Abg. Dr. Mag. Madeleine Petrovic
Arbeitsunterlage für den Ausschuss 5
Wien, 15. Juli
2004
Gesundheitskompetenzen
Nach Rücksprache mit dem grünen Gesundheitssprecher
im Parlament, Abg. a.o. Univ.-Prof. Dr. Grünewald darf ich folgende
Notwendigkeiten aus unserer Sicht deponieren:
Das österreichische Gesundheitswesen ist
charakterisiert durch eine starke Aufsplitterung von Kompetenzen und
Verantwortung. Dies zeigt sich insbesondere auch in der unterschiedlichen
Finanzierungszuständigkeit für die einzelnen Bereiche des Gesundheitssystems. Die bestehende
Kompetenzverteilung im Gesundheitswesen verhindert Synergien und damit eine
entscheidende Verbesserung der Effizienz. Daraus resultiert neben einer
vermeidbaren und mit erheblichen Aufwand einhergehenden Verwaltungsaufblähung
eine Gesetzesflut, die ihrerseits eine entsprechende Orientierung erschwert
und somit eine Rechtsunsicherheit bedingt. Schwer argumentierbar ist
insbesondere die unterschiedliche Kompetenzlage im Rahmen der Krankenversorgung
und der Pflege. Eine Folge davon ist, dass viele Sozialleistungen letztlich
quasi fachfremd den Krankenkassen übertragen werden, was dem Wunsch nach
Kostenwahrheit entgegenläuft.
Bundeseinheitliche Regelungen der
Leistungsangebotsplanung im Gesundheitswesen fehlen ebenso wie klare
verbindliche Vorgaben für eine effiziente bundeseinheitliche Qualitätssicherung.
Statt eines einheitlichen PatientInnenrechts hat jedes Bundesland separat mit
dem Bund eine PatientInnencharta vereinbart, auf deren Umsetzung bzw.
Einhaltung seitens der PatientInnen keine Rechtsanspruch besteht.
All das bisher dargelegte und nicht zuletzt auch die
Existenz von zehn Krankenanstaltengesetze unterstreichen die Nachteile eines
überzogenen föderalen Systems. Die damit einhergehenden mangelnde
Regelungskompetenz des Parlaments und des zuständigen Ministeriums erlaubt
keine nachhaltige Planung und Steuerung des Gesundheitswesens und lässt die
Festlegung von gesundheitspolitischen Zielen und Strategien zur Zielerreichung
nicht zu.
Das Argument der (topographischen) Bürgernähe geht
ins Leere, wenn nicht gleichzeitig eine ausreichende Entscheidungsqualität
(Sachkenntnis) sichergestellt ist. Die Übertragung von Kompetenzen auf Länder
und Bezirkshauptmannschaften ist vielfach lediglich eine Kostenverschiebung
nach unten und führt unter Umständen sogar zu einer Kostensteigerung. Fachkompetenz
und Personalressourcen müssen auf diesen Ebenen erst mühsam aufgebaut werden
und tragen sicher nicht zur Vereinheitlichung der Entscheidungsfindung bei.
Daher darf keine Verlagerung weiterer Kompetenzen zu
den Ländern erfolgen und müssen darüber hinaus folgende Angelegenheiten
zumindest hinsichtlich der Gesetzgebung in die Zuständigkeit des Bundes fallen
(Verankerung in Art 10 oder Art. 11 B-VG sowie Streichung aus Art. 12 B-VG):
¢
Vorgaben
hinsichtlich der Qualität für alle Bereich des Gesundheitswesen einschließlich
der Festlegung von Qualitätsstandards
¢ Regelung der überregionalen Planung des
gesamten Gesundheitswesens sowie Planungsvorgaben (Leistungsangebotsplanung)
¢
Die
Festlegung von Finanzierungsmodellen für alle Bereiche des Gesundheitswesens
¢
Regelung von
PatientInnenrechten
¢
Vorgaben für
die Dokumentation im gesamten Gesundheitswesen einschließlich des Aufbaus und
der Verwaltung von einheitlichen gesundheitspolitischen Datenbanken und
Statistiken als Entscheidungsgrundlage