstaat, aber die Vertreter der Armutskonferenz haben uns heute wieder in Erinnerung gerufen, dass Armut ein Phänomen ist, das tatsächlich existiert, und sie haben uns in Erinnerung gerufen, dass das österreichische Verfassungsrecht in diesem Punkt einen blinden Fleck hat. In einer rechtsvergleichenden Studie ist Franz Merli zum Ergebnis gekommen, dass europaweit Österreich der einzige Staat ist, dessen Verfassung es nicht verbietet, seine Bürger verhungern zu lassen. Von diesem Zustand – glaube ich – sollten wir weg kommen. Als Mittel bieten sich auf der einen Seite ein Staatsziel, auf der anderen Seite soziale Grundrechte an. Die Vertreter der Zivilgesellschaft waren sich in dem Punkt nicht einig. Ich habe gemeint, aus ihren Wortmeldungen überwiegend eine Präferenz für soziale Grundrechte herauszuhören, und ich möchte nachdrücklich eine Lanze für diese Lösung brechen.

Sozialstaat – auch dieser Konnex ist mehrfach hergestellt worden – hat viel mit Menschwürde zu tun. Man kann den Sozialstaat vielleicht sogar als Staat definieren, der es allen Bürgerinnen und Bürgern, wenn nicht allen Einwohnern, ermöglicht, in Würde zu leben. Und zu dieser Würde gehört auch, dass man nicht betteln muss, dass man Ansprüche hat, die gegen den Staat durchsetzbar sind. Aus diesem Grunde zeigt sich gerade bei sozialen Grundrechten, was uns die Menschenwürde wert ist. Ich unterstütze daher die Forderung, in die Verfassung ein Grundrecht auf ein Leben in Würde aufzunehmen, das im Kern einen Leistungsanspruch auf das Existenzminimum beinhaltet.

Ein zweiter Punkt hängt damit eng zusammen. Wir müssen zum einen verhindern, dass die Leute in den Keller fallen. Wir dürfen aber zum anderen die soziale Durchlässigkeit, d.h. die Aufzüge nicht vergessen. Damit bin ich beim Stichwort „Bildung“. Auch in diesem Bereich können wir es durchaus wagen, in der neuen Verfassung Leistungsansprüche zu verankern. Denkbar ist insbesondere ein Anspruch auf unentgeltliche Grundversorgung im Schulbereich. Das impliziert gewiss ein öffentliches Schulwesen; es bedeutet allerdings in keiner Weise, dass der Staat alle Angebote selbst erbringen muss. Die Vertreter der Behindertenorganisationen haben zu Recht darauf hingewiesen, dass es eine Option darstellt, den Betroffenen die nötigen finanziellen Mittel in die Hand zu geben, um sie auf diese Art und Weise in die Lage zu versetzen, eigenverantwortlich zwischen verschiedenen qualitätsvollen Angeboten auszuwählen.

Beim Stichwort „Behinderung“ glaube ich, dass wir Behindertenrecht nicht den sozialen Grundrechten zuordnen, sondern sie als Gleichheitsrechte ausgestalten sollten. Es geht darum, die Betroffenen in die Lage zu versetzen, trotz eines Handicaps und mit einem Handicap gleichberechtigt zu leben. Der Weg über ein Staatziel Behindertengleichbehandlung, den die geltende Verfassung einschlägt, ist in meinen Augen der falsche Weg. Wir sollten uns dazu durchringen, in der Verfassung einen Anspruch Behinderter auf tatsächliche Gleichstellung zu verankern. Letztlich ist das nichts anderes als ein Recht, vom Staat nicht behindert zu werden, weder rechtlich noch faktisch. Wenn aber Behinderte einen einklagbaren Anspruch auf tatsächliche Gleichstellung haben, dann wird die Kompetenzfrage zu einer Frage von sekundärer Bedeutung. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass sich in dem Moment, in dem eine Kompetenz auf den Bund übertragen wird, automatisch auch das Niveau der Regelungen zum Besseren wenden muss. Behindertenschutz ist derzeit eine Querschnittsmaterie, und ich bin der Überzeugung, dass diese Einordnung sachgerecht ist. Benachteiligungen aufgrund einer Behinderung kann nur jener Gesetzgeber abstellen, der zur Regelung der Materie kompetent ist. An einem Beispiel illustriert: Ich kann mir nicht vorstellen, wie der Bundesgesetzgeber die Barrierefreiheit baulicher Anlagen sinnvoll durchsetzen soll, wenn er nicht auch über die Baurechtskompetenz verfügt.

Eine letzte Bemerkung: Grundrechte sind als Staatsbürgerrechte oder als Menschenrechte gestaltbar. Wir sollten die Linie verfolgen, den Menschenrechten den Vorzug geben, wo immer es möglich ist. Das gilt nicht nur für die Gleichheit, das gilt auch für die Erwerbstätigkeit und für die Versammlungs- und Vereinsfreiheit. Staatsbürgerrechte kann man im Zusammenhang mit politischen Grundrechten im engeren Sinn diskutieren. Auch dort sollte aber die Beschränkung auf Staatsbürger kein Dogma sein. Vielen Dank.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Ich bitte Herrn Professor Dr. Funk um seine Ausführungen.

Dr. Bernd-Christian Funk: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!

Wenn soziale Systeme gefordert sind - Verfassungen sind Teilsysteme sozialer Systeme - gibt es zwei typische Reaktionsmuster. Entweder schließen sie sich ab und ziehen Grenzen oder aber sie öffnen sich und lösen Grenzen auf. Ich halte die zweite Reaktion für die Bessere und möchte eine Lanze für Offenheit und für eine Berücksichtigung all dessen brechen, was heute hier gesagt wurde. So weit es um Grundrechte geht, werde ich mich dafür einsetzen, dass nichts von dem verloren geht, was hier vorgeschlagen wurde. A priori ist alles gleichermaßen beachtenswert. Eine Zensur wäre nicht angebracht. Nicht alles wird umsetzbar, wohl aber wird über alles zu sprechen sein.

Konkret zu einigen Punkten:

Zu sozialen Grundrechte und Staatszielbestimmungen: Ich trete für die Aufnahme sozialer Grundrechte in die Verfassung ein. Ich halte die Zeit für gekommen, ja für überreif, um solche Grundrechte in die Verfassung aufzunehmen. Soziale Grundrechte sind nicht gegen Staatszielbestimmungen abzutauschen. Beide haben ihren guten Sinn.

Nächster Punkt: Diskriminierungsverbote. Wenn sie mit Aufzählungen verpönter Arten von Benachteiligungen versehen werden, so führt das zu keinem allgemeinen Schutz vor Diskriminierungen. Es gibt Diskriminierungen, die wir noch gar nicht kennen, die vielleicht in Zukunft auftreten. Aufzählungen bei Diskriminierungsverboten sollten demonstrativ sein, um eine angemessene Reaktion auf geänderte gesellschaftliche Problemlagen zu ermöglichen.

Das Anliegen des Diskriminierungsschutzes betrifft drei Ebenen. Die eine ist die gesetzliche Ebene. Sie lässt sich relativ gut mit verfassungsrechtlichen Vorkehrungen ansteuern. Eine andere Ebene ist die der Vollziehung. Auch hier gibt es bewährte rechtliche Strategien, um Diskriminierungen entgegenzuwirken. Die dritte Ebene ist jene, auf die es ankommt; sie ist zugleich jene, die am schwierigsten zu erfassen ist. Es ist der Bereich der gesellschaftlichen Diskriminierungen. Eine Kombination von  sozialen Grundrechten und Staatszielbestimmungen könnte die Integrationsfunktion und die Orientierungsfunktion der Verfassung unterstreichen und mit rechtlichen Mitteln langfristig dazu beitragen, dass gesellschaftliche Diskriminierungen abgebaut werden.

Mit einer „schlanken Verfassung“ ist nicht zu rechnen. Wir gehen auf eine große Reform zu. Eine Verfassung, die sich mit wenigen Artikeln begnügt, könnte die angestrebte Reform nicht transportieren. Der ökonomisch motivierten Forderung nach möglichst wenig Text sollte in diesem Zusammenhang kein Vorrang eingeräumt werden.

Mein strategischer Vorschlag richtet sich gegen eine Haltung des Eingrenzens und Verengens. Man sollte nicht aufzählen, was alles nicht gehen wird, sondern konstruktiv fragen, was sich mit welchen Mitteln verwirklichen lässt. Danke.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Als nächster am Wort ist Herr Dozent Dr. Peter Bußjäger. Bitte.

Dr. Peter Bußjäger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Wir haben heute von den Vertretern der Behindertenorganisationen immer wieder den Wunsch nach einheitlichen Regelungen gehört und dieser Wunsch ist aus der föderalistischen Sicht ernst zu nehmen.

Ich glaube, was hier artikuliert wurde, das sind berechtigte Anliegen. Auf der anderen Seite muss man vor den Ergebnissen warnen, die ein allzu blindes Vertrauen in die Leistungsfähigkeit einheitlicher Regelungen schaffen könnte. Sie gehen im Regelfall mit dem Verlust von Innovationen und Gestaltungsspielräumen auf dezentralen Ebenen einher. Und ich bezweifle, ob auf der Bundesebene jener Gestaltungswille und jene Gestaltungsfähigkeit vorhanden ist, die in den Untergliederungen oft anzutreffen ist. Aber vermutlich wollen das die Vertreter der Behindertenorganisationen auch nicht. Zumindest habe ich das verschiedentlich rausgehört, dass natürlich keine Einebnung auf einem Mittelmaß erfolgen soll, sondern doch eine Anhebung der Standards und hier bezweifle ich, ob man den Weg der bundeseinheitlichen Regelung gehen soll oder ob man nicht andere Prinzipien einführen soll. Die Überlegung der gegenseitigen Anerkennung, die Einführung von Prinzipien, die letztlich auf ein Untermaßverbot hinauslaufen oder ein richtig verstandenes Sachlichkeitsgebot, das darauf hinausläuft, dass die Landesregelungen keine unsachlichen Differenzierungen vornehmen können in der Gesamtbetrachtung. Hier glaube ich, könnte man durchaus weiter gelangen als bei blinder Harmonisierung.

Ich glaube daher, dass die bloße Forderung nach einer einheitlichen Regelung das Problem noch lange nicht löst. Die Einheitlichkeit, die vermeidet die Differenzierung. Aber die Differenzierung kann mit unterauch Fortschritt sein. Und ich würde um den Fortschritt fürchten bei bloßen Vereinheitlichungen. Daher wäre ich mit diesen Forderungen äußerst vorsichtig. Danke.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Mit dem Diskussionsbeitrag von Dr. Bußjäger haben wir Anhörung und Diskussion zu den Bereichen des Sozialen, der Minderheiten und der Menschen mit Behinderungen abgeschlossen. Der Ordnung halber möchte ich Ihnen auch mitteilen, dass selbstverständlich im Präsidium beschlossen ist, dass alle Wortmeldungen, so sie schriftlich vorliegen oder so sie dann im Protokoll vorliegen, den Ausschüssen zugeleitet werden. Es ist auch mit den Ausschussvorsitzenden Damen und Herren so vereinbart, dass sie sie in ihre Beratungen mit einbeziehen. Ich bedanke mich bei den Organisationen sehr herzlich, dass sie zum Hearing gekommen sind. Danke für ihre Beiträge.

Wir gehen nun weiter im Hearing mit den Bereichen Umwelt und Sport. Wir beginnen mit der Umwelt und ich darf Herrn Mag. Herbert Schaupp vom ÖKO-Büro um seinen Beitrag bitten.

Mag. Herbert Schaupp: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mitglieder des Verfassungskonvents!

Ich darf mich im Namen des ÖKO-Büros, der Koordinationsstelle österreichischer Umweltorganisationen bedanken für die Möglichkeit, Ihnen hier unsere Anliegen zu Gehör zu bringen.

Ich werde versuchen, den Bogen zu spannen vom Programm des Vormittages und da sind einige Begriffe gefallen, die mich zu meinen Beitrag bringen, den ich für den WWF Österreich jetzt darlegen werden. Es ging um Schutzziele. Es ging um Kompetenzverteilung, Bund, Länder. Und das ist genau der Punkt, den ich ansprechen möchte. In meinem Beitrag geht es um den Naturschutz. Und so gesehen ist der Naturschutz in diesen Diskussionen ein Dauerbrenner. Der Naturschutz wird, glaube ich, in einem Atemzug genannt mit der Bauordnung, wenn es darum geht, um Kompetenzen zwischen Bund und Ländern.

Warum der Naturschutz? Wie sieht die Lage aus? Ich möchte nur kurz zitieren den OECD-Bericht, der vor kurzem veröffentlicht wurde, der OECD-Umweltbericht für Österreich. Und darin heißt es, sämtliche heimische Amphibien und die meisten heimischen Reptilien sind bedroht. Die zahlreichen Schutzgebiete in Österreich bilden noch kein zusammenhängendes Netz von Schutzgebieten mit Migrationskorridoren. Das heißt, es ist im Naturschutz trotz vieler Anstrengungen nach wie vor sehr viel zu tun und dabei stoßen wir immer auf ein Problem der Kompetenzzersplitterung.

Nehmen wir Tiere her wie zum Beispiel den Bären, den Luchs, den Wolf. Nehmen wir Vögel, Greifvögel et cetera, et cetera. Diese Tiere haben sozusagen keine Staatsbürgerschaft. Diese Tiere sind auch keine Angehörigen eines Bundeslandes. Sie fliegen über die Grenzen. Sie wandern über die Grenzen und was passiert dabei? Das beste Beispiel dafür sehen Sie hinter mir, das österreichische Staatswappen. Das ist nämlich biologisch gesehen der Seeadler. Und wenn wir uns ansehen, wie geht es dem Seeadler rein rechtlich gesehen in Österreich ? Zwei Beispiele: In Oberösterreich steht er unter Naturschutz. Kaum fliegt er über die Grenze nach Niederösterreich, ist er jagdbares Wild, wenn auch ganzjährig geschont.

Sie sehen also, da gibt es ziemliche Unterschiede, wo man sich manchmal fragt, ist das logisch? Macht das Sinn? Es geht aber noch weiter, wenn ich sozusagen auf den linken Hintergrund gezeigt habe, auf die österreichische Fahne, blicke ich jetzt auf die rechte, nämlich die Fahne der Europäische Union. Wie sieht es da aus? Die Europäische Union hat zum Zwecke des Naturschutzes zwei Richtlinien, das ist die Vogelschutzrichtlinie und die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie. Diese Richtlinien sehen vor, dass bestimmte Schutzgebiete ausgewiesen werden und Managementprogramme vor allem für die bedrohten Tierarten und auch Lebensräume umgesetzt werden.

Wie sieht das jetzt aus mit der Umsetzung in Österreich? Zwei europäische Richtlinien und in Österreich: Neun Naturschutzgesetze, neun Jagdgesetze und neun Fischereigesetze, also in 27 Gesetzen, Landesgesetzen insgesamt müssen zwei europäische Richtlinien umgesetzt werden. Wir haben diesen Prozess verfolgt vom WWF über die letzten Jahre. Er ist noch bei weitem nicht abgeschlossen. Und ich sage Ihnen aus der Sicht einer Naturschutzorganisation, es ist ein Alptraum, wenn es darum geht, einheitliche und qualitätsvolle Schutzziele in Österreich umzusetzen. Wir haben in allen Ländern unterschiedliche Schutzkategorien, unterschiedliche Zielsetzungen, unterschiedliche Umsetzungen, unterschiedliche Herangehensweisen. Und so ist es auch nicht erstaunlich, dass bisher mehr als zwei Dutzend Vertragsverletzungsverfahren mit der EU in diesem Bereich angelaufen sind. Weiters wirkt sich das auch aus bei der Umsetzung anderer internationaler Abkommen aus. Ich habe schon den Bären angesprochen. Ein Tier, das zu uns gekommen ist aus Kroatien, aus Slowenien bis hin in das Ötschergebiet. Der bekannte Ötscherbär. Und für diese Art von Tieren gibt es eine Konvention, die Bonner Konvention zum Schutz der wandernden Arten. Diese Konvention ist 1983 in Kraft getreten. Wir sind gerade wieder in einer heftigen Phase der Diskussion mit den Bundesländern in Österreich zwecks Umsetzung. Ich sehe sie auch schon am Horizont, aber ob es wirklich passieren wird, ich glaube es erst dann, wenn sie wirklich unterzeichnet und auch umgesetzt werden wird.

Abschließend möchte ich noch einen Verweis machen zur aktuellen Politik. Wie Sie sicherlich wissen, wird ein Bundestierschutzgesetz diskutiert und daher die folgende Empfehlung an die Mitglieder des Verfassungskonvents,  an Sie. Ich bin noch immer zuversichtlich, dass es einen Bundestierschutz geben wird. Aber schaffen wir keine zwei Klassen von Tieren. Die wild lebenden Tiere dürfen nicht Tiere zweiter Klasse bleiben in Österreich und daher eben die Empfehlung vor allem an den Ausschuss 5 des Verfassungskonvents „Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden,“ die Schaffung eines Bundesgesetzes für Naturschutz zu ermöglichen. Dieses Bundesgesetz sollte auch die Nationalparke beinhalten. Danke sehr.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke. Als nächsten bitte ich Herrn Dipl. Ing. Martin Blum um seine Ausführungen. Ebenfalls Ökobereich.

Dipl.-Ing. Martin Blum: Sehr geehrte Damen und Herren!

Ich trete hier für das Ökobüro auf, bin vom VCÖ, vom Verkehrsclub Österreich. Verkehr ist derzeit ein Dauerthema. Man denke nur an die Lkw-Problematik, an die ÖBB-Reform, den Punkteführerschein oder das Lkw-Road-Pricing.

In meinem kurzen Statement möchte ich nun zwei Bereiche herausgreifen, deren Neuordnung im Rahmen des Österreichkonvents besonders wichtig wäre, um eine Mobilität für die Zukunft zu schaffen, die sozial gerecht, ökologisch verträglich und ökonomisch effizient ist. Es ist erforderlich, das ungebremste Lkw-Wachstum und Wachstum des Pkw-Verkehrs einzubremsen. Ein Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Raumordnung. Seit 1925 enthält die österreichische Bundesverfassung keinen eigenen Kompetenztatbestand Raumordnung mehr. Sie gehört damit zu den bedeutenden Landeskompetenzen. Im internationalen Vergleich ist dies überaus selten. Es gibt in den meisten Nationalstaaten zumindest eine Rahmengesetzgebung für die Raumordnung. Seit dem Jahr 1925 haben sich aber grundlegende Rahmenbedingungen verändert. So hat sich beispielsweise die durchschnittliche Wegelänge jedes Österreichers oder jeder Österreicherin im Jahr 1950 von 8km täglich auf heute 30 bis 40km erhöht. Das heißt, es gäbe großen Änderungsbedarf. Gemeinden- und Landesgrenzen werden täglich überschritten, die aktuelle Raumordnung trägt dem wenig Rechnung, denn oft werden Dinge auf Gemeindeebene entschieden mit Reichweiten weit über Gemeinde- oder Landesebene hinaus.

Der VCÖ schlägt deshalb ein Bundesraumordnungsgesetz vor. Es sollte eine Rahmengesetzgebung im Rahmen eines Bundesraumordnungsgesetz geben. Der Rahmen für Länder und Gemeinden soll damit vorgegeben werden. Besonders zu empfehlen wäre hier das in den Neunzigerjahren entwickelte so genannte ABC System der Niederlande. Hier wurde speziell auf verkehrssparende Raumordnung Rücksicht genommen.

Einen weiteren Aspekt bei der Raumordnung gibt es noch und zwar die europäische Dimension. Die Raumordnung gewinnt auf europäischer Ebene immer mehr an Bedeutung, das heißt, Österreich vergibt hier Chancen der Mitgestaltung, wenn hier die nötigen Strukturen und Ansprechpartner fehlen. Auch deswegen ist eine Bundeszuständigkeit für Raumordnung dringend notwendig.

Der zweite Vorschlag betrifft das Gebiet der Finanzverfassung. Aktuell wird bereits in Österreich jeder vierte Euro für den Verkehr ausgegeben. 25 Prozent des Bruttoinlandsproduktes gehen in den Verkehr. Der Verkehrsbereich und vor allem der Straßenverkehrsbereich ist ein hoch subventionierter Bereich, weit über 10 Milliarden € an Subventionen fließen jährlich in den Verkehr. Nicht sehr effizient, denn die Subventionen führen zu einer höheren Nutzung des Straßenverkehrs als ökonomisch effizient wäre.

Wir schlagen daher vor, dass zukünftig Subventionen und Förderungen besser kontrolliert und analysiert werden sollen im Rahmen einer Subventionskontrolle. Dies soll nun nicht zur Einschränkung des politischen Handlungsspielraumes führen oder gar zu einer Kürzung der Subventionen nach der Rasenmähermethode. Es soll vielmehr dazu führen, dass Subventionen effizienter eingesetzt werden und eine Unterstützung für die politischen Entscheidungsträger bieten.

Beispielsweise in Dänemark wurde hier entsprechend eine Subventionsbehörde bereits eingeführt.

Zur Finanzverfassung gibt es nur noch zu sagen, dass auch aus Sicht des Verkehrsbereiches hier eine Zusammenführung von Ausgaben- und Einnahmenverantwortung dringend notwendig wäre. Ein Beispiel, das in den letzten Wochen und Monaten auch öfters in den Medien war, ist die Wohnbauförderung. Eine Einnahmenverantwortung beim Bund und Ausgabenverantwortung beim Land führt in vielen Fällen zu Ineffizienz. Hier wäre sicher auch sinnvoll - dort, wo möglich - die Einnahmenverantwortung auch in die Zuständigkeit der Länder zu übergeben.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke. Ich bitte Herrn Mag. Erwin Mayer um seine Wortmeldung.

Mag. Erwin Mayer: Grüß Gott meine Damen und Herren!

Mein Name ist Erwin Mayer von Greenpeace und ich habe heute zwei Anliegen, die sehr eng miteinander verbunden sind. Das Erste ist die Antiatompolitik. Wir haben vor kurzem die 25 Jahre Zwentendorf gefeiert und da waren wir alle ganz stolz, wie wir nicht antiatomar in Österreich sind, und es ist heute ungefragt, dass Österreich weiter diesen Kurs gehen soll. Was hat diese Volksabstimmung vor 25 Jahren für Folgen gehabt? Wir haben unmittelbar darauf ein Atomsperrgesetz gehabt - 1978 - und wir haben heute und jetzt ein Bundesverfassungsgesetz aus 1999, das atomfreie Österreich. Das schreibt uns vor, dass wir keine Atomanlagen haben sollen bis hin zu Atomwaffenverbot, Durchfuhr von atomaren Material et cetera. Das ist alles sehr gut und lobenswert, nur wir wissen auch, dass sozusagen hier Österreich nicht isoliert ist. Wir wissen, dass es grenznahe AKW  gibt, wir wissen auch, dass weiter entfernte AKW  - Tschernobyl war über 2000 km entfernt - Auswirkungen auf Österreich haben und wir wissen, dass es in Europa, jetzt nachdem die Generation der ersten Generatoren von AKWs zunehmend am Schließen sind, zahlreiche Pläne gibt, neue Reaktoren zu bauen. Finnland baut gerade, Frankreich hat Pläne, Tschechien ist gerade vollendet – Temelin – und hat weitere Pläne. Der Punkt ist: All das ist grenzübergreifend und es kann nicht sein, dass wir sozusagen hier mit Österreich alleine zufrieden sind. Wir müssen nach Europa wirken.

Der zweite Punkt, der seither passiert ist in diesen 25 Jahren, ist, dass Österreich ja bewusst der EU beigetreten ist mit den zentralen Argumenten: 1994 dürfen wir nicht draußen stehen, wir müssen drinnen sein, um mitreden zu können, um von innen zu gestalten und nicht nur von außen das Ganze zu beobachten. Jetzt sind wir EU- Mitglied und sind in allen relevanten Gremien, von Räten bis Parlament, vertreten.

Ein drittes Phänomen, das sich in den letzten 25 Jahren ereignet hat, ist, dass eine ursprüngliche reine Wirtschaftsgemeinschaft der EU zunehmend zu einer politischen Gemeinschaft wird - trotz des gestrigen Scheiterns -, aber wenn man das längerfristig betrachtet, ist es nur ein kleiner Schritt und das hat auch dazu geführt, dass Kompetenzen auch im Energiebereich zunehmend nach Brüssel wandern. Es ist immer weniger eine nationale Angelegenheit, welchen primären Energieträger Sie einsetzen, wie viel Subventionen Sie geben et cetera. Es werden immer mehr von Brüssel Rahmenbedingungen, von Richtlinien vorgegeben, ob sich Atomenergie rechnet oder nicht.

Und all das hat uns dazu geführt zu überlegen, wie können wir diese Antiatomhaltung Österreichs nach Brüssel tragen, wenn es eben in Österreich alleine nicht mehr ausreicht. Wir können es nach Brüssel tragen, indem die österreichischen Vertreter in den europäischen Gremien eine konsequente Antiatompolitik verfolgen. Jetzt kann man die freien Mandatare im Eu Parlament natürlich nicht binden, aber es gibt auch Regierungsmitglieder, das sind Exekutivorgane und die können wir mit einem konkreten Handlungsauftrag nach Brüssel schicken. Unsere Idee ist eben genau das in der Verfassung zu verankern, dass dieses Bundesverfassungsgesetz 1999, atomfreies Österreich, erweitert wird auf ein atomfreies Europa und das heißt nichts anderes, dass es einerseits eine Zielbestimmung gibt, dass Österreich sich zum atomfreien Europa bekennt, aber wünschen alleine ist hier zu wenig. Das ist uns sehr bewusst, sondern wenn man es ernst meint, muss es auch hier zu einer generellen Ministerbindung kommen. Das heißt, alle österreichischen Minister, die in dem relevanten Bereich in Europa aktiv sind, das heißt, in den Fachministerräten, sollten für ein atomfreies Europa eintreten. Das heißt Initiativenstaaten, das heißt aber natürlich auch, proatomare Bestimmungen, dann, wenn sie einstimmig sind, mit Veto aufhalten oder jedenfalls dagegen stimmen. Wir glauben, dass wir, wenn wir das erste Land in Europa sind, hier wirklich eine Vorbildwirkung ausüben können und dass die anderen Antiatomstaaten, die ja eine Mehrheit bilden auch nach dem Beitritt, auch innerhalb der 25, dass die diese Initiative von Österreich brauchen.

Wir knüpfen dabei an an die Ministerbindung, die es bereits gibt im §23E, die Ministerbindung Hauptausschuss im Einzelfall gibt es schon, was ein Minister in Brüssel sagen soll, und wir sehen nicht ein - und alle Argumentationen, die wir in den letzten Monaten gehört haben, erklären nicht -, warum eine Einzelbindung Sinn macht und eine generelle Bindung von Ministern nach Brüssel keinen Sinn macht. Das zum atomfreien Österreich.

Jetzt zu dem zweiten Punkt – direkte Demokratie. Sie werden sich vielleicht fragen, wieso beschäftigt sich ein [TONAUSFALL] mit direkter Demokratie. Ich hoffe, das ist jetzt kein Störfall in irgend einem Kraftwerk, sondern nur die Redezeit. Nein, warum beschäftigen wir uns damit? Umweltschutzanliegen, Tierschutzanliegen, Gentechnik, etc. waren immer wieder Anliegen von Volksbegehren. In der Schweiz hat es eine Untersuchung gegeben, dass ungefähr jede dritte Initiative, jede dritte Abstimmung aus diesem Bereich kommt, und wenn wir uns bisher diese 30 Volksbegehren in Österreich anschauen, dann ist nur eine Minderheit davon umgesetzt worden, je nachdem, was man als Umsetzen bezeichnet, kommt man mit gutem Willen auf zwei, drei, maximal vier Volksbegehren, die unmittelbar legistische Auswirkungen gehabt haben, im Sinne der Initiatoren. Die restlichen wurden behandelt im Parlament, was so viel heißt, wie schubladiert und abgelehnt. Und nicht immer kann man aber zwingend davon ausgehen, dass das Minderheitenmeinungen waren; das mag sehr oft der Fall gewesen sein, dass Volksbegehren auch Minderheitenmeinungen ausdrücken, aber man weiß es nicht. Unser Volksbegehren zum Beispiel: Atomfreies Österreich, laut Umfragen will die Mehrheit das, jetzt können Sie zu Recht sagen – eh schon wissen. Umfragen, Umfragen sagen alles und nichts, je nach Auftraggeber und nach dem Wording. Aber es gibt ja keine objektive Methode festzustellen bislang, ob eine Initiative tatsächlich dem Mehrheitswillen der Österreich entspricht oder nicht. Amtlich kann man es nur machen mit einer Volksbefragung oder mit einer Volksabstimmung, dann weiß man es. Dann hat man eine Ja-Nein-Gewichtung, sonst sind alle Spekulationen von Ja-Stimmen auf die Grundgesamtheit zu schließen, müßig. Und deswegen treten wir dafür ein, dass ab 100.000 Unterschriften eines Volksbegehrens ähnlich dem Schweizer Modell es zwingend zu einer Volksabstimmung kommen kann. Wir meinen, dass ein Volksbegehren das Recht hat, eben genau diese Feststellung von Ja-Nein-Stimmen zu bekommen und der Mehrheitswille soll entscheiden. Da verlangen wir natürlich jetzt relativ viel vom repräsentativem System. Letztendlich erinnert mich das an die gestrige Debatte, da hat man auch von europäischen Staatschefs verlangt, sie sollen Souveränität untereinander abgeben, sie sind ja dann weniger souverän und sie sollen Souveränität abgeben und Macht abgeben an das Europäische Parlament. Die, die beschließen, müssen sich selbst in ihrer Macht und Souveränität reduzieren. Das ist viel verlangt, passiert sehr selten, aber es kann passieren und es muss passieren; und deswegen meinen wir, im Konfliktfall, wenn es hier zu einer Volksabstimmung nach einem Volksbegehren mit diesem Quantum von Unterschriften kommt, soll es auch eine repräsentativstaatliche Entscheidung overrulen können. Dann heißt, dann zählt die Volksabstimmung und nicht mehr die einfache Mehrheit im Parlament. Dafür treten wir ein und wir glauben auch, dass das Österreich sozusagen grüner machen würde, ökologischer machen würde, weil wir den Eindruck haben, dass viele Anliegen, von der Mehrheit von uns eingebracht, von der Mehrheit bereits getragen werden, nicht immer und dass man hier eben Österreich auch punkto Verbindung der Politik mit dem Bürger weiterbringen kann. Das heißt diese Politikverdrossenheit würde dadurch massiv abgebaut werden. Danke.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke. Bitte Herrn Thorben Becker um seine Wortmeldung.

Thorben Becker: Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich bin jetzt der vierte Vertreter des Ökobüros. Ich arbeite als Umweltjurist bei Global 2000 und wir haben uns in letzter Zeit intensiv mit dem Verfassungsprozess, dem jetzt ins Stocken geratenen Verfassungsprozess auf europäischer Ebene befasst. Schwerpunkt meines kurzen Statements ist der grundlegende Teil der Verfassung, also Grundrecht, Ziele, Verfassungsaufträge aus Sicht der Umwelt.

Eine neue Verfassung für Österreich bietet die große Chance, den Umweltschutz und das Prinzip der Nachhaltigkeit im Verfassungsrang zu stärken. Dies betrifft besonders die Verankerung und die Position des Umweltschutzes in den grundlegenden Vorschriften der Verfassung. Aus unserer Sicht geht es zum einen selbstverständlich darum, dass all die bestehenden wichtigen Vorschriften zum Umweltschutz im Verfassungsrang, insbesondere das Bundes-Verfassungsgesetz „atomfreies Österreich“, vollinhaltlich in die neue Verfassung übernommen werden und in ihrer Wirkung erhalten bleiben. Eine neue schlankere Verfassung darf auf keinen Fall weniger Umweltschutz bedeuten. Vor allem aber muss die Überarbeitung der Verfassung genutzt werden, um die Stellung des Umweltschutzes in der Verfassung zu stärken und wichtige neue Regelungen in die Verfassung einzuführen.

Wenn man sich jetzt die bisherigen Ergebnisse der Diskussion um eine neue europäische Verfassung ansieht, die für den Umweltschutz im Wesentlichen die Fortschreibung des Status quo ist, dann bietet sich für Österreich die große Chance, eine wesentlich fortschrittlichere Verfassung zu beschließen. Dadurch würde Österreich auf der Ebene der Verfassung seiner selbst gewählten Rolle als Umweltmusterland Europas gerecht werden. Ein ganz entscheidender Fortschritt für die Umweltpolitik ist die Verankerung des Umweltschutzes als Grundrecht in der Verfassung. Wir fordern ein Grundrecht auf saubere und gesunde Umwelt. Nur diese Stellung wird der Bedeutung des Umweltschutzes im Sinne einer ökologisch nachhaltigen Entwicklung gerecht. Moderne Verfassungen, wie etwa die Verfassung Südafrikas, kennen ein derartiges Recht, in Europa dagegen könnte Österreich mit der Einführung dieses Grundrechts Vorreiter sein.

Als Folge des Grundrechts auf saubere und gesunde Umwelt muss der Umweltschutz bei dem Erlassen der Auslegung von Gesetzen und Verordnungen zwingend berücksichtigt werden. Außerdem ist ein Grundrecht einklagbar und auch gegen die konkreten Handlungen des Staates durchsetzbar. Dies hebt ein Grundrecht von in erster Linie deklaratorischen Zielen oder Grundprinzipien der Verfassung ab. Entscheidend für die Wirksamkeit des Grundrechts ist die Durchsetzbarkeit, also die Einklagbarkeit. Neben dem Klagerecht von einzelnen betroffenen Personen muss auch Umweltschutzorganisation die Parteistellung ermöglicht werden, damit bekommen die Umwelt-NGO’s eine wichtige Kontroll- und Einflussnahmemöglichkeit. Erst dann können die Interessen der Umwelt über das Grundrecht wirksam durchgesetzt werden. Der Umweltschutz und das Prinzip der nachhaltigen Entwicklung müssen als herausragend wichtige Verfassungsaufträge mit Garantiefunktion des Staates in der Verfassung verankert werden. Es ist aus unserer Sicht wichtig und dringend erforderlich, dass neben dem Ziel einer sauberen Umwelt auch die nachhaltige Entwicklung, insbesondere der Klimaschutz als Verfassungsaufträge definiert werden. Denn es geht nicht nur um die Reinhaltung der Umwelt, also Wasser, Boden und Luft, sondern um die Etablierung einer zukunftsfähigen nachhaltigen Gesellschaft. Und eine saubere Umwelt in Österreich nützt uns nichts, wenn Österreich soziale und wirtschaftliche Entwicklung nicht mit den globalen ökologischen Grenzen vereinbar ist und es zu einer weltweiten massiven Klimaveränderung kommt.

Ebenfalls als Verfassungsauftrag zu integrieren sind wie gesagt die Vorschriften aus dem Bundes-Verfassungsgesetz „atomfreies Österreich“. Dieses müsste aus unserer Sicht ergänzt werden, um die Vorschrift Atomstromimporte nach Österreich zu verhindern, denn diese für ein wirklich atomfreies Österreich wesentliche Verpflichtung ergibt sich aus dem aktuellen Bundes-Verfassungsgesetz nicht. In einem eigenen Umweltartikel - jedenfalls in einer prominenten Stelle in der Verfassung - sollten aus unserer Sicht wichtige Grundprinzipien für die Umweltpolitik Österreichs festgeschrieben werden, das sind unter anderem das Vorsorgeprinzip. Diese Anwendung würde dazu führen, dass geplante Vorhaben, neue Technologien oder Verfahren erst dann genehmigt werden können, wenn wirklich erwiesen ist, dass sie ungefährlich sind, das heißt, es braucht eine ausreichende Risikoabschätzung.

Zweites Prinzip – das Verursacherprinzip, das besagt, dass der Verursacher einer Belastung oder Emission deren Ungefährlichkeit zu beweisen hat, und nicht die Betroffenen die Gefährlichkeit. Sehr wichtiges Prinzip ist das Integrationsprinzip. Dies besagt, dass die Gesichtspunkte des Umweltschutzes in allen anderen Politikbereichen, wie etwa Verkehr, Energie, Wirtschaft, Tourismus und viele weitere zu berücksichtigen sind, mit anderen Worten, es muss so was wie eine Umweltverträglichkeitsprüfung von allen Gesetzen oder Verordnungen stattfinden.

Das war kurz zusammengefasst unsere Anregung für eine neue Verfassung. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Stellvertretende Vorsitzende des Österreich-Konvents Angela Orthner: Danke. Als nächster am Wort ist Herr Mag. Franz Maier. Er ist Geschäftsführer des Umweltdachverbandes. Bitte.

Mag. Franz Maier: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Erlauben Sie mir zunächst drei prinzipielle Bemerkungen, bevor ich auf die für uns besonders wichtigen inhaltlichen Punkte zu sprechen komme. Der Umweltdachverband ist als Dachorganisation von 33 im Natur- und Umweltschutz aktiven Vereinen mit insgesamt über 1,3 Millionen Mitgliedern ein wesentlicher Teil der österreichischen Zivilgesellschaft. Ich möchte daher gerade an dieser Stelle auch nicht verhehlen, dass wir es sehr bedauern, dass unserem seinerzeitigem Ersuchen, einen Experten in den Österreich-Konvent entsenden zu können, nicht entsprochen wurde. Die heute angebotene Möglichkeit, vier Vertreter für ein je maximal 5-minütiges Statement zu nominieren, ist dafür kein adäquater Ersatz. Wir nehmen die heutige Einladung selbstverständlich aber gerne an und hoffen, dass es für uns auch in weiterer Folge die Möglichkeit geben wird, unsere Positionen zu formulieren und einzubringen.

Für den Umweltdachverband ist der Österreich-Konvent grundsätzlich eine einmalige Chance, die Anforderungen des Natur- und Umweltschutzes sowie des Leitprinzips der nachhaltigen Entwicklung sowohl in der Bundesverfassung als auch im Zusammenspiel zwischen den Gebietskörperschaften angemessen und ausreichend zu berücksichtigen. Wir bringen dem Konvent von unserer Seite daher auch eine entsprechend hohe Erwartungshaltung entgegen.

Jetzt zu zwei oder drei für uns inhaltlich wesentlichen Forderungen an den Österreich-Konvent; ein umfassendes erstes Positionspapier ist seit einiger Zeit ja über die Konvent-Website abrufbar.

Ein erster Punkt: Es braucht in Hinkunft über das Bekenntnis zum umfassenden Umweltschutz hinaus eine tiefer und weiter gehende Verpflichtung und eben nicht nur ein Bekenntnis zum Umwelt- und Naturschutz. Eine derartige Staatszielbestimmung müsste inhaltlich zumindest dem Entwurf für eine Verfassung für Europa entsprechen, und könnte wie folgt lauten: Die Republik Österreich, also Bund, Länder und Gemeinden, die Republik Österreich stellt ein hohes Umwelt- und Naturschutzniveau und die Verbesserung der Umweltqualität nach dem Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung sicher. Die derzeitigen Formulierungen im Bundesverfassungsgesetz über den umfassenden Umweltschutz sind jedenfalls unserer Meinung nach um den Naturschutz und um die biologische Vielfalt zu ergänzen.

Ein zweiter inhaltlicher Punkt: Mehr als zwei Drittel aller Österreicherinnen und Österreicher sprechen sich ganz dezidiert gegen den Verkauf von Waldflächen und Seen und gegen Liberalisierungs- und Privatisierungstendenzen in der Wasserwirtschaft aus. Der Umweltdachverband hat daher in den letzten Monaten im Schulterschluss mit dem Österreichischen Gemeindebund und dem Österreichischen Städtebund ganz klar zu den Liberalisierungsvorhaben der Europäischen Kommission im Bereich der Wasserversorgung Stellung bezogen.

Unsere Kernforderung in diesem Bereich ist die Beibehaltung der Gemeinnützigkeit für alle grundlegenden Dienstleistungen, wie sie im besonderen Maße die Wasserversorgung darstellt. Und eben keine Liberalisierung auf Kosten der Entwicklung des ländlichen Raumes, des Umweltschutzes und der Versorgungssicherheit. Ebenso fordern wir die Achtung der demokratischen Mitspracherechte der Bürger und Bürgerinnen bei der Gestaltung der öffentlichen Daseinsvorsorge. Unseres Erachtens nach sollten demnach Bund, Länder und Gemeinden per Verfassungsbestimmung verpflichtet werden, dass die Verfügungsgewalt über den heimischen Wasserschatz in Österreich zu verbleiben hat, und somit kein Verkauf von für die Allgemeinheit wichtigen natürlichen Ressourcen des öffentlichen Eigentums erfolgen darf.

Wir verlangen daher einen Verfassungsschutz für unsere lebenswichtigen Naturressourcen, insbesondere aber für das Wasser. Einige Bundesländer haben hier bereits Schritte in diese Richtung gesetzt, nämlich Niederösterreich, Wien und auch Oberösterreich.

Eine Bemerkung noch zum Schluss. Gerade im Zusammenhang mit dem Verkauf und der Nutzung von Wald und Wasser ist mir besonders auch die Feststellung wichtig, dass aus der Bundesverwaltung ausgegliederte Unternehmen oder Tätigkeitsbereiche, wie eben die Österreichischen Bundesforste, in Zukunft der vollen Überprüfbarkeit und Kontrolle durch den Rechnungshof und durch die Volksanwaltschaft unterstellt werden sollten. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals, Herr Kollege. Am Wort ist Herr Andreas Tschuguell, Umweltdachverband. Redezeit 5 Minuten, und dann Dipl.-Ing. Plattner.

Andreas Tschuguell: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

Vielen Dank für die Einladung. Der Österreichische Umweltdachverband fordert seit langer Zeit eine Kompetenzänderung in Sachen Naturschutz hin zu einer Grundsatzgesetzgebungskompetenz des Bundes und einer Kompetenz der Länder für Ausführungsgesetze sowie für die Vollziehung. Wir sind im Gegensatz zum WWF nicht der Ansicht, dass ein Bundesnaturschutzgesetz angemessen ist, aber, wie gesagt, eine Grundsatzgesetzgebungskompetenz oder, wie dies vielleicht noch im Konvent diskutiert werden wird, eine Rahmengesetzgebungskompetenz, sollte dieser neue Kompetenztyp geschaffen werden.

Ich möchte das kurz argumentieren und mich daher insbesondere an den fünften Ausschuss wenden und auch auf das Mandat an den fünften Ausschuss verweisen, in dem ja steht, dass die Kompetenzverteilung insbesondere auch unter Berücksichtigung des EU-Rechts beleuchtet werden sollte. Ich möchte daher auf die Natura 2000-Richtlinien eingehen und Ihnen sagen, wir haben als Umweltdachverband den Umsetzungsprozess sehr genau beobachtet und die Umsetzungsgeschichte war eine Geschichte der Defizite und Probleme. Und wenn man bedenkt, dass die Idee dieser Errichtung eines EU-weiten Schutzgebietsnetzes vor allem auch von dem Gedanken der Kohärenz getragen ist, und es dann auf Grund der Umsetzungsprobleme und Schwierigkeiten und auch unterschiedlichen gesetzlichen Verankerungen in den Naturschutzgesetzen auf innerstaatlicher Ebene eine teilweise Inkohärenz gibt, dann ist das schon widersprüchlich. Und ich denke, dass eine EU-weite Vereinheitlichung einer Materie doch jeden Mitgliedstaat dazu verpflichten sollte, ein möglichst hohes Maß an innerstaatlicher Einheitlichkeit sicherzustellen, sei es auch durch eine Kompetenzänderung weg von den Ländern hin zum Bund.

Die Bundeseinheitlichkeit bei der Natura 2000-Umsetzung ist - vor allem durch die Verbindungsstelle der Länder - versucht gewährleistet zu werden. Das ist aber nicht gelungen. Und es sind über 20 Verfahren anhängig beim EuGH, es sind über 150 Horizontalbeschwerden bei der Kommission vorliegend, betreffend die Natura 2000-Richtlinien. Und demnächst steht uns wahrscheinlich eine Verurteilung durch den EuGH ins Haus wegen einer Golfplatzerweiterung in Oberösterreich, die seinerzeit bewilligt worden ist. Ich glaube also, dass es wichtig ist, eine gewisse Länderkompetenz vielleicht eben durch eine Ausführungskompetenz im Naturschutz beizubehalten, weil ein gewisser Wettbewerb der Länder im Naturschutz wichtig ist, und weil Naturschutz auch auf Grundlage regionaler Problembetrachtungen erfolgen muss und daher spezifische und unterschiedliche Regelungen notwendig sind. Ich glaube aber, dass die Mindeststandards und die Grundsätze auf Bundesebene geregelt werden sollten, insbesondere in jenen Bereichen, wo eine EU-Vereinheitlichung vorliegt.

Ich trete daher für ein Bundesgrundsatzgesetz Naturschutz ein. Beziehungsweise wollen wir nochmals anregen, diesen neuen Kompetenztyp der Ziel- und Rahmengesetzgebung zu diskutieren und diesen dann allenfalls für den Naturschutz vorzusehen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer (übernimmt den Vorsitz):  Danke vielmals, Herr Kollege. Das Wort hat Dipl.-Ing. Plattner, ebenfalls vom Umweltdachverband, gleiche Redezeit.

Dipl.-Ing. Gerald Plattner: Grüß Gott, sehr geehrte Damen und Herren! Recht herzlichen Dank für die Einladung.

Ich möchte mich heute unter dem Titel „Vernetztes Denken und Handeln zur Überwindung von Grenzen“ mit dem Thema Natur und Umweltschutz auseinander setzen. Ich möchte Ihnen in Form von drei Themenkreisen fünf Vorschläge unterbreiten.

Für die Naturfreunde Österreich steht das Wort Grenze als Synonym für das Festhalten an überkommenen Regeln, für eindimensionales Denken oder die fehlende Überwindung von realen Grenzen und Zuständigkeiten. Der Blick auf das Ganze, auf das Gesamte kommt immer wieder zu kurz. Wenn man in die Natur schaut, merkt man, dass sie uns etwas Anderes zeigt und lehrt. Es ist daher mehr gesamthaftes vernetztes Denken mit dem Blick auf die Umwelt beziehungsweise das Gemeinwohl dringend notwendig.

Zum Themenkreis Nachhaltigkeit: Mit der von der Bundesregierung beschlossenen Nachhaltigkeitsstrategie hat Österreich seine Leitziele für zukünftiges Handeln skizziert, eine Kernaufgabe in der Umsetzung der Strategie ist die Integration von Umweltbelangen in alle relevanten Sektorpolitiken wie Verkehr, Energie, Tourismus, Wirtschaft und so weiter. Bestehende Barrieren und Ungleichgewichte zwischen Wirtschaft und Umwelt müssen sukzessive abgebaut und eine sektorenübergreifende Herangehensweise vom Gesetzgeber unterstützt werden. Nur wenn dieser ganzheitliche Ansatz in der Umsetzung gelingt, so ist auch ein Fortschritt in Richtung Nachhaltigkeit zu erwarten.

Unser erster Vorschlag lautet daher: Verankerung des Prinzips der Nachhaltigkeit und der Umweltintegration in relevante Sektor-Politiken und sie regelnde Gesetze. Jede Sektor-Politik soll in Hinkunft dem Prinzip der Nachhaltigkeit entsprechen und mit übergeordneten Zielen – wie etwa dem Umweltschutz – in Übereinstimmung stehen. Wir schlagen daher vor – und damit komme ich zum zweiten Vorschlag –, das Prinzip der Kohärenz der Politiken soll gestärkt werden durch Abschaffung kontraproduktiver Förderungen, durch die Ökologisierung von Förderungsrichtlinien und Programmen des Bundes und der Länder, durch die verpflichtende Prüfung von Gesetzen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Umwelt und die Nachhaltigkeit. Es geht auch darum, die Externalisierung von Kosten – auch ein Vorredner hat das schon erwähnt – offen zu legen.

Selbst, wenn diese Rahmenbedingungen erfüllt werden, ist es notwendig, dass Nachhaltigkeit implementiert wird. Dazu ist es notwendig, dass Strategien, Maßnahmen und Programme koordiniert, geplant und umgesetzt werden. Wir schlagen daher vor – und das ist unser dritter Vorschlag – die Schaffung einer Nachhaltigkeits-Schnittstelle zwischen dem Bund und den Ländern. Zum Beispiel könnte die österreichische Raumordnungskonferenz mit neuen Kompetenzen in eine Nachhaltigkeitskonferenz umgewandelt oder weiterentwickelt werden.

Ich möchte jetzt noch ein paar Bemerkungen zum Themenkreis Wasser und andere wichtige Natur-Ressourcen Ihnen näher bringen und möchte einleiten mit einer Umfrage, die heute schon ganz kurz erwähnt wurde. Gemäß einer vom Umweltdachverband durchgeführten Umfrage sprechen sich mehr als zwei Drittel der Österreicher und Österreicherinnen dezidiert gegen den Verkauf von öffentlichen Waldflächen zur Budget-Sanierung, gegen den Verkauf von Seen und gegen weit reichende Liberalisierungsbestrebungen in der Wasserwirtschaft aus. Wir schlagen daher – und das ist unser vierter Vorschlag – einen Verfassungsschutz für unsere lebenswichtigen Natur-Ressourcen Wasser, Wald, Berge, Gletscher, Boden, Luft vor. Der soll unter anderem beinhalten, dass die Verfügungsgewalt über die einheimischen Wasserreserven in Österreich bleiben, dass Boden und Luft im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung geschützt werden und dass Grundflächen mit für die Öffentlichkeit wichtigen natürlichen Ressourcen nicht ohne vorherige strategische Bedarfsprüfung verkauft werden dürfen.

Analoge Beispiele gibt es bei land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken oder Kulturgütern, wo geprüft wird, ob ein Eigentumsübergang erfolgen darf. Warum kann das nicht für wichtige, strategisch wichtige, natürliche Ressourcen auch gemacht werden? Zur strategischen Bedarfsprüfung ist ein Ressourcen-Kuratorium einzurichten, in dem Umweltorganisationen mit Sitz und Stimme vertreten sind.

Ein Letztes noch zur Bürgerbeteiligung, zum Themenkreis Bürgerbeteiligung. Für uns ist eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Umweltpolitik eine entsprechende Information aller Betroffenen und die Möglichkeit, sich an Diskussions- und Entscheidungsprozessen aktiv zu beteiligen. Wir glauben – und damit komme ich zum fünften Vorschlag –, dass Partizipation ein fixer Bestandteil der Politik und Verwaltung werden muss. Derzeit ist das nur in Teilbereichen gegeben.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer:  Nächster Redner ist Kollege Mag. Haßlacher, ebenfalls Umweltdachverband, ebenfalls gleiche Redezeit.

Mag. Peter Haßlacher: Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren!

Ich möchte für den Österreichischen Alpenverein hier vier Vorschläge unterbreiten.

Erstens: Der alpine Natur- und Lebensraum ist durch eine besondere Sensibilität gekennzeichnet. Österreich hat ja durch die Ratifizierung der Alpenkonvention im letzten Jahr dem Rechnung getragen. Österreich bemüht sich außerdem sehr vehement, seinen Alpenraum als eine sensible Zone anerkannt zu wissen, umso einen höheren Schutz-Status zu erreichen. Und diese Bemühungen auf europäischer Ebene müssen natürlich aus unserer Sicht auch innerstaatlich untermauert werden, will man die Glaubwürdigkeit Österreichs in der europäischen Umweltpolitik verstärken. Die dazu notwendigen Schritte dürfen auch vor dem Verfassungsrecht nicht Halt machen. Gerade die Arbeit im Verfassungskonvent sollte diesen Aspekt ernst nehmen.

Zweitens: Das Bekenntnis zum umfassenden Umweltschutz ist bereits in der Bundesverfassung verankert. Allerdings sollte dieses Bekenntnis vertieft werden und von der peripheren Stellung eines verfassungsrechtlichen Nebengesetzes in das Bundes-Verfassungsgesetz selbst transformiert werden. Diese Vertiefung sollte bei der Aufzählung der Schutzgüter Platz greifen. Umfassender Umweltschutz bedeutet den Schutz des alpinen Raumes durch eine nachhaltige und umweltschonende Wirtschafts- und Verkehrspolitik. Der ÖAV ist sich zwar bewusst, dass die Aufwertung des Staatszieles zu einem Baugesetz der Bundes-Verfassung wenig realistisch ist. Die Platzierung des umfassenden Umweltschutzes sollte gleichwohl in einem eigenen Artikel des Bundes-Verfassungsgesetzes im Anschluss an die Baugesetze Demokratie, Republik, Bundesstaat und Rechtsstaat erfolgen. Eine bloße Erwähnung in der Präambel muss mangels einer juristischen Verbindlichkeit aus unserer Sicht abgelehnt werden.

Drittens: Umfassender Umweltschutz ist nur durch das Zusammenwirken staatlicher und gesellschaftlicher Kräfte möglich. Die NGO’s haben sich in den letzten Jahren zu treibenden Kräften und innovativen, konstruktiven Partnern in der Umweltpolitik entwickelt. Sie sind auch wichtige Kontrollinstrumente in der österreichischen und europäischen Umweltpolitik außerhalb der Staatsorganisation. Den Umweltorganisationen sollte dementsprechend ein umfassendes Beschwerderecht gegen Staatsakte mit erheblichen Auswirkungen für die Umwelt eingeräumt werden. Durch die Richtlinie über die strategische Umweltprüfung SUP wird Österreich verpflichtet, auch Gesetze und Verordnungen mit erheblichen Umweltauswirkungen zusätzlich zu den UVP-pflichtigen Vorhaben im Vorfeld auf ihre Umweltauswirkungen zu überprüfen. Wir regen deshalb an, die Verbandsklage nach Schweizer Vorbild bundesverfassungsrechtlich zu verankern. Die Erfahrungen in der Schweiz, aber auch in Deutschland, haben gezeigt, dass diese Rechtsgewährung keinesfalls zu einer Prozessflut und zu Blockierungen notwendiger Entscheidungen eingesetzt wird, dass es aber in wenigen Fällen doch zu rechtlich gebotenen und schlimme Umweltsünden verhindernden Korrekturen gekommen ist.

Der vierte Punkt: Der ÖAV ist sich zwar bewusst, dass die Bundes-Verfassung nicht der Ort ist, um die Parteistellung von Umweltorganisationen in umweltverfassungsrechtlichen Verfahren detailliert zu regeln. Sollte sich jedoch der Österreich-Konvent entschließen, eine Rechtswege-Garantie nach dem Vorbild des Bonner Grundgesetzes zu installieren, so sollte nach Ansicht des ÖAV auf eine Klausel zu Gunsten der Umwelt und ihre rechtliche Vertretung der Umweltverbände aufgenommen werden.

In jedem Fall wird der Österreich-Konvent ersucht, in einem Schlussbericht die Empfehlung aufzunehmen, in umweltrechtlichen Verfahren NGO’s Parteistellung einzuräumen. Danke.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Danke, Kollege Haßlacher. Am Wort ist Frau Dr. Regina Binder, Bevollmächtigte des Tierschutz-Volksbegehrens. 5 Minuten. Bitte, Frau Kollegin.

Dr. Regina Binder: Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Konvents-Mitglieder!

Eine zentrale Forderung des Tierschutz-Volksbegehrens besteht darin, den Tierschutz als Rechtsgut im Verfassungsrang zu verankern. Dafür gibt es gute Gründe und folgende Beispiele:

In der Schweiz genießt die Würde der Kreatur bereits seit 1992 den Schutz der Eidgenössischen Bundesverfassung. In Deutschland wurde der Tierschutz im Jahr 2002 in Artikel 20a des Grundgesetzes  verankert. Diese Staatsziel-Bestimmung lautet wie folgt: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung.“

Das dritte Beispiel stammt aus Österreich. Es ist Artikel 9 des Salzburger Landesverfassungsgesetzes, der seit 1. Juli 2002 folgenden Wortlaut hat: „Aufgaben und Zielsetzungen des staatlichen Handelns des Landes sind unter anderem die Achtung und der Schutz der Tiere als Mitgeschöpfe des Menschen aus seiner Verantwortung gegenüber den Lebewesen.“

Was bewirken aber nun solche programmatische Verfassungsnormen? Die Verankerung des Tierschutzes in der Bundesverfassung ist zunächst eine zwingende Voraussetzung für die Verbesserung des Vollzugs in Angelegenheiten des Tierschutzes. Bei den zitierten Beispielen handelt es sich um Staatszielbestimmungen, die die Staatsgewalten dazu verpflichten, das staatliche Handeln - also Gesetzgebung und Vollziehung - an den definierten Zielen zu orientieren.

Konkret bedeutet dies, dass Tierschutz als Staatsziel vom Gesetzgeber in allen Bereichen der Rechtsordnung zu beachten ist, die Tiere betreffen. Gerichte und Behörden haben bei der Auslegung von Rechtsvorschriften die Staatsziele zu berücksichtigen. Die Verankerung des Tierschutzes in der Bundesverfassung ist insbesondere Voraussetzung für die Vornahme einer Güterabwägung, wenn es zu einer Kollision zwischen dem Tierschutz und verfassungsrechtlich geschützten Rechtgütern - also etwa der Freiheit von Wissenschaft, Kunst oder Religion - kommt.

In der Begründung zur Änderung des deutschen Grundgesetzes betont der deutsche Verfassungsgesetzgeber, dass die „Rechtssprechung Tierschutz nur dann angemessen vollziehen kann, wenn der Gesetzgeber den Tierschutz ausdrücklich in das Gefüge des Grundgesetzes einbezieht.“ „Dies dient“, so heißt es in der Begründung weiter, „der Rechtssicherheit.“

Tierschutz in der Verfassung ist aber auch aus Gründen der Einheitlichkeit der Rechtsordnung geboten. Das Tier ist bekanntlich zivilrechtlich längst keine Sache mehr. Und Tierschutz genießt in unserer Gesellschaft einen so hohen Stellenwert, dass sich der einfache Gesetzgeber nicht darüber hinweg setzen kann, sich zu einem ethisch motivierten Tierschutz zu bekennen.

Es ist daher nicht nur folgerichtig, sondern auch zwingend geboten, dass sich diese Entwicklung des modernen Tierschutzrechts auch auf der höchsten Ebene der Rechtsordnung manifestiert und von ihr geschützt und abgesichert wird. Gegen die Forderung nach der verfassungsrechtlichen Verankerung des Tierschutzes wurde bislang nur ein formales Argument vorgebracht, nämlich, dass Staatszielbestimmungen der österreichischen Bundesverfassung wesensfremd seien, weil diese traditionellerweise der Grundrechtstheorie verpflichtet wäre. Bei diesem Argument handelt es sich freilich um eine bloße Abwehrstrategie, der Folgendes entgegenzuhalten ist: Erstens, trotz der ausgeprägten Grundrechtstradition der österreichischen Bundesverfassung, gibt es bereits jetzt Staatszielbestimmungen, etwa das bereits angesprochene Bundesverfassungsgesetz über den umfassenden Umweltschutz, um nur ein Beispiel zu nennen. Zweitens kann eine zeitgemäße Verfassung, und ich gehe davon aus, dass der Konvent bestrebt ist, eine solche zu erarbeiten, nicht ohne Definition von Staatszielen das Auslangen finden. In einer zeitgemäßen Verfassung müssen Staatszielbestimmungen und Grundrechte nebeneinander bestehen können und einander in sinnvoller Weise ergänzen.

Ich halte das Anliegen nach der Anerkennung des Tierschutzes als Rechtsgut im Verfassungsrang für die wichtigste und am wenigsten verzichtbare Forderung des Tierschutzvolksbegehrens. Tierschutz genießt in unserer Gesellschaft unbestrittenermaßen einen hohen Stellenwert, und er wird als öffentliches Anliegen anerkannt. Es ist mit der Bedeutung des Tierschutzes daher unvereinbar, dass dieser a priori, also ohne jede Möglichkeit zur Überprüfung der konkreten Interessen im Einzelfall, gegenüber verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgütern unterliegen muss.

Wenn vor wenigen Wochen aus dem Mund des Herrn Landwirtschaftsministers zu hören war, dass Gott nicht in der Verfassung verankert werde und folglich auch der Tierschutz nicht, dann ist dem entgegen zu halten: Tierschutz ist keine Glaubensfrage, Tierschutz ist eine Rechtspflicht. Danke.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals, Frau Doktor. Wir haben damit den Komplex Umwelt im weiteren Sinn des Wortes behandelt und kommen jetzt zum Thema Sport. Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Dr. Franz Löschnak vom und für den ASKÖ. Bitte, Herr Kollege! Die Uhr ist auf sechs Minuten gestellt.

Dr. Franz Löschnak: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich bedanke mich für die Einladung des Konvents vom 24. November, für den österreichischen Sport hier eine Stellungnahme abgeben zu können, denn, Herr Präsident, ich spreche nicht nur als Präsident des ASKÖ, sondern der Bundessportorganisation, und möchte darauf hinweisen, dass die Bundessportorganisation die Vertretung des österreichischen Sports ausübt, denn in der Bundessportorganisation sind die drei Dachverbände, also ASKÖ, ASFÖ Union und die 53 anerkannten Fachverbände sowie der Behindertensport vertreten. Daher ist es immer schon das Bestreben der BSO gewesen, eine enge Zusammenarbeit mit allen repräsentativen Organisationen im Sport anzustreben und gleichzeitig ist sie bestrebt seit Jahren, eine Erweiterung ihrer Basis vorzunehmen durch die Öffnung der BSO für neue Sportverbände und für neue Sportarten.

Der Stellenwert des Sports international braucht nicht weiter unterstrichen zu werden. Alleine in der EU, meine sehr geehrten Damen und Herren, betreiben rund 100 Millionen Bürger aus den 15 Mitgliedstaaten in 700.000 Sportvereinen aktiv Sport. Der Stellenwert des Sports wird mit dem Beitritt sportbegeisterter Länder, wie es etwa die Ungarn oder die Tschechen oder die Slowenen und insbesondere auch die Polen sind, noch zusätzlich gesteigert werden.

Daher ist es, so glaube ich, weiters gar nicht verwunderlich, dass Österreich im Rahmen der BSO rund 3,5 Millionen Bürger unseres Landes in etwa knapp 13.000 Sportvereinen aktiv Sport ausüben. Das heißt, dass bei uns etwa 40 Prozent der Bevölkerung in einem statistisch relevanten Ausmaß Sport betreiben. Aus unserer Sicht ist das natürlich zu wenig, weil wir insbesondere es gerne hätten, auch einen weiteren Teil der 60 Prozent Inaktiven zu aktivieren. Aber vielleicht ist gerade die Chance der rechtlichen Absicherung und Verstärkung des Sports eine Chance, diesen Weg voran treiben zu können.

Ich möchte aber noch erwähnen, dass der Sport in diesem Land pro Jahr eine Wertschöpfung von etwa 5,5 Milliarden Euro erreicht durch den Sporttourismus, durch den Sportartikelhandel, aber auch durch die ehrenamtliche Tätigkeit von fast 300.000 ehrenamtlichen Funktionären in diesen 13.000 Sportvereinen, in diesen 53 Fachverbänden und in den drei Dachverbänden sowie im Behindertensport und natürlich auch im österreichischen Olympischen Komitee und im Rahmen der Länder.

Was sind die Ziele, die der österreichische Sport bei dieser Gelegenheit deklarieren möchte und wo er die Bitte anschließt, dass Sie ihn in diesem Bestreben hier, wie gesagt, die 60 Prozent Inaktiven zumindest teilweise in Zukunft zu erreichen, unterstützen?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die BSO, und damit der gesamte österreichische Sport strebt natürlich eine Verankerung des Sports in der Verfassung an. Ich glaube, dass das auch gerechtfertigt ist auf Grund seiner umfassenden Bedeutung in gesellschaftspolitischer, sozialer, erzieherischer, gesundheitlicher und ökonomischer Hinsicht. Die Verankerung des Sports in der Verfassung sollte nicht zuletzt auch in Anlehnung an die Bestrebungen, die es in der EU gibt, hier einen eigenen Sportartikel in den Verträgen zu schaffen, erfolgen. Wir, die BSO, treten damit weiters für eine verfassungsmäßige Verankerung des Grundrechts auf Bewegung für alle Menschen in Österreich ein, insbesondere für den Kinder- und Jugendsport und für den Schulsport, ein heißes Thema nicht nur der letzten Wochen, sondern seit Jahren und Jahrzehnten, genauso wie für den Behindertensport und den Seniorensport.

Und letztendlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, tritt die BSO für eine Absicherung der finanziellen Ressourcen des Sports durch Bund und Länder ein und als Leitlinie sollte die schrittweise Angleichung des Sportbudgets an die Kulturförderung und die Festschreibung der besonderen Sportförderung als kontinuierliche Basisförderung im Sport gelten. In diesem Sinne wollte ich meine wenigen Minuten nutzen, um Ihnen den Sport vorzustellen und Sie bitten, uns in den Bestrebungen, die ich hier gemeint habe, zu unterstützen. Ich bedanke mich, Herr Präsident, ich bedanke mich, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Ich darf dem Präsidenten des ASGÖ herzlich danken und jetzt den Generalsekretär des ASVÖ, Herrn Netopilek zum Rednerpult bitten. Bitte, Herr Kollege.

Felix Netopilek: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Österreich-Konvents!

Der Allgemeine Sportverband Österreichs, als parteipolitisch und weltanschaulich ungebundener Sport-Dachverband mit nahezu 4.800 Vereinen und über einer Million Mitgliedern, misst der Arbeit des Österreich-Konvents, den österreichischen Staat  modern und zukunftsorientiert zu gestalten, höchste Bedeutung zu. Bei unseren Überlegungen gehen wir von der Grundsatzerklärung des Vorsitzenden des Österreich-Konvents, Präsident Dr. Franz Fiedler aus, der sagt: „Innovation setzt den Mut der Veränderung voraus“ und weiters „Die Ziele, die dem Konvent für seine Arbeit vorgegeben sind, stellen nicht auf Strukturerhaltung, sondern - ganz im Gegenteil - auf Innovation ab.“

In den Jahren seit der Erstellung der Bundes-Verfassung haben sich der Stellenwert und der Aufgabenbereich des Sportes enorm gewandelt. Die Frage einer Verankerung des Sportes in der österreichischen Verfassung wurde schon mehrere Male, vor allem bei legistischen Problemstellungen, ins Auge gefasst, jedoch bisher noch nicht vollzogen.

Den steigenden Anforderungen des Staates in Sportfragen haben auch die vorangegangenen Regierungen Rechnung tragen müssen. Zahlreiche Bundesgesetze für die Regelung von wichtigen Bundesangelegenheiten mit Sportbezug wurden geschaffen. Aber auch die Betrauung von Regierungsmitgliedern (Bundeskanzler, Vizekanzlern, Vizekanzlerinnen, Ministern, Ministerinnen, Staatssekretäre) mit Sportfragen zeigt, dass eine Anpassung bzw. Klärung der Verantwortlichkeiten auf Bundesebene notwendig ist. Wobei bislang die verfassungsrechtlichen Fragen und Kompetenzen keine optimale Lösung erlaubt haben.

Prinzipiell ist dabei jedoch zu beachten, dass die Eigenständigkeit und Entscheidungsfreiheit des nichtstaatlichen Sportes und damit der unabhängigen Sportorganisationen gewahrt werden, sowie dessen Regelungen und Handlungen in Eigenverantwortung gewährleistet sein müssen.

Auch im Bereich des EU-Rechts wurden die Fragen und Eigenheiten des Sportes zu Beginn unterschätzt. Zahlreiche Entscheidungen des EU-Gerichtshofes haben große Probleme hervorgebracht und die Verantwortlichen dazu bewogen, eine klare Lösung zu finden. Daher soll der Sport in Form eines Artikels auch im Rahmen der neuen EU-Verfassung Berücksichtigung finden – im Artikel III 182.

In einigen grundsätzlichen Punkten ist es daher sinnvoll, den Sport auch in der Österreichischen Bundes-Verfassung zu verankern. Da aufgrund der Vielfältigkeit des Sportes und seiner bestehenden Grundstruktur mit Vereinen – Landesverbänden - Bundesverbänden unterschiedliche Zuständigkeiten zu beachten sind, ist die Schaffung eines eigenen Artikels in Erwägung zu ziehen. Alle Überlegungen gehen dabei vom allgemeinen Begriff der sportlichen Betätigung ohne Einteilung von Leistungsklassen aus.

Grundsätzlich ist der ASVÖ der Meinung, dass die Möglichkeit der Sportausübung als Grundrecht des Einzelnen in allen Lebensbereichen zu verankern ist. Bestärkt wird diese Forderung durch Untersuchungsergebnisse zahlreicher nationaler und internationaler wissenschaftlicher Studien, welche den volksgesundheitlichen Aspekt und die enormen positiven volkswirtschaftlichen Auswirkungen hervorheben und auch zahlenmäßig belegen.

Folgende Themenbereiche sollten aus der Sicht des Allgemeinen Sportverbandes Österreichs bei der Verankerung des Sportes, bzw. der Erstellung eines Artikels in der österreichischen Verfassung im Wesentlichen berücksichtigt werden:

Bund, Länder und Gemeinden sollten per Verfassungsbestimmung verpflichtet werden, dass der Sport als Grundrecht des Einzelnen im Bildungsbereich anzusehen ist,

das Recht des Einzelnen auf regelmäßige Sportausübung im Kindergarten, in der Schule und im Rahmen des Wehrdienstes in ausreichendem Ausmaß berücksichtigt werden muss,

der Sport als Bestandteil der Gesundheitserziehung und medizinischer Prävention gesehen werden muss (dies begründet sich auch in der Gesundheitsdefinition der WHO, die von einem Wohlbefinden im körperlichen, seelischen und geistigen Bereich spricht),

die Hervorhebung der erzieherischen Funktion des Sportes eine Aufgabe in allen Bildungsbereichen, vor allem im persönlichkeitsbildenden, sein muss, der Sport als optimale Möglichkeit der sozialen Integration anzusehen und einzusetzen ist,

die erforderlichen finanziellen Mittel für die Möglichkeiten der Sportausübung in freien und unabhängigen Sportorganisationen bereitzustellen sind.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals. Ich darf Herrn Professor Bauer als Präsident des Behindertensportverbandes zum Rednerpult rufen. Bitte, Herr Kollege.

Robert Bauer: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Zuerst möchte ich Dank sagen, dass dem Österreichischen Behindertensportverband die Möglichkeit gegeben wird, hier unsere Probleme und Wünsche zu deponieren. Der Österreichische Behindertensportverband ist die Dachorganisation von 130 Behindertensportvereinen in Österreich und es gibt 6.000 aktive Sportler, die in den angeschlossenen Vereinen Sport betreiben.

Dabei muss man zwischen Breiten- und Spitzensport unterscheiden. Diese Unterscheidung ist nicht nur für den Behindertensport an sich, sondern auch für die Sozialversicherung, wie ich noch ausführen werde, von großer Bedeutung. Wie Sie wissen, gibt es im ASVG eine Bestimmung, wonach Sozialversicherungsträger den Behindertensport fördern können. Lediglich die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt sowie die ehemalige Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter haben jedoch von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Der Österreichische Behindertensport, der seine Anfänge im Versehrtensport der Kriegsinvaliden nach dem 2. Weltkrieg gefunden hat, hat daher eigentlich immer nur von Subventionen dieser Sozialversicherungsträger bzw. von privaten Sponsoren sein Budget bedeckt. Seit kurzer Zeit (2003) gibt es auch die gesetzliche Bundessportförderung. Durch sie werden allerdings die Kosten nur teilweise abgedeckt.

Für die Sozialversicherung, und da komme ich auf das vorher Gesagte zurück, aber auch für die Allgemeinheit, hat der Behindertensport eine besondere Bedeutung. Wenn Sie daran denken, dass ein Querschnittgelähmter oder Amputierter durch seine Verletzung in Tiefe Depressionen stürzt und nun plötzlich konfrontiert mit Sportlern und Spitzensportlern aus dem Behindertensport sieht, dass das Leben nicht nur weitergeht, sondern eine neue Erfüllung bekommt, wenn sie junge Alpinskiläufer, aber auch Leichtathleten sehen, die einbeinig oder einhändig diesen Sport ausüben. Es ist für solche Leute eine große Motivation. Längst schon hat die Sozialversicherung erkannt, dass der Behindertensport hier auch Kosten sparen hilft, weil ein so Behinderter, der Sport betreibt, gesund bleibt, aber keinesfalls seinen Gesundheitszustand verschlechtert.

Nun sagte ich schon, dass die finanzielle Situation für den Behindertensport derzeit nicht rosig ist, dass wir aber hoffen, und da möchte ich meinem Vorredner, Herrn Minister Löschnak beipflichten, dass der Sport in der Verfassung verankert wird und wir wünschen, dass man dabei den Behindertensport nicht vergisst. Es hat sich nämlich in der Vergangenheit immer gezeigt, dass man zuerst für den allgemeinen Sport und dann, etwas zeitverzögert, für den Behindertensport Normen findet. Wir sind Mitglied der Bundesportorganisation. Wir waren dies zuerst einmal, ohne dass wir finanzielle Mittel in Anspruch nehmen konnten. Seit Neuestem erhalten wir aus dem Bundessportförderungsgesetz Mittel, die aus dem Budget kommen. Nur, und das sage ich jetzt auch, beinhaltet dies einen nicht unbedeutenden Nachteil. Die privaten Sponsoren glauben jetzt, dass durch die Mittel, die uns vom Budget zufließen, unsere gesamten Ausgaben abgedeckt sind und sagen immer öfter, ihr habt doch jetzt Geld aus dem Budget, da braucht ihr die privaten Sponsoren nicht mehr, und so sind wir jetzt gerade in einer Situation, die wir hoffentlich bald überbrücken können. Wir wünschen uns, dass die Finanzierung des Behindertensports in Österreich gesichert ist, dass wir mit unseren Ansprüchen den Nichtbehinderten gleichgestellt werden. Wir hoffen, dass eine diesbezügliche Formulierung in der Verfassung möglich sein wird. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals, Herr Präsident. Nächster Redner ist der Generalsekretär der Sportunion, Mag. Smoly. Bitte, Herr Kollege.

Mag. Fritz Smoly: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Namens der Sportunion Österreich möchte ich auch recht herzlich bedanken, dass ich hier die Gelegenheit bekommen habe, vor dem Österreich-Konvent sprechen zu dürfen.

Eine Studie der Österreichischen Bundessportorganisation, die in Zusammenarbeit mit dem Institut für Sportwissenschaften der Universität Wien im Jahr 2000 erstellt wurde, hat ergeben – wie schon Herr Präsident Löschnak erwähnt hat – dass 60 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher nie beziehungsweise nur sehr selten Sport treiben. Neben diesem Bewegungsmangel, kommt es durch einseitige und übermäßige Ernährung, vor allem zu viel tierische Fette und zu wenig Ballaststoffe, zu Übergewicht. Die Österreicherinnen und Österreicher befinden sich im europäischen Spitzenfeld, was das Übergewicht betrifft. Bereits 15 Prozent der Volksschüler sind vom Übergewicht betroffen.

Neben dem beruflichen Alltagsstress ergibt sich einen meist tödlichen Mix für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Auch hier sind wir, was die Todesrate betrifft, EU-weit an der Spitze. Weniger dramatisch, aber nicht minder schmerzvoll, sind die Auswirkungen der Zivilisationskrankheiten auf den Stützapparat. Haltungsschäden, besonders im Nacken-, Hals- und Schulterbereich und in der Lendenwirbelsäule sind uns allen bekannt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das menschliche Genom ist aber seit Beginn der Evolution unverändert auf Bewegung ausgelegt. Vor Millionen von Jahren wurde der Stress, der beim Antreffen eines wilden Tieres entstand, entweder durch Flucht oder durch Kampf abgebaut. Beides war mit Bewegung verbunden.

Heute entsteht Stress durch unsere tägliche Arbeitssituation. Oft kann dieser Stress nicht abgebaut werden. Die verschiedenen Krankheitsbilder entstehen. Bewegung, ausgewogene Ernährung, ausreichende Entspannung, verbunden mit sozialer Geborgenheit in der Familie oder Freundeskreis, ein befriedigendes Arbeitsverhältnis und ein ökologisch gesundes Umfeld, sind die wesentlichen Gesundheitsfaktoren unserer Zeit.

Lebenslanges Sport treiben kann einen wesentlichen Beitrag zu diesem Wohlbefinden, zur Lebensqualität der Menschen leisten, nicht nur im motorischen, sondern vor allem auch im sozialen Bereich, für junge, wie für alte Menschen. Daher ist es uns ein Anliegen, dass Sport und Bewegung ein Grundrecht in der modernen Zivilgesellschaft werden soll.

Besonders den jungen Menschen, von klein auf, soll auf die körperliche Bewegung als menschliches Grundverhalten anerzogen werden. Vom Kindergarten an und während der gesamten Schulzeit, soll jede Österreicherin und jeder Österreicher Recht auf mindestens zwei Unterrichtsstunden Sport und Bewegung haben. Auch für den Berufsschüler soll diese Forderung gelten. Die Schule ist die einzige Institution, wo alle Bürgerinnen und Bürger mit gezielter, systematischer Bewegung konfrontiert werden. Neben den positiven Auswirkungen auf die körperlichen Grundeigenschaften, Ausdauerkraft, Koordination, Geschicklichkeit, sind vor allem psychosoziale Auswirkungen, wie Stressregulation, Steigerung der subjektiven Lebensqualität, die Befindlichkeitsverbesserung und die Bekräftigung des Selbstbildes und Selbstkonzeptes hervorzuheben.

Gerade in der laufenden Diskussion, um die Finanzierung unseres Gesundheitssystems, muss der Sport und die Bewegung ein Fixbestandteil der Prävention der Vorsorge sein. Jeder Euro in der Sport investiert, erspart das Dreifache im Gesundheitswesen, was eine aktuelle Studie aus Amerika beweist. Welche Auswirkungen soll das für eine neue, österreichische Verfassung haben? Wenn es ein Grundrecht auf Bewegung geben soll, so gehört der Sportunterricht aus der Schulautonomie herausgelöst. Da darf es keine demokratisch legitimierte Abwahl durch die verschiedenen Schulgremien geben, wie es zum Beispiel auch keine Abwahl vom Deutsch- oder Mathematikunterricht gibt.

Gerade die 14 bis 19-jährigen brauchen zum Ausgleich ihres stundenlangen Sitzens in der Schule das Recht auf mindestens zwei Unterrichtsstunden im Sport. Sport ist heute mehr als Wettkampf und Rekord, daher muss der Bund im Bereich gesamt österreichischer Gesundheitsförderaktivitäten verstärkte Gesetzgebungs- und Koordinationskompetenz erhalten. Ausbildung und Regelungen der Arbeitsbedingungen für Menschen, die im Sport beziehungsweise in der Gesundheitsförderung tätig sind, also nicht nur Berufssportler, sondern auch Trainer, Lehrwarte, Übungsleiter.

Nicht nur für den Leistungssport, sondern verstärkt auch für den Präventionsbereich, mit entsprechender Befähigungsnachweise, mit Kompetenzen im Ernährungsbereich und in den verschiedenen, medizinisch therapeutischen Bereichen.

Anerkennung und Finanzierung von Präventionsmaßnahmen durch Sport bei den Sozialversicherungsträgern. Erstellung von Antidoping-Richtlinien, auch für kommerzielle Sportanbieter und deren Kontrolle der Einhaltung. Sicherstellung ausreichender Sportstätten, überregionale Raumplanung, unter Berücksichtigung ökologischer Notwendigkeiten. Sportstättenschutz, vor allem von Sportstätten in Ballungszentren. Schlagwort: Sportplatz um die Ecke.

Sicherung der Ehrenamtlichkeit im Sport, im Sinne der Bürgergesellschaft durch einheitliche, steuerliche Regelungen, durch Gleichstellung im Versicherungsschutz mit den Blaulicht-Organisationen. Verfassungsrechtliche Absicherung der Basisfinanzierung des Sports, durch Bund, Länder und Kommunen, zur Aufrechterhaltung des Sportbetriebes und für den Bau der Erhaltung und den Betrieb der notwendigen Sportstätten. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals, Herr Generalsekretär!

Ich habe jetzt noch vier Wortmeldungen, nämlich Dr. Kostelka, Frau Dr. Lichtenberger, Professor Rack und Professor Raschauer. Gibt es weitere Wünsche auf Wortmeldungen? Das scheint nicht der Fall zu sein. Dann kann ich die Rednerliste so abschließen. Diesen vier Rednern stehen vereinbarungsgemäß je fünf Minuten zur Verfügung.

Bitte, Herr Dr. Kostelka.

Dr. Peter Kostelka: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Konvent!

Ich möchte mich auf drei Bemerkungen beschränken. Die Erste setzt sich auseinander mit der Diskussion, die wir am Beginn dieses zweiten Hearings gehabt haben, mit Fragen des Umweltschutzes, des Naturschutzes, des Tierschutzes.

Und ich war tief beeindruckt, welche Perspektiven sich da auch für den Ausschuss 5 ergeben, weil nicht verkennbar war, dass die Klagen über die Normenvielfalt und über die Vollzugsdefizite gerade in diesem Bereich nicht geleugnet werden können. Das ist auch durchaus etwas, was ich aus meiner persönlichen Tätigkeit in anderen Bereichen weiß, dass es schwer jemandem zu erklären ist, dass man mit einer Fischerkarte von Oberösterreich nicht in Niederösterreich oder in der Steiermark fischen darf, aber mit einer solchen aus Portugal sehr wohl, weil das aus den EU-rechtlichen Bestimmungen sich zwingend ergibt.

Aber nicht nur das. Im Grunde genommen ist es doch so, dass der Tierschutz in den drei föderalistisch organisierten Staaten Europas ein identes Schicksal, jetzt kann man fast schon sagen, hoffentlich haben wird, weil nämlich der Tierschutz in der Schweiz bis in die Sechzigerjahre auch eine kantonale Kompetenz war, um dann auf Bundesebene gehoben zu werden. Und in der Bundesrepublik Deutschland ist dieser Schritt vor 17 oder 18 Jahren getan worden und als letztes föderalistisch organisiertes Land folgt Österreich. Was folgere ich daraus? Dass es eben ganz einfach bestimmte Bereiche gibt, wo die Regelungsinhalte so ident sind, dass eine Division durch neun eher zu einem Verlust des zu schützenden Rechtsgutes führen kann, und nicht zu einem Gewinn.

Das Beispiel Seeadler ist genannt worden. Ich kann mich gut an eine Tierschutz-Enquete in diesem Haus erinnern, wo dargelegt worden ist, wenn ein Schneehuhn die notwendigen geographischen Kenntnisse hat, dass es das ganze Jahr über geschützt sein kann, es muss sich nur das jeweils richtige Bundesland für seinen Aufenthalt aussuchen.

Mich haben auch in diesem Zusammenhang, die Hinweise von EU-Klagsfluten sehr nachdenklich gemacht und ich möchte letztendlich auch hinzufügen, dass der Weg der Mindeststandards, wie er jetzt vom Bundestierschutzgesetz vorgeschlagen wird, nicht ganz unproblematisch ist, weil das mit Sicherheit zu einem nicht führen darf, nämlich zur Nivellierung nach unten.

Die zweite Bemerkung, die ich machen möchte, setzt sich auseinander mit den Forderungen nach der direkten Demokratie und nach einem gewissen Automatismus. Und fürwahr, wenn man die Verfassung aufschlägt, und zu Artikel 1 kommt, dann liegt auf der Hand, wenn das Recht schon vom Volke ausgeht, warum auch dann nicht in diesem Bereich mutige Schritte nach vorne zu tun?

Meine Perspektiven in diesem Zusammenhang, meine Skepsis, ergibt sich nicht aus dem repräsentativen System. Das würde das wohl aushalten müssen und es gibt auch Staaten, die es aushalten. Es ist aber sehr wohl zu bedenken, dass sich eine Diskussion auf diesem Gebiet auf keinen Fall  in einer Regelung niederschlagen darf, die als Sonntagsregelung zu bezeichnen ist.

Es muss klar sein, dass EU-rechtliche Regelungen für einzelne Mitgliedsstaaten nicht mehr disponibel sind. Ich kann mich sehr gut erinnern an einen diesbezüglichen Vorschlag, der besagt hat, EU-Recht darf nicht solchem Instrumentarium unterworfen werden, ebenso Verfassungsfragen, Grundrechtsfragen, dauernde finanzielle Belastungen.  Wenn man dann die Liste der bisherigen Volksbegehren durchgegangen ist, dann ist man zur Auffassung gelangt, dass es bestenfalls bei einem einzigen solchen Volksbegehren diskutabel ist, ob es überhaupt zulässig gewesen wäre, eine Volksabstimmung durchzuführen.

Meine Position in diesem Zusammenhang daher: Wenn eine solche Regelung vorzunehmen ist, dann ist auch sicherzustellen, dass es zu einer Erweiterung der Demokratie und nicht zu einer Scheindemokratie kommt. – Danke.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Dr. Kostelka. Frau Dr. Lichtenberger, dann Prof. Rack.

Dr. Evelin Lichtenberger: Sehr geehrte Damen und Herren! Vor allem sehr geehrte Damen und Herren der Zivilgesellschaft, die Sie uns heute sehr eindrücklich vor Augen geführt haben, was die Notwendigkeiten für ein modernes Staatsverständnis auch für ein modernes Verständnis von Nachhaltigkeit von staatlichem Handeln ist.

Nun muss man sich eigentlich fragen, warum diese Dinge nicht schon längst Selbstverständlichkeiten sind, warum nach zirka 20 Jahren Diskussion über Nachhaltigkeit, über die Notwendigkeit von Umweltschutz, Naturschutz, Tierschutz nicht schon längst befriedigende Regelungen gefunden worden sind. Die Antwort ist relativ klar: Natürlich gibt es für die Anliegen des Umwelt-, Natur- und Tierschutzes harte Gegner. Sehr harte Gegner, denn ein Denkfehler ist nach wie vor extrem weit verbreitet, nämlich Umweltschutz, Naturschutz und Tierschutz in erster Linie als Bremser für Initiativen zu verstehen und weniger als eine neue Innovationskraft, die auch neues staatliches Handeln ermöglicht und zwar eines unter Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips.

Ich nehme einige Dinge gerne auf, die Sie heute gefordert haben und mir ist auch eines klar geworden; es wird nicht ein Entweder-oder geben können, also entweder ein Grundrecht oder ein Staatsziel, sondern auf Grund der Bedeutsamkeit der Anliegen beide Pfade beschritten werden müssen. Also, sowohl die Frage eines Grundrechts auf Gesundheit oder eine gesunde Umwelt, als auch eine Präzisierung des derzeit existierenden Staatszieles.

Vollkommen klar ist aber aus Ihren Wortmeldungen geworden, dass das Auslangen mit einer Präambel sicher nicht gefunden werden kann. Eine Erwähnung in einer Präambel kann also diese Ziele nicht erfüllen, denn es muss jedenfalls nicht nur festgeschrieben, sondern auch die Umsetzung gesichert werden.

Wenn ich zur Frage der Grundrechte komme, möchte ich aus einem Beispiel, das mir natürlich sehr nahe liegt, das noch einmal illustrieren. Derzeit gibt es die Möglichkeit zum Beispiel eines Frächters, gegen ein Nachtfahrverbot zu klagen, aber die Möglichkeit eines Anrainers zum Schutz seiner Gesundheit Rechtsmittel zu ergreifen, ist wesentlich schlechter bis gar nicht ausgebildet. Und diese Ungleichheit muss auch beseitigt werden. Ich denke an eine Verankerung von Bürgerbeteiligung, von einer Verbandsklage, auch Übernahme der ARHUS-Konvention in ihren wesentlichen Zielsetzungen als unverzichtbare Bestandteile einer neuen Verfassung und glaube, dass jedenfalls direkt demokratische Mechanismen extrem wichtig sind, etwa mit den Grenzen, die hier auch angesprochen worden sind, dass eine Verbandsklage extrem wichtig ist, denn die Umwelt spricht nicht für sich selbst, sie braucht Anwaltschaft. Und da das keine individuellen Rechte sind, müssen wir auch in Richtung Verbandsklage, in Richtung auf eine kollektive Anwaltschaft in diesem Sinne denken und handeln.

Auch über einige Ideen, die hier vorgebracht worden sind, glaube ich, lohnt sich eine weitere und vertiefte Diskussion in den Ausschüssen. Da wäre natürlich, wir haben das ja schon begonnen in einem unserer Ausschüsse, die Frage der Erdehnung der Antiatomhaltung der österreichischen Verfasstheit derzeit auf außerpolitisches Handeln  eine sehr wichtige Idee.

Ich denke auch, dass die Idee mit der Raumordnungskonferenz eine sehr interessante ist. Wie man allerdings dann diese Raumordnungskonferenz beschickt, wird die zentrale Frage für die Umsetzung sein, denn eine zweite Landeshauptleutekonferenz hinter verschlossenen Türen, gerade bei diesem zentralen Anliegen für die Zukunft der Bevölkerung, möchte ich keinesfalls dabei sehen.

Ein Punkt noch zum Schluss: Ich glaube, die Frage des Tierschutzes sollte man nicht nur im Zusammenhang mit Bundes- oder Landeskompetenzen diskutieren, denn die Entwicklung des neuen Bundestierschutzgesetzes hat ja leider gezeigt, dass es nicht unbedingt immer eine Verbesserung bedeutet, wenn eine Verbundlichung stattfindet, zumindest für einige Bundesländer kann das eine wesentliche Verschlechterung sein.

Also, ich glaube, dass diese Ziele unbedingt und unverzichtbar einen zentralen Platz in einer neuen Verfassung haben müssen, sonst würde man sich das Prädikat „moderne Verfassung“ keinesfalls umhängen können. – Danke.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Danke, Frau Kollegin. Am Wort ist Herr Professor  Dr. Reinhard Rack. – Bitte.

Dr. Reinhard Rack: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich relativ kurz halten und ich hoffe, ich kann dieses Versprechen auch einlösen.

Der Grund dafür, weshalb nicht sehr, sehr viel jetzt unmittelbar als Antwort gesagt werden soll und kann, hat damit zu tun, dass die Funktion dieser Anhörung es ja war und ist, hier zuzuhören und dann auch nachzulesen, was uns hier die Vertreter diverser Interessen präsentiert haben.

Diese Anhörung, genau so wie die Erste, hat gezeigt, dass hier sehr wichtige Anliegen präsentiert worden sind, von den sozialen Fragen „Thema Behinderung“ über das „Thema Umwelt“ und Naturschutz bis hin zuletzt zum Sport. Es gibt eigentlich kein Anliegen, wo man sagen könnte, dem kann man nicht zustimmen, das wäre nicht unterstützenswert. Die eigentliche Frage aber, und mit der müssen wir uns intensiv auseinander setzen auf den verschiedensten Ebenen, in den Ausschüssen vor allem auch, ist jene, wie wir dann mit diesen Forderungen umgehen werden, und da ist einiges schon angeklungen, was ich hier noch einmal unterstreichen möchte.

Für mich ist es nicht wirklich verständlich, ob wir, und da sind Forderungen mehrfach erhoben worden, mit der Verschiebung der Zuständigkeiten von den Ländern auf den Bund, etwa beim Thema Tierschutz, nun wirklich der Weisheit letzten Schluss haben. Das erinnert mich an die Anhörungen und an die Diskussionen im Rahmen des Europäischen Verfassungskonvents, wo auch überall dort, wo aus den Mitgliedsstaaten heraus Unzufriedenheit mit der Situation im eigenen Land oder Unzufriedenheit mit irgendwelchen Ergebnissen vorhanden war, dann die Forderung nach Europäisierung erhoben worden ist. Im Übrigen ohne diese Forderung nach Europäisierung mit einer entsprechenden Berücksichtigung auf der finanziellen Seite der Dinge zu begleiten.

Und die zweite Frage ist eben auch, die mir so wirklich Kopfzerbrechen bereitet, weil ich im Ausschuss 1 – Staatszielbestimmungen und im Ausschuss 4 – Grundrechte ja auch ganz konkret mit diesem Thema mich auseinander setzen muss, neben den Kollegen, die dort arbeiten.

Sehr, sehr viele der Forderungen nun auch bei all diesen Anliegen, die in die Richtung gegangen sind, hier bräuchten wir mehr und besseren Schutz für wichtige Themen, sind für mich unter einem Strich eigentlich zu subsumieren. Und der ist der, überall dort, wo wir mit dem, was der einfache Gesetzgeber - sei es jetzt Bundesgesetzgeber oder Landesgesetzgeber - derzeit bietet, anbietet, möglich macht, nicht zufrieden sind, wollen wir das Ganze jetzt dadurch lösen, dass wir es einen Stock höher auf die Verfassungsebene schieben und dort festschreiben. Ersetzen wir also, so gesehen, die einfache Mehrheit durch die Zweidrittelmehrheit. Wenn wir die einfache Mehrheit nicht erreichen, dann sollen wir es mit der Zweidrittelmehrheit schaffen.

Ich sehe hier ein Problem, mit dem wir uns sehr ernsthaft auseinander setzen müssen beim Thema Staatszielbestimmungen, beim Thema Grundrechte und wir sollten dieses Thema nicht nur in einer Abwehrhaltung diskutieren, wie das häufig vorgeworfen wird, sondern wir sollten uns ernsthaft damit auseinander setzen. Tun wir der Sache wirklich etwas Gutes, indem wir unerfüllbare Zielvorstellungen, Wünsche, natürlich auch mit der entsprechenden Signalwirkung, in der Verfassung festschreiben und die Enttäuschung nachher kommen lassen oder wenn wir rechtzeitig sagen, dieses und jenes muss uns so wichtig sein, dass wir diesen Schritt auch ohne der verfassungsrechtlichen Verankerung gehen, aber es kann nicht alles und jedes sein? Danke.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Professor. Letzte Wortmeldung: Professor Raschauer. Gleiche Redezeit, fünf Minuten.

Dr. Bernhard Raschauer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Umwelt und Natur sind die Lebensgrundlagen des Menschen. Völlig klar, aber trotzdem: In dem Moment, wo man sich mit diesen Fragen unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten auseinander setzt, kommt die Spannungslage zum Tragen. Dann ist nicht mehr das, was Umweltpolitik und Naturschutzpolitik ist, gleichzeitig auch Verfassungspolitik. Das bereitet uns die Schwierigkeiten. Und aus den Beratungen möchte ich anders als mein Vorredner, vielleicht doch ein paar Überlegungen als Antwort – gewissermaßen für die Zeit, die Sie geopfert haben – anbieten.

Zur Frage der Landeszuständigkeit. Frau Dr. Binder – ich glaube, sie ist nicht mehr hier, im April bei der Tierschutzenquete sind wir nebeneinander gesessen und ich habe damals gewarnt, nachzulesen im Protokoll, vor einer Bundeszuständigkeit – ist es nicht so, wenn man das Steiermärkische oder das Salzburger Tierschutzgesetz liest, dass es im Rahmen einer bundesrechtlichen Regelung jedenfalls nicht besser werden kann?

Meine Damen und Herren! Ich hätte Angst vor einem Bundesnaturschutzgesetz. Ich habe das wirklich an der Front erlebt und möchte mit Nachdruck davor warnen, eine Naturschutzkompetenz des Bundes anzustreben. Dann gibt es etwa das Semmeringbasistunnel-Problem überhaupt nicht mehr. Dann wäre das Naturschutzrecht nämlich im eisenbahnrechtlichen Verfahren mit anzuwenden. Lasst den Ländern, was Ländersache ist, auch in den Bereichen des Umweltrechts.

Wohl aber ist es, ein Redner hat darauf hingewiesen, sehr wertvoll, das Instrumentarium zur Wahrung der Bundesinteressen bei der Umsetzung von Gemeinschaftsrecht zu intensivieren. Es kann nicht davon abhängig sein, dass wir durch ein europäisches Gericht verurteilt werden. Es haftet immerhin die Republik Österreich. Da muss es künftig andere Umsetzungsinstrumente geben.

Ein Thema, das uns lange beschäftigt hat, ist die Wasserversorgung. Warum es uns so lange beschäftigt hat, hat unter anderem damit zu tun, dass es andere Bereiche der Daseinsvorsorge gibt, wo man nicht in gleicher Weise mit demselben Maßstab messen kann, was die Qualität als Staatsaufgabe betrifft. Und es hat aber auch damit zu tun, dass Wasserversorgung in dem Moment, wo man die Wiener Stadtgrenzen verlässt, nicht mehr notwendig eine kommunale Aufgabe ist. Es gilt eine Formulierung zu finden, die nicht auf eine Verstaatlichung hinausläuft. Hier die richtige Formulierung zu finden, welche die besondere Sorge des Staates für die Wasserversorgung zum Ausdruck bringt, ohne nachteilige Effekte zu haben, ist eine mühsame Sache.

Nachhaltigkeit. Ich persönlich trete gegen die Aufnahme des Begriffes der Nachhaltigkeit in die Verfassung ein. Wenn Sie sich juristisch näher damit beschäftigen, ist Nachhaltigkeit eine Abschwächung gegenüber dem Vorsorgeprinzip. In aller Deutlichkeit ist das nunmehr bei der letzten Wasserrechtsnovelle zu beobachten. Das Wasserrechtsgesetz war ein Vorsorgegesetz, jetzt ist es ein Nachhaltigkeitsgesetz. Das heißt: „Du darfst Gewässer benutzen bis zur Grenze des Kippens“. Das ist nicht klassisches österreichisches Wasserrecht. Daher rate ich auch zur Vorsicht bei Staatszielformulierungen auf diesem Gebiet.

Man muss immer bedenken, Verfassungspolitik ist etwas eigenes. Ich selbst habe Sorge, dass wir wieder darauf und daran sind, den Staat zu überfrachten. Ich sehe nämlich noch nicht, wo die Einsparungspotentiale sind. Es sind derzeit nur neue Anforderungen, wie wir sie insbesondere am Vormittag hörten, die an den Staat herantragen werden. Allerdings: Wenn es sich herausstellt, dass in den weiteren Entwicklungen des Konvents mehr und mehr Forderungen an den Staat – er hat zu fördern und dieses und jenes selbst zu machen – herangetragen werden, dann wird es ganz wichtig sein, dass man das Regelungsniveau bei den Grundlagen des Menschen, Umwelt und Natur, auch in gleicher Weise nachzieht. Dann ist es wahrscheinlich nicht mehr haltbar, es bloß bei einem Bekenntnis zum umfassenden Umweltschutz zu belassen.

Stellvertretender Vorsitzender des Österreich-Konvents Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Professor Raschauer. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit können wir auch die Tagesordnungspunkte 1 und 2 als erledigt betrachten.

Wir haben unser heutiges Arbeitsprogramm erfüllt. Ich möchte mich im Namen aller Konventmitglieder sehr herzlich bedanken bei den Vertretern der Zivilgesellschaft, der Organisationen, die uns hier viele Gesichtspunkte aufgezeigt und wertvolle Anregungen gegeben haben, die sicher in die Arbeit des Konvents in der einen oder anderen Form einfließen werden.

Da dies heute die letzte Sitzung im laufenden Jahr ist, möchte ich feststellen, dass ich glaube, dass doch sehr hart und intensiv gearbeitet wurde von den Mitgliedern des Konvents, ganz besonders in den Ausschüssen, deren Arbeitsintensität, wenn man sich den Terminkalender ansieht, eindrucksvoll ist.

Daher als Erstes einen herzlichen Dank an alle Mitarbeiter, die sich dabei betätigen, Mitarbeiter der einzelnen Konventsmitglieder, des Rechnungshofes, Mitarbeiterinnen des Parlamentes auch und ich freue mich, dass die Kooperation so gut funktioniert.

Zweitens natürlich auch ein Wort des Dankes an die Kolleginnen und Kollegen, die als Mitglieder des Konvents tätig sind und, weil es sich gerade ergibt, dass ich den Vorsitz innehabe, ist das eine gute Gelegenheit, auch dem Herrn Präsident Fiedler herzlich zu danken für die nicht leichte, manchmal schwierige, manchmal auch die Nerven ein bisschen strapazierende, aber letztlich doch schöne und lohnende Arbeit als Vorsitzender. Herzlichen Dank, Herr Präsident Fiedler.

Jetzt steht noch bei mir, dass erstens der 9. Jänner – wie schon bekannt gegeben – als Termin nicht in Anspruch genommen wird. Zweitens, dass die nächste Sitzung für den 26. Jänner geplant ist, wobei die Uhrzeit noch nicht exakt feststeht, aber ich glaube, es kann sich nur um die Frage handeln, ob wir um 9 Uhr oder um 10 Uhr beginnen. Diese schwierige Frage werden wir sicher noch im Konsens lösen können.

Ich wünsche Ihnen schöne Feiertage und ein gutes neues Jahr und darf die Sitzung schließen. Danke vielmals.