(erstellt von Helfried Bauer und Bruno Rossmann am 16.11.2004)
§ 2. (1) Die Gebietskörperschaften tragen den
Aufwand, der sich aus der Besorgung ihrer Aufgaben ergibt. Dabei ist eine
Einheit zwischen der Verantwortung für eine Aufgabe, ihrer fachlichen
Ausprägung und ihrer Finanzierung anzustreben.
(2) Nur aus
wichtigen Gründen und nach Verhandlungen mit den betroffenen
Gebietskörperschaften kann die zuständige Gesetzgebung eine von diesen
Grundsätzen abweichende Regelung treffen.
§ 3. (1) Die Bundesgesetzgebung regelt die Verteilung der Besteuerungsrechte und Abgabenerträge zwischen dem Bund und den Ländern (Gemeinden). Die Landesgesetzgebung regelt die Verteilung der Besteuerungsrechte und Abgabenerträge hinsichtlich der Landes(Gemeinde)abgaben zwischen dem Land und den Gemeinden.
(2) Für die Finanzierung von öffentlichen Aufgaben
sind grundsätzlich Abgaben sowie nutzerbezogene Gebühren und Beiträge
heranzuziehen. Ergänzend und selektiv kann die Bundesgesetzgebung den Ländern
(Gemeinden), die Landesgesetzgebung den Gemeinden Transferzahlungen jeweils mit
zeitlicher Befristung gewähren.
§ 4. (1) Die in den §§ 2 und 3 vorgesehene
Regelung hat in Übereinstimmung mit der Verteilung der Lasten der öffentlichen
Verwaltung zu erfolgen und darauf Bedacht zu nehmen, dass die Grenzen der
Leistungsfähigkeit der beteiligten Gebietskörperschaften nicht überschritten
werden.
(2) Der Bund hat
mit den Ländern und Gemeinden, die Länder haben mit den Gemeinden vor der
Regelung des Finanzausgleichs Verhandlungen zu führen. Ziel dieser
Verhandlungen ist ein aufgabenorientierter Finanzausgleich.
§ 12. (1) Die Transferzahlungen zwischen den und
innerhalb der Gebietskörperschaften gliedern sich nach ihren Aufgaben in:
1.
Transferzahlungen
mit allokativen Zielen
2.
Transferzahlungen
mit distributiven Zielen
(2)
Transferzahlungen mit allokativen Zielen dienen der Förderung von positiven und
der Vermeidung von negativen externen Effekten sowie der Schaffung von
selektiven Anreizen für gesamtwirtschaftliche oder regionalpolitische
Zielsetzungen. Sie müssen zweckgebunden sein. Die mit der Gewährung dieser
Transferzahlungen verfolgten Ziele sind von der gewährenden Gebietskörperschaft
im Gesetz sowie im Rahmen der interkommunalen und interregionalen
Zusammenarbeit genau umschreibbar festzulegen.
(3)
Transferzahlungen mit distributiven Zielen dienen der Erreichung
finanzpolitischer Ziele, insbesondere der Aufrechterhaltung oder
Wiederherstellung des Gleichgewichts im Haushalt, und zur Deckung
außergewöhnlicher Erfordernisse.
(4) Darüber hinaus kommt den Transferzahlungen mit distributiven Zielen eine Ausgleichsfunktion zu, mit dem Ziel Härten auszugleichen, die sich im Rahmen der Verteilung von Abgabenertragsanteilen oder sonstigen Regelungen der Finanzverfassung sowie des Finanzausgleichs ergeben. Diese Transferzahlungen sind zweckfrei zu gewähren.
(5) Die mit einer
Transferzahlung verfolgte Zielerreichung ist regelmäßig, spätestens aber vor
Ablauf der zeitlichen Befristung, zu überprüfen. Die gewährende
Gebietskörperschaft hat die näheren Bestimmungen zur Überprüfung der
Zielerreichung zu erlassen. Es ist ein umfassendes Transfer-Informationssystem
einzurichten, das zeigen soll, wie die verschiedenen Zwecke und
Zielerreichungsgrade ausgefallen sind.
(6) Nicht in die
Kategorie von Transferzahlungen fallen Zahlungen zwischen den und innerhalb der
Gebietskörperschaften, die der Verrechnung von erbrachten Diensten oder
gelieferten Gütern dienen.
§ 13. entfällt
Erläuterungen:
Ausgangslage
Die in der Praxis
der österreichischen Finanzwirtschaft festzustellende große Zahl
unterschiedlicher Transferzahlungen und das beachtliche Ausmaß der teils
zweiseitigen Transferströme zwischen den Gebietskörperschaften innerhalb und
außerhalb der Finanzausgleichsregelungen zeigen, dass die ursprünglichen
Steuerungszwecke in den Hintergrund getreten sind.
So lässt sich aus der Studie von Bauer/Bröthaler/Schönbäck über „Die
Gemeinden im Netz der intragovernmentalen Transferbeziehungen“ erkennen, dass
Teile der intragovernmentalen Transfers
Kofinanzierungen laufender Aufgabenerfüllung oder von Investitionsprojekten
bilden. Hierbei treten die Transfers in Konkurrenz zu anderen
Finanzierungsformen, so über Steuern auf der einen und über Gebühren durch die
Nutzer auf der anderen Seite.
Weiters ist zu erkennen, dass einige Transfers deshalb anfallen, weil von
vornherein eine gemischte Trägerschaft von Aufgaben angelegt ist. Andere
Transfers – insbesondere zwischen Gemeinden bzw. Gemeinden und
Gemeindeverbänden - dienen der Abrechnung von Leistungen und Lieferungen.
Vielen Transfers kommen auch verteilungspolitische Funktionen zu, wobei meist
die Umverteilung von Mitteln von finanzstarken zu finanzschwachen
Gebietskörperschaften erfolgt.
Nur ein kleiner Teil der Transfers dient der Finanzierung von Programmen
und spezifischen Vorhaben.
Neues
Ordnungssystem für Transferzahlungen
Es gilt deshalb, die vorzufindenden Transfers darauf zu überprüfen, wie
weit sie mit Prinzipien der öffentlichen Aufgabenerfüllung und des
Finanzausgleichs verträglich sind, ob sie mit anderen Finanzierungsansätzen in
Konkurrenz stehen, ob die angepeilten Programme und Zwecke zielkonform sind und
ob die Vielzahl der Regelungen den Anforderungen an effizientes
Verwaltungsmanagement genügen.
Zuerst gilt es nach dem Prinzip der Konnexität in der
Finanzverfassung möglichst die Einheit zwischen der Verantwortung für eine
Aufgabe, ihrer fachlichen Ausprägung und ihrer Finanzierung herzustellen. Mehrere Träger von
Aufgaben, Kofinanzierungen u.ä. verletzen das Konnexitätsprinzip, stören
nachhaltig die Prinzipien der Accountability und der Transparenz und leisten Unwirtschaftlichkeiten
Vorschub.
Zweitens wären die Möglichkeiten der Finanzierung von öffentlichen Aufgaben
aus allgemeinen oder spezifischen Steuern und/oder von
nutzerbezogenen Gebühren und Beiträgen auszuschöpfen.
Drittens müssen die Verteilung von Besteuerungsrechten einschließlich der
Ermächtigung Gebühren einzuheben sowie die Verteilung von Ertragshoheiten beim
Steuerverbund so gehandhabt werden, dass eine Finanzausstattung erzielt wird,
die wesentlich dem Prinzip des Sachlichkeitsgebotes (§ 4 der Finanzverfassung)
genügt.
Viertens müssen die wichtigen Funktionen von intragovernmentalen Transfers
dadurch gewahrt bleiben, dass sie selektiv und ergänzend zu den
anderen genannten Finanzierungsgesichtspunkten angewendet werden. Dabei sind allokative
und distributive Aufgaben von Transfers zu unterscheiden.
Fünftens sollen Transfers, die der Verrechnung von erbrachten
Diensten oder gelieferten Gütern dienen, als „interkommunale
Leistungsvergütungen“ betrachtet und aus der funktionellen und statistischen Betrachtung
von Transfers ausgeklammert bleiben.
Aufgaben von Transfers mit allokativen Zielen
Angesichts der vernetzten und verflochtenen Funktionen von
Gebietskörperschaften in konkreten Territorien, sollen über Transfers zunächst
und vor allem positive externe Effekte der Aufgabenerledigung im
Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit (Nutzen der economies of scale, Verteilen von
Aufgabenschwerpunkten, Mindern der schädlichen Konkurrenz) gefördert und
gesichert sowie negative externe Effekte möglichst reduziert werden (Transfers
zur Abgeltung von externen Effekten). Es handelt sich hierbei meist um
horizontale Transfers zwischen Gemeinden, auch solche zwischen Ländern (für
Funktionen, die in grenznahen Räumen ausgeübt werden).
Auch vertikale Transfers
können den allokativen Zielen der externen Effekte dienen, in dem sie
zeitlich begrenzt Auslöser- und Anreizfunktion für ansonsten unterbleibende
Kooperationen zwischen den Gebietskörperschaften schaffen.
Ergänzende vertikale Transfers mit allokativer Zielsetzung dienen der
Anpassung des Verhaltens von nachgeordneten Gebietskörperschaften an nationale
oder regionale Zielsetzungen.
Die Transfers mit allokativen Zwecken müssen zweckgebunden und über
Ziele genau umschreibbar sein; an Hand von Indikatoren wird die
Zielerreichung festgestellt werden müssen.
Aufgaben von Transfers mit distributiven Zielen
Solche Transfers sollten - soweit ersichtlich – nur zwei Aufgaben dienen.
Zum einen sollen sie die Unterstützung der finanzpolitischen
Steuerungsarbeit im föderalen Bundesstaat (Erreichen von
finanzpolitischen Zielen – Stabilitätspakt, allfällige Konsolidierungsziele im
regionalen Kontext, punktuelles Unterstützen bei außergewöhnlichen Ereignissen
wie Naturkatastrophen) bewirken. Dies bedingt Zweckbindungen der Transfers und
möglichst genaues Umschreiben der Ziele.
Die zweite Aufgabe besteht in der Verfolgung von verteilungspolitischen
Zielen im Sinn politischer Werturteile über die Notwendigkeit, über das
Ausmaß des Ausgleichs, über genaue Festlegungen von Begünstigten und
Belasteten. „Transferkaskaden“ wären hierbei auszuschließen, da sie die
Transparenz nachhaltig stören. Solche Transfers können nur zweckfrei gewährt
werden; wegen der politischen Funktionalität wird vermutlich die Messbarkeit
nur eingeschränkt möglich sein.
Transfer-Informationssystem
Ein umfassendes Transfer-Informationssystem soll zeigen, wie die
verschiedenen Zwecke und Zielerreichungsgrade ausgefallen sind.