Textvorschlag von Salzburg zu den Grenzen der Ausgliederung

 

„Soweit es sich nicht um Kernaufgaben des Staates, wie etwa die Wahrung der inneren und äußeren Sicherheit, die Gestaltung der Außenpolitik oder die Ausübung der Strafgewalt handelt, kann unter Bedachtnahme auf die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit gesetzlich vorgesehen werden, dass in einzelnen Angelegenheiten auch außerhalb der staatlichen Verwaltung stehende Rechtsträger zur Führung der Verwaltung herangezogen werden. Die der Eigenart der übertragenen Aufgaben entsprechenden Aufsichts-, Leitungs- und Steuerungsbefugnisse der obersten Verwaltungsorgane sind zu wahren.“

 

Dass die Besorgung von Verwaltungsaufgaben durch Rechtsträger, die keine Gebietskörperschaften bzw Körperschaften öffentlichen Rechts sind, von der Verfassung zugelassen wird, soll klar gestellt werden.

 

Da aber gerade bei in Formen des Privatrechts organisierten Rechtsträgern eine Tendenz dazu bestehen könnte, nicht das Legalitätsprinzip und die Wahrung öffentlicher Interessen als oberstes Gebot der Vollziehung anzusehen, sondern erwerbswirtschaftliche Aspekte demgegenüber in den Vordergrund zu stellen, soll die Verfassung Beleihungen nur begrenzt zulassen. „Beleihung“ bezieht sich nur auf die Hoheitsverwaltung; lediglich insoweit wird eine Beschränkung als wünschenswert und nach der bisherigen Judikatur erforderlich angesehen; die Möglichkeit von Ausgliederungen im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung soll unberührt bleiben).

 

Ein sachgerechter Ansatzpunkt, Beleihungen verfassungsrechtliche Schranken zu setzen, wird in der einschlägigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes gesehen. Die schon bisher bestehenden Grenzen sollen daher positiviert werden.

 

Demnach (VfSlg 14.473/1996, 16.400/2001, G 121/03 vom 2.10.2003) dürfen folgende Staatsaufgaben keinesfalls (auch nicht einzelne Angelegenheiten davon) Privaten zum hoheitlichen Vollzug übertragen werden: Sicherheitspolizei, Militärwesen, Verwaltungsstrafverfahren, Außenpolitik (etwa durch von einer GmbH verhängte Stromimportverbote). Es ist aber nicht davon auszugehen, dass diese Aufzählung taxativ in dem Sinn ist, dass der Gerichtshof damit die von ihm als „beleihungsresistent“ erkannten Aufgaben abschließend herausgearbeitet hat. Er könnte vielmehr in Zukunft weitere Bereiche als der Übertragung auf Private unzugänglich erachten (so wird zur Zeit vom Gerichtshof geprüft, ob der Zivildienst „ausgliederbar“ ist; vgl G 36/04 vom 11.3.2004). Im Formulierungsvorschlag erfolgt daher auch nur eine demonstrative Aufzählung („etwa“).

 

Weiters wird judiziert, dass auch außerhalb dieser Kernaufgaben nur in „vereinzelten Aufgaben“ eine Beleihung erfolgen kann. Auch dieses Kriterium wird als Tatbestandsmerkmal in den Textvorschlag aufgenommen („einzelne Angelegenheit“). Ob es erfüllt ist, wird eine qualitativ-quantitative Betrachtungsweise erfordern (Wie viele und welche Hoheitsaufgaben von welchem Gewicht bleiben in einer Materie noch beim Staat?). Damit ist der Judikaturlinie, dass der verwaltungspolizeiliche Kern einer Materie nicht ausgliederbar ist, ebenso Rechnung getragen, weil bei dieser Sichtweise schon zahlenmäßig wenige Aufgaben, soweit sie zum Materienkern gehören, als nicht mehr „einzeln“ zu betrachten sein werden.

 

Der Gerichtshof fordert überdies, dass die Beleihung sachlich sein bzw den Effizienzgrundsätzen entsprechen muss. Um auch dies zu positivieren, wird vorgeschlagen, die Passage „unter der Beachtung der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit“ in den Verfassungstext aufzunehmen. Dies sollte bedeuten, dass der Gesetzgeber sich jedenfalls in den Erläuterungen damit auseinanderzusetzen hat, weshalb die hoheitliche Vollziehung im jeweils relevanten Fall durch einen Privaten effektiver ist als durch den Staat.

 

Um nicht mit dem rechtsstaatlich-demokratischen Baugesetz der Bundesverfassung in Widerspruch zu geraten, ist außerdem ein Weisungszusammenhang des beliehenen Rechtsträgers zu den obersten Organen der Verwaltung, die der parlamentarischen Kontrolle und Verantwortung unterliegen, sicherzustellen. Auch dabei handelt es sich um keine neue, sondern bereits durch die Judikatur klargestellte Anforderung an Beleihungen.