Art...
Jeder Mensch hat ein Recht auf Tatsachenwahrheit als Grundlage
justizieller oder verwaltungsbehördlicher Rechtsakte, die ihn betreffen. Wie dieses Recht gewährleistet wird,
bestimmt das Gesetz.
Erläuterungen:
Fundamentale Voraussetzung dafür, dass Rechtspflege - insbesondere in
Form staatlicher Individualakte - die gebotene umfassende gesellschaftliche Akzeptanz
(einschließlich und vor allem auch der im Einzelfall Betroffenen) findet, ist auf der Sachverhaltsseite
die Basis jeweils
realitätskonformer Tatsachenfeststellungen. Der für die Rechtsanwendung jedweder Art dominierende Stellenwert
der Tatsachenwahrheit als Grundlage rechtlicher Anknüpfung
zur Schaffung von Rechtsfrieden wird zwar im geltenden Recht nicht verkannt, in
keinem Regelungstext aber ausdrücklich hervorgehoben. Verfassungsrecht hat
(neben der rechtsverbindlichen Vorgabe der wesentlichen Staatsorganisation)
begriffsessentiell eine alle
weiteren Rechtsebenen leitende
Signalfunktion, die ihrer grundlegenden Bedeutung nur dann adäquat und
uneingeschränkt gerecht wird, wenn sie
sich zu staatstragenden Prinzipien nicht verschweigt, diese vielmehr
auch ausdrücklich klarstellt, wie dies etwa im B-VG hinsichtlich der fundamentalen Determinanten des
demokratischen Rechtsstaates geschieht. Die - auch unter Bedachtnahme auf gelegentliche Spannungsverhältnisse zu
anderen Rechtsinteressen -
grundsätzlich unverzichtbare und durch eine Vielzahl von Rechtsvorschriften
aller Ebenen verdeutlichte Ausrichtung
staatlicher Rechtsanwendung auf den Grundsatz, dass sich die im
Einzelfall ausgesprochenen Rechts- oder Unrechtsfolgen auf
Tatsachenfeststellungen stützen sollen , die mit dem in der Lebensrealität
verwirklichten Sachverhalt übereinstimmen, ist in einem Maß bedeutungsschwer, das - über die indirekten
Impulse der geltenden Rechtslage hinaus - eine (soweit überblickbar in sowohl inner- als auch zwischenstaatlichen
Rechtstexten bisher unterbliebene) ausdrückliche Signalisierung im
Verfassungsrang nahelegt.
Das geltende Recht ist randvoll von Bestimmungen, die im Ergebnis der
Korrelation von Rechtsfrieden und Tatsachenwahrheit Rechnung tragen. Dies setzt
bereits auf MRK-(sohin Verfassungs-)Ebene ein, indem Art. 6 Unabhängigkeit
und Unparteilichkeit, die notorisch auch aus der Sicht zuverlässiger und
vertrauenswürdiger Wahrheitsfindung als geeignete Garantieelemente eingeschätzt
werden, als unabdingbare Tribunalkriterien normiert und indem er ferner die bis
zum gesetzlichen Nachweis der Schuld bestehende Unschuldsvermutung und
die Gewährleistung einer fairen (ausreichende Vorbereitungs- und
Entlastungsmöglichkeiten
miteinschließende) Verteidigung als zwingende Garantien, die (auch
als effizientes Kontrollelement gedachte) Öffentlichkeit der Verhandlung
und Urteilsverkündung hinwieder als grundsätzliches Prinzip der “tribunalen”
Rechtsanwendung klarstellt . Einfachgesetzlich sind im besonderen alle
Verfahrensgesetze im wesentlichen darauf ausgerichtet, dem Ziel
realitätskonformer Wahrheitsfindung möglichst optimal Rechnung zu tragen. Dazu
sei nur auf all jene prozessualen Bestimmungen verwiesen, die neben den
verschiedensten Verpflichtungen und Möglichkeiten zu amtswegiger Wahrheitserforschung
ua. auch die Zeugnispflicht sowie
die mannigfaltigen Parteienrechte zu Anträgen im Beweisverfahren und zur
Bekämpfung der Tatsachengrundlagen ergangener Entscheidungen bis hin zu
Korrekturmöglichkeiten, die dem Eintritt der Rechtskraft nachfolgen (etwa
Wiederaufnahme des Verfahrens), betreffen.
Die Bedeutung des rechtsstaatlichen Fundamentalprinzips der
Tatsachenwahrheit als Anknüpfungsgrundlage jedweder individueller staatlicher
Rechtsakte findet nicht zuletzt auch
in seiner umfassenden strafrechtlichen Absicherung im
einundzwanzigsten Abschnitt des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches (
Strafbare Handlungen gegen die Rechtspflege - §§ 288 bis 301 StGB)
signifikanten Niederschlag
( insbes. Tatbestände der falschen Beweisaussage vor Gericht bzw. vor
einer Verwaltungsbehörde, Fälschung bzw. Unterdrückung eines Beweismittels,
Verleumdung, Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung etc).
Der hier vorgeschlagenen Textergänzung liegt nicht mehr aber auch nicht weniger als die Intention zugrunde, der Tatsachenwahrheit als wesentlichster Grundlage rechtsstaatlicher Rechtsanwendung eine in der Relation zu anderen Grundrechtsaspekten, die auf eine bereits traditionelle verfassungsrechtliche Verankerung zurückblicken, eine entsprechend gleichwertige ausdrückliche Akzentuierung zu verleihen. In diesem Sinn ist die Verpflichtung des Staates, seine Indiviualrechtsakte nicht auf unwahre Tatsachen zu stützen, aus der Sicht und im Interesse der im Einzelfall jeweils Betroffenen grundrechts- und damit verfassungswürdig.