Madeleine Petrovic
Wien, am 21. Oktober 2004
A 5 Gesetzgebungskompetenzen
Stellungnahme zum Diskussionsvorschlag Schnizer idF
14.10.2004
Die Stellungnahme erfolgt entsprechend den bisherigen grünen Schwerpunktsetzungen (Umwelt, Energie, Tierschutz, Raumordnung, Naturschutz, Gesundheit, Kindergartenwesen, Sozialhilfe).
1. Umweltschutz
Der Umwelttatbestand (für den Bund) ist dem grünem Vorschlag sehr ähnlich. Unterschiede ergeben sich neben der anderen Bezeichnung durch eine leicht differierende Zuordnung alter Kompetenztatbestände. Die Grünen Vorstellungen (siehe auch Arbeitsunterlage vom 9. Juli 2004) gehen über den Schnizer-Vorschlag in folgenden Punkten hinaus:
„Gesundheitsmaterien“
Art 10
Abs 1 Zif 12 |
Gentechnikrecht (aus Gesundheitsschutz....) |
Art 10
Abs 1 Zif 12 |
Chemikalienrecht (aus Gesundheitswesen) |
Gentechnik-, Chemikalien- und Strahlenschutzrecht wären nach dem Schnizer-Vorschlag Bundeskompetenz, jedoch unter dem TB Gesundheitswesen in der 3. Säule. Es besteht jedoch kein Zweifel, dass diese Materien dem Umweltschutz zuzuordnen sind (siehe auch BMG). Ihre kompetenzrechtliche Verankerung im Gesundheitswesen ist lediglich darauf zurückzuführen, dass sich der Umweltschutz aus dem Gesundheitswesen heraus entwickelt hat. Die Schaffung eines umfassenden TB sollte endlich Anlass sein, diese veralteten Zuordnungen aufzuheben.
Immissionsschutz
Art. 10 Abs. 1 Z 12 |
Maßnahmen zur Abwehr von gefährlichen Belastungen der Umwelt, die durch Überschreitung von Immissionsgrenzwerten entstehen; |
Diese Tatbestände werden im Landesbereich belassen, Bodenschutz als exklusive Landesmaterie und Lärmschutz unerwähnt als Annexmaterie von Bund und Land. Wie auch im Luftreinhaltungsbereich entwickelt sich jedoch auch in diesen Bereich ein umfassender Immissionsschutz heraus (siehe Umgebungslärm-RL) und ist im Sinne einer Gleichbehandlung der Emittenten und eines einheitlichen Immissionsstandards eine Bundeskompetenz wünschenswert. Hinsichtlich des Lärmschutzes wird auch auf die Entschließung des Nationalrats verwiesen, dass sich der Konvent dieser Problematik annehmen soll. Die bestehende Bundeskompetenz zum medienübergreifenden Immissionsschutz wird auch nicht erwähnt.
Genehmigung von Anlagen, Umweltinformation,
Strategische Umweltprüfung
Art. 10 Abs. 1 Z 9 |
Angelegenheiten
der wegen ihrer Bedeutung für den Durchzugsverkehr durch Bundesgesetz als
Bundesstraßen erklärten Straßenzüge außer der Straßenpolizei; |
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Art. 10 Abs. 1 Z 8 |
Angelegenheiten
des Gewerbes und der Industrie; |
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BG über eine nachhaltige Abfallwirtschaft (Abfallwirtschaftsgesetz
2002 - AWG 2002) |
2002/ 102 |
§ 38 Abs 1 |
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Verfahrens- und Zuständigkeitskonzentration im Genehmigungs- und
Anzeigeverfahren nach AWG |
A05 A06 |
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BG über eine nachhaltige Abfallwirtschaft (Abfallwirtschaftsgesetz
2002 - AWG 2002) |
2002/ 102 |
§ 38 Abs 2 |
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Anwendung bautechnischer Bestimmungen im Genehmigungs- und
Anzeigeverfahren; Entfall baubehördl Bewilligungspflicht |
A05 A06 |
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Der Schnizer-Vorschlag nennt die Genehmigung von Anlagen als Bundeskompetenz, filtert jedoch die alten Bundeszuständigkeiten nicht heraus. Erwähnt werden lediglich die UVP-Tatbestände. Dies führt zu Unklarheit. Um diese Unklarheit restlos zu beseitigen müssten auch aus den bestehenden Landeskompetenzen die anlagenrechtlichen Teile herausgefiltert werden. Wie schon im vorletzten Ausschuss dargelegt, verfolgen die Grünen ein Mischmodell von materieller Gesetzgebungskompetenz des Bundes und Mitanwendung landesrechtlicher Materien. Nach Ansicht der Grünen sollte der TB Umweltschutz auch die Umweltinformation und die Strategische Umweltprüfung erfassen.
Ernährungswesen
Für die Miterfassung des Ernährungswesens spricht der große Zusammenhang zwischen Umwelt und Lebensmittelkette. Das was der Umwelt schadet, schadet meist auch den KonsumentInnen. Der Anspruch umwelt- und tiergerecht erzeugte Lebensmittel zu erhalten, ist bei den KonsumentInnen in den letzten Jahren sehr gestiegen. Eine gemeinsame Steuerung macht also Sinn. Im Schnizer-Vorschlag wird das Ernährungswesen hingegen dem TB Gesundheitswesen zugeordnet (freilich auch hier mit der Konsequenz einer Bundeszuständigkeit).
Der Schnizervorschlag erfasst zusätzlich auch den Tierschutz, das ist sinnvoll und würde auch der Vorgangsweise beim Staatsziel Umweltschutz entsprechen.
2. Energiewesen
Der Schnizer-Vorschlag listet die Kompetenzdeckungsklauseln (Verfassungsbestimmungen im Energiebereich nicht auf). Dies wäre zur Klarstellung, dass neben den von ihm erwähnten Bereichen Elektrizität (Art 10 und 12), Starkstromwegerecht (Art 10) und „Gasleitungsrecht“ jedenfalls auch die Bereiche
· „Sicherung der Energieversorgung“,
· „Elektrotechnik“,
· „Elektrizitätswirtschaftsorganisation“,
· „Regulierung im Energiebereich“
· „Kraft-Wärme-Kopplung“ und
· „Erneuerbare Energieträger“
· „Energieeffizienz“
erfasst sind.
Darüber hinaus wäre ein umfassenderer Ansatz über Erfassung aller Energieträger (erneuerbare, Fernwärme, Gas, Öl und Kohle) hinsichtlich Produktion, Organisation und Verteilung inkl. Planungsmaßnahmen) nach wie vor verfolgenswert (siehe Antrag Langthaler Nr. 493/A vom 26. Feber 1993).
3. Koordination der Raumordnung und des Naturschutzes
Diese von den Grünen vorgeschlagene Kompetenz für den Bund fehlt.
4.
Gesundheitswesen
Das Gesundheitswesen wandert in die dritte Säule. Bisher beim Bund bestehende Kompetenzen bleiben bei ihm, weitere können nur mit qualifizierter Zustimmung des Bundesrates geschaffen werden. Die bestehende Zersplitterung wird also de facto prolongiert.
5.
Kindergartenwesen und Sozialhilfe
Beide Bereiche werden der dritten Säule zugeordnet, damit besteht zumindest theoretisch die Möglichkeit einer Grundsatzgesetzgebung (?) des Bundes. In der exklusiven Säule des Bundes findet sich eine Kompetenz „Soziale Sicherheit“.
Abschließend: Im Vergleich mit den Vorschlägen Bußjäger und WKÖ trägt jedoch der Vorschlag Schnizer (resp Wiederin) den Vorstellungen der Grünen am ehesten Rechnung. Der Bußjäger-Vorschlag gibt sogar bestehende Bundesumweltmaterien in die 3. Säule. Die WKÖ unterstellt die Umweltmaterien vorrangig dem TB „Wirtschaftliche Angelegenheiten“.