Minderheitsrechte im Untersuchungsausschuss
Auszug
aus dem Urteil des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 8. April
2002 (2 BvE 2/01)
In: Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE),
Band 105 (2002),
S. 197 ff.
Leitsätze:
1. Die nach Art. 44 Abs. 1
Satz 1 Grundgesetz (GG) einsetzungsberechtigte Minderheit bestimmt über die
Beweiserhebung im Rahmen des Untersuchungsauftrags und innerhalb des
Mehrheitsprinzips mit. Der Umfang des Mitgestaltungsanspruchs reicht nicht
weiter als derjenige der Mehrheit, ist diesem aber grundsätzlich vom Gewicht
her gleich zu erachten.
2. Das Recht der
qualifizierten Minderheit auf angemessene Berücksichtigung ihrer Beweisanträge
besteht auch in einer Mehrheitsenquête.
3. Den Beweisanträgen der
potentiell einsetzungsberechtigten Minderheit ist grundsätzlich Folge zu
leisten, soweit das Antragsrecht nicht sachwidrig oder missbräuchlich ausgeübt
wird.
4. Die Ablehnung eines
Beweisantrags bedarf der Begründung. Das von der Minderheit angerufene Gericht
hat sich auf die Prüfung zu beschränken, ob die Begründung der Mehrheit
nachvollziehbar und der Wertungsrahmen insbesondere bei der Auslegung des
Untersuchungsauftrags in vertretbarer Weise ausgefüllt worden ist.
5. Können nach Auffassung
der Mehrheit nicht mehr alle Beweisanträge bearbeitet werden, hat sie durch
geeignete Verfahrensregeln sicherzustellen, dass die Minderheit angemessen
berücksichtigt wird und zu Gehör kommt.