Marlies Meyer                                                                      Wien, am 11. Oktober 2004

 

 

 

 

 

Vorschlag für ein erweitertes Effizienzgebot

Textvorschlag an den Ausschuss 6

 

 

„Alle Organe des Bundes, der Länder und Gemeinden sind zu Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit verpflichtet, haben transparent zu handeln und grundsätzlich die Öffentlichkeit zu beteiligen. Weiters haben sie ein hohes Maß an Wirksamkeit anzustreben und sind im Rahmen ihres gesetzmäßigen Wirkungsbereichs zur wechselseitigen Hilfeleistung verpflichtet (Amtshilfe).“

 

 

Begründung

 

Der Textvorschlag ergänzt den bereits von anderer Seite eingebrachten Textvorschlag für ein erweitertes Effizienz- bzw Effektivitätsgebot um die Verpflichtung, transparent zu handeln und grundsätzlich die Öffentlichkeit zu beteiligen. Im folgenden wird nur auf diese Ergänzung eingegangen ansonsten auf die Begründung des anderen Textvorschlags verwiesen.

 

Durch die Positivierung der von den Prüfungskriterien des Rechnungshofes (Art 126 b Abs 5, 127 Abs 1 und Art 127 a Abs 1 B-VG) ausgehenden Judikatur zum Effizienzgebot sowie durch Ansiedlung „rund um Art 20“ wird das Effizienzgebot besonders aufgewertet. Deshalb ist es notwendig, die Grundsätze der Transparenz und Partizipation, die selten eigenständige Zwecke sind und die in einem starken Spannungsverhältnis zu den wirtschaftlichen Grundsätzen stehen (zumindest in einer kurzfristigen Betrachtung), auf gleicher Ebene zu positivieren. Zu verweisen ist auf das Weißbuch „Europäisches Regieren“ (KOM (2001)428) welches folgende fünf Grundsätze guten Regierens gleichrangig formuliert: Offenheit, Partizipation, Verantwortlichkeit, Effektivität und Kohärenz. Die vorgeschlagene Ergänzung ist auch im Lichte des Art I 46 der EU-Verfassung, dem Grundsatz der partizipativen Demokratie, ausgestaltet als ständiger Dialog der EU-Organe mit der Zivilgesellschaft, sowie des Art I 49, Transparenz der Arbeit der Organe der Union,  zu  sehen. Die europäische Union wirkt in zahlreichen Rechtsakten als Motor für Informationszugang, transparente Konsultationsprozesse, Beteiligung an Verfahren und Politiken, Klagemöglichkeiten Einzelner und von Verbänden (zB RL 2003/35, RL 2000/60, KOM (2002) 704). Auf internationaler Ebene ist insbesondere auf die Aarhus-Konvention der UN-ECE zu verweisen.

 

Das Transparenz- und Partizipationsgebot richtet sich an Gesetzgebung und Vollziehung. Der Gesetzgeber ist insbesondere angesprochen, wenn durch Maßnahmen der Transparenz und Partizipation Rechte Dritter tangiert werden oder wenn der Öffentlichkeit Rechte darauf eingeräumt werden sollen. Ansonsten gelten die Grundsätze als direkte Handlungsanleitungen der Verwaltung.

 

Transparenz: Das Transparenzgebot steht unter dem Vorbehalt des Art 10 Abs 2 MRK, geht jedoch über das Auskunftsrecht (siehe dazu den Vorschlag in Ausschuss 8) hinaus, weil es eine aktive Informationspflicht und -politik der Organe inkludiert.  Staatliches Handeln muss auch nachvollziehbar sein.

 

Partizipation: Die Beteiligung ist ein weiter Begriff, der sowohl eine „Anhörung“ (in schriftlicher und mündlicher Form) als auch die rechtswirksame Beteiligung im Wege der Parteistellung in Verwaltungsverfahren umfassen kann (in diesem Fall setzt dies natürlich zwingend eine gesetzliche Regelung voraus).

 

Öffentlichkeit: Mit Öffentlichkeit ist die Zivilgesellschaft gemeint, die dem Staat als jedermann oder jede Frau  sowie in organisierter Form gegenübertritt.

 

Justiziabilität/Sachlichkeitsgebot/Rechtsstaatlichkeit: Die Transparenz- und Partizipations-grundsätze sollen so wie die Wirtschaftlichkeitsgrundsätze justiziabel sein. Sie stehen unter dem Vorbehalt des Sachlichkeitsgebots und der Rechtsstaatlichkeit. Mit welcher Intensität sie verwirklicht werden müssen, hängt von der Art der Materie, dies heißt dem Interesse der Öffentlichkeit an der Materie, der Konfliktträchtigkeit sowie dem Determinierungsgrad der Materie und damit dem Legitimationsbedarf des Staates sowie der Sensibilität der Daten, ab.

 

Sollte es in Zusammenhang mit der Ausgliederungsfrage zu einvernehmlichen Textvorschlägen kommen, wäre der Verwaltungsbegriff in Art 22 allenfalls entsprechend zu adaptieren.