VfSlg 15.189/1989 (Legalitätsprinzip)
Rechtssatz
Österreichs zur Europäischen Union so modifiziert worden wäre, dass als Gesetz im Sinne dieser Verfassungsnorm auch eine unmittelbar anwendbare Vorschrift des Gemeinschaftsrechts zu verstehen wäre, die ihrerseits inhaltlich ausreichend vorherbestimmt ist, um eine Verordnung zu tragen, so führte das dazu, dass eine derartige, unmittelbar auf Gemeinschaftsrecht gegründete Verordnung der rechtlichen Kontrolle weitgehend entzogen wäre: Dem Verfassungsgerichtshof steht nämlich eine Kompetenz, generelle österreichische Rechtsnormen am Maßstab des Gemeinschaftsrechts zu prüfen nicht zu und auch der EuGH ist nicht befugt, mitgliedstaatliche Rechtsvorschriften auf ihre Übereinstimmung mit dem Gemeinschaftsrecht zu überprüfen; ein Widerspruch einer generellen österreichischen Rechtsvorschrift zu gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben führt (bloß) zu ihrer – von allen Staatsorganen incidenter wahrzunehmenden - Unanwendbarkeit.
Die erwogene Interpretation führte zum Ergebnis, dass der umfassende Parlamentsvorbehalt des Art 18 Abs 2 B-VG im Wirkungsbereich gemeinschaftsrechtlicher Regelungen gravierend eingeschränkt würde, wäre doch damit den Organen der Verwaltung in Konkurrenz zu den Gesetzgebungsorganen die Möglichkeit zur Umsetzung unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrechts eröffnet.
Nichts zwingt zu einer Interpretation, die eine weitergehende Verfassungsmodifikation annimmt, als erforderlich ist, um den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts zu entsprechen. Angesichts dessen hat sich die vorläufige Annahme des Verfassungsgerichtshofes, dass zur Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften, die wie die Bestimmungen des Art 6 und Art 7 Assoziationsratsbeschluss einer mitgliedsstaatlichen Konkretisierung zugänglich sind, nach dem
Konzept des Art 18 Abs 2 B-VG nicht der Verordnungsgeber, sondern der Gesetzgeber berufen ist.