Bernd-Christian FUNK 05.11.2004
Vorschlag an den Ausschuss 4 betr
Einbindung von völkerrechtlichen Quellen grundrechtlichen Inhaltes
Problem
In einer Reihe von völkerrechtlichen Verträgen
sind grundrechtliche oder grundrechtlich relevante Gewährleistungen enthalten,
die größtenteils nicht als formelles Verfassungsrecht transformiert wurden
und/oder – zumeist wegen Erfüllungsvorbehalten – nicht unmittelbar anwendbar
sind (siehe Anlage und den Bericht des Ausschusses 2 – Tabellenteil II). Das
Mandat des Ausschusses 4 umfasst den Auftrag zur Ermittlung und Beratung auch
dieser Grundrechtsquellen und ihrer Berücksichtigung in einem künftigen
Grundrechtskatalog.
Perspektiven
Eine Transformation solcher Verträge als
unmittelbar anwendbares formelles Verfassungsrecht erscheint – schon wegen der
damit verbundenen textlichen Inflationswirkung – nicht sinnvoll. Überdies
enthalten solche Verträge auch außergrundrechtliche Einzelbestimmungen. Ebenso
wenig zweckmäßig wäre es, wenn es in einem künftigen Grundrechtskatalog keinen
ausdrücklichen Bezug auf diese für die Dynamik der Grund- und Menschenrechte
wichtigen Quellen gäbe. Die strikten Grenzziehungen, die sich aus der
Verfassungsform einerseits und der unmittelbaren Anwendbarkeit andererseits
ergeben, tragen dazu bei, dass nicht verfassungsförmliche und nicht
unmittelbare Grundrechtsquellen für die Entwicklung der Grund- und
Menschenrechte im innerstaatlichen Bereich zumeist nicht die gebührende
Beachtung finden und bei der juristischen Argumentation nur selten ins Kalkül
gezogen werden, zumal davon ausgegangen wird, dass dergleichen Gewährleistungen
ohnehin durch die innerstaatliche Rechtslage transponiert werden.
Vorschlag
Entsprechend dem verfassungs- und völkerrechtlichen
Gebot zu völkerrechtskonformer Auslegung sollte als Bestandteil des Allgemeinen
Teils eines künftigen Grundrechtskataloges eine Regelung geschaffen werden, die
eben diesen Grundsatz ausdrücklich festhält. Die Regelung gilt auch für künftige
materielle Grundrechtsquellen völkerrechtlicher Herkunft:
Art x. Auslegung der Grundrechte
Die in dieser Verfassung gewährleisteten
Rechte sind so zu interpretieren, dass sie mit völkerrechtlichen
Verpflichtungen und Gewährleistungen grundrechtlichen Inhaltes vereinbar sind.
Begleit- und Folgeprobleme
Offen bleibt die Frage nach dem rechtlichen
Schicksal völkerrechtlicher Verträge im Verfassungsrang – vor allem der EMRK
und ihrer Zusatzprotokolle – bzw von Verträgen mit einzelnen
Verfassungsbestimmungen, wie sie auch in einigen der nachstehend aufgelisteten
Quellen enthalten sind. Im Prinzip sind sämtliche Gewährleistungen in den
Gesamtvorschlägen und in den darauf beruhenden, vom Ausschuss in Beratung
gezogenen bzw vorgeschlagenen Texten inhaltlich abgedeckt, sodass die
grundrechtlichen Verfassungsbestimmungen in völkerrechtlichen Verträgen
aufgelassen werden könnten. Bei der EMRK und ihren Zusatzprotokollen ist dieser
Weg jedoch – schon aus Gründen der Optik – fragwürdig.
Anlage
BGBl. Nr. 460/1969
idF: BGBl. Nr. 284/1970
einfachgesetzlich, Erfüllungsvorbehalt
unterzeichnet am 07. 05. 1999
BGBl. Nr. 74/1989
Europäisches Übereinkommen zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe
idF: BGBl. III Nr. 198/2002
BGBl. III Nr. 199/2002
Einfachgesetzlich, kein Erfüllungsvorbehalt
BGBl. III Nr. 216/2001
Europäische Charta der Regional- oder
Minderheitensprachen
Einfachgesetzlich, Erfüllungsvorbehalt
Einfachgesetzlich, Erfüllungsvorbehalt
BGBl. Nr. 317/1988
Übereinkommen zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten
Einfachgesetzlich,
Erfüllungsvorbehalt
.
BGBl. Nr. 91/1958
Einfachgesetzlich, (Art IV und VI verfassungsändernd), kein Erfüllungsvorbehalt
zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang
auch:
Einfachgesetzlich (Art 27 und Art 89 Abs 1
und 3 verfassungsändernd), kein Erfüllungsvorbehalt
BGBl. I Nr. 135/2002
BG über die Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof
Einfachgesetzlich (§7 Verfassungsbestimmung)
BGBl. Nr. 256/1969
Übereinkommen über die politischen
Rechte der Frau
Einfachgesetzlich, Erfüllungsvorbehalt
BGBl. Nr. 377/1972
Internationales Übereinkommen über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung
Einfachgesetzlich (Art 1, 4, 14 Verfassungsbestimmungen), Kein Erfüllungsvorbehalt
BGBl. Nr. 590/1978
Einfachgesetzlich, Erfüllungsvorbehalt
BGBl. Nr. 591/1978
Einfachgesetzlich, Erfüllungsvorbehalt
BGBl. Nr. 105/1988
Einfachgesetzlich, kein Erfüllungsvorbehalt
BGBl. Nr. 333/1993
Zweites Fakultativprotokoll zu dem internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe
Einfachgesetzlich, Erfüllungsvorbehalt
BGBl. Nr. 443/1982
Einfachgesetzlich, (Art 1-4 verfassungsändernd), Erfüllungsvorbehalt
BGBl. III Nr. 206/2000
Fakultativprotokoll zur Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau
Einfachgesetzlich,
kein Erfüllungsvorbehalt
BGBl. Nr. 492/1987
Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe
Einfachgesetzlich,
kein Erfüllungsvorbehalt
BGBl. Nr. 7/1993
Übereinkommen über die Rechte des Kindes
Einfachgesetzlich, Erfüllungsvorbehalt
BGBl. III Nr. 92/2002
Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten
Einfachgesetzlich,
kein Erfüllungsvorbehalt
BGBl. III
Nr. 93/2004
Fakultativprotokoll
zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes (Kinderhandel und Prostitution)
BGBl. Nr. 55/1955
Einfachgesetzlich, kein Erfüllungsvorbehalt
Österreich ist auch Vertragspartner von zahlreichen ILO Konventionen; da deren Schutzbereich aber weitgehend von den hier bereits aufgezählten Rechtsquellen (insb. die Sozialcharta) abgedeckt ist, kann auf eine taxative Auflistung der ILO Verträge verzichtet werden. Beispielhaft seien genannt:
BGBl. III Nr. 41/2002
Übereinkommen
(Nr. 182) über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der
schlimmsten Formen der Kinderarbeit
einfachgesetzlich, Erfüllungsvorbehalt
BGBl. III Nr. 200/2001
einfachgesetzlich, Erfüllungsvorbehalt
BGBl. Nr. 355/1972
Einfachgesetzlich, Erfüllungsvorbehalt
Übereinkommen
(Nr. 128) über Leistungen bei Invalidität und Alter und an Hinterbliebene
Einfachgesetzlich, Erfüllungsvorbehalt
Einfachgesetzlich, Erfüllungsvorbehalt
Einfachgesetzlich, Erfüllungsvorbehalt
idF: BGBl Nr. 39/1964
Einfachgesetzlich, kein Erfüllungsvorbehalt
Übereinkommen
(Nr. 100) über die Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher
Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit
Einfachgesetzlich, kein Erfüllungsvorbehalt
Übereinkommen
(Nr. 87) über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechtes
Einfachgesetzlich, kein Erfüllungsvorbehalt
Quellen: Index des Bundesrechts, RIS