169/A XXI.GP
der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka
und Genossen
betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem das Bundes - Verfassungsgesetz zur
Einführung einer Landesverwaltungsgerichtsbarkeit geändert wird
Der Nationalrat wolle beschliessen:
Bundesverfassungsgesetz,
mit dem das Bundes - Verfassungsgesetz zur
Einführung einer
Landesverwaltungsgerichtsbarkeit geändert wird
Der Nationalrat hat beschlossen:
Das Bundes -Verfassungsgesetz, zuletzt geändert durch das
Bundesverfassungsgesetz BGBl. 1 Nr. 148/1999, wird wie folgt geändert:
1. Art. 10 Abs. 1 Z 1 wird folgender
Ausdruck angefügt:
,,Verwaltungsgerichtsbarkeit, ausgenommen Organisation der Verwaltungsgerichte in
den Ländern, jedoch einschließlich der Art der Ausübung der Gerichtsbarkeit und der
Beratung und Abstimmung;“
2. In Art. 10 Abs. 1 Z 6 entfällt der
Ausdruck ,,Verwaltungsgerichtsbarkeit;“
3. Art. 82 Abs. 1 lautet:
„(1) Soweit nicht hinsichtlich der Verwaltungsgerichtsbarkeit anderes bestimmt ist,
geht alle Gerichtsbarkeit vom Bund aus.“
4. Art. 89 lautet:
„Artikel 89. (1) Die Prüfung der Gültigkeit gehörig kundgemachter Verordnungen,
Wiederverlautbarungen, Gesetze und Staatsverträge steht, soweit in diesem Artikel nicht
anderes bestimmt ist, den Gerichten nicht zu.
(2) Hat ein Gericht gegen die Anwendung einer Verordnung aus dem Grund der
Gesetzwidrigkeit Bedenken, so hat es den Antrag auf Aufhebung dieser Verordnung
beim Verfassungsgerichtshof zu stellen. Hat ein zur Entscheidung in zweiter Instanz
zuständiges Gericht, der Oberste Gerichtshof, ein Verwaltungsgericht oder der
Verwaltungsgerichtshof gegen die Anwendung
eines Gesetzes aus dem Grund der
Verfassungswidrigkeit Bedenken, so hat es den Antrag auf Aufhebung dieses Gesetzes
beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.
(3) Ist die vom Gericht anzuwendende Rechtsvorschrift bereits außer Kraft getreten,
so hat der Antrag des Gerichtes an den Verfassungsgerichtshof die Feststellung zu
begehren, daß die Rechtsvorschrift gesetzwidrig oder verfassungswidrig war.
(4) Abs. 2 erster Satz und Abs. 3 gelten für Wiederverlautbarungen, Abs. 2 und
Abs. 3 nach Maßgabe des Art. 140a für Staatsverträge sinngemäß.
(5) Welche Wirkungen der Antrag des Gerichtes für das bei ihm anhängige
Verfahren hat, wird durch Bundesgesetz geregelt.“
5. Art. 111 lautet.‘
„Artikel 111. Zur Entscheidung in Angelegenheiten des Bauwesens und des
Abgabenwesens sowie in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der
Gemeinde können besondere Verwaltungsgerichte eingerichtet werden, die in der Regel
in der Sache selbst entscheiden.“
6. In Art. 118 Abs. 4 erster Satz entfällt
der Ausdruck ,, - vorbehaltlich der
Bestimmungen des Artikels 119 a Absatz 5 -“.
7. Nach Art. 118 Abs. 4 wird folgender Abs.
4a eingefügt.‘
„(4a) Gegen einen im eigenen Wirkungsbereich erlassenen Bescheid eines Organes
der Gemeinde kann Beschwerde beim Verwaltungsgericht (Art. 130 Abs. 1 Z 1)
beziehungsweise beim Verwaltungsgerichtshof (Art. 135c Abs. 1 Z 1) und beim
Verfassungsgerichtshof (Art. 144 Abs. 1) erhoben werden.“
8. Art. 119a Abs. 5 entfällt.
9. In Art. 119a Abs. 9 lautet:
„(9) Die Gemeinde hat im aufsichtsbehördlichen Verfahren Parteistellung; sie ist
berechtigt, gegen die Aufsichtsbehörde Beschwerde beim Verwaltungsgericht (Art. 131)
und beim Verfassungsgerichtshof (Art. 144 Abs. 1) zu erheben.“
10. Das Sechste Hauptstück lautet.‘
„Sechstes Hauptstück
Garantien
der Verfassung und Verwaltung
A.
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Artikel 129. (1) Die Verwaltungsgerichtsbarkeit wird durch die
Verwaltungsgerichte in den Ländern und durch den Verwaltungsgerichtshof in Wien
ausgeübt.
(2) Zur Entscheidung in Angelegenheiten des Art. 10 Abs. 1 kann ein besonderes
Verwaltungsgericht eingerichtet werden. Für dieses gelten Art. 135h Abs. 2 erster Satz
und Abs. 3 dritter Satz und Art. 136 sinngemäß; Art. 133 Abs. 2 und Abs. 3 zweiter Satz
und Art. 135 gelten nicht.
1.
Verwaltungsgerichte
Artikel 130. (1) Die Verwaltungsgerichte erkennen über Beschwerden, womit
1. Rechtswidrigkeit von Bescheiden der
Verwaltungsbehörden oder
2. Rechtswidrigkeit von Akten unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls - und
Zwangsgewalt (Maßnahmen) oder
3. Verletzung der Entscheidungspflicht der Verwaltungsbehörden
behauptet wird. Durch Bundes - oder Landesgesetz kann vorgesehen werden, daß über
Rechtswidrigkeit von Maßnahmen durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu
entscheiden ist. In Verwaltungsstrafsachen kann die Beschwerde gemäß Abs. 1 Z 3
durch Bundesgesetz ausgeschlossen werden.
(2) Ob und unter welchen Voraussetzungen gegen ein sonstiges Verhalten der
Verwaltungsbehörden in Vollziehung der Gesetze wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde
erhoben werden kann, wird durch Bundes - oder Landesgesetz geregelt.
(3) In den Angelegenheiten, in denen die Beschwerde gemäß Abs. 1 Z 1 an die
Verwaltungsgerichte zulässig ist, ist ein administrativer Instanzenzug ausgeschlossen.
(4) Die Verwaltungsgerichte entscheiden - abgesehen vom Fall des Art. 118
Abs. 4a - in der Regel in der Sache selbst.
Artikel 131. (1) Gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde kann gemäß
Art. 130 Abs. 1 Z 1 Beschwerde erheben:
1. wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet;
2. in den Angelegenheiten der Art. 11, 11 a, 12, 14 Abs. 2 und 3 und 14a Abs. 3 und
4 auch der zuständige Bundesminister;
3. in den Angelegenheiten des Art. 15 Abs. 5 erster Satz auch die Landesregierung.
(2) Unter welchen Voraussetzungen auch in anderen als den in Abs. 1 angeführten
Fällen Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 gegen Bescheide zulässig sind, wird
durch Bundes - oder Landesgesetz geregelt.
(3) Gegen die Maßnahme kann gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 Beschwerde erheben,
wer durch sie in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
(4) Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1
Z 3 kann erheben, wer als Partei des Verwaltungsverfahrens zur Geltendmachung der
Entscheidungspflicht berechtigt war.
Artikel 132. Ausgeschlossen von der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte sind
die Angelegenheiten:
1. die in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes oder des
Verfassungsgerichtshofes fallen;
2. die in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte fallen;
3. die in die Zuständigkeit der Abgabenbehörden oder der Finanzstrafbehörden des
Bundes fallen;
4. in denen die Entscheidung in oberster Instanz einer Kollegialbehörde zusteht,
deren Mitglieder gemäß verfassungsgesetzlichen Bestimmungen oder gemäß
Art. 20 Abs. 2 in Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden sind.
Artikel 133. (1) Das Verwaltungsgericht besteht aus einem Präsidenten, einem
Vizepräsidenten und der erforderlichen Zahl von sonstigen Mitgliedern. Die Mitglieder
des Verwaltungsgerichtes bilden die Vollversammlung.
(2) Die Mitglieder des
Verwaltungsgerichtes ernennt die Landesregierung.
(3) Die Mitglieder des Verwaltungsgerichtes müssen das Studium der
Rechtswissenschaften abgeschlossen und bereits durch mindestens fünf Jahre eine
Berufsstellung bekleidet haben, für die der Abschluß dieses Studiums vorgeschrieben
ist. Wenigstens der vierte Teil der Mitglieder soll aus dem Kreis der Bundesbediensteten
entnommen werden.
(4) Dem Verwaltungsgericht können Mitglieder der Bundesregierung, einer
Landesregierung oder eines allgemeinen Vertretungskörpers nicht angehören. Zum
Präsidenten oder Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtes kann nicht bestellt werden,
wer eine der im ersten Satz bezeichneten Funktionen in den letzten vier Jahren bekleidet
hat.
(5) Die Mitglieder des Verwaltungsgerichtes sind berufsmäßig angestellte Richter.
Die Bestimmungen des Art. 87 Abs. 1 und 2 und des Art. 88 Abs. 2 sind auf sie
anzuwenden. Am 31. Dezember des Jahres, in dem sie das 65. Lebensjahr vollenden,
treten sie kraft Gesetzes in den dauernden Ruhestand.
Artikel 134. (1) Das Verwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter oder durch
Senate. Die Senate sind von der Vollversammlung aus den Mitgliedern des
Verwaltungsgerichtes zu bilden.
(2) Die Geschäfte sind durch die Vollversammlung auf die Mitglieder des
Verwaltungsgerichtes für die landesgesetzlich bestimmte Zeit im voraus zu verteilen.
Eine nach dieser Geschäftsverteilung einem Mitglied zufallende Sache darf diesem nur
durch Verfügung der Vollversammlung und nur im Fall seiner Verhinderung oder dann
abgenommen werden, wenn er wegen des Umfangs seiner Aufgaben an deren
Erledigung innerhalb einer angemessenen Frist gehindert ist.
(3) Die nach Abs. 1 und 2 der Vollversammlung obliegenden Geschäfte können
auch von einem Ausschuß derselben besorgt werden.
Artikel 135. Die nähere Organisation und das Verfahren der Verwaltungsgerichte
wird auf Grund der Bundes - und Landesgesetze durch eine von der Vollversammlung zu
beschließende Geschäftsordnung geregelt.
2.
Verwaltungsgerichtshof
Artikel 135a. (1) Der Verwaltungsgerichtshof erkennt
1. über Rechtsmittel, womit Rechtswidrigkeit von Entscheidungen der
Verwaltungsgerichte, oder
2. über Rechtsbehelfe, womit Verletzung der Entscheidungspflicht der
Verwaltungsgerichte
behauptet wird.
(2) Art. 130 Abs. 5 gilt sinngemäß.
(3) Der Verwaltungsgerichtshof kann ein Rechtsmittel gemäß Art. 135a Abs. 1 Z 1
durch Beschluß ablehnen. Die Ablehnung ist unzulässig, wenn die Entscheidung von
der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt,
insbesondere weil das Verwaltungsgericht von der Rechtsprechung des
Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu
lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes
nicht einheitlich beantwortet wird.
Artikel 135b. (1) Der Verwaltungsgerichtshof erkennt über Kompetenzkonflikte
der Verwaltungsgerichte untereinander und zwischen den Verwaltungsgerichten und
dem Verwaltungsgerichtshof selbst.
(2) Ist ein Verwaltungsgericht aus Gründen der Befangenheit an der Ausübung der
Gerichtsbarkeit gehindert, so bestimmt der Verwaltungsgerichtshof ein anderes
Verwaltungsgericht zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache.
Artikel 135c. (1) Der Verwaltungsgerichtshof erkennt
1. über Beschwerden, womit Rechtswidrigkeit von Bescheiden folgender
Verwaltungsbehörden behauptet wird:
a) der Abgabenbehörden und der Finanzstrafbehörden des Bundes;
b) von Kollegialbehörden, deren Mitglieder gemäß verfassungsgesetzlichen
Bestimmungen in Ausübung ihres Amtes an keine Weisungen gebunden sind;
c) von Kollegialbehörden, deren Mitglieder gemäß Art. 20 Abs. 2 in Ausübung
ihres Amtes an keine Weisungen gebunden sind, sofern die Erhebung einer
Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof gesetzlich ausdrücklich für zulässig
erklärt ist;
2. über Beschwerden, womit Verletzung der Entscheidungspflicht der in Z 1
genannten Verwaltungsbehörden behauptet wird.
(2) Art. 130 Abs. 5 gilt sinngemäß.
(3) Der Verwaltungsgerichtshof kann eine Beschwerde gemäß Art. 135c Abs. 1 Z 1
durch Beschluß ablehnen. Art. 135a Abs. 3 zweiter Satz gilt sinngemäß.
Artikel 135d. (1) Gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde kann gemäß Art.
135c Abs. 1 Z 1 Beschwerde erheben:
1. wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach
Erschöpfung des Instanzenzuges;
2. in den Angelegenheiten der Art. 11, 11a, 12, 14 Abs. 2 und 3 und 14a Abs. 3 und
4 sowie in jenen Angelegenheiten, in denen dem Bescheid eines Landes - oder
Bezirksschulrates ein kollegialer Beschluß zugrunde liegt, der zuständige
Bundesminister, soweit die Parteien den Bescheid im administrativen
Instanzenzug nicht mehr anfechten können.
(2) Unter welchen Voraussetzungen auch in anderen als den in Abs. 1 angeführten
Fällen Beschwerden gemäß Art. 135c Abs. 1 Z 1 gegen Bescheide zulässig sind, wird
durch Bundes - oder Landesgesetz bestimmt.
(3) Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 135c Abs. 1
Z 2 kann erheben, wer als Partei des Verwaltungsverfahrens zur Geltendmachung der
Entscheidungspflicht berechtigt war.
Artikel 135e. Der Verwaltungsgerichtshof erkennt über Beschwerden wegen
Verletzung der Entscheidungspflicht auch unter folgenden Voraussetzungen: Ist in einer
Angelegenheit der Art. 11, 11 a, 12, 14 Abs. 2 und 3 und 14a Abs. 3 und 4 von Amts we -
gen ein Bescheid zu erlassen und unterläßt die zuständige Verwaltungsbehörde dies
rechtswidrigerweise, so kann der zuständige Bundesminister die Landesregierung
auffordern, für die Erlassung des Bescheides zu sorgen. Wird der Bescheid nicht
innerhalb von sechs Monaten nach einer solchen
Aufforderung erlassen, so kann der
zuständige Bundesminister Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht
erheben.
Artikel 135f. Der Verwaltungsgerichtshof erkennt über Beschwerden gegen
Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.
Artikel 135g. Ausgeschlossen von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes
sind:
1. die Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte oder des
Verfassungsgerichtshofes fallen;
2. die Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte fallen.
3. sofern durch Bundes - oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, die
Angelegenheiten, in denen die Entscheidung in oberster Instanz einer
Kollegialbehörde zusteht, deren Mitglieder gemäß Art. 20 Abs. 2 in Ausübung
ihres Amtes an keine Weisungen gebunden sind.
Artikel 135h. (1) Der Verwaltungsgerichtshof besteht aus einem Präsidenten, einem
Vizepräsidenten und der erforderlichen Zahl von sonstigen Mitgliedern
(Senatspräsidenten und Räten).
(2) Den Präsidenten, den Vizepräsidenten und die sonstigen Mitglieder des
Verwaltungsgerichtshofes ernennt der Bundespräsident auf Vorschlag der
Bundesregierung. Die Bundesregierung erstattet ihre Vorschläge, soweit es sich nicht
um die Stelle des Präsidenten oder des Vizepräsidenten handelt, auf Grund von
Dreiervorschlägen der Vollversammlung des Verwaltungsgerichtshofes.
(3) Alle Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes müssen das Studium der
Rechtswissenschaften abgeschlossen und bereits durch mindestens zehn Jahre eine
Berufsstellung bekleidet haben, für die der Abschluß dieses Studiums vorgeschrieben
ist. Wenigstens der dritte Teil der Mitglieder muß die Befähigung zum Richteramt
haben. Wenigstens der vierte Teil der Mitglieder soll aus dem Kreis der Bediensteten
der Länder, der Gemeinden und der Gemeindeverbände, womöglich aus dem Kreis der
Landesbediensteten, entnommen werden.
(4) Art. 133 Abs. 4 gilt sinngemäß mit der Maßgabe, daß für Mitglieder der
allgemeinen Vertretungskörper, die auf eine bestimmte Gesetzgebungs - oder
Funktionsperiode gewählt wurden, die Unvereinbarkeit auch bei vorzeitigem Verzicht
auf das Mandat bis zum Ablauf der Gesetzgebungs - oder Funktionsperiode fortdauert.
Art. 133 Abs. 5 gilt sinngemäß.
Artikel 135i. Der Verwaltungsgerichtshof entscheidet durch Senate. Die Geschäfte
sind durch die Vollversammlung auf die Senate für die bundesgesetzlich bestimmte Zeit
im voraus zu verteilen. Art. 134 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 zweiter Satz gilt
sinngemäß.
Artikel 136. Die nähere Organisation und das Verfahren des
Verwaltungsgerichtshofes wird auf Grund der Bundesgesetze durch eine von der
Vollversammlung zu beschließende
Geschäftsordnung geregelt.“
11. Die Überschrift vor Art. 137 lautet:
,,B.
Verfassungsgerichtsbarkeit“
12. Art. 138 Abs. 1 lit. b lautet
,,b) zwischen den Verwaltungsgerichten oder dem Verwaltungsgerichtshof und
allen anderen Gerichten, insbesondere auch zwischen diesen Gerichten und
dem Verfassungsgerichtshof selbst, sowie zwischen den ordentlichen
Gerichten und anderen Gerichten;“
13. Art. 139 Abs. 1 erster Satz lautet:
„Der Verfassungsgerichtshof erkennt über Gesetzwidrigkeit von Verordnungen einer
Bundes - oder Landesbehörde auf Antrag eines Gerichtes, sofern aber der
Verfassungsgerichtshof eine solche Verordnung in einer anhängigen Rechtssache
anzuwenden hätte, von Amts wegen.“
14. Art. 139a lautet:
„Artikel 139a. Der Verfassungsgerichtshof erkennt über Gesetzwidrigkeit von
Wiederverlautbarungen auf Antrag eines Gerichtes, sofern aber der
Verfassungsgerichtshof eine solche Wiederverlautbarung in einer anhängigen
Rechtssache anzuwenden hätte, von Amts wegen. Er erkennt über Gesetzwidrigkeit von
Wiederverlautbarungen eines Landes auch auf Antrag der Bundesregierung und über
Gesetzwidrigkeit von Wiederverlautbarungen des Bundes auch auf Antrag einer
Landesregierung. Er erkennt ferner über Gesetzwidrigkeit von Wiederverlautbarungen
auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren
Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Wiederverlautbarung ohne Fällung einer
gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person
wirksam geworden ist. Art. 139 Abs. 2 bis 6 ist sinngemäß anzuwenden.“
15. Art. 140 Abs. 1 erster Satz lautet:
„Der Verfassungsgerichtshof erkennt über Verfassungswidrigkeit eines Bundes - oder
Landesgesetzes auf Antrag eines zur Entscheidung in zweiter Instanz zuständigen
Gerichtes, des Obersten Gerichtshofes, eines Verwaltungsgerichtes oder der
Verwaltungsgerichtshofes, sofern aber der Verfassungsgerichtshof ein solches Gesetz in
einer anhängigen Rechtssache anzuwenden hätte, von Amts wegen.“
16. Art. 144 lautet:
„Artikel 144. (1) Der Verfassungsgerichtshof erkennt über Beschwerden gegen
Bescheide der Verwaltungsbehörden, soweit der Beschwerdeführer durch den Bescheid
in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer
gesetzwidrigen Verordnung, einer gesetzwidrigen Wiederverlautbarung, eines
verfassungswidrigen Gesetzes oder eines rechtswidrigen Staatsvertrages in seinen
Rechten verletzt zu sein behauptet.
(2) Der Verfassungsgerichtshof kann eine Beschwerde bis zur Verhandlung durch
Beschluß ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der
Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist. Dies
gilt nicht in Angelegenheiten, die gemäß Art. 132 von der Zuständigkeit der
Verwaltungsgerichte und gemäß Art. 135g von der Zuständigkeit des
Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen sind.
Lehnt der Verfassungsgerichtshof die
Beschwerde ab, so hat er sie auf Antrag des Beschwerdeführers dem Verwaltungsgericht
oder dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abzutreten.
(3) Erkennt der Verfassungsgerichtshof, daß der Beschwerdeführer durch den
angefochtenen Bescheid weder in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten
noch wegen Anwendung rechtswidriger Rechtsvorschriften in seinen Rechten verletzt
worden ist, so hat er die Beschwerde auf Antrag des Beschwerdeführers dem
Verwaltungsgericht oder dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abzutreten.
Dies gilt nicht in Angelegenheiten, die gemäß Art. 132 von der Zuständigkeit der
Verwaltungsgerichte beziehungsweise gemäß Art. 135g von der Zuständigkeit des
Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen sind.“
17. in Art. 147 Abs. 2 wird der Ausdruck
„ihren ständigen Wohnsitz“ durch den
Ausdruck „ihren Hauptwohnsitz“ ersetzt.
18. Art. 147 Abs. 3 lautet..
„(3) Der Präsident, der Vizepräsident, die sonstigen Mitglieder und die
Ersatzmitglieder müssen das Studium der Rechtswissenschaften abgeschlossen und
bereits durch mindestens zehn Jahre eine Berufsstellung bekleidet haben, für die der
Abschluß dieses Studiums vorgeschrieben ist.“
19. Art. 148 lautet:
„Artikel 148. Die nähere Organisation und das Verfahren des
Verfassungsgerichtshofes wird auf Grund der Bundesgesetze durch eine von der
Vollversammlung zu beschließende Geschäftsordnung geregelt.“
20. Art 151 wird folgender Abs. 20
angefügt:
„(20) Die Art. 10 Abs. 1 Z 1 und 6, 82 Abs. 1, 89, 111, 118 Abs.4 und 4a, 119a
Abs. 9, das Sechste Hauptstück, die Überschrift vor Art. 137, die Art. 138 Abs. 1 lit. b,
139 Abs. 1 erster Satz, 139a, 140 Abs. 1 erster Satz, 144,147 Abs. 3 und 148 in der
Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2000 treten mit xx. xxxxxx
xxxx in Kraft. Art. 119a Abs. 5 tritt mit Ablauf des yy. yyyyy yyyy außer Kraft. Als
Abschluß des Studiums der Rechtswissenschaften im Sinne der Art. 133 Abs. 3, 135h
Abs. 3 und 147 Abs. 3 in der Fassung des Bundesverfassungsgesetzes BGBl. I
Nr. xxx/2000 gilt auch die Vollendung der rechts - und staatswissenschaftlichen
Studien.“
Zuweisungsvorschlag: Verfassungsgerichtshof
Zu Z 1 (Art. 10 Abs. 1 Z 1) und Z 2 (Art.
10 Abs. 1 Z 6):
Die Übernahme des Kompetenztatbestandes ,‚Verwaltungsgerichtsbarkeit ...„ in Art. 10
Abs. 1 Z 1 ist auch in Art. 1 Z 2 der Regierungsvorlage einer Bundes -
Verfassungsgesetz - Novelle 1996 (14 BlgNR XX. GP) vorgesehen und wird in den
bezughabenden Erläuterungen zutreffend mit dem inhaltlichen Zusammenhang dieses
Kompetenztatbestandes mit dem Kompetenztatbestand ,‚Verfassungsgerichtsbarkeit“
begründet. Ergänzend ist hinzuzufügen, daß die systematische Zuordnung des
Kompetenztatbestandes ,‚Verwaltungsgerichtsbarkeit“ zu dieser Ziffer des Art. 10
bereits im Jahr 1920 erwogen wurde (vgl. die Fassung Renner des Art. 25 Z 1 des
Renner - Mayer - Entwurfes, abgedruckt bei Ermacora, Die Entstehung der
Bundesverfassung 1920, Bd. 4. Die Sammlung der Entwürfe zur Staats - bzw.
Bundesverfassung [1990], 414 ff [426]).
Die Organisation der Verwaltungsgerichte in den Ländern (vgl. Art. 12 Abs. 1 Z 1 B -
VG 1920) ist nach der vorgeschlagenen Bestimmung in Gesetzgebung und Vollziehung
Landessache, allerdings mit bestimmten, taxativ aufgezählten Ausnahmen. Unter der
gesetzlichen Regelung der „Art der Ausübung der Gerichtsbarkeit“ (zum Begriff die
Überschrift vor den §§ 5 bis 8 JN) ist die Festlegung innergerichtlicher
„Zuständigkeiten“ zu verstehen, also insb. die Regelung der Frage, ob das
Verwaltungsgericht durch Einzelrichter oder durch Senate zu entscheiden hat, aus
wievielen Mitglieder ein Senat besteht, ob und unter welchen Voraussetzungen
„verstärkte Senate“ zu bilden sind, und welche Funktion ein Berichter hat (vgl. die
§§ 11 bis 14 VwGG); auch die Zuweisung von Aufgaben an den Präsidenten und die
Vollversammlung gehören hierher. Der Tatbestand „Beratung und Abstimmung“ ist
nicht erklärungsbedürftig (vgl. die §§ 9 bis 14 sowie § 15 VwGG).
Daß das Dienstrecht der Mitglieder der Verwaltungsgerichte in den Ländern in
Gesetzgebung und Vollziehung Landessache ist, ergibt sich aus Art. 21 und braucht
daher nicht gesondert erwähnt werden. Auslegungsprobleme, wie sie der geltende
Art. 129b Abs. 6 B - VG aufwirft, können dadurch vermieden werden (vgl. Thienel,
Öffentlicher Dienst und Kompetenzverteilung [1990], 127 ff).
Die Organisation des besonderen Verwaltungsgerichtes gemäß Art. 129 Abs. 2 ist nach
dem vorgeschlagenen Art. 10 Abs. 1 Z 1 in Gesetzgebung und Vollziehung
Bundessache (vgl. Art. 129 Abs. 2 iVm. Art. 136). Ebenfalls in Gesetzgebung und
Vollziehung Bundessache ist gemäß Art. 10 Abs.1 Z 16 B - VG das Dienstrecht seiner
Mitglieder (vgl. Art. 129 Abs. 2 iVm. Art. 135h Abs. 2 erster Satz).
Nach Art. 130 Abs. 1 erster Satz werden die Kompetenzen der Verwaltungsgerichte im
B - VG grundsätzlich abschließend geregelt. Anders ist dies bezüglich des Art. 130 Abs.
2, wonach die (einfache) Gesetzgebung Beschwerden gegen ein „sonstiges Verhalten
der Verwaltungsbehörden in Vollziehung der
Gesetze“ vorsehen kann; siehe dazu die
Erläuterungen zu Z 10 (Art. 130 Abs. 2). Eine Art negativer Kompetenz - Kompetenz der
(einfachen) Gesetzgebung enthält Art. 130 Abs. 1 zweiter und dritter Satz.
Schließlich ergibt sich aus dem vorgeschlagenen Art. 10 Abs. 1 Z 1, daß das Verfahren
der Verwaltungsgerichte in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache ist; vgl. Art.
135 (Z 10).
Zu Z 3 (Art. 82 Abs. 1):
Die Neufassung des Art. 82 Abs. 1 B - VG ist erforderlich, weil sich Art. 82 auch auf die
Verfassungs - und Verwaltungsgerichtsbarkeit bezieht (vgl. Kelsen/Froehlich/Merk/,
Bundesverfassung 1920 [1922], 178).
Zu Z 4 (Art. 89):
Entsprechend den unabhängigen Verwaltungssenaten sollen auch die
Verwaltungsgerichte die Befugnis haben, rechtswidrige Rechtsvorschriften (generelle
Normen) beim Verfassungsgerichtshof anzufechten. Diese Befügnis soll auch die
Anfechtung von Wiederverlautbarungen erfassen, wodurch ein aus Anlaß der B - VG -
Novelle 1988 unterlaufenes Redaktionsversehen beseitigt werden kann (vgl. Aichlreiter,
Unabhängige Verwaltungssenate und Normenkontrolle, JBl. 1990, 606 f.; Thienel,
Verfahren der Verwaltungssenate 2 [1992], 123 ff; Walter/Mayer,
Bundesverfassungsrecht 8 [1996], Rz 1138).
Aus Art. 135 Abs. 4 muß der Schluß gezogen werden, daß Art. 89 seit dem Inkrafttreten
der B - VG - Novelle 1975 auf den Verwaltungsgerichtshof nur im Wege der Verweisung
Anwendung findet. Dies entspricht nicht dem historischen Verständnis der Schöpfer der
Bundesverfassung, die davon ausgingen, daß Art. 89 des Bundes - Verfassungsgesetzes
1920 für alle Gerichte mit Ausnahme des Verfassungsgerichtshofes, also auch für den
Verwaltungsgerichtshof gilt (vgl. Kelser:/Froehlich/Merkl, Bundesverfassung 1920
[1922], 181 ff). Anstatt eine weitere - auch legistisch unzweckmäßige -
Verweisungsbestimmung für die Verwaltungsgerichte zu schaffen, soll Art. 89 zur
Gänze neu erlassen werden; dieser gilt künftig auch für die Verwaltungsgerichte und
den Verwaltungsgerichtshof.
Im übrigen siehe die Erläuterungen zu Z 14 (Art. 139a).
Zu Z 6 (Art. 118 Abs. 4 erster Satz), Z 7
(Art. 118 Abs. 4a), Z 8 (Art. 119a Abs. 5
B - VG) und Z 9 (Art. 119a Abs. 9):
Der vorgeschlagene Art. 118 Abs. 4a soll klarstellen, daß gegen Gemeindebescheide
unmittelbar Beschwerde beim Verwaltungsgericht und beim Verfassungsgerichtshof
erhoben werden kann.
Zu Z 10 (Sechstes Hauptstück):
Zu den Überschriften der Abschnitte A und
B:
Der Titel des Abschnittes A („Verwaltungsgerichtsbarkeit“) folgt dem Titel des
Abschnittes B des Dritten Hauptstückes („Gerichtsbarkeit“); der Titel des Abschnittes B
war entsprechend anzupassen.
Zu Art. 129:
Nach dem geltenden Art. 129 B - VG ist (ua.) der Verwaltungsgerichtshof „[z]ur
Sicherung der Gesetzmäßigkeit der gesamten öffentlichen Verwaltung... berufen“.
Diese Formulierung wurde durch die Verfassungs- und Verwaltungsgerichtsbarkeits -
Novelle 1946, BGBl. Nr.211, eingeführt, geht aber auf die Verfassung 1934 zurück. Da
sie in der Lehre wiederholt als zu weit kritisiert wurde (vgl. Oberndorfer, Die
österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit [1983], 61; Dolp, Die
Verwaltungsgerichtsbarkeit3 [1987], Anm. 3 zu Art. 129 B - VG), soll sie vermieden und
durch die in Abs. 1 vorgeschlagene, neutralere Formulierung ersetzt werden.
Abs. 2 erster Satz soll die (einfache) (Bundes)Gesetzgebung ermächtigen, für die
Angelegenheiten des Art. 10 Abs. 1 ein besonderes Verwaltungsgericht einzurichten
(vgl. derzeit Art. 129c B - VG). Aus Abs. 2 zweiter Satz ergibt sich, inwieweit die
verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen für dieses Verwaltungsgericht von den für
die Verwaltungsgerichte in den Ländern abweichen. Im übrigen gelten die
Bestimmungen des B - VG betreffend die Verwaltungsgerichte auch für dieses
Verwaltungsgericht.
Zu Art. 130:
Abs. 1 bestimmt die möglichen Gegenstände der verwaltungsgerichtlichen Prüfung und
den Maßstab für diese Prüfung.
Abs. 1 erster Satz entspricht im wesentlichen Art. 130 Abs. 1 erster Satz B - VG in der
Fassung der B - VG - Novelle 1975. Die für die „Akte unmittelbarer
verwaltungsbehördlicher Befehls - und Zwangsgewalt“ übliche Bezeichnung
„Maßnahme“ wird als Rechtsbegriff in das B - VG eingeführt (vgl. Art. 1 Abs. 2 und 3
des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit).
Abs. 1 zweiter Satz soll dem Umstand Rechnung tragen, daß in den
Verwaltungsvorschriften verschiedentlich administrative Rechtsbehelfe gegen Akte
unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls - und Zwangsgewalt vorgesehen sind
(vgl. näher Thienel, Das Verfahren der Verwaltungssenate2 [1992], 121 f.).
Die Formulierung des Art. 132 B - VG hat in der Rechtsprechung zu erheblichen
Unklarheiten (vgl. VwGH 22.3.1996, Zl. 95/17/0450 zum Begriff "Finanzstrafsachen“)
sowie zu einer problematischen
Auslegungsdivergenz zwischen Verwaltungsgerichtshof
und Verfassungsgerichtshof geführt (vgl. VwSlgNF 11.682A einerseits und VfSlg.
13.987/1994 andererseits). Dies hat wegen des untrennbaren Zusammenhanges der
Regelungen betreffend den Säumnisschutz im Verwaltungsstrafverfahren und vor dem
Verwaltungsgerichtshof Rückwirkungen auf die einfachgesetzliche Rechtslage und steht
einer konsistenten Regelung des
Säumnisschutzes entgegen. Mit Abs. 1 dritter Satz
wird daher davon abgesehen, die Berechtigung zur Erhebung der Säumnisbeschwerde
im B - VG abschließend und kasuistisch (‚,Finanzstrafsachen“, ,‚Privatanklagesachen“,
„landesgesetzliches Abgabenstrafrecht“) zu regeln. Stattdessen soll die einfache
Gesetzgebung ermächtigt werden, die Säumnisbeschwerde in „Verwaltungsstrafsachen“
auszuschließen. In welchem Umfang sie dies tut, steht innerhalb der
verfassungsrechtlichen Schranken - in ihrer rechtspolitischen Dispositionsfreiheit. Die
Ermächtigung bezieht sich auf alle in Verwaltungsstrafsachen ergebenden, also auch die
verfahrensrechtlichen Bescheide.
,,Verwaltungsstrafsachen“ im Sinne des vorgeschlagenen Abs. 1 dritter Satz sind
zunächst die Verfahren wegen ‚,Verwaltungsübertretungen im Sinne des VStG“, das
sind gemäß Art. VI Abs. 1 und 3 EGVG alle Übertretungen, die von Behörden zu
ahnden sind, für deren behördliches Verfahren gemäß Art. II EGVG das AVG und das
VStG gelten. Hinzu kommt gemäß § 254 Abs. 1 FinStrG der sog. „Bereich des
landesgesetzlichen Abgabenstrafrechts“, soweit für Strafverfahren in diesem Bereich
das VStG gilt. Eine Ausnahme hinsichtlich der ,‚Finanzstrafsachen des Bundes“, wie sie
im geltenden Art. 129a Abs. 1 Z 1 B - VG enthalten ist, ist wegen des vorgeschlagenen
Art. 132 Z 3 entbehrlich.
Abs. 2 soll die (einfache) Gesetzgebung ermächtigen, Beschwerden gegen ein
„sonstiges Verhalten der Verwaltungsbehörden in Vollziehung der Gesetze“ (vgl.
Art. 23 B - VG) vorzusehen. Die Übertragung der Zuständigkeit zur Kontrolle über Akte
der Privatwirtschaftsverwaltung an ein Verwaltungsgericht ist demnach auch weiterhin
(entgegen VfGH 26.6.1997, G 270/96 ua.) verfassungsrechtlich ausgeschlossen. Durch
Inanspruchnahme der Kompetenz - Kompetenz des Art. 130 Abs. 2 können
Rechtsschutzlücken geschlossen werden, die sich aus dem Typenzwang des
Rechtsquellensystems der Bundesverfassung ergeben (vgl. Mayer, Die „Normativität“
faktischer Amtshandlungen, FS Walter [1991], 463; Merli, „Normativität“ und Begriff
der „Maßnahme“ nach Art. 129a Abs. 1 Z 2 B - VG, ZfV 1993, 251).
Soweit die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte im Bescheidbeschwerdeverfahren
gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 reicht, wird es nach Abs. 3 nur mehr eine
Verwaltungsinstanz geben.
Aus Abs. 4 ergibt sich, daß die Verwaltungsgerichte - abgesehen vom Fall des Art. 118
Abs. 4a - „in der Regel“ reformatorisch (und also nur ausnahmsweise kassatorisch) zu
entscheiden haben. Das Nähere wird durch das gemäß Art. 135 Abs. 2 zu erlassende,
das Verfahren der Verwaltungsgerichte regelnde
Bundesgesetz bestimmt.
Abs. 5 entspricht Art. 130 Abs. 2 B - VG. Der Maßstab für die Prüfung durch das
Verwaltungsgericht, ob die Verwaltungsbehörde - etwa im Verfahren zur Verleihung
der Staatsbürgerschaft - vom Ermessen „im Sinne des Gesetzes“ Gebrauch gemacht hat,
entspricht damit jenem des Verwaltungsgerichtshofes nach dieser Bestimmung.
Zu Art. 131:
Die Bestimmung regelt, wer in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 bis 3 zur
Beschwerdeerhebung beim Verwaltungsgericht legitimiert ist (vgl. die Art. 131, 131 a
und 132 in der Fassung der B - VG - Novelle 1975). Wer gegen ein sonstiges Verhalten
der Verwaltungsbehörden in Vollziehung der Gesetze wegen Rechtswidrigkeit
Beschwerde erheben kann, regeln die gemäß Art. 130 Abs. 2 zu erlassenden Bundes -
und Landesgesetze.
Zu Art. 132:
Zu dieser Bestimmung vgl. Art. 131 B - VG 1920.
Z 1 entspricht Art. 133 Z 1 B - VG.
Z 2 umfaßt insb. auch die Fälle der sog. „sukzessiven Kompetenz“.
Zu Z 3 vgl. die Ausnahmen des Art. 129a Abs. 1 Z 1 und 2 B - VG betreffend die
„Finanzstrafsachen des Bundes“.
Zu Z 4 erster Fall vgl. Art. 20 Abs. 1 B - VG. Z 4 zweiter Fall entspricht Art. 133 Z 4
B - VG.
Zu Art. 134:
Nach Abs. 1 erster Satz ist die Gerichtsbarkeit bei den Verwaltungsgerichten durch
Einzelrichter oder durch Senate auszuüben. Ob der (Bundes)Gesetzgeber die
Entscheidung durch den Einzelrichter oder durch einen Senat vorsieht, steht - innerhalb
der sonstigen verfassungsrechtlichen Schranken - in seinem rechtspolitischen Ermessen.
Da es sich beim Verfahren vor dem Verwaltungsgericht um ein erstinstanzliches
(Gerichts)Verfahren handelt, wird grundsätzlich der Einzelgerichtsbarkeit der Vorzug zu
geben sein (vgl. die §§ 5 ff JN).
Abs. 2 orientiert sich an Art. 87 Abs. 3 B - VG.
Zu Art. 135, Art. 136 und Art. 148 (Z 19):
Vgl. die Erläuterungen zu Z 1 (Art. 10 Abs. 1 Z 1). Im Hinblick auf die Formulierung
des hier vorgeschlagenen Art. 135 sollen auch
die Art. 136 und Art. 148 B - VG
entsprechend angepaßt werden (vgl. Art. 136 und Art. 148 B - VG 1920 sowie Walter,
Die österreichische Bundesverfassung. System [1972], 710 FN 3).
Zu Artikel 135a:
Aus Abs. 1 ergibt sich die Zweistufigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Hervorzuheben ist, daß der Verwaltungsgerichtshof "immer“ und „in allen
Angelegenheiten“, die in die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte fallen, in oberster
Instanz zu entscheiden hat (arg.: „Der Verwaltungshof erkennt ...„). Beschränkungen
des Instanzenzuges von den Verwaltungsgerichten an den Verwaltungsgerichtshof durch
die einfache Gesetzgebung sind damit anders in der ordentlichen Gerichtsbarkeit; vgl.
Walter, Österreichisches Bundesverfassungsrecht. System [1972], 540 f zu Art. 92 Abs.
1 B - VG - von Verfassungs wegen ausgeschlossen.
Abs. 3 soll Art. 131 Abs. 3 B - VG ersetzen. Eine besondere Regelung für
Verwaltungsstrafsachen ist im Hinblick auf die Rechtsprechung der Europäischen
Kommission für Menschenrechte entbehrlich (vgl. EKMR 16.1.1996 Appl. 26.808/95
[Hauser gegen Österreich); 28.2.1996, Appl. 26510/95 [H.S. gegen Osterreich]).
Zu Artikel 135b:
Zu Abs. 1 siehe die Erläuterungen zu Z 12 (Art. 138 Abs. 1 lit. b).
Abs. 2 folgt § 30 JN und soll eine Delegation von Rechtssachen durch den
Verwaltungsgerichtshof ermöglichen.
Zu Artikel 135c:
In jenen Angelegenheiten, die gemäß dem vorgeschlagenen Art. 132c Abs. 1 Z 3 und 4
von der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte ausgeschlossen sein sollen, kann gemäß
Abs. 1 Z 1 wegen Rechtswidrigkeit und gemäß Abs. 1 Z 2 wegen Verletzung der
Entscheidungspflicht Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
Hinsichtlich der in Abs. 1 Z 1 genannten Behörden (Abgaben - und Finanzstrafbehörden
des Bundes, verfassungsgesetzlich weisungsfrei gestellte Kollegialbehörden,
Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag) verbleibt es damit bei der vor dem
Inkrafttreten dieser B - VG - Novelle geltenden Rechtslage.
Abs. 2 entspricht Art. 130 Abs. 2 B - VG.
Zu Artikel 135d:
Abs. 1 entspricht Art. 131 Abs. 1 Z 1 und 2 B - VG, Abs. 2 entspricht Art. 131 Abs. 2
B - VG, Abs. 3 Art. 132 B - VG in der Fassung der Verfassungs - und
Verwaltungsgerichtsbarkeits - Novelle 1946.
Zu Artikel 135e:
Die Bestimmung entspricht Art. 1 Z 46 der Regierungsvorlage einer Bundes -
Verfassungsgesetz - Novelle 1996 (14 BlgNR XX. GP).
Zu Artikel 135f:
Die Bestimmung entspricht Art. 130 Abs. 1 zweiter Satz B - VG und wird aus
systematischen Gründen ein eigener Artikel.
Zu Artikel 135g:
Vgl. die Erläuterungen zu Art. 132.
Zu Artikel 135h:
Die Bestimmung entspricht im wesentlichen Art. 134 B - VG. Der Begriff „rechts - und
staatswissenschaftliche Studien“ wurde durch den Begriff „Studium der
Rechtswissenschaften ersetzt. Statt ,‚Berufsstellungen in den Ländern, womöglich aus
dem Verwaltungsdienst der Länder“ lautet es jetzt: „Kreis der Bediensteten der Länder,
der Gemeinden und der Gemeindeverbände‘ womöglich aus dem Kreis der
Landesbediensteten,“, sodaß auch Vertragsbedienstete erfaßt sind (vgl. Art. 21 B - VG).
Zu Artikel 135i:
Die Bestimmung entspricht Art. 135 B - VG.
Zu Artikel 136:
Vgl. die Erläuterungen zu Z 10 (Art. 135).
Zu Z 11 Überschrift vor Art. 137):
Siehe die Erläuterungen zu Z 10 (Zu den Überschriften der Abschnitte A und B).
Zu Z 10 (Art. 135b Abs. 1) und Z 12 (Art.
138 Abs. 1 lit. b):
Über Kompetenzkonflikte („Zuständigkeitsstreitigkeiten“) zwischen den ordentlichen
Gerichten entscheidet nach § 47 JN das zunächst gemeinsam übergeordnete ordentliche
Gericht (eine analoge Regelung enthält § 5 AVG). Über Kompetenzkonflikte zwischen
den Verwaltungsgerichten und zwischen den Verwaltungsgerichten und dem
Verwaltungsgerichtshof selbst soll daher konsequenterweise gemäß dem
vorgeschlagenen Art. 135 b Abs. 1 der Verwaltungsgerichtshof (und nicht gemäß Art
138 Abs. 1 B - VG der Verfassungsgerichtshof) zu entscheiden haben. Die Entscheidung
von Kompetenzkonflikten zwischen den Verwaltungsgerichten und dem
Verfassungsgerichtshof soll nach dem
vorgeschlagenen Art. 138 Abs. 1 lit. b - analog
der nach Art. 138 Abs. 1 lit. b B - VG für Kompetenzkonflikte zwischen dem
Verwaltungsgerichtshof und dem Verfassungsgerichtshof geltenden Rechtslage - dem
Verfassungsgerichtshof obliegen.
Zu Z 13 (Art. 139 Abs. 1 erster Satz):
Die Bestimmung entspricht Art. 139 Abs. 1 erster Satz B - VG in der Fassung der B - VG -
Novelle 1975.
Zu Z 14 (Art. 139a):
Die Bestimmungen betreffend die Wiederverlautbarungsprüfung sollen klarer und in
möglichst weitgehender Übereinstimmung mit den Bestimmungen betreffend die
Verfahren zur Prüfung anderer Rechtsvorschriften (Verordnungen, Gesetze,
Staatsverträge) gefaßt werden.
Die Formulierung des vorgeschlagenen Art. 139a orientiert sich stärker an Art. 139
B - VG. In diesem Sinne wird nunmehr davon gesprochen, daß der
Verfassungsgerichtshof über Gesetzwidrigkeit von Wiederverlautbarungen zu erkennen
hat und nicht über „die Frage“, ob bei der Wiederverlautbarung einer Rechtsvorschrift
die Grenzen der Ermächtigung überschritten wurden (vgl. Walter/Mayer,
Bundesverfassungsrecht 8 [1996], Rz 1135). Maßstab der Wiederverlautbarungsprüfung
sind, entsprechend der geltenden Rechtslage, jene Gesetze (im materiellen Sinn), die zur
Wiederverlautbarung ermächtigen.
Da die Formulierung des Art. 139a erster Satz B - VG von jener des Art. 139 Abs. 1
B - VG abweicht, wurde in der Lehre (vgl. Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht8
[1996], Rz 1138) die Auffassung vertreten, die Bedingungen, unter welchen der
Verfassungsgerichtshof im Wiederverlautbarungsprüfungsverfahren von Amts wegen
einzuschreiten hätte, seien weiter gezogen als bei der Verordnungsprüfung (arg.:
„anzuwenden“). Dies dürfte freilich kaum der Absicht des historischen Gesetzgebers der
B - VG - Novelle 1981, BGBl. Nr.350, entsprechen, wurde doch die Prozeßvoraussetzung
der Präjudizialität bis zur Neufassung der Art. 139 und 140 durch die B - VG - Novelle
1975 in den Art. 139 Abs. 1 und Art. 140 Abs. 1 B - VG mit denselben Worten
umschrieben. Die vorgeschlagene Formulierung soll diese Unklarheit beseitigen und
klarstellen, daß die Präjudizialität im Wiederverlautbarungsprüfungsverfahren nicht
anders zu beurteilen ist als im (Gesetzes - und) Verordnungsprüfungsverfahren.
An die Stelle der Verweisung des Art. 139a letzter Satz B - VG auf Art. 89 Abs. 2 und 3
B - VG soll der in Z 4 vorgeschlagene Art. 89 Abs. 4 erster Fall treten.
Zu Z 15 (Art. 140 Abs. 1 erster Satz):
Vgl. die Erläuterungen zu Z 4 (Art. 89).
Zu Z 16 (Art. 144):
Nach Abs. 1 kann der Verfassungsgerichtshof nunmehr auch mit der Behauptung
angerufen werden, der Beschwerdeführer sei durch die Anwendung einer
gesetzwidrigen Wiederverlautbarung in seinen Rechten verletzt worden.
Abs. 2 entspricht Art. 144 Abs. 2 und Abs. 3 zweiter Satz B - VG. Die Bestimmung
wurde sprachlich vereinfacht und an die neue Rechtslage angepaßt.
Abs. 3 entspricht Art. 144 Abs. 3 erster Satz B - VG. Die neue Formulierung soll
klarstellen, daß eine Abtretung der Beschwerde nur nach einer (negativen)
Sachentscheidung des Verfassungsgerichtshofes in Betracht kommt (arg.: „Hat der
Verfassungsgerichtshof erkannt“). Die im geltenden Art. 144 Abs. 3 B - VG enthaltene
Wendung „in einem sonstigen Recht“ ist mißverständlich, wenn nicht unzutreffend; sie
soll daher entfallen. Im übrigen wurde auch diese Bestimmung sprachlich vereinfacht
und an die neue Rechtslage angepaßt.
Zu Z 17 (Art. 147 Abs. 2):
Durch die B - VG - Novelle BGBl. Nr.504/1994 wurden sämtliche Bestimmungen des
B - VG, die den Begriff „ordentlicher Wohnsitz“ enthielten, neu gefaßt und mit 1. Jänner
1995 in Kraft gesetzt. Nicht angepaßt wurde Art. 147 Abs. 7 B - VG, der den Begriff
„ständiger Wohnsitz“ enthält. Die Materialien zu dieser Bestimmung, die durch § 65 der
B - VG - Novelle 1929 in das B - VG eingefügt wurde, geben kaum Aufschlüsse über den
Inhalt des Begriffes „ständiger Wohnsitz“: Nach der Wortmeldung des Abgeordneten
der christlichsozialen Partei Dr. Kneusel in der 110. Sitzung des Nationalrates am
7. Dezember 1929 (StenProt. III. GP, 3034) sei durch die Bestimmung, wonach drei
Mitglieder des Verfassungsgerichtshofes ihren ständigen Wohnsitz nicht in Wien haben
müssen, „die Gewähr oder wenigstens einigermaßen die Gewähr geboten, daß in diesem
obersten Gerichtshof auch die Länder ihre entsprechende Vertretung besitzen“. Im
Ergebnis dürfte davon auszugehen sein, daß „ständiger Wohnsitz“ im Sinne des
Art. 147 Abs. 7 B - VG nur ein Ort sein kann, an dem eine Person auch ihren
„ordentlichen Wohnsitz“ (im Sinne des B - VG in der Fassung vor der B - VG - Novelle
BGBl. Nr.504/1994) hätte. Dies rechtfertigt es, auch den Begriff "ständiger Wohnsitz“
in Art. 147 Abs. 7 B - VG durch den Begriff „Hauptwohnsitz“ zu ersetzen.
Zu Z 18 (Art. 147 Abs. 3):
Da in den Art. 133 Abs. 3 und 136a Abs. 2 künftig an den Abschluß des
(Diplom)Studiums der Rechtswissenschaften angeknüpft werden soll, war auch Art. 147
Abs. 3 entsprechend zu ändern.
Zu Z 19 (Art. 148):
Vgl. die Erläuterungen zu Z 10 (Art. 135).